13. Spieltag der Fußball-Bundesliga, VfL Bochum gegen SC Freiburg

Samstag, 27. November, 15.30 Uhr *

Vonovia Ruhrstadion, Bochum *

VfL Bochum - SC Freiburg *

 Das Vorspiel

 

Als ich ein kleiner Junge war und in Bielefeld brav zur Grundschule ging, hatte auch ich – wie wohl die meisten Jungs in dem Alter – einen besten Freund. Wir spielten viel zusammen, sei es Cowboy und Indianer oder Räuber und Gendarm oder auch Fußball – obwohl, da war Horst, mein bester Freund jener Jahre, seltener mit dabei. Wenn ich mich recht entsinne, war der Ball nicht so sein Freund. Außer Fußball teilten wir also vieles, am nachdrücklichsten in Erinnerung ist mir geblieben, als sich Horst beim „Hämmern“, also beim Spiel mit Hammer, Nagel und Holzbrettern im Firmenhof meines Vaters mit dem Hammer auf den Daumen gehämmert hat. Nach der Grundschulzeit verloren sich unsere Kontakte ein wenig, weil ich auf eine Ganztagsschule in Werther wechselte. So gab es unter der Woche weniger Berührungspunkte und am Wochenende fuhren wir ja stets zum Dümmer See, einen Binnensee eine Autostunde von Bielefeld entfernt, wo meine Eltern ein kleines Wochenendhaus und ein kleines Segelboot besaßen. So verloren Horst und ich uns ein wenig aus den Augen. Ich meine allerdings, dass wir als junge Teenies nochmal in Kontakt kamen, weil wir gemeinsam zum Konfirmandenunterricht gingen. Natürlich spielten wir dann eben nicht mehr Cowboy und Indianer, sondern hatten andere Interessen. Da fällt mir Marina ein, eine wahnsinnig hübsche Blondine aus dem Kurs und Manuela, die Brünette. Zumindest träumen durften wir von den jungen Damen… 1974 wurden wir konfirmiert, danach hatten Horst und ich dann keine Berührungspunkte mehr.

Mein Freund aus der Kindheit ist im späteren Leben wider Erwarten Fußballfan geworden. Sein Herz gehört dem BVB. Nach Borussias Niederlage bei uns in Freiburg hat sich Horst im Internet die digitale Pressekonferenz nach dem Spiel angeschaut und stolperte über den Satz von Sacha Glunk, der „Frank Rischmüller von baden.fm“ ansprach, weil ich eine Frage stellen wollte. Der Rest war in Zeiten sozialer Medien dann kein Kunststück mehr. Über Facebook kontaktierte mich mein Freund aus Kindheitstagen und als ich zuletzt, anlässlich der SC-Spiele in Wolfsburg und Osnabrück für eine paar Tage in Bielefeld war, trafen wir uns im kultigen Restaurant Kreta. Damals entstand der Plan, dass mich Horst zum Spiel in Bochum begleitet, und das steht am Samstag auf dem Spielplan. Da ich, wie immer bei Spielen im Westen und Norden der Republik kostensparend in meinem Elternhaus in Bielefeld-Jöllenbeck übernachten und zugleich meine Mutter ein wenig betreuen werde, fährt Horst am Samstag mit mir die 100 km von Bielefeld nach Bochum und wieder zurück. Die Sitzplatzkarte im Freiburger Fanblock habe ich in Horsts Namen Rudi Raschke abgekauft – der Journalisten-Kollege und ehemalige SC-Pressesprecher hat seinen ursprünglichen Plan, nach Bochum zu reisen, wegen der Pandemieproblematik und der explodierenden Inzidenzen verworfen und hatte die bereits gekauften Tickets zur Übernahme angeboten. Deal! Also eine Karte nehme ich ihm ab. Rudi kommt gleich zur PK vor dem Spiel der U23 beim VfL Osnabrück. Da übergibt er mir Horsts Ticket. Da wollen wir doch mal sehen, ob wir meinen alten Spezi aus Kindertagen nicht auf seine alten Tage noch einmal bewegen können, sein Herz für den SC Freiburg zu öffnen. BVB tssss….

