4. Spieltag der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen 1. FC Köln

Samstag, 11. September 2021, 15.30 Uhr

Dreisamstadion, Freiburg

SC Freiburg - 1. FC Köln

Das Vorspiel

Morgen ist der 11. September. Vor 20 Jahren passierte in New York Unglaubliches - der Terror zeigte seine menschenverachtende hässliche Fratze, machte die beiden Türme des World-Trade-Centers dem Erdboden gleich, tötete mehr als 3.000 unschuldige Menschen und veränderte die Welt. Jeder weiß noch, wo er war, als die unglaublichen Fernsehbilder von entführten Passagiermaschinen, die in die Hochhaustürme flogen um die Welt gingen. Ich war morgen vor 20 Jahren in der Slowakei. In Puchov, unweit der Weißen Kaparten. Ich war auf Dienstreise auf den Spuren des SC Freiburg, denn der sollte an jenem 11. September ein UEFA-Cup-Spiel bei Matador Puchov austragen; ich sollte live kommentieren. Das Spiel fand statt, die Übertragung nicht. Es hätte nicht in die Stunden des Schocks, der Trauer und der Angst gepasst, im Radio über Tore zu jubeln. Es wäre auch nicht passiert, da das Spiel 0:0 endete, dennoch war es eine Farce, an diesem Tag ein Fußballspiel auszutragen - die UEFA hatte darauf bestanden - und es wäre nicht gut gewesen, darüber zu berichten. Es gibt manchmal Wichtigeres als Fußball. 

Aber nicht oft...

„Köln kommt. Zuerst nach Freiburg und dann unter die Räder.“ So oder so ähnlich habe ich scherzhaft unseren Werbespot formuliert, der bei baden.fm für die morgige Bundesligashow wirbt.  Woran denke ich, wenn ich an den 1. FC Köln denke? „Wolfgang Overath: Ja, mein Temperament“ – so oder so ähnlich hieß ein Buch der einstigen FC-Ikone, dass ich als junger Fußballfan verschlungen hatte und als Wolfgang dann in einem Bielefelder Autohaus in der Stadtheider Straße, ich glaube es war Renault, zu einer Autogrammstunde kam, wollte ich mir natürlich eine Signatur in das Buch schreiben lassen. Ich glaube, es war die erste Autogrammstunde meines Lebens und ich war sehr fasziniert von dem damals noch aktiven FC-Kicker. Ich gebe aber zu, ich war damals eher Netzer- als Overath-Fan; schon wegen meiner langen blonden Haare, die dem Langen aus Mönchengladbach nachempfunden waren. Zur Erklärung: Wenn man sich seiner Zeit bei Abba für die Agnetha oder Anni-Fried als Objekt der Bewunderung entscheiden musste, war es im Mittelfeld die Frage nach Netzer oder Overath. Ich war für Agnetha und Günter – beide mit wallenden blonden Haaren – so wie ich … damals…

Auch später ließ mich der 1. FC Köln meistens kalt. Und in jüngeren Jahren gab es oft große Fußballmomente mit dem SC gegen den FC. Geradezu legendär das 3:4 für den SC, nach 3:0 Rückstand im Dezember 2017 in Köln. Am 32. Spieltag derselben Saison, im April 2018, schoss Lucas Höler in der dritten Minute der Nachspielzeit den 2:3 Siegestreffer; für Köln war das der Abstieg, für den SC der vorzeitige Klassenerhalt. Bei beiden Events war ich auch am Radiomikrofon ganz gut in Form…

In der vergangenen Corona-Saison ohne Zuschauer landete der SC im Heimspiel mit 5:0 einen seiner höchsten Bundesligasiege (nur gegen Bochum und Rostock sind dem Sport-Club ähnliche Kunststücke gelungen) – im Rückspiel gab es einen 4:1-Erfolg im Kölner Stadion zu feiern; doch wer feiert schon ohne Fans…

Und dieses Jahr?

Die Frage nach den Fans ist schnell beantwortet: 10.000 dürfen morgen im Dreisamstadion dabei sein, wenn der Sport-Club mal wieder die Klingen mit den Kölnern misst. Ich darf live am baden.fm-Mikrofon kommentieren und freue mich sehr darauf.

