34. Spieltag der Bundesligasaison 2020/2021, Eintracht Frankfurt gegen SC Freiburg

Samstag, 22. Mai 2021, 15.30 Uhr *

Deutsche Bank Park, Frankfurt *

Eintracht Frankfurt - SC Freiburg *

Das Vorspiel

Der Rückmeldungen aus Frankfurt gab es im Vorfeld des 34. Bundesligaspieltags viele. So schrieb mir die IT-Abteilung, dass mein Arbeitsplatz im Frankfurter Stadion am Samstag mit einem freigeschalteten LAN-Anschluss und Stromversorgung ausgestattet ist, worum ich freundlich gebeten hatte.

Gleich zweimal wurden mir die anderen üblichen Unterlagen zugestellt – Gesundheitsfragebogen etc. – jeweils mit einem begleitenden Text. Einmal schreibt mir die Eintracht, die Mund-Nasenbedeckung – im Volksmund Maske – müsse ich überall im Stadion tragen, nur wenn ich auf meinem Platz säße, könne ich sie abnehmen. Im zweiten Schreiben wird betont, dass ich die besagte Maske (OP-Maske oder FFP-2) überall im Stadion und auch auf meinem Platz zu tragen habe. Einmal Hü, einmal Hot - okay, wenn es sportlich bei den Frankfurtern ähnlich durcheinander geht, soll es mir recht sein.

Gestolpert bin ich mal wieder über den Stadionnamen. Wurde doch aus der Commerzbank-Arena am Ende der vergangenen  Saison der Deutsche Bank Park. Dass die Vereine für Ihre Stadien im bezahlten Fußball Naming-Rights, also Namensrechte, verkaufen habe ich längst akzeptiert. Ganz froh bin ich, wenn man sich nicht ständig neue Namen merken muss, wie – gefühlt – in Sinsheim (also bei Hoffenheim). Geradezu grotesk finde ich, wenn dann die Namensrechte zwischen zwei konkurrierenden Unternehmen gewechselt werden. Commerzbank / Deutsche Bank… Irgendwie Crazy und Ausdruck einer überbordenden Kommerzialisierung im Profifußball.

Dieser Kommerzialisierung habe ich mich in meinem Kommentar zum Weltgeschehen gewidmet. Zumindest einmal im Jahr – immer dann, wenn die Bundesliga ihren 34. Spieltag beschließt, schreibe ich bei uns im ReblandKurier in dieser Rubrik einen Fußball-Kommentar. Da die Meisterfrage schon lange keine mehr ist und ein Kommentar kein Platz ist, um Europa-Cup-Teilnehmer und Absteiger aufzuzählen, dachte ich mir – den Kommentar am Ende der Saison 01/02 kann ich auch schon vor dem letzten Spieltag verfassen. Das spart mir Zeit am Dienstag nach Pfingsten, dem einzigen Produktionstag, der uns für die nächste Ausgabe zur Verfügung steht.

Hier ist der geplante Kommentar als Vorabveröffentlichung:

 

