16. Spieltag der Fußball-Bundesliga, FC Bayern München gegen SC Freiburg

Sonntag, 17. Januar 2021, 15.30 Uhr *

Allianz Arena, München *

FC Bayern München - SC Freiburg

Das Vorspiel

Ob das Auswärtsspiel des SC Freiburg beim amtierenden Triple-Sieger und aktuellen Tabellenführer FC Bayern München nun schwerer geworden ist, weil die Münchner nach ihrer Bundesliganiederlage in Mönchengladbach am vergangenen Freitag und dem Pokalaus nach Elfmeterschießen beim Zweitligisten Holstein Kiel jetzt besonders konzentriert und erfolgshungrig zu Werke gehen, lasse ich mal dahin gestellt. Der Sport-Club hat bislang noch nie bei den Bayern ein Spiel gewinnen können, deshalb erwarte ich das am kommenden Sonntag ohnehin nicht – trotz der jüngsten Erschütterungen bei den Bajuwaren. Ich bin da ganz nahe bei SC-Trainer Christian Streich, der nach dem 5:0 gegen Köln mit Blick auf das Auswärtsspiel bei den Bayern voller Gelassenheit erklärte: „…und wenn sie uns zusammenfalten, dann ist es halt so.“ Das ist die Gelassenheit eines Trainers, dessen Jungs gerade fünf Siege in Serie eingefahren haben, seit sieben Spieltagen  ungeschlagen sind und nach 15 Spielen 23 Zähler aufweisen.

Bayern München ist so brillant besetzt, speziell bei den ersten 15, das jeder Punkt, den Freiburg da holen würde, einer kleinen Sensation gleich käme. In der Regel fahre ich als SC-Reporter dahin, wohl wissend, dass es 90 Minuten werden, die ich  durchleiden muss, durch die ich durch muss. Bayern wird deutlich mehr Ballbesitz haben und – egal ob der Rekordmeister körperlich und/oder mental ermüdet ist, wie man aufgrund der vielen Spiele und der jüngsten Leistungen und Ergebnisse vermuten könnte – der SC Freiburg braucht vom Torwart bis zur vordersten Spitze eine Top-Leistung, einen Ausnahmetag, um irgendetwas aus München mitzunehmen. In manchen Jahren – wenn es auch nur wenige sind – ist das schon gelungen. Rückblende: Erstmals durfte ich mit dem SC Freiburg am 25. Februar 1995 in München jubeln; es war das Rückspiel zum historischen 5:1 aus dem vergangenen Sommer und begann schon wieder so unwirklich, wie der Heimsieg, sechs Monate zuvor: In der 4. Minute traf Axel Sundermann zum 0:1, Jens Todt baute die Führung in der 30. Minute sogar auf 0:2 aus. Dass es trotzdem nichts wurde mit einem Sieg im Olympiastadion lag vor allem daran, dass die hoch favorisierten Bayern noch ganz kurz vor der Pause, in der 44. Minute, durch Mehmet Scholl zum Anschlusstreffer kamen. Der Münchner Sturmlauf, mit dem in der zweiten Hälfte alle rechneten, blieb relativ verhalten. Thomas Helmer, übrigens wie ich eine Junge aus Ostwestfalen und im Herzen noch immer (auch) ein Armine, wie er noch heute offen zugibt, erzielte in der 69. Minute den Ausgleich. Beim 2:2 blieb es dann vor 50.000 Zuschauern bis zum Abpfiff von Schiedsrichter Hans-Jürgen Weber aus Essen. Das Spiel ist mir so geläufig, weil es erst neulich eine Rolle spielte, als die Siegesserie – inzwischen fünf Siege in Folge – des SC Freiburg hier im Tagebuch Thema war. Die erste der bisher als Rekord geltenden vier Siege in Serie wurde nämlich damals durch das 2:2 in München sanft ausgebremst. Trotzdem sollte der SC am Ende der Saison Platz drei belegen, bis heute die beste Bundesliga-Bilanz des Sport-Clubs.

