30. Spieltag der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen VfL Bochum

Samstag, 16. April 2022, 15.30 Uhr *

Europa-Park Stadion, Freiburg *

SC Freiburg - VfL Bochum *

 

Das Vorspiel

Corona hat, so scheint es, (vorläufig) seinen Schrecken verloren. Die Fußballstadien sind voll, das Tragen der sogenannten Masken (Mund-Nasen-Bedeckung) wird in der Regel nur noch empfohlen und ist keine Pflicht mehr. Diesen Schritt in die Normalisierung merkt man in allen Lebensbereichen. Zum Glück auch im Geschäftlichen. Der Zeitungsverlag, WZO, für den ich seit über 15 Jahren hauptberuflich arbeite, zum Beispiel, gibt in der Hauptsache werbefinanzierte Druckprodukte heraus, etwa 52 mal im Jahr lokale Wochenzeitungen im Gebiet zwischen der Ortenau und der Schweizer Grenze. Für uns waren die beiden Corona-Jahre eine  extrem schwere Zeit. Veranstaltungen, inhaltlich wie geschäftlich für unsere Zeitungen vor größter Bedeutung, fanden nicht statt; Inhalte wurden rar, Anzeigenwünsche erst recht – vor allem im Lockdown. Irgendwie haben wir den Kopf über Wasser halten können, auch wenn es zum Beispiel einen Zeitungstitel (Das „Wochenblatt“ im Landkreis Lörrach) und damit auch einige Arbeitsplätze  gekostet hat, sind wir noch da und das ist gut so… Jetzt merkt man dieses langsame Rückkehr in die Normalität durch eine stetig steigende Intensität der Arbeit: Sonderseiten für Stadtfeste und verkaufsoffene Sonntag, Firmenpräsentationen – Sonderseiten hier, Sonderseiten da – es geht wieder was in unserem anzeigenfinanzierten Geschäft; gut so! Die persönliche Inanspruchnahme wächst dabei auch stetig, vor allem jetzt, im Frühjahr – wie der Herbst in normalen Jahren die arbeitsintensivste Zeit in unserer Branche. Deshalb muss das SC-Tagebuch, formal übrigens, trotz einer inhaltlichen Selbstbestimmtheit und der ganz persönlichen Note, auch ein Produkt unseres WZO-Verlags, gelegentlich hinten anstehen. Etwa in der vergangenen Woche, in der ich den Tagebucheintrag zum Frankfurt-Spiel erst sechs Tage nach dem Abpfiff, am Samstagmorgen vor dem Bochum-Spiel zu Ende bringen konnte. Danach fehlte dann Zeit und Muße, das Bochum-Tagebuch zu beginnen. Deshalb gibt es diese Story jetzt komplett in der Nacherzählungsform.

SC gegen Bochum – das Spiel fand gestern, am Ostersamstag statt. Ich hatte Kaufkarten für meinen Sohn Ben und meinen künftigen Schwiegersohn Fabian besorgt, der mit meiner Tochter Caroline und meiner kleinen Enkelin Lara (8 Monate) aus Frankfurt für drei Tage zu Gast bei uns war. Für Ostersonntag und -Montag sind die drei nun bei Fabians Eltern in Gundelfingen zu Besuch. Plötzlich ist weniger Action im Haus und ich hatte Zeit und Lust aufs Tagebuch.

Neben Fabian und Ben hatte ich auch Johannes Geiger, Mitarbeiter meines persönlichen Ausrüsters „Intersport HAAF“ mit im Kuga, als wir planmäßig um 13.15 Uhr in Bad Krozingen Richtung Europa-Park Stadion aufgebrochen sind. Was für ein ausgesprochen schöner und denkwürdiger Fußball-Nachmittag uns bevorstehen würde, konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen – nicht einmal im Entferntesten; es wurde ein außergewöhnlicher Fußball-Nachmittag im ausverkauften Europa-Park Stadion…

Ich kommentierte das Bundesligaspiel SC Freiburg gegen VfL Bochum am Samstag zwischen 15 Uhr und 18 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow. Als Moderator hatte der Nachwuchskollege Noah Schönberger seine Feuertaufe in der baden.fm-Bundesligashow, da im Funkhaus gerade Corona grassiert und „die üblichen Verdächtigen“ sämtlich flach liegen. Da ich doppelt geboostert und genesen bin, zudem fast nie im Funkhaus selbst herumlaufe, bin ich übrigens nicht gefährdet, mich anzustecken. Über Radiowellen geht das nicht..