Der Kommentar

Die Liga muss aufpassen

Von Frank Rischmüller

Die Bundesligasaison 20/21 ist zu Ende. Bayern München ist Meister – wer sonst? Die größten Chancen, die seit einem Jahrzehnt andauernde Dominanz der Münchner zu brechen, wird inzwischen – wegen der wirtschaftlichen Potenz – der Bundesligamannschaft aus Leipzig eingeräumt. Und das ist eines der Probleme. Leipzig, formal ein Verein, nennt sich RB – offiziell Rasenball-Sport. Eigentlich symbolisieren die Buchstaben das österreichische Unternehmen Red Bull, zu dessen Fußball-Imperium RB Leipzig genauso gehört wie Red Bull Salzburg oder Red Bull New York. Die Fußballteams sind Marketinginstrumente des Global-Players in der Getränkeindustrie. Die Organisation als Verein ist im Fall von Leipzig eine Farce. Durch halbseidene Vereinsstatuten ist es nämlich gar nicht so einfach Mitglied dieses „Vereins“ zu werden. Mitglieder sind letztendlich einige wenige – allesamt Strippenzieher des RB-Imperiums. Dieses Unterfangen entfernt sich extrem weit von den Interessen des gemeinen Fußballfans, dessen massives Interesse am Profifußball in den 2000er Jahren seinen Höhepunkt erreichte. Dies geschah zeitgleich und vermutlich auch wegen der Aufbereitung der Spiele im damals noch neuen Privatfernsehen. Aus Spielern wurden Superstars. Es entstand eine boomende Fußball-Industrie, die neue Interessenten und Investoren auf den Plan rief, wie zum Beispiel das Unternehmen Red Bull.  Wenn mittlerweile drei der sechs Mannschaften aus dem oberen Drittel der Bundesliga zu 100 Prozent Marketinginstrumente von Unternehmen sind, die primär andere Waren produzieren und verkaufen wollen, etwa Brause, Autos oder Pharmaprodukte, wenn obendrein offensichtlich ist, dass das Faninteresse an diesen Mannschaften überschaubar bleibt, sie sportlich aber trotzdem am großen Rad drehen, wendet sich der Fußballfan mittelfristig womöglich vom eigentlich so faszinierenden Spitzenfußball ab. Fußball ohne Fans – das haben die Geisterspiele der zu Ende gegangenen Corona-Saison gezeigt – sind Kokolores … Die Branche ist aufgerufen, wieder mehr auf den Fan zuzugehen, der ohne Frage Teil der Faszination Bundesliga ist. Überbordendendes Marketing ist genauso schädlich, wie das Auseinanderreißen von Spieltagen, „Versitzplatzung“ der Stadien und so weiter. Dass Montagsspiele in der 1. Bundesliga abgeschafft wurden und dass  der SC Freiburg in seinem neuen Stadion besonders viele Stehplätze anbietet, sind erste Anzeichen dafür, dass Probleme erkannt wurden. Aber – die Liga muss aufpassen, dass ihr das Fundament, auf dem der Boom der vergangenen zwei Jahrzehnte aufbaut, nicht verloren geht. (Zitatende)

 

Jetzt, liebe Freunde des gepflegten Flachpasses, sind wir wieder vor dem 34. Spieltag. Es ist Donnerstag, 20.Mai, heute Mittag um 15 Uhr ist digitale Pressekonferenz mit Christian Streich. Ich plane das Auswärtsspiel pressetechnisch, wenn man so will. Am Samstagmorgen um 9 Uhr habe ich mir noch einen Fototermin für den Abbau einer Behelfsbrücke im Bad Krozinger Stadtzentrum auferlegt. Um 10 Uhr werde ich dann – vermutlich im privaten Ford-Kuga – nach Frankfurt aufbrechen. Ich fahre direkt zum etwas kultigen Hotel Angel im berühmt berüchtigten Frankfurter Bahnhofsviertel und beziehe schon mal mein Zimmer. Ich denke, dass ich um 13 Uhr vor Ort bin. Eine Stunde später geht es dann zum Stadion – also zum Deutsche Bank Park. Am Gästeparkplatz P9 kann ich gegen Vorlage meines Ausweises die Akkreditierung abholen. Über die Otto-Fleck-Schneise geht es dann weiter zur Einfahrt in die Tiefgarage, die direkt unter  dem Stadion liegt. Wegen der Pandemie  und weil entsprechend keine Fans – auch keine VIPs – im Stadion sind, dürfen wir Medienvertreter da unten parken. Das ist natürlich sehr angenehm und ziemlich stressfrei. Es folgen die gefühlt 1.000 Stufen bis hoch unters Stadiondach, wo die Pressetribüne untergebracht ist. Und dann gucken wir mal, ob die Jungs noch einmal so viel Energie auf den Platz bringen, wie gegen die Bayern. Da sie im Quarantäne-Trainingslager im Elztalhotel sind und dort konzentriert auf das letzte Saisonspiel hinarbeiten, könnte es durchaus sein, dass sie das hinkriegen. Ob dann am Ende Platz sieben und damit die Teilnahme an den Play-Offs zur neuen Conference League dabei herausspringt, wird nicht so sehr im Fokus stehen. Ich glaube und hoffe ohnehin, dass Gladbach in Bremen gewinnt und mein Heimatverein Arminia Bielefeld so zumindest nicht direkt absteigen könnte. Wenn Arminia in Stuttgart punktet, steigen zudem die Chancen des SC, wieder an den Schwaben vorbeizuziehen und „Baden-Württemberg-Meister“ zu werden. Köln gegen Schalke? Abwarten. Da ist alles möglich – auch dass sich der FC mit dem vermeintlich leichtesten Spiel aller Abstiegskandidaten gehörig verrechnet. Immerhin muss Köln unbedingt gewinnen, um noch eine Chance auf den Klassenerhalt zu haben…