In der gestrigen PK hat Christian Streich deutlich darauf hingewiesen, dass der aktuelle 1. FC Köln nichts mehr mit jenem FC zu tun hat, den der SC letzte Saison zwei Mal in den Senkel gestellt hat. Das liegt vor allem am neuen Trainer, Steffen Baumgart – der Bundesligacoach der irgendwie so aussieht als hätte er seinen 30 Tonner Diesel um die Ecke geparkt und der seit Neuestem mit einer besonderen Kopfbedeckung auf sich aufmerksam macht. Nennt man das Schlägermütze? Keine Ahnung. Wichtiger und einprägsamer ist ohnehin der Fußball-Stil, den „Baumi“ seinen jeweiligen Mannschaften verpasst. Nach Ballgewinn gibt es da nur den Vorwärtsgang – auf kürzestem und schnellstem Weg. Der Coach macht seinen Jungs Beine und auch nach hinten helfen alle mit. Das ist energiegeladener Powerfußball, mitreißend für die Fans, die Baumgart in Köln bereits nach drei Bundesliga-Spielen vergöttern und bislang erfolgreich: Sechs Punkte sind keine schlechte Ausbeute für den Fast-Absteiger der Vorsaison. Verloren haben sie nur denkbar knapp in München; da kann man mal verlieren, denke ich. Ein weiteres Merkmal der Baumgart-Mannschaften: Egal, wie es gerade steht, die machen immer weiter, geben immer Vollgas. Fazit: Köln ist brandgefährlich und in der Bundesliga ein Stolperstein – womöglich auf für den so gut wie nie gestarteten SC Freiburg. Es ist mit einem höchst intensiven Spiel zu rechnen. „Nur mit genauso intensivem Spiel wie Köln und gelegentlich einem kühlen Kopf und klugen Entscheidungen auf dem Spielfeld“ ist den Domstädtern beizukommen, weiß Christian Streich, den ich hier zumindest sinngemäß zitieren darf.

Beim SC gibt es ein paar (mögliche) Ausfälle. Jonathan Schmid, zuletzt daheim in Quarantäne, hat sich im familiären Umfeld mit Corona angesteckt und ist erstmal raus. Der beim 2:3-Auswärtssieg in Stuttgart böse gefoulte Nicolas Höfler ist ebenso ein Wackelkandidat wie Stürmer Ermedin Demirovic, der von der Länderspielreise mit einem Infekt zurück nach Südbaden gekommen ist. Ich ahne, dass beide morgen ausfallen. Unsicher ist auch das Mitwirken von Nico Schlotterbeck. Der talentierte Innenverteidiger war mit Deutschlands A-Nationalmannschaft unterwegs. „Schlotti“ kam zwar in keinem der drei WM-Quali-Spiele zum Einsatz, saß aber sehr wohl im Billigflieger, den „Die Mannschaft“ nachdem Ausstieg der Lufthansa als DFB-Sponsor benutzt, der auf dem Heimflug von Island in Schottland notlanden musste. So war die Heimreise für die Nationalspieler eine wahre Odyssee ohne Schlaf und die geistige und körperliche Frische des zuletzt besonders auffällig gut spielenden Nico Schlotterbeck wird über seinen Einsatz gegen Köln entscheiden.

Davon, dass beim SC auch der zweite Anzug richtig gut sitzt, konnte ich mich vergangene Woche als einer der wenigen Augenzeugen des Freiburger 3:2-Testspielsieges gegen den FC Zürich überzeugen. In meiner Kolumne „SC INTEAM“ bin ich diese Woche intensiv auf das Spiel und die Form der „zweiten Garnitur“ eingegangen. Hier der Wortlaut:

 