Am 10.Mai 1997 gab es noch einmal einen Auswärtspunkt für Freiburg beim großen FC Bayern. Das Spiel ging in die Bundesligageschichte ein, weil Jürgen Klinsmann, als er in der 80. Minute für Vertragsamateur Carsten Lakies ausgewechselt wurde, demonstrativ in eine große Werbetonne trat. Funfact am Rande: Ich wohnte damals für meine Auswärtsreise bei dem ehemaligen Arminia-Kicker Tim Gutberlet, der jetzt bei den Bayern-Amateuren kickte. Einige Monate zuvor, damals spielten „Lacki“ und Tim noch zusammen bei Darmstadt 98, hatten wir in der Nacht nach einem 98-Kick und vor einem SC-Spiel in Frankfurt gemeinsam mächtig auf den Putz gehauen. Man könnte auch sagen, die beiden Jungspunde hatten mich unter den Tisch gesoffen. Einen solchen feucht-fröhlichen Abend hatten wir damals, im Mai `97, ich war 36 Jahre jung, erneut vor. Es kam aber nicht dazu, weil „Lacki“ am Freitagabend anrief und mitteilte, er sei im Bundesligakader für das Freiburg-Spiel. Tja und dann kam Klinsmanns Auswechslung, „Lacki“ spielte Bundesliga und der SC nahm ein zweites Mal einen Punkt mit aus der Bayerischen Metropole.

Es dauerte über 21 Jahre, bis der SC als Gast des FC Bayern wieder mal etwas Zählbares mitnehmen konnte – wir sind in der Neuzeit: Am 3. November 2018 kickte der SC vor 75.000 Zuschauern in der Allianz Arena richtig gut. Ein torloses Remis schien greifbar nahe, bis Serge Gnabry den Freiburger Träumen in der 80. Minute vermeintlich den Garaus machte. Bayern führte plötzlich mit 1:0 und wähnte sich auf der Siegerstraße. Es sollte anders kommen: Der bienenfleißige Lucas Höler, der sich im Spiel gegen den Ball 89 Minuten lang aufgerieben hatte, sollte zum Freiburger Helden des Spiels werden: Einen der letzten Angriffsversuche der Gäste aus dem Schwarzwald ließ Christian Günter eine scharfe Hereingabe von der linken Seite folgen. Boateng und Süle unterschätzten sowohl die Flanke als auch Lucas Höler, der genau zwischen den beiden Abwehrhünen an den Ball kam und die Kugel aus kurzer Distanz über die Linie beförderte. Neuer hatte keine Abwehrchance.  Es folgte die Nachspielzeit, die der SC noch durchhalten musste und auch durchhielt – dann war der (Bonus-) Punkt im Sack. Ein Zähler, den keiner auf der Rechnung hatte.

In der vergangenen Saison – es war ein Geisterspiel im Juni – war dann wieder „business as usual“ und Bayern gewann mit 3:1.

Und am Sonntag, 17. Januar, ab 15.30 Uhr?

Wenn Bayern-König Söder nicht noch Homeoffice auch für Bundesligaberichterstatter fordert und in seinem Freistaat durchsetzt (was ich aber nicht ernsthaft befürchte, Söder macht halt auch gerne in erster Linie mal viel Wind), bin ich am Sonntag vor Ort und werde es bei vermutlich winterlichen Temperaturen, am eigenen Leibe erleben.