Ich hoffe also, dass sich der SC in Frankfurt noch einmal so hervorragend präsentiert wie zuletzt gegen den Rekordmeister. Dann könnten sie die Eintracht vielleicht sogar schlagen, die ihren Frust über die verlorenen Champions-League-Traum ebenso verarbeiten muss wie den über das Auseinanderbrechen der kompletten Führungsetage und vermutlich auch der Mannschaft. Ich ahne, da geht was für den SC im Deutsche Bank Park…

Das letzte Auswärtsspiel der Corona-Saison möchte ich dann noch einmal zelebrieren; mit alkoholhaltigen Kaltgetränken und Essen von Lieferando im Hotel. Wie intensiv der Getränkeverzehr sein wird, hängt natürlich vom Verlauf des Spiels ab – und von der Abstiegsfrage im Tabellenkeller. Wenn Arminia drin bleit – hoch die Tassen. Relegation? Das packen die – Prost! Abstieg? Bitte nicht! Oder besser: Schmalhans im Glas…

Sonntagvormittag geht es dann wieder heim nach Bad Krozingen. Je nachdem, wie erfolgreich der Samstag für den SC und Arminia war, höre ich mir unterwegs den Sport1-Doppelpass an oder eben nicht.

Nach einem familiären Mittagessen freue ich mich dann auf die Sky-Konferenz der 2. Liga. Die haben es ja noch einmal spannend gemacht. Bochum sollte gegen Sandhausen den Aufstieg klar machen, sollte man meinen. Andererseits braucht Sandhausen die Punkte, um nicht noch in die Relegation zu müssen.  Dem Sechzehnten, VfL Osnabrück ist im Veilchen-Duell in Aue alles zuzutrauen, auch ein Sieg. Deshalb wird Sandhausen mehr sein als ein Sparringspartner für Bochum. Holstein Kiel hat Heimrecht gegen Darmstadt. Um ganz sicher direkt aufzusteigen, brauchen die Störche einen Sieg, denn Greuther Fürth lauert beim Heimspiel gegen Düsseldorf auf ein Stolpern zumindest eines der beiden besser platzierten Teams. Das wird spannend… Klar haben Bochum und Kiel es in der Hand aber in Bochum will auch Sandhausen unbedingt die Punkte und in Kiel muss man nach der Flut an Nachholspielen immer wieder die bange Frage nach dem Kräftehaushalt stellen – und die Nerven spielen an einem letzten Spieltag vermutlich auch noch mit. Das wird spannend…

Ein Wort noch zur EM-Berufung des Freiburger Kapitäns Christian Günter. Persönlichkeit, sportlich Leistung und innere Einstellung – alles hat sich in den vergangenen zwei Jahren optimal entwickelt. Günni steht auf dem Zenit seiner Karriere und die Berufung ins EM-Team ist hochverdient. Ich freue mich sehr für den Jungen und habe sogar die Phantasie, dass Günni zum Überraschungshelden der „Mannschaft“ werden könnte – ein neuer Star, mit dem niemand (außer vielleicht Jogi) gerechnet hat. Bei der Frage, ob  Halstenberg oder Goosens hinten links spielen sollte, antworte ich ganz klar: Günter. Und womit? Mit Recht!

 

An dieser Stelle verabschiede ich mich in die Mittagspause und melde mich nach dem Pressegespräch mit Christian Streich noch einmal, um die eine oder andere Erkenntnis daraus weiterzureichen.