Apropos U23, da ich wegen des Bochum-Spiels der Freiburger Bundesligatruppe ohnehin in der Region bin, werde ich am Sonntag das Drittligaspiel im Stadion „Bremer Brücke“ in Osnabrück zwecks Berichterstattung bei baden.fm auch im Stadion verfolgen und kommentieren.  Danach steht dann die lange Heimreise an. Ich denke, dass ich von 15 Uhr bis etwa 21 Uhr on the road sein werde.

Auf dem Hinweg mache ich es etwas stressärmer – fahre am heutigen Donnerstagabend bereits los und werde auf halbem Weg nach Bielefeld eine Übernachtung einlegen.

Sportlich ist der Kick am Samstag sicher eine große Herausforderung für unseren SC. Nach zwei Niederlagen – 1:2 in München und 0:2 gegen Frankfurt – gilt es, zurück in die Erfolgsspur zu kommen. Die Ergebnisse waren ärgerlich, besonders gegen Eintracht Frankfurt auch höchst unglücklich im Zustandekommen, die Leistungen haben eigentlich in beiden Spielen gestimmt. Sie waren nicht optimal, aber mindestens guter Bundesligadurchschnitt, vermutlich eher drüber. Das Spielglück ging den Jungs etwas ab, was jedem einleuchtet, der die Eintracht-Tore im Europa-Park Stadion und die nicht genutzten des SC gegen die Eintracht gesehen hat. Bleibt der Leistungslevel oben, müsste doch in Bochum etwas zu holen sein, auch wenn ich weiß, dass der VfL zuletzt deutlich stärker geworden ist und vor allem im eigenen Stadion jeden schlagen kann. Auch unseren SC? Ich hoffe nicht, denn eine dritte Niederlage am Stück wäre dann schon ein heftiger Einschnitt nach den langen erfolgreichen Wochen und dem noch immer aktuellen dritten Tabellenplatz der Jungs.

Trainer Christian Streich hat bislang keinerlei Anlass, Wesentliches zu verändern. Klar, gegen Frankfurt klappte es nach dem Wechsel mit der Viererkette besser als vor der Pause mit der Dreierkette. Das könnte eine Überlegung wert sein. Roland Sallai könnte eventuell Wooyeong Jeong aus der Startelf verdrängen, das wäre ein Detail, aber andere personelle Wechsel drängen sich aus meiner Sicht nicht wirklich auf. Bei 4-4-2 dürften Kevin Schade und Roland Sallai auf einen Startelfeinsatz hoffen, zumal dann ja eine Offensivposition mehr zu besetzen wäre. Vielleicht bleibt auch alles beim Alten, also 3-4-3 und die gewohnten Personalien – auch das wäre keine Überraschung. Vor der Präsenz-PK der U23 lädt Christian Streich zur digitalen PK vor dem Bundesligaspiel. Aber so richtig etwas über seine Pläne verraten wird der Freiburger Cheftrainer trotzdem nicht. Es wird - wie so oft - eine PK im Konjunktiv sein.

Sicher bin ich, dass unsere Jungs in Bochum höchst konzentriert und extrem motiviert zur Sache gehen werden, um die hervorragende Ausgangsposition – Platz drei – nicht so mir nichts dir nichts aus der Hand zu geben, zumal acht Tage später schon wieder ein schweres Auswärtsspiel bevorsteht, bei Borussia Mönchengladbach… Aber das ist Zukunftsmusik. Im Jetzt und Hier geht es zum Aufsteiger VfL Bochum, tief Westen, wo die Sonne verstaubt…

 

Ich kommentiere das Bundesligaspiel VfL Bochum gegen SC Freiburg am Samstag ab 15 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.029. SC-Livespiel als Livereporter im Radio)

Es ist schon Dienstag und ich habe mich lange genug davor gedrückt, auf das Auswärtsspiel in Bochum zurückzuschauen. Es war halt eine Niederlage, die dritte in Serie und obendrein war dieses 2:1 im Vonovia Ruhrstadion überflüssig wie ein Kropf.