Mein persönlicher Countdown: Am Freitagmorgen ist zwischen 6 Uhr und 7 Uhr und dann nochmal zwischen 8 Uhr und 9 Uhr Fußballtalk in der Morningshow von baden.fm. Am Mittag um 13 Uhr ist dann digitales Pressegespräch mit Christian Streich. Da das Spiel erst am Sonntag steigt, gehört der Freitagabend der Familie. Vielleicht auch der DAZN-Übertragung von Union Berlin gegen Leverkusen – schaun mer mal…

Am Samstag plane ich die Anreise nach München im privaten Pkw; bei den aktuellen Straßenverhältnissen fühle ich mich im gewohnten Auto einfach sicherer – zudem scheue ich am Sonntagabend den Zeitverlust, wenn am Funkhaus Freiburg noch ein Fahrzeugwechsel ansteht. Also geht es diesmal mit dem Ford Kuga nach München. Ich will so reisen, dass ich die Samstagspiele des 16. Bundesliga-Spieltags auf dem Weg nach Bayern von den Vorberichten bis zum Nachklapp, Analysen etc. im Radio verfolgen kann. Das verkürzt „gefühlt“ die Reisezeit und wird zudem recht spannend. Ich gebe zu – gäbe es nicht die Corona-Pandemie, ich hätte mich um eine Akkreditierung für Hoffenheim gegen Arminia bemüht und hätte gerne den Umweg über den Kraichgau auf mich genommen. So also via Radio und auf dem Weg zum Kick bei den Bayern.

Ganz sicher diesmal wieder im Gepäck: Eine Flasche feinster Badischer Rotwein vom Weingut Fritz Waßmer aus Bad Krozingen-Schlatt. Da die Münchner Gastronomie ja wegen des Lockdowns dicht hat, werde ich mir eine Freude machen und das Fläschchen abends im Münchener Arthotel in der Paul-Heyse-Straße, gleich beim Pressehaus und beim Funkhaus von Radio Arabella, köpfen und erstmal Sportschau gucken. Danach werde ich über Lieferando ein feines Essen ordern. Wein und Speise werde ich dann zusammen genießen und vermutlich DSDS gucken, damit ich mit meinen Kindern mitreden kann, wenn die sich nächste Woche womöglich über Talente und Lachnummern der Show unterhalten. Weinselig werde ich im Laufe des Aktuellen Sportstudios mit letzter Kraft den roten Knopf auf der Fernbedienung bedienen und dann einschlummern.

Für Sonntag habe ich, neben dem Frühstück, einen „Spät-Checkout“ geordert, sodass ich mir im TV noch den Sport 1-Doppelpass reinziehen kann, bevor ich – nicht ohne einen Imbiss von der Tanke – zur Allianz Arena aufbreche.  Nachdem es bei meinem Besuch im Juni technische Probleme gegeben hatte, wurde mir von der IT-Abteilung des FC Bayern diesmal auf Nachfrage versichert, es sei alles gerichtet und würde ganz sicher funktionieren. Für alle Fälle bin ich aber auch für den technischen Notfall gerüstet und habe die beim Pokalspiel in Stuttgart bewährte „1B-Lösung“ dabei. Wird schon schief gehen…

Und hier noch meine Tippreihe für den 16. Spieltag:

Union Berlin - Bayer Leverkusen 2:2

Borussia Dortmund - Mainz 05 4:1

1899 Hoffenheim - Arminia Bielefeld 1:1

VfL Wolfsburg - Leipzig 1:2

1. FC Köln - Hertha BSC 0:0

Werder Bremen - FC Augsburg 2:1

VfB Stuttgart - Borussia Mönchengladbach 0:2

Bayern München - SC Freiburg 2:2

Eintracht Frankfurt - Schalke 04 2:0

 

Nur sollte es in der PK am Freitag sensationelle Neuigkeiten geben, würde ich mich vor dem Spiel hier im Tagebuch noch einmal melden. Ansonsten gilt natürlich:

Ich übertrage das Bundesligaspiel FC Bayern München gegen SC Freiburg am Sonntag ab 15 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 998. SC-Pflichtspiel live am Radiomikrofon)