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.048. SC-Livespiel am Radio-Mikrofon)

Vor ab, ein Wort: Großartig! Der SC bot gegen den völlig überforderten VfL eine außergewöhnlich gute Leistung, spielte, fußballerisch hoch überlegen, vor allem in der ersten Halbzeit „Katz‘ und Maus“ mit den Gästen aus Westfalen. Die Überlegenheit sollte sich schon nach fünf Minuten erstmals im Ergebnis ausdrücken. Es war eine einstudierte Situation, geradezu typisch für den SC im Frühjahr 2022: Der exzellent performende Nicolas Höfler, für mich einer der besten am Samstagnachmittag, spielte einen hohen und weiten Diagonalpass aus dem linken Mittelfeld in die rechte Offensive – einen von der Bochumer Abwehr in dieser Situation sträflich vernachlässigten Raum. Lukas Kübler hatte offenbar mit Höflers Schachzug gerechnet und war entschlossen in den freien Raum durchgestartet. „Kübi“ bekam den Ball, dribbelte in den Strafraum und knallte die Kugel per Schrägschuss in den linken oberen Torwinkel – das Europa-Park Stadion glich einem Tollhaus! Der SC, spielfreudig wie selten, machte weiter Druck und erhöhte in der 16. Minute bereits auf 2:0 und das kam so: Roland Sallai grätscht im Mittelfeld dem Bochumer Leitsch den Ball ab (das ist derselbe Leitsch, der in der 120. Minute des Pokal-Viertelfinales von Roland Sallai düpiert worden war) – der SC kombiniert schnell über die rechte Seite, Wooyeong Jeong passt den Ball dann wieder auf Roland Sallai und der Ungar setzt zu einem flachen Kunstschuss an – vom Innenpfosten prallte der Ball ins Netz. War das geil…

Einer, der am Samstag meist unauffällig aber dorch sehr wirksam und wertvoll agierte, war – diesmal in der Startelf aufgeboten – Nils Petersen. In der 25. Minute wäre dem Torjäger nach der ersten SC-Ecke von Vincenzo Grifo fast das 3:0 gelungen, der Kopfball des blonden Hünen ging jedoch am Tor vorbei. Auf der Gegenseite? Nichts bis gar nichts…

Die 36. Minute bringt die nächste Großchance: Höfler ist „Boss“ im Mittelfeld, läßt gleich mehrere Bochumer alt aussehen und passt auf Christian Günter. Der Kapitän flankt ins Zentrum, wo Roland Sallai zum Kopfball hochsteigt und aus sechs, sieben Metern am Tor vorbei köpft. Eigentlich eine hundertprozentige Torchance, vermutlich war die Ausgangsposition des Ungarn aber nicht ganz ideal – es war ein irgendwie komischer Kopfball…

Kurz vor der Pause funktioniert einmal mehr das Offensivpressing der Jungs – Balleroberer Maximilian Eggestein passt auf Vincenzo Grifo, der bedient Wooyeong Jeong und der Flachschuss des Südkoreaners geht ganz knapp am linken Pfosten vorbei. Die 2:0-Halbzeitführung des SC ist mehr als schmeichelhaft für Bochum – es müsste längst viel höher stehen…

Das findet auch das Freiburger Sportjournalisten-Urgestein Uli Fuchs, mit dem ich mich in der Halbzeitpause austausche. „Mindestens drei Treffer“ müssten es längst sein, findet Uli, und orakelt: „Nicht dass dann in der 58. Minute wieder ein Anschlusstor für den Gegner fällt und der SC muss noch zittern, obwohl er so hoch überlegen ist…“

Anfangs der zweiten Halbzeit gehen mir die Worte des Kollegen noch einmal durch den Kopf, denn die ganz große Dominanz scheint dahin zu sein und Bochum gibt sich, nach einem Dreierwechsel zum Wiederbeginn, noch nicht auf. Dann werden aber in der 53. Minute alle Bedenken vom Tisch gefegt: Wooyeong Jeong tanzt auf dem linken Flügel mit ein, zwei Haken einen Gegner aus, flankt den Ball hoch in den Strafraum und dort steht Roland Sallai und köpft den Ball ins Tordreieck – 3:0, „der Käs ist gegessen!“