Donnerstagnachmittag

Am Samstag in Frankfurt endet die Saison. Für Freunde des SC Freiburg, Mannschaft und Staff heißt es dann Abschied zu nehmen von Torwart Florian Müller, der nach der schweren Verletzung von Mark Flekken, im DFB-Pokal-Erstrundenspiel in Mannheim, von Mainz 05 ausgeliehen worden war. Den Verein verlassen wird auch der Südkoreaner Chang-Hoon Kwon, der in seiner Heimat zum Militärdienst antreten muss und parallel dazu bei einem Militärclub, der gerade in die Erste Liga aufgestiegen ist, Fußball spielen. Der von Lok. Moskau ausgeliehene Guus Til, dem der Durchbruch in der Bundesliga verwehrt blieb, kehrt ebenfalls zurück zu seinem eigentlichen Arbeitgeber, um dann möglicher Weise in seinem Heimatland anzuheuern, wie kolportiert wird. Talent Lino Tempelmann ist auf dem Sprung zu einer Leihe – bei einem Zweitligisten wird er unterkommen, Presseberichten zu Folge ist das der 1. FC Nürnberg. Diese vier Namen bestätigte Christian Streich auf Nachfrage nach feststehenden Abgängen am Ende der Saison.

Für das Spiel in Frankfurt rechnet Christian Streich mit einem wütenden Gegner, der es seinen Kritikern zeigen will. Der Trainer knobelt nach einem Rezept, wie er seine Mannschaft ein letztes Mal in diesem Spieljahr an ihre Grenzen treiben kann.  Der Name Bayern München als Gegner habe elektrisierende Wirkung gehabt – die richtigen Worte zu finden und die richtigen personellen Wechsel zu finden, darin sieht der Coach seine Aufgabe mit Blick auf das letzte Saisonspiel in Frankfurt. Zwar ist Streich kein Freund von Personalwechseln nach erfolgreich bestrittenen Spielen – das 2:2 gegen Bayern zählt sicher zu dieser Kategorie – allerdings sei die Erschöpfung bei einigen recht groß gewesen. Zudem hätten die Jungs, die eingewechselt wurden, erheblichen Anteil am Teilerfolg gegen die Bayern gehabt. Die Startformation wird also ein spannendes Kompositum – fest steht eigentlich nur, dass Roland Sallai wegen der fünften Gelben Karte gesperrt ist.

Ich ahne ein 4-2-3-1, das an das erfolgreiche Heimspiel vom 20. Spieltag gegen Borussia Dortmund erinnern könnte:  Flekken – Schmid, Lienhart, Gulde (Heintz), Günter – Höfler, Santamaria – Höler, Jeong, Grifo – Demirovic (Petersen). Das ist allerdings reine Spekulation. Kommt Jungs, tut uns den Gefallen, gebt noch einmal Vollgas! Und dann: Frohe Pfingsten!

Ich kommentiere das Bundesligaspiel Eintracht Frankfurt gegen SC Freiburg am Samstag ab 15 Uhr live in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.015. SC-Livespiel am Radiomikrofon)

Es begann im leeren Frankfurter Stadion wie die Feuerwehr: In der ersten Minute schon hätte Vincenzo Grifo, nach einem Fehlpass von Hinteregger und schnellem Umschaltspiel, das 0:1 schießen können. Der Schrägschuss ging aber knapp am zweiten Pfosten vorbei. Auf der Gegenseite kommt Torjäger Silva ebenfalls zu einem vielversprechenden Abschluss, trifft mit seinem Schrägschuss von halblinks aber nur den Außenpfosten.

„das kann ja heiter werden“ dachte ich und fand Spaß an einem Spiel, in dem es für beide Mannschaften vermeintlich um nicht mehr viel ging… Beide suchten die Offensive und kombinierten sich mutig durchs Mittelfeld.

11. Minute: Wieder wird „Vince“ angespielt. Schmid, in Frankfurt offensiv im rechten Mittelfeld unterwegs, hatte den starken Pass. Wäre ihm die Ballannahme gelungen, er wäre alleine vor dem 19-jährigen Eintracht-Torhüter Bördner, der Trapp vertreten durfte, aufgetaucht. Da die Ballannahme nicht optimal war, hatte er noch Chandler vor sich, tanzte den US-Amerikaner aber aus und konnte erneut abziehen. Erneut ging der Ball nur sehr knapp am Tor vorbei.