Das Spiel in der nasskalten und gänzlich leeren Allianz Arena begann für den Sport-Club mit einem klassischen Fehlstart: In einer seiner ersten Aktionen verletzte sich mit Baptiste Santamaria einer der besten SC-Kicker der erfolgreichen letzten Wochen; der Rekordeinkauf aus Frankreich zeigte sofort an, er müsse ausgetauscht werden, lief dann aber noch zwei Minuten unrund und mit schmerzverzehrtem Gesicht über den dank Rasenheizung satt grünen Rasen, bevor er in einer Spielunterbrechung niedersank und kurz behandelt wurde. Schnell war klar, „Santa“ musste ausgewechselt werden. Amir Abrashi, Lino Tempelmann und der nach Monaten erstmals wieder mitwirkende Janik Haberer liefen warm, dann fiel die Entscheidung auf Amir Abrashi als Nachrücker für den ausgefallenen Santamaria. Doch damit nicht genug, ein wahrhaftig meisterhafter Angriff des Tabellenführers über Gnabry, Müller und Lewandowski führte bereits in der 7. Minute zur 1:0-Führung. Aus Sicht der Bayern, sicher eine geile Spielentwicklung – für den SC war das brutal und für mich ein früher Stimmungskiller. In dieses Setting passte auch ein Fehlpass von Manuel Gulde in der Vorwärtsbewegung, was den Bayern über Gnabry die Chance zu schnellem Umschaltspiel gab – Nicolas Höfler beging ein taktisches Foul am Nationalspieler, das den Angriff ausbremste aber in der 9. Minute eine Gelbe Karte gegen „Chico“ zur Folge hatte. Ich wusste: Es war Höflers fünfte – der Stratege im zentralen Mittelfeld des SC Freiburg würde am Mittwoch, beim Spiel gegen Frankfurt ebenso ausfallen wie der verletzt ausgeschiedene Baptiste Samtamaria – das sah jetzt gar nicht gut aus…

Die Freiburger fingen sich aber in der Folgezeit und boten dem FC Bayern ein Duell auf Augenhöhe; mit mehr Ballbesitz für die Münchner, klar, aber durchaus auch mit interessanten Abschlüssen vor dem Tor von Manuel Neuer. In der 17. Minute etwa greift der SC mutig an, Vincenzo Grifos Schussversuch wird abgeblockt, der Ball prall aber vor die Füße von Roland Sallai, der aus 15 Metern und Mittelstürmerposition abziehen kann. Der Flachschuss streift denkbar knapp am rechten Pfosten der Münchner vorbei – ich, der Reporter am Radiomikrofon von baden.fm, schöpfe neuen Mut. Hier könnte vielleicht doch etwas gehen; trotz der großen Namen, die Bayern aufgeboten hat, trotz der Verletzung von „Santa“ und trotz des Rückstands.

Der SC spielt jetzt gut mit, nutzt die Räume, die mäßige Bayern ihnen ungewollt anbieten. Es mag am letzten Pass hapern oder an der letzten Entschlossenheit – es ist aber keinesfalls das „David gegen Goliath“ vergangener Jahre – die Bayern machen den Freiburgern keine Angst… Natürlich hat der Rekordmeister Abschlüsse, findet aber einen exzellent haltenden Florian Müller zwischen den Freiburger Pfosten, der zum Beispiel in der 24. Minute ein Geschoss von Gnabry – abgefälscht zudem – gekonnt um den Pfosten lenkt.  Serge Gnabry hat sich bei seinem Schuss weh getan und muss verletzt raus. Leroy Sané kommt – von den Namen her auch keine Schwächung…

In der 41. Minute ist mal wieder der SC aussichtsreich unterwegs: Lukas Kübler bedient Ermedin Demirovic – dessen Schuss geht über das Tor.Nach zwei, drei weiteren Halbchancen für die Bayern pfeift Christian Dingert, der Schiri aus der Pfalz, zur Pause.