In der Folgezeit bleibt der SC überlegen, hat auch noch durch Nico Schlotterbeck nach Freistoß von Vincenzo Grifo und direkter Weiterleitung von Roland Sallai eine „Hundertprotzentige“, der Jung-Nationalspieler bringt den Ball, am oder sogar im Fünfmeter-Raum stehend, aber nicht an Torhüter Riemann vorbei, sondern trifft den Keeper auf der Brust.  Trotzdem hält sich der SC nach dem entscheidenden 3:0 spürbar zurück, schont Kräfte für das sporthistorisch bedeutungsvolle DFB-Pokal-Halbfinale beim Hamburger SV am kommenden Dienstag.

Aufregung kommt trotzdem noch einmal auf: In der 68. Minute unterläuft Stafylidis ein brutal wirkendes Frustfoul gegen Roland Sallai, welches Schiedsrichter Stegemann völlig zurecht direkt mit „Rot“ bestraft. Bochum-Trainer Reis findet das Foul in der gegnerischen Hälfte völlig überzogen und  dämlich, weshalb er seinem undisziplinierten Spieler den Scheibenwischer zeigt, weil der jetzt im Kellerderby gegen Augsburg fehlen wird (wie Reis später seine Geste erklären wird). Der vierte Offizielle, der auf der Achse zwischen Reis und Stafylidis steht, bezieht die Beleidigung aber auf sich und signalisiert das dem Schiedsrichter, der daraufhin auch Reis die Rote Karte zeigt. Platzverweis für den VfL-Trainer!

Der Rest des Spiels plätschert unter den Gesängen der glückseligen Fans so dahin. Am Ende hat der SC den VfL Bochum haushoch überlegen mit 3:0 besiegt – ein gnädiges Ergebnis für die an diesem Tag restlos überforderten Gäste.

 

Das Nachspiel

Ich verteile am Mikrofon die Noten – Ein „Gut“ für alle – ein „Sehr gut“ für „Chico“ Höfler, Roland Sallai und Wooyeong Jeong. Ich könnte noch mehr Namen nennen, verzichte aber darauf, um nicht zu überschwänglich zu wirken. Im Audio-Interview mit Trainer Christian Streich übernimmt der Coach die Sache mit weiteren Namen: Nils Petersen sei zwar unauffällig und trotzdem auffällig gut gewesen, habe hervorragend gearbeitet. Stimmt, auch Nils hatte ich auch meiner Liste – und im Verbund die gesamte Defensive. Na ja, es waren halt alle gut…

Das Audio-Interview mit Christian Streich kann man übrigens auf der HP von baden.fm, im schriftlichen Nachbericht zum Spiel, auf einem eingebauten Link anklicken.

Dann ist Feierabend. Das Stadion war voll – das Wetter schön, auch nach der Pressekonferenz, über eine Stunde nach dem Abpfiff, ist rund ums Europa-Park Stadion noch einiges los. Nach ein paar Selfies mit weiblichen Fans, die freundlich darum gebeten hatten und deren Wunsch ich natürlich gerne und geschmeichelt erfülle, und durch eine gruppe junger Männer, die „Frank! Frank! Frank! Frank!“ spontan als Schlachtruf präsentieren und nach einigen Shakehands habe ich den Weg zum auf P4 geparkten Kuga geschafft, wo Ben und Fabian schon auf uns warten; Johannes hatte ich ja im Schlepptau. Mein Begleiter hatte in der baden.fm-Bundesligashow auf ein 3:1 für den SC getippt – die Mannschaft hatte es anschließend noch besser gemacht als von dem HAAF-Mitarbeiter und SC-Fan am Mikrofon prognostiziert. Gut gelaunt und staufrei treten wir die Heimfahrt nach Bad Krozingen an. Ich bin längst auf Hamburg und auf Halbfinale gepolt. Abends schaue ich mir – genau wie Christian Streich, das 3:0 der „Rothosen“ im Zweitligaspiel gegen Karlsruhe an. Auch der HSV scheint gut auf das Spiel am Dienstag vorbereitet zu sein…