Ich hatte ein bisschen damit gerechnet und in der Tat hatten sich Christian Streich und seine Mitstreiter dafür entschieden, wie in der zweiten Halbzeit gegen Frankfurt, defensiv mit einer Viererkette (Lukas Kübler, Philipp Lienhart, Nico Schlotterbeck, Christian Günter) zu agieren und so nominell einen Offensivspieler mehr auf dem Platz zu haben. So rückte für Innenverteidiger Manuel Gulde an seinem 20. Geburtstag der offensiv vielseitig einsetzbare Kevin Schade in die Startelf. Vor 19.600 Zuschauern entwickelte sich eine vom SC Freiburg dominierte Partie. Der SC entwickelt zwar nicht die wünschenswerte überzeugende Durchschlagskraft, hat aber dennoch eine Menge guter Chancen. Schon in der 6. Minute geht ein Kopfball des aufgerückten Schlotterbeck nur hauchdünn übers Tor. Einige Male klärt VfL-Torwart Riemann sicher bei Freiburger Versuchen. In der 18. Minute kommt der Keeper den Bruchteil einer Sekunde zu spät, als Kevin Schade den Ball um ihn herumlegen kann und dann gecheckt wird. Fällt der Youngster hier zu Boden muss es Elfmeter geben, Schade aber bleibt auf den Beinen und versucht, den Ball noch zu erreichen bevor er die Torauslinie überquert – das misslingt. Erfahrenere Kicker hätten die Situation anders gelöst, glaube ich. Schade, Schade…

In der 32. Minute steigt Bochums Kapitän Losilla Lukas Kübler auf den Fuß und erhält folgerichtig die Gelbe Karte; Kübler kann weitermachen. 10 Minuten später kommt Losilla erneut zu spät und steigt diesmal Lucas Höler auf den Fuß, der sich vor Schmerzen am Boden windet. Hier wäre bei konsequenter Regelauslegung eine Gelb-Rote Karte die richtige Entscheidung gewesen, Herr Ittrich…

Die Schlussphase der ersten Halbzeit hat es in sich, starke Aktion von Schade in der 44. Minute. Der schnelle Trickser lässt seinen Gegenspieler im Strafraum spektakulär aussteigen und prüft Riemann mit einem Schrägschuss. Bochums Keeper, schon jetzt bester Mann seines Teams, lenkt zur Ecke. Vincenzo Grifo schlägt den Ball nach innen und Nico Schlotterbeck zieht ab… Riemann hechtet sich vergeblich ins aus Torwartsicht linke untere Eck, der Ball prallt allerdings gegen den Pfosten. Wooyeong Jeong versucht einen Nachschuss – abgeblockt. So geht es torlos in die Pause. Glück für Bochum, dass hinten nichts angebrannt ist und dass Losilla noch auf dem Platz steht. Der SC Freiburg hat das Spiel im Griff, allein die Tore fehlen.

Mit einem wahren Sturmlauf startet der SC in die zweite Halbzeit und holt dabei mehrere Ecken und Freistöße heraus. Einen solchen Freistoß schlägt Vincenzo Grifo in der 51. Minute hoch vor das Bochumer Tor, wo Philipp Lienhart goldrichtig steht, hochsteigt und überlegt zum längst fälligen 0:1 einnickt.

„Jetzt geht’s los“ denke ich und hoffe, dass der Führungstreffer sich befreiend auswirkt. Das ist aber leider eine Fehlannahme, denn die bis dahin völlig harmlosen Bochumer kommen nur wenige Minuten nach der Freiburger Führung überraschend zum Ausgleich. Überraschend einerseits, weil der Lauf des Spiels das eigentlich nicht hergab und andererseits, weil der Treffer aus einem Freiburger Geschenk resultierte. In der Vorwärtsbewegung der gesamten Mannschaft legte sich der ansonsten einwandfrei kickende Nicolas Höfler den Ball in der 54. Minute zu weit vor und verliert ihn so. Holtmann erkennt die Gunst der Stunde, spielt sofort steil auf Polter, der – völlig freistehend - Mark Flekken im Freiburger Tor aus sieben Metern überwinden kann. Ein Allerweltstor, glücklich zustande gekommen nach einem der seltenen Freiburger Fehler an diesem Nachmittag, aber ein Treffer, der die Lebensgeister der Bochumer Spieler und Fans weckt.