Acht Minuten sind in der zweiten Hälfte gespielt, als Amir Abrashi, der für den verletzten Baptiste Santamaria eingewechselt worden war und sich im defensiven zentralen Mittelfeld gut eingebracht hatte, zu Boden sinkt und um Behandlung bittet. Die Betreuer signalisieren schnell: Auswechseln! Ich kann es nicht fassen – Amir ist der zweite Sechser, der verletzt raus muss, „Chico“ der Dritte im Bunde, wird Mittwoch gesperrt sein.

Und da ist er wieder: Janik Haberer wird eingewechselt und spielt plötzlich wieder mit. Im Frühjahr galt er als potenzieller Abgang – es ging um Millionen und es gab unterschiedliche Auffassungen über die Laufzeit seines Vertrages. Dann kam eine Verletzung, die schlimmer war als ursprünglich kommuniziert. Ein Zerwürfnis steht im Raum, die Verletzung – monatelang wurde Janik nicht mehr gesehen. Seit wenigen Wochen trainiert er wieder – in München war er plötzlich auf dem Platz. Haberer spielte vor dem Hintergrund seiner langen Wettkampfpause gut mit.

Dann folgt die 62. Minute – erste Ecke für den SC. Christian Streich nutzt die Unterbrechung zu einem Dreierwechsel; wegen der beiden verletzungsbedingten Wechselunterbrechungen hat er auch keine andere Möglichkeit, um personell noch einmal etwas zu bewegen. Ich sitze auf der Pressetribüne und notiere:

Petersen für Demirovic, Höler für Sallai, Tempelmann für… Geschrei auf dem Platz, ich sehe, wie Neuer einen Ball abwehrt, womöglich hinter der Linie, Nachschuss, wieder Neuer, ein Pfiff – Dingert zeigt zur Mitte – der Ball war offenbar tatsächlich hinter der Linie, Dingerts Uhr muss wohl vibriert haben – dem „Hawk Eye“ sei Dank. „Tor für Freiburg“ melde ich ins Studio und schon läuft das Tor-Jingle. Das hatte ich auch noch nicht… die Entstehung des Tores war mir wegen des namentlich schriftlich festzuhaltenden Dreierwechsels komplett entgangen – ich sehe aber wie Nils Petersen die meisten Glückwünsche der jubelnden Freiburger Kicker entgegennimmt, während ich „Tooooooooooor für den Sport-Club – der Ausgleich in München“ ins Mikrofon schreie. Offen gebe ich zu, dass ich das Tor nicht wirklich in Gänze mitbekommen hatte und gebe Nils Petersen als vermutlichen Torschützen an. Der Stadionsprecher bestätigt meine Vermutung noch während der Liveschalte, sodass wir diesbezüglich auf der sicheren Seite sind. Als im Radio wieder Musik läuft daddele ich  auf meinem iPhone, das in München wegen einer fehlenden LAN-Verbindung übrigens auch digitales Übertragungsmedium ist, und informiere mich im Liveticker vom Kicker – ein Flugkopfball war es also – schade eigentlich, den hätte ich gerne gesehen. Natürlich nehme ich die Info für die weiteren Liveeinblendungen mit auf, nehme mir aber schon mal vor, nie wieder bei Eckbällen irgendwelche Sachen zu notieren… Man weiß ja nie…

Der Ausgleich löst eine neue Bayern-Offensive aus. In der 74. Minute wird das belohnt: Coman flankt auf Sané, der lenkt artistisch weiter zu Müller und der trifft mit einem Schlenzer – 2:1 für den Favoriten.

Jetzt wechselt Hansi Flick zwei Mal zwei Spieler aus – die Bayern verzögern und verwalten die knappe Führung.