In der 19. Minute war Eintracht wieder dran – Hrustic hält nach Pass von Silva drauf – Mark Flekken zeigt, dass er ein Guter ist.

Es ist ein unterhaltsamer Kick, denn beide Mannschaften spielen mit offenem Visier. Es ist durchaus ungewöhnlich, dass es noch 0:0 steht; aufgezählt habe ich ja nur die klarsten Chancen auf beiden Seiten, solche, die fraglos Treffer hätten sein können.

In der 34. Minute verletzt sich der bis dahin gut mitspielende Lukas Kübler. Nach einem Zusammenprall mit Hinteregger war ihm die Luft weggeblieben – so sehr, dass es nicht mehr weiter ging für den Außenverteidiger, der einst aus Sandhausen gekommen ist und jüngst seinen Vertrag in Freiburg verlängert hat. Lucas Höler kommt und es werden Positionen gewechselt. Schmid wechselt aus dem rechten Mittelfeld auf seine Stammposition hinten rechts in der Viererkette, seinen Platz im Mittelfeld nimmt Janik Haberer ein, der zuvor neben Nils Petersen als Doppelspitze fungiert hatte. Als zweiter Stürmer ist jetzt Lucas Höler unterwegs. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass das klassische 4-4-2 bei gegnerischem Ballbesitz zu einem 4-2-3-1 mutiert, weil sich in der Regel Nils Petersen zurückfallen lässt.

Der junge Eintracht-Torhüter Bördner hat eine Schwäche: Er währt Bälle in der Regel nach vorne ab. So auch in der Nachspielzeit der ersten Hälfte, nach einem Schuss von Grifo. Lucas Höler springt heran und Bördner setzt nach – Höler kommt zu Fall, der Ball springt weg. Elfmeter? VAR? Beides nein. Bördner war zuerst am Ball, das Spiel läuft weiter.

In der zweiten Halbzeit ist Eintracht besser drin im Spiel, holt aber keine Chancen heraus – dafür Eckbälle. Einer davon fliegt in der 60. Minute in den Strafraum und Janik Haberer stellt sich etwas ungeschickt an, berührt den Ball mit beiden Händen. Keiner hat was gesehen, keiner protestiert – aber der VAR meldet sich. Es gibt Elfmeter. Silva tritt zwei Minuten später an und lässt Mark Flekken keine Chance – 1:0 für die Eintracht.

Wenig später  versucht es Trainer Christian Streich mit neuem Personal: Yannik Keitel, Wooyeong Jeong und Ermedin Demirovic kommen für Baptiste Santamaria, Janik Haberer und Nils Petersen.

Wie schon gegen die Bayern bringt der Mehrfachwechsel noch einmal eine neue Dynamik ins SC-Spiel. In der 77. Minute, ich bin für eine Kurzeinblendung zu Beginn der Sendestunde 17 Uhr bis 18 Uhr gerade live auf Sendung, geht es plötzlich ganz schnell: Über Vincenzo Grifo und Nicolas Höfler kommt der Ball zum wuseligen Wooyeong Jeong und der Südkoreaner fackelt nicht lange und triff – minimal abgefälscht – ins lange Eck – 1:1.

Eigentlich war das Soll beider Mannschaften jetzt erfüllt; es hatte reichlich Zweikämpfe, Kombinationen und Torchancen gegeben – zwei Tore obendrein – irgendwie „roch“ es kurz vor Schluss nach einem unterhaltsamen Unentschieden – und Platz neun, weil Stuttgart es, zu meiner großen Freude, gegen Arminia Bielefeld „verkackte“.

Es sollte aber anders kommen: Eine zweifelhafte Freistoßentscheidung des bei 50:50-Entscheidungen konsequent für Frankfurt pfeifenden Christian Dingert bringt Kostic ins Spiel. Dessen starke Freistoßflanke – der eingewechselte Touré nimmt den Ball im Fünfmeterraum volley und trifft drei Minuten vor dem Abpfiff zum ernüchternden 2:1.