In der 62. Minute passieren dann rückblickend die vielleicht spielentscheidenden Szenen. Lucas Höler taucht plötzlich, klasse freigespielt, alleine vor Riemann auf – der Torschrei liegt mir auf den Lippen, doch der Teufelskerl im VfL-Tor pariert mit einer Hand. Die Szene geht aber noch weiter, Vincenzo Grifo setzt zum Nachschuss an, zieht ab, doch Losilla lenkt den Ball zur Ecke. Das Problem: Er macht dies mit der Hand. Nicht absichtlich, nein, das war eher zufällig, aber der Bochumer Kapitän, der eigentlich gar nicht mehr dabei sein dürfte, hat den Arm bei dieser Aktion weit vom Körper weggestreckt; eigentlich ein klares Handspiel... Patrick Ittrich, der Unparteiische, zeigt zur Ecke. Und der Kölner Keller? Ach, bleib mir weg mit denen. Der VAR ist in der Bundesliga zu einer Farce verkommen. Jede Woche von neuem diese nicht nachvollziehbaren Entscheidungen. Das Eingreifen oder Nichteingreifen der Videoassistenten ist inzwischen so willkürlich geworden, dass man auf diese teure Unterstützung der Spielleitung lieber verzichten sollte. Statt des Ausgleichs oder eines Elfmeters geht es also mit Eckball weiter – der bringt nichts ein.

Riemann hat in der Folgezeit noch zwei, drei Mal Gelegenheit, seine außergewöhnliche Tagesform unter Beweis zu stellen. Der Freiburger Druck ist groß, aber Riemann ist größer.

Yannik Keitel, Ermedin Demirovic und Roland Sallai kommen – frische Beine für die Schlussoffensive des SC.

Aber auch der Mut, den Bochum durch den unverhofften Ausgleich geschöpft hat, ist spürbar. Die Zuschauer sehen inzwischen einen offenen Schlagabtausch zweier Mannschaften, die beide mehr wollen als ein schnödes 1:1.

Dann die ominöse 82. Minute: Bei einer Abwehraktion kommt Philipp Lienhart, Torschütze und bis dahin einer der besten in einem starken Freiburger Team in Bochum, ins Straucheln und stürzt. So kann er den Ball nicht kontrollieren, stupft ihn nur ein wenig nach vorne, was dazu führt, dass die Kugel im Mittelfeld vor die Füße des eingewechselten Pantovic rollt. Der Bochumer ist für unorthodoxe Abschlüsse bekannt und er wählt auch jetzt einen solchen. Da Mark Flekken viel zu weit vor seinem Tor steht, wagt Pantovic einen hoch angesetzten Distanzschuss, fast von der Mittellinie. Unter dem frenetischen Jubel der VfL-Anhänger schlägt der Ball ins Freiburger Tor ein. 2:1 statt 1:2 – völlig gegen die Gesamteindrücke des bisherigen Spielverlaufs. Es ist grotesk…

Tief in der Nachspielzeit gibt es noch einmal Freistoß für den SC aus dem Halbfeld – selbst Mark Flekken tummelt sich jetzt am und im Bochumer Strafraum. Vicenzo Grifo flankt, Nico Schlotterbeck köpft und Riemann fliegt und lenkt den Ball gegen den Pfosten. Dann ist Abpfiff.

 

Das Nachspiel

Ich bin arg verstimmt. Da die PK ohnehin digital stattfindet schenke ich mir die Teilnahme. Auch auf die schon in der Halbzeit von Pressesprecher Sascha Glunk auf Nachfrage hingewiesene Möglichkeit, Christian Streich eventuell am Mannschaftsbus für ein 1:1-Interview abgreifen zu können, verzichte ich. Eigentlich schade, denn die Talks zwischen Streich und mir sollen ab sofort als Komplettversionen auf der Homepage www.baden.fm ausgestrahlt werden. Ob der Trainer nach diesem Spielverlauf Bock darauf hat, mir am Bus Rede und Antwort zu stehen, bezweifele ich und da auch nicht klar ist, wo genau der Bus steht und ob ich vom Ordnungsdienst bis dahin vorgelassen werde, breche ich meine Zelte ab. Horst, mein Freund aus Kinderzeiten, hat auch schon gefunkt, dass er friere, wie ein Schneider und am Eingang zum Presseparkplatz stehe.  Ich hätte ihn vielleicht noch ausführlicher darauf aufmerksam machen sollen, dass ich im Stadion meinen Beruf ausübe und der mit dem Abpfiff nicht (oder nur selten) beendet ist. Ich packe mein Roll-Köfferchen mit der Übertragungstechnik, die in Bochum einwandfrei funktioniert hat, und laufe zum Presseparkplatz. „Wie konntet Ihr das Spiel nur verlieren?“ fragt Horst und er hat völlig Recht.