SC INTEAM

Nach dem erfolgreichsten Saisonstart seiner Bundesligageschichte verabschiedete der SC 13  seiner Spieler  aus der Erst- und Drittligamannschaft zu internationalen Einsätzen in den  Auswahlmannschaften ihrer jeweiligen Heimatländer. Debütant N.  Schlotterbeck reiste zum Kader der nun von Hansi Flick trainierten deutschen A-Nationalmannschaft. Ebenfalls für A-Nationalmannschaften berufen waren Demirovic (Bosnien und Herzegowina), Lienhart (Österreich) und Sallai (Ungarn). Ein Quartett, bestehend aus Atubolu und Schade (beide aus dem Bundesligakader), Kehrer und Schmidt (beide U23-Kader) reiste zur deutschen U20-Nationalmannschaft. Zur U20-Auswahl Frankreichs fuhr Seldillia (Bundesliga).  Ontuzans (U23) folgte einer Berufung   in die U21 von Lettland, sein Mannschaftskollege Tauriainen reiste zur finnischen U21 und Rosenfelder aus dem Drittligakader war für die deutsche U19-Auswahl nominiert. Ohne diese 13 Nationalspieler und ohne die angeschlagenen Höfler und Keitel sowie Schmid (Quarantäne) bestritt der SC, ohne Zuschauer, im Dreisamstadion, ein Testspiel gegen den  vom Deutschen André Breitenreiter trainierten Spitzenreiter der Schweizer Superleague, FC Zürich. Es war ein guter Test auf ansprechendem Niveau, in dem sich der SC nach 0:2-Rückstand zur Pause noch mit 3:2 durchsetzen konnte. Aus der Startelf der ersten Bundesligawochen standen nur Günter (erste Halbzeit), Grifo (85 Minuten) und Jeong (zweite Halbzeit) auf dem Platz. In der Abwehr bewiesen Gulde, K. Schlotterbeck und Heintz, dass Trainer Streich bei Bedarf auf sie bauen kann. Im zentralen Mittelfeld bestätigten Eggestein und Haberer die guten Eindrücke aus der zweiten Halbzeit des Stuttgart-Spiels und offensiv glänzte Grifo als spielfreudiger Vorbereiter mit Pech im Abschluss (ein Pfostentreffer) und Petersen bewies durch einen Doppelpack, der das Spiel drehte, dass er, nach seiner Verletzungspause, für höhere Aufgaben bereit ist. Von den Talenten erhielten Burkart und Weißhaupt recht viel Spielzeit. Beide bewiesen, dass sie mithalten können. Die jungen Engelhardt, Wagner und Risch kamen zu Kurzeinsätzen. Vor dem vierten Bundesligaspieltag am kommenden Samstag, 11. September, um 15.30 Uhr gegen den 1. FC Köln (live bei Sky und baden.fm) präsentiert sich der SC breit aufgestellt und gut vorbereitet.     (Zitatende)

 

Alle eingesetzten Abwehrspieler kommen in Frage, um Nico Schlotterbeck morgen zu ersetzen, sollte sich Christian Streich entscheiden, „Schlotti“ zunächst draußen zu lassen. Im zentralen Mittelfeld ist Maximilian Eggestein auf dem Sprung und kommt wohl als erstes für einen möglicher Weise notwendigen Höfler-Ersatz in Frage. Mit wem er sich am besten ergänzt, Yannik Keitel oder Janik Haberer, müssen die Trainer entscheiden. Spannend wird das Personalpuzzle auch in der Offensive, denn Nils Petersen scharrt nach seinem Doppelpack im Test gegen Zürich wieder mit den Hufen. Andererseits waren Lucas Höler und Wooyeong Jeong in Stuttgart spielentscheidend… Abwarten.

 

Fehlt noch mein persönlicher Anlauf auf das Spiel: Zum Warmwerden werde ich heute Abend bei baden.fm, aus dem Homeoffice, über das Spiel der U23 beim SV Meppen (Anstoß: 19 Uhr) berichten. Der Samstag beginnt dann mit dem C-Junioren-Kick SvO Rieselfeld gegen FC Bad Krozingen, bei dem mein Sohn Ben mitkickt. Ich werde fußballtechnisch also schon recht früh unterwegs sein. Anstoß in FR-Rieselfeld ist um 11 Uhr. Ich hoffe, Ben findet dann nach dem Spiel einen Platz in einem der anderen Autos, damit ich in Freiburg bleiben und direkt zum Dreisamstadion fahren kann. Zum vorletzten Bundesligaspiel an dieser geschichtsträchtigen Stätte, in der ich seit Anfang 1994 regelmäßig als Radio-Kommentator saß. Ja, doch, ein Stück Wehmut werde ich mit hinübernehmen ins nagelneue Europa-Park Stadion – die Vorfreude auf das Neue überwiegt aber.

Aber jetzt erstmal Köln schlagen – und das wird schwer genug…

 

Ich übertrage das Bundesligaspiel SC Freiburg gegen den 1. FC Köln morgen live in der baden.fm-Bundesligashow…

 

Das Fußballspiel

(Mein 1019. SC-Pflichtspiel am Radio-Mikrofon)

 

In den ersten zehn Minuten der temporeichen Anfangsphase war ich sehr zufrieden mit den Jungs des SC Freiburg. Mit zunehmender Spieldauer aber eroberte der 1. FC Köln ein Stück weit Dominanz, ohne zu den ganz klaren Abschlüssen zu kommen; bis zur 27. Minute: Der giftige Kainz flankt den Ball scharf vor das Freiburger Tor, wo Andersson, eine der beiden FC-Spitzen, die Kugel nur um Zentimeter verpasst. Da brannte es lichterloh im Fünfmeterraum(!) des SC.