Der SC erhöht das Risiko und macht Druck – bei schnellen Gegenangriffen der Bayern muss Florian Müller zwei, drei Mal sein ganzes Können zeigen. In der Nachspielzeit wackeln die Bayern dann gehörig: Nach einem Vorstoß über Kapitän Christian Günter und die linke Seite landet der Ball irgendwie bei Nils Petersen, der aus rund elf Metern freie Bahn hat und abzieht – Lattenunterkante… (90. + 1) - ich bin live am Mikrofon dabei und fasse es nicht. Kurz darauf ein ähnlich gefährlicher Vorstoß der Gäste, diesmal kommt Nicolas Höfler aus 14 Metern zum Schuss und schiebt den Ball knapp am Tor vorbei (90. + 2). Das Spiel endet mit einem Eckball für den SC, am zweiten Pfosten kommt Lucas Höler ans Leder, er lenkt es aber am Tor vorbei (90. + 4) – zugegeben, die Position war nicht die beste. Dann ist das Spiel aus. Der SC hat gut gekickt aber mit 1:2 verloren – fast noch mehr schmerzen die beiden Verletzten und die fünfte Gelbe gegen Höfler.

 

Das Nachspiel

Nachdenklich packe ich meine Sachen zusammen, melde mich auf der Zoom-Plattform bei der PK an,  laufe aber, auch weil es so kalt ist, schon mal bis zu meinem Auto im nahen Parkhaus „S1“ der Arena. Hier mache ich mich startklar für die bevorstehende Rückreise, warte aber auf den Beginn der PK. Diese ist zweigeteilt – zunächst versorgt Hansi Flick die zugeschalteten Journalisten mit seinem Statement und Antworten auf deren Fragen. Ich finde, er sieht den Auftritt seiner Bayern etwas zu rosig. Immerhin war der SC in München ganz nah dran am Punktgewinn und die Ausstrahlung des Triplesiegers war eben nicht eine solche, sondern die einer normalen Bundesligamannschaft, wie Wolfsburg oder so.  Egal, das ist eh nicht mein Thema. Nach einigen Nettigkeiten über Christian Streich und den Sport-Club verlässt Flick gemeinsam mit Pressesprecher Dieter Nickles die Szenerie und ein paar Minuten später nehmen Christian Streich und Sascha Glunk die Plätze ein. Der SC-Trainer beschreibt, wie er das Spiel gesehen hat. Ich habe inzwischen meine Kamera eingeschaltet, bin also auch zu sehen und als ich ein Zeichen gebe, bittet mich Sascha um meine Frage. „Frank Rischmüller, im Auto auf dem Weg nach Hause“ ruft er mich auf. Ich weise darauf hin, dass ich noch im Parkhaus sitze und spreche die Problematik im zentralen Mittelfeld an. Christian Streich räumt ein, dass es schon heftig sei, in einem Spiel, mit Blick auf das nächste Match, drei Sechser zu verlieren, ist aber sicher, auch gegen Frankfurt eine schlagkräftige Mannschaft stellen zu können. Man könne, so Streich sinngemäß, ja auch das System umstellen, die Mannschaft beherrsche ja mehrere Systeme.

Irgendwann ist die PK vorbei und ich starte den Wagen. Draußen, außerhalb des Parkhauses, herrscht Schneetreiben. Die Straßen sind zum Teil schneebedeckt und ich bin „not amused“ jetzt noch bis Bad Krozingen durchorgeln zu müssen. Bis hinter Augsburg ist die Autobahn relativ voll und das Wetter sehr winterlich. Letzteres bleibt auch bis zur Abfahrt von der Schwäbischen Alb noch so. Erst als Stuttgart nicht mehr allzu fern ist, sind die Straßen frei und ich kann Gas geben. Schon auf dem Weg vom Hotel zum Stadion hatte ich vollgetankt und auch Verpflegung für die Rückreise besorgt. So fahre ich von der Allianz Arena bis vor meine Haustür ohne Pause durch. Um 22.15 Uhr bin ich wieder daheim. Da es ein Sonntagspiel war, wartet am nächsten Morgen die Zeitungsproduktion. Trotzdem liebe ich meinen Job…

Montagvormittag: In der WZO-Redaktion ist Hochbetrieb. Um zehn Uhr kommt ein Landtagskandidat zum Redaktionsgespräch. Meine Kolumne „SC INTEAM“ verfasse ich deshalb schon am frühen Morgen. Hier ist sie:

 

SC INTEAM

Rekordmeister  FC Bayern München mutmaßlich mental müde und in mäßiger Form, der SC Freiburg aktuell gut in Schuss – da lag am Sonntag eine Überraschung in der Luft. Zumindest das vierte Remis bei SC-Gastspielen beim FC Bayern schien  greifbar nahe. Vorerst bleibt es jedoch bei drei Punkteteilungen: 2:2 im Februar 1995 (Torschützen: Sundermann und Todt für Freiburg, Scholl und Helmer für München), torlos im Mai 1997 und 1:1 im November 2018 (Torschützen: Gnabry für München, Höler für Freiburg). Obwohl der Sport-Club den Bayern gut Paroli bot, verloren die Gäste am Ende mit 2:1, auch weil „Joker“ Nils Petersen, der 25 Sekunden nach seiner Einwechslung bereits das zwischenzeitliche 1:1  erzielt hatte, in der Nachspielzeit aus aussichtsreicher Position nur die Unterkante der Latte und nicht ins Netz traf. Insgesamt konnten die zuletzt in der Bundesliga fünfmal in Serie siegreichen  Freiburger auch in München an die starken Leistungen der vergangenen Wochen anschließen. Dennoch produzierte das Spiel beim FC Bayern auch massive Probleme für die heutige Begegnung des Sport-Clubs mit Eintracht Frankfurt (Anstoß: 20.30 Uhr, live bei Sky und baden.fm). Schon in der ersten Spielminute hatte sich mit Rekordeinkauf Baptiste Santamaria einer der besten Spieler der vergangenen Wochen ohne Einwirkung des Gegners verletzt. Der für ihn nachrückende Amir Arashi schied später ebenfalls verletzt aus und zu allem Unglück sah Nicolas Höfler in München, nach einem taktischen Foul  gegen Gnabry die fünfte Gelbe Karte und ist heute Abend gesperrt. Damit fällt die stabile  „Doppelsechs“ heute Abend gegen die zuletzt vier Mal in Folge siegreiche Eintracht aus und auch der erste „Backup“, Abrashi, steht nicht nur Verfügung. Kandidaten für die beiden Positionen im zentralen Mittelfeld werden rar: Talent Lino Tempelmann kann die Position spielen, in der österreichischen Nationalmannschaft kickt SC-Innenverteidiger Philipp Lienhart  im defensiven Mittelfeld und seit dem Gastspiel in München ist Janik Haberer wieder aus der Versenkung aufgetaucht. Nach einer langwierigen Verletzung und Gerüchten über Zerwürfnisse stand Haberer in München überraschend im Kader und kam durch die beiden Verletzungen im defensiven Mittelfeld sogar für 35 Minuten  zum Einsatz. Dabei stellte Haberer seine Dynamik trotz der langen Spielpause schon wieder unter Beweis. Über 90 Minuten stand der 26-jährige frühere Stammspieler  zuletzt im Februar 2020  auf dem Platz. Lienhart und Haberer oder Tempelmann und Haberer – das wäre bei Beibehaltung der 3-4-3-Formation eine denkbare Besetzung  der Mittelfeldzentrale.  Eine Wechsel auf das zum Beispiel beim Auftaktsieg in Stuttgart praktizierte 4-1-4-1, mit nur einem  „Sechser“ – Lienhart(?)  – ist auch eine Alternative.  Es darf spekuliert werden. Im Rückspiel gegen die Schwaben, am Samstag um 15.30 Uhr (live bei Sky und baden.fm) darf dann zumindest Nicolas Höfler wieder mitwirken. (Zitatende)

Inzwischen war der Politiker hier, die Produktion der Ausgabe 3 des ReblandKuriers ist auf den Weg gebracht, diverse Telefongespräche sind geführt. Ich konnte mich ans Tagebuch machen. Das war’s…