Die Autobahn von Bochum nach Bielefeld ist fast menschenleer – nach einer guten Stunde sind wir wieder in Jöllenbeck. Ich verabschiede mich von Horst und einige mich mit meiner Mutter, diesmal nicht etwa in ein Restaurant zum Essen zu gehen, sondern etwas Leckeres liefern zu lassen. Ich muss nicht mehr unter Leute am Samstagabend…

„Wenn die U23 morgen in Osnabrück auch noch verliert, was ja eigentlich normal wäre, wird das aber eine mühsame sechs- bis siebenstündige Heimreise am Sonntagnachmittag“, schießt es mir durch den Kopf. Ich denke an die schönen Dinge, die ich in Bochum erlebt habe… das Schwelgen mit Horst in Erinnerungen aus der Kindheit auf der Hinfahrt, das Treffen mit Axel Sundermann, dem ex-Profi vom SC und VfL und seinem Sohn Luca in einer Hotelbar neben dem Stadion. Luca war1994, als Axel und ich uns zunächst beruflich und später freundschaftlich kennenlernten, gerade geboren. Das war nett am Samstagmittag. Die Leistung der Jungs war, bis auf die zwei Aussetzer vor den Gegentoren und die mangelnde Effizienz vorne auch okay. Das Ergebnis war aber eine kleine sportliche Katastrophe, die mich sauer machte.

Wie schon am Freitagabend lag ich so früh im Bett wie sonst nie.

Nach einem Frühstück mit meiner Mutter und Heidi, der Witwe meines vor sieben Jahren viel zu früh verstorbenen Bruders Andi, packte ich den Kofferraum voll und fuhr los Richtung Osnabrück…

 

Schon nach 45 Minuten erblickte ich vor einem Hotel den Mannschaftsbus der U23, ein paar hundert Meter weiter lag die VfL-Tankstelle, wo ich den baden.fm-Toyota schon mal für die Heimfahrt volltankte und dann, nach dem Bezahlen, meine Akkreditierungsunterlagen in Empfang nahm. Vor ein paar Wochen war ich erst hier gewesen, mit den Profis, im DFB-Pokal. Deshalb fand ich alles auf Anhieb, auch den etwas versteckt liegenden Presseparkplatz.

Ich war gespannt auf die Technik im Stadion. Beim Pokalspiel war ja alles ein Desaster gewesen und ich musste am Ende über Mobilfunk kommentieren. Diesmal hatte man mir versichert, dass alles funktionieren würde. Die ausführende IT-Firma habe meine Bestellung genauestens studiert und grünes Licht gegeben. Ich muss sagen, die Jungs von der VfL-Pressestelle sind wirklich nett und hilfsbereit. Nur diese IT-Firma…