In der 34. Minute folgte dann die verdiente Führung der Gäste: Kölns Rechtsverteidiger Schmitz ist aufgerückt und flankt in die Mitte, wo sich Modeste im Zweikampf klar gegen Lukas Kübler durchsetzt und den Ball aus etwa elf Metern platziert Richtung rechter Innenpfosten köpft. Da hätte wohl keine Briefmarke mehr dazwischen gepasst, so gut war der Ball platziert – keine Chance für Mark Flekken im Freiburger Tor. Ursachenforschung: Wieso hatte Schmitz so viel Zeit um unbedrängt zu flanken und warum schafft es Lucas Kübler nicht, Modeste bei seinem Kopfball entscheidend zu stören? Nachlässigkeiten, außen wie innen, die Köln in Führung brachten, den SC für ein paar Minuten aus dem Gleichgewicht… Und das blieb nicht ohne Folgen: In der 37. Minute, nur drei Minuten nach der Gästeführung, zieht Kainz einen Freistoß aus dem Halbfeld scharf aufs Tor. Gleich mehre Kölner versuchen, dem Ball noch eine letzte Richtungsänderung zu geben. Einem gelingt das, Uth lenkt den Ball aus kurzer Distanz und spitzem Winkel Richtung Tor – alleine der Pfosten steht im Weg - Alu-Treffer für den FC, ein glücklicher Moment für die Platzherren, wobei Freistöße, die aus dem Halbfeld scharf aufs Tor geschossen werden, immer schwer zu verteidigen sind…

Köln hat in dieser Phase klar Oberwasser und ich bin froh, als der mittelmäßig gute Schiri Harm Osmers aus Hannover zur Halbzeitpause pfeift.

Die Analysen des Trainerteams haben unter anderem ergeben, dass Maximilian Eggestein noch in der Anpassungsphase ist und das Freiburger Spiel noch nicht so verinnerlicht hat, wie es gerade gegen starke Teams – und Köln ist unter Baumgart wünschenswert wäre. Er macht zu wenig aus seiner Sechserposition und wird für Haberer ausgewechselt. Janik und Yannik (Keitel) spielen in den zweiten 45 Minuten im zentralen Mittelfeld aber die gesamte Mannschaft ist jetzt häufiger und intensiver im Vorwärtsgang. Der SC übernimmt das Kommando im Dreisamstadion. Die Angriffe bleiben aber weitgehend ungefährlich. Die Folge: Christian Streich wechselt sukzessive die komplette Offensive aus. Zunächst kommen Kevin Schade und Nils Petersen für Wooyeong Jeong und Roland Sallai (72. Minute). In der 79. Minute deutet Kevin Schade erstmals an, dass er vielleicht wirklich eine Lösung parat hat – sein 18-Meter-Schuss geht aber hauchdünn am Tor vorbei. Dann kommt Ermedin Demirovic für Lucas Höler (82. Minute) und schließlich Noah Weißhaupt für Verteidiger Lukas Kübler (89. Minute). Christian Streich setzt alles auf eine Karte, hat Glück, dass der eingewechselte Kölner Duda, nach einem groben Fehler im Aufbauspiel des SC, die sich bietende große Chance nicht ergreift, sondern letztlich mühelos an einem Abschluss gehindert wird.  Und dann kommt der große Auftritt von Noah Weißhaupt. Zwei Minuten nach seiner Einwechslung tanzt der trickreiche Mittelfeldspieler den Kölner Hector nach allen Regeln der Kunst aus, läuft mit dem Ball am Fuß von rechts Richtung Tor und spielt einen scharfen Querpass ins Zentrum. Der Kölner Czychos kommt mit der Fußspitze an den Ball und verlängert ihn, für Horn nicht erwartbar, ins eigene Netz. Frenetischer Jubel im Dreisamstadion – 1:1, eine Minute vor Schluss, erzwungen durch einen der Youngster – das ist die Story für die Geschichtsbücher… Geht vielleicht sogar noch mehr? Jetzt In der vierminütigen Nachspielzeit rollt ein Angriff nach dem anderen auf das Kölner Tor. Ein, zweimal beweist Kevin Schade seine unwahrscheinliche Schnelligkeit mit Ball, einmal scheitert Yannik Keitel denkbar knapp und noch einmal spielt Weißhaupt die Kölner schwindelig und passt in die Mitte – der Seitfallzieher von Nils Petersen geht über das Tor. Dann ist Abpfiff.