In der Nachspielzeit (90 + 2) flankt Kostic noch einmal von links, wieder scheint die Freiburger Abwehr schläfrig und der eingewechselte Ache trifft nun seinerseits volley ins Netz – 3:1, das war’s.

 

Das Nachspiel

Ich gebe es zu, es sind einige Tage vergangen. Nach dem mit 1:3 verlorenen Spiel des SC in Frankfurt schenkte ich mir die PK und schlurfte die Treppen runter bis in die Tiefgarage. Tief unten in den Katakomben des Frankfurter Stadions traf ich auf SC-Sportvorstand Jochen Saier. Wir grüßten uns wechselseitig sehr freundlich und gestanden ein, dass es, trotz der Niederlage am letzten Spieltag, eine sehr zufriedenstellende Saison war. Dennoch interessierte mich noch eine Frage: „Angenommen das 1:1 hätte auch am Ende noch Bestand gehabt und Ihr wäret Neunter statt Zehnter geworden – was hätte das bei der Verteilung der Fernsehgelder mehr gebracht?“

Saier erklärte, dass ja sehr viele Einflussgrößen eine Rolle spielten, musste dann aber doch mit einem Achselzucken die Zahl von 1,8 Millionen Euro nennen. Als jemand, der sein Auto finanziert und in schlechten Monaten auch schon mal den Dispo überzieht, musste ich scharf einatmen. Ich wünschte „trotzdem einen schönen Sonntag“ und versuchte, an etwas anderes zu denken – Stoff gab es ja genug…

Mein Heimatverein, ohne den ich nie Radiobegleiter des SC Freiburg geworden wäre, weil bei Arminia- und Radio Bielefeld vor exakt 30 Jahren alles begonnen hat, durfte sich an diesem Tage über einen Auswärtssieg in Stuttgart und den Klassenerhalt freuen – da wollte ich mich mitfreuen und mich nicht über verpasste Millionensummen beim Sport-Club grämen. Auch für Platz 10 gibt es ja viele Millionen – und einige mehr als zum Beispiel für Arminias Platz 15. Alles ist relativ…

Binnen einer Viertelstunde fuhr ich zum Hotel, fand direkt gegenüberliegend einen freien Parkplatz und brachte das Flüssig-Proviant auf mein Zimmer. Anders als bei einem Facebook-Foto im Vorfeld vermittelt, handelte es sich aber nicht etwa um Whisky-Cola in Dosen, sondern im Wesentlichen um eine gute Flasche Rotwein von meinem Lieblingswinzer. Dazu ein mitgebrachtes Weinglas und Besteck fürs Essen. Das war italienisch und wurde von einem Lieferando-Jürgen  gebracht, während ich die Zusammenfassung des letzten Bundesligaspieltags auf dem Fernseher verfolgte. Ich ließ mir Zeit beim Essen, beim Trinken und beim Fernsehkonsum. Draußen war eh nichts los – Lockdown – nur ein paar Bordsteinschwalben aus fernen Ländern sorgen für Leben in den Straßen – und die Polizei… Ich merke früh, dass ich es nicht bis zum Aktuellen Sportstudio schaffen würde. Schon irgendwann gegen 22 Uhr schlafe ich weinseelig ein.

Inzwischen ist nicht nur die Bundesligasaison 20/21 – die Corona-Saison – Geschichte, sondern auch der kalte und verregnete eigentliche Wonnemonat Mai. Heute ist Dienstag, der 1. Juni 2021. Da war doch was? Genau: Heute vor 30 Jahren, am 1. Juni 1991 war Sendestart von Radio Bielefeld; da begann quasi meine Karriere als Radiojournalist. Verglichen mit den rund 27 Jahren hier im Süden und am Mikrofon von Funkhaus Freiburg sind die knapp drei Jahre bei Radio Bielefeld zwar verschwindend gering, aber sie sind unvergessen und waren die Basis für ein sehr glückliches Berufsleben.