Ich kam also an meinem Arbeitsplatz auf der Pressetribüne an, stellte sämtliche Kabelverbindungen her und … nischt. Oder nix – nada, wenn Ihr versteht, was ich meine. Die beiden LAN-Buchsen an meinem Arbeitsplatz für die ich selbstredend die Freischaltung für die betreffenden Ports etc. beantragt hatte, waren tot, mausetot. Ich rief den technischen Support an, der mich aufforderte, eine Ansteckdose an einem benachbarten Platz zu nutzen – wenn die Ports, wie bestellt freigeschaltet worden waren, dann wohl auf allen Dosen, so die Info. Ich tat, wie mir geheißen, Kabel und Gerät wurden erkannt, die Verbindung kam aber aufgrund irgendwelcher Firewall-Einstellungen nicht zustande. Den Code kann ich seit meinem jüngsten Besuch in der Allianz-Arena deuten. In München hatten mir die Jungs von der IT-Abteilung des FC Bayern die Firewall dann bearbeitet und kurz vor Sendebeginn war alles in Ordnung gewesen. Mir war klar, dass eine solche Lösung in Osnabrück illusorisch sein würde. Ich entschloss mich also zur B-Lösung, also Stream via Spezialapp und über W-LAN. Einen Zugangscode für das Presse-W-LAN hatte ich erhalten, dieser wurde mir aber mehrfach als fehlerhaft ausgewiesen. Erneut rief ich den Support an. „Setzen Sie nach dem Zugangscode mal ein Ausrufezeichen!“ riet mir der Kollege. Ich hatte berechtigte und begründete Zweifel, fragte aber nicht, warum man denn einen unvollständigen Zugangscode kommuniziert hatte – ich tat einfach, wie mir geheißen und tatsächlich, ich war im Netz, über das Presse-W-LAN des VfL; super! Trotzdem hatte ich Bedenken, denn selbst in der Bundesliga ist das Presse-W-LAN für uns Berichterstatter meistens so „dünn“, dass meine Spezialapp dieses in der Regel überfordert und ich mit dem allgemein zugänglichen LTE besser fahre. Ich hatte meinen Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, da flog meine Internetverbindung zum Sendestudio auch schon aus dem Netz. Ich schaltete die W-LAN-Möglichkeit ab und setzte auf LTE. Das war beim Pokalspiel zwar gescheitert, aber da war das Stadion ausverkauft und wegen zahlreicher zeitgleicher Pokalspiele surften vermutlich viele Besucher zeitgleich im Netz. Am Sonntagmittag um 13 Uhr war das Stadion (auch) pandemiebedingt nur halbvoll und es gab keinen besonderen Grund für die Fans, im Internet zu surfen. Ich behielt zum Glück Recht. Auf LTE-Basis hatte ich mittels der „LUCI LIVE SE“-App für Menschen meines Berufsstandes während des gesamten Drittligaspiels VfL Osnabrück gegen SC Freiburg U23 eine stabile Verbindung ins Sendestudio. Die vielen technischen Vorarbeiten hatten die Zeit bis zum Spielbeginn wie im Fluge vergehen lassen. Und die Erweiterung meiner Dienstreise sollte sich lohnen. Baden.fm hatte sich entschlossen, das Spiel auf meinen Vorschlag hin ausführlicher wahrzunehmen als sonst üblich und quasi analog zur Bundesligashow von der Partie zu berichten. Drei Mal im Jahr erlaubt das die vorliegende Übertragungslizenz des DFB. Wir hatten Glück, denn die U23 des SC kickte nach mäßigem Start hervorragend, übernahm nach gut 20 Minuten die Dominanz und war als Gast eines der Aufstiegsfavoriten und des aktuellen Tabellenzweiten VfL Osnabrück die bessere Mannschaft. Folgerichtig ging der SC in der 33. Minute mit 0:1 in Führung. Noah Weißhaupt bediente Kenneth Schmidt auf dem linken Flügel, der flankte Richtung zweiter Pfosten, wo der 1,96 Meter große Vincent Vermeij ziemlich unbedrängt per Kopf abschließen konnte. Es blieb der einzige Treffer der Partie, trotz eines Sturmlaufs der Osnabrücker in der zweiten Halbzeit.

Ich besuchte noch die Präsenz-PK nach dem Spiel, holte für baden.fm einen O-Ton von Trainer Thomas Stamm und trat dann die lange Heimfahrt an. Mit dem neuesten Hörbuch mit Hauptkommissar Zorn und seinem dicklichen Kollegen Schröder im Ohr brachte ich alles problemlos hinter mich. Gegen 22 Uhr war ich, nach dem Autotausch in Freiburg, wo mir DJ Matze zudem zwei Flachen Glühwein zur Mitnahme bereitgestellt hatte, wieder in Bad Krozingen.