Es war ein gerechtes Unentschieden, ein enges, giftiges Spiel mit einer Gelb-Roten Karte gegen Kainz, den Kölner Offensivakteur. Da aber in der Schlussphase nur Freiburg stürmte, fiel das Fehlen eines Kölner Offensivakteurs nicht wirklich schwer ins Gewicht. Ich bin sicher, der SC hätte auch gegen elf Kölner noch den Ausgleich erzielt. Und womit? Mit Recht!

 

Das Nachspiel

 Wahnsinn, wie die Zeit vergeht. Das Köln-Spiel ist schon wieder Geschichte und ich habe gestern meinen 61. Geburtstag gefeiert; bescheiden und in kleinem Rahmen. 61 ist eine Primzahl und sonst nix Besonderes und ich bin nach wie vor im Herzen ein Jungspund, körperlich auf dem Weg zurück zu alter Geschmeidigkeit (schon 13 Kilo abgenommen) und optisch – ja mei… für 61 okay, finde ich. Zurück zum Köln-Spiel:

Da die PKs noch immer digital stattfinden und ich keine eigenen Interviews führen und O-Töne einholen kann, stieg ich gleich nach dem Schlusspfiff in den Shuttlebus, fuhr zum Presseparkplatz und war gerade dabei, meine Übertragungstechnik in den Kofferraum zu packen, als mich eine Frauenstimme aus einem offenen Fenster im Schloss Ebnet rief: „Herr Rischmüller, Herr Rischmüller – wir haben Sie eben noch live im Radio gehört!“ – war es die Schlossherrin? Offenbar waren auch Kinder im Raum. „Ach Sie waren das“, dachte ich scherzhaft, verzichtete aber darauf das laut zu sagen, weil es ja auch falsch verstanden werden könnte. Klar freut man sich als Radiomann, wenn Menschen einem sagen, dass sie dich gehört haben. Also verzichtete ich auf Scherze, lobte statt dessen die gute Wahl des Radiosenders und verabschiedete mich freundlich – es war mutmaßlich das vorletzte Mal, dass der Presseparkplatz bei einem Bundesligaspiel im Hof von Schloss Ebnet lag.

Dann fuhr ich Richtung Umkirch. Also hinten rum, über die Karthäuserstraße. Vor der Ampelkreuzung ganz am Ende ist immer ein bisschen Stau und man muss warten. Trotzdem fing die PK, bei der ich via iPhone zugeschaltet war erst an, als ich schon auf dem kurzen befahrbaren Stück der KaJo war. Und als ich in Umkirch ankam, war die PK auch schon zu Ende. Umkirch? Genau! Das Funkhaus Freiburg hatte zum Sommerfest geladen – erst feines Essen und coole Drinks auf der Terrasse vom Heuboden, mit einem „all-inclusive-Armband“ ums Handgelenk, dann ein bisschen Party in den verschiedenen Discos des Hauses. Irgendwann um zwei Uhr nachts verführte mich DJ Matze am Mischpult einer der Discos noch zu einem Torschrei am Mikrofon. Ein paar Selfies noch mit SC-Fans im Publikum, dann war ich, gut gefüllt mit meinem Mixgetränk des Abends – Jacky + Coke Zero, bettschwer genug, um mich ins „Heu-Loft“ zurückzuziehen, einem noch ziemlich neuen Vier-Sterne-Hotel des Heuboden-Imperiums, in dem wir nächtigen durften, um nicht mit Alkohol im Blut ins Auto zu steigen oder horrende Taxikosten zu haben. Von Umkirch nach Bad Krozingen wäre vermutlich recht teuer gekommen. Und fahren durfte ich definitiv nicht mehr. Es war ein total netter Abend mit guten Gesprächen, gerade auch mit einigen der jungen Kollegen von baden.fm, die ich noch nicht so gut kenne wie die alte Garde, zu der ja auch ich gehöre. Das war cool und wir haben viel gelacht. Die „Jugendabteilung“ des Senders hat wohl bis halb sechs in der Frühe durchgezogen, erfuhr ich beim Frühstück gegen halb zehn, zu dem nur Moderator Lennart schon so fit war wie ich – aber der war schließlich auch zu einem ähnlichen Zeitpunkt im Zimmer verschwunden wie ich. Als ich ins Auto stieg, um nach Hause zu fahren, schliefen die meisten noch. Lass doch der Jugend ihren Lauf… fällt mir da ein. Das habe ich ja auch alles schon so erlebt.

Der Rest des Sonntags war dann Sofa – Fußball