Die Fußballsaison hält freilich noch das eine oder andere Highlight bereit: International die Finalspiele der U21-EM, bei der die deutsche Elf - mit Nico Schlotterbeck – nach einem Sieg im Elfmeterschießen gegen Dänemark das Halbfinale gegen die Niederlande erreicht hat und natürlich die EM der A-Nationalmannschaften mit Jogis Jungs.

Im Vereinssport interessiert mich noch sehr das Saisonfinale in der Regionalliga Südwest. Am heutigen Dienstagabend um 19 Uhr kickt der Tabellenzweite, der saarländische Club SV Elversberg beim TSV Steinbach-Haiger. Der Ausgang dieses auf den ersten Blick belanglosen Spiels hat große Auswirkungen auf den SC Freiburg und auch auf meine kurz- und mittelfristigen beruflichen Aufgaben:

Möglichkeit: Steinbach gewinnt oder das Spiel endet Remis.

Das würde bedeuten, dass die U23 des SC Freiburg vorzeitig als Meister der Regionalliga und – das ist noch wichtiger – als Aufsteiger in die Dritte Liga fest. Mein Job wäre es dann, die fertige Kolumne „SC INTEAM“, dir morgen im ReblandKurier erscheint, partiell umzuschreiben und zum vorzeitigen Erfolg zu gratulieren. Fürs Frühprogramm von Baden.FM müsste ich einen sogenannten Nachrichtenaufsager produzieren und verschicken und ein sogenanntes Kollegengespräch vorbereiten. Da Elversberg wettbewerbsübergreifend die letzten zehn Spiele gewonnen hat und dabei zum Beispiel am Wochenende den Drittligisten 1. FC Saarbrücken im Finale des Saarlandpokals besiegen konnte, bin ich bei der aktuell vorliegenden Version mal von einem weiteren „Dreier“ der Saarländer ausgegangen, also von der zweiten Möglichkeit…

Möglichkeit: Elversberg gewinnt. Dann kann ich den Kommentar, so wie er jetzt ist, in die Druckerei geben und muss heute nichts mehr fürs Radio machen. Dafür deutliche mehr am Wochenende: Am Samstag um 14 Uhr spielt dieser SV Elversberg nämlich am vorletzten Regionalligaspieltag in der „URSAPHARM-ARENA AN DER KAISERLINDE“

gegen die U23 des SC Freiburg, die momentan noch mit acht Punkten die Tabelle anführt, nach einem Elversberger Sieg im heutigen Nachholspiel aber nur noch mit fünf Punkten. Dadurch würde die Partie im Saarland so brisant, dass wir uns zu einer Liveübertragung bei baden.fm entschieden haben. Natürlich wollen wir als Medienpartner des SC live dabei sein, wenn die Jungs aus der Freiburger Fußballschule womöglich in die Dritte Liga aufsteigen… Und selbst wenn der direkte Vergleich  mit dem einzig verbliebenen Verfolger verloren ginge, bestünde am allerletzten Spieltag noch die Chance, den Aufstieg durch einen Sieg im Möslestadion gegen die „graue Maus“ TuS Rot-Weiß Koblenz unter Dach und Fach zu bringen.

Da sind – weiß ich – jetzt sehr viele „Wenns“ dabei.

Deshalb warte ich erstmal heute Abend ab.

Ansonsten beende ich die Tagebuch-Saison jetzt mit dem Ausdruck der Freude über eine zurückliegende sportlich entspannte Saison des SC Freiburg in der Bundesliga und über den Klasseneerhalt meines Heimatvereins. Ich freue mich, dass ich auch nächste Saison dienstlich nach Bielefeld reisen darf. Ich verbinde das aber mit einer großen Hoffnung: Dass, wenn es im August wieder losgeht mit Bundesliga und so, die Fans wieder ins Stadion dürfen. Ich hoffe, dass sich möglichst viele Menschen impfen lasse und wir schnell Herdenimmunität erreichen. Und ich will den Lauterbach nicht mehr in den Talkshows sehen und nicht den Tierarzt vom RKI in den Pressekonferenzen und so weiter.

In diesem Sinne: Eine schöne Sommerpause – bleibt gesund!