Freilich war es Sonntagabend. Ich bereitete noch den Fußballtalk für die Morningshow von baden.fm vor und am Montag wartete bereits der Redaktionsalltag im WZO-Verlag auf mich. Unter anderem verfasste ich die Zeitungskolumne „SC INTEAM“, die am morgigen Mittwoch im ReblandKurier erscheinen wird. Hier ist sie im Wortlaut:

 

SC INTEAM

Bei den Bayern verloren, gegen Frankfurt und jetzt in Bochum; sinngemäß äußerte Christian Streich nach dem Spiel, die 2:1-Schlappe beim Aufsteiger   sei wohl eine der ungerechtesten Niederlagen gewesen, die er  als Bundesligatrainer erlebt habe. Wer den SC eng verfolgt, kann das nachempfinden, denn die Freiburger boten in Bochum über weite Strecken eine richtig gute Leistung, beherrschten den Gegner und dominierten deutlich.

Natürlich gibt es auch Kritisches anzumerken: In der Offensive fehlte bei aller Dominanz die Effektivität vor dem Tor. Das lag zuweilen an fehlenden Zentimetern im Abschluss, wenn gute Schüsse oder Kopfbälle an den Pfosten, knapp vorbei oder knapp über den Kasten gingen, zuweilen stand da mit Rückkehrer Riemann ein Torwart zwischen den Pfosten, der am Samstag über sich hinauswuchs und die SC-Angreifer um Lucas Höler schier zur Verzweiflung brachte.

Defensiv brannte sehr lange nichts an. Torchancen für den VfL Bochum waren im atmosphärereichen Ruhrstadion rar gesät. Und trotzdem gelangen den Platzherren vor knapp 20.000 am Ende begeisterten Fans zwei siegbringende Tore. Die Treffer von Polter (54. Minute) und Pantovic (82. Minute) drehten nicht nur die verdiente Freiburger Führung durch Philipp Lienhart (51. Minute) in einen Rückstand, den beiden Treffern gingen auch ungewohnte Freiburger Fehler voraus. Zunächst legte sich Nicolas Höfler in der Vorwärtsbewegung der gesamten Mannschaft den Ball zu weit vor, was zum Ballverlust führte und Sekunden später mit dem Ausgleich bestraft wurde. In der Schlussphase rutschte der sonst so zuverlässige Philipp Lienhart aus, konnte einen harmlosen Ball im Sturz nicht richtig klären, wodurch dieser an der Mittellinie vor die Füße von Pantovic rollte, der die Situation blitzschnell erkannte und den Ball in hohem Bogen auf das von Flekken verlassene Tor schoss. Warum der Keeper in dieser Situation derart weit vor seinem Strafraum stand, erklärte sich nicht wirklich und führte aus Freiburger Sicht zu einer Verkettung von unglücklichen Umständen. Noch ist es nur eine Ergebniskrise – häufen sich aber derartige Ausfälle wie vor den Gegentoren in Bochum, rutscht der SC in eine wahrhaftige Krise. Nächstes Spiel: Sonntag um 17.30 Uhr in Mönchengladbach (live bei DAZN und baden.fm). (Zitatende)

Zum guten Schluss möchte ich noch ein paar Sätze zu Corona und den sich anbahnenden Abwehrmaßnahmen verlieren. Als Fußball-Liebhaber bin ich vielleicht befangen. Dass, wie hier im Markgräflerland geschehen, Gemeinden oder Vereine ihre Sportanlagen sperren und somit Training der Jungendmannschaften verhindern ist genau der Fehler, der schon letztes Jahr unterlaufen ist und den man eigentlich nicht wieder machen wollte. Vermutlich werden die Bundesligaspiele wieder zu Geisterspielen; in Bayern ist das bereits beschlossen – in Baden-Württemberg angekündigt und womöglich wird das bald bundesweit verfügt. Ich halte das für populistische Symbolpolitik. Es gäbe, zum Beispiel mit 2G-Plus und reduzierten Kapazitäten in den Stadien, intelligentere Lösungen.

Heute beraten Bundes- und Landespolitiker über ihren Kurs in der wahrhaftig dramatischen Pandemiesituation. Ich befürchte aber, dass man intelligente Lösungen eben nicht finden wird, sondern einmal mehr das Kind mit dem Bad ausschüttet. In allen Bereichen – nicht nur beim Fußball, der bezogen auf das eigentliche Problem sowieso unwichtig ist.

Bleibt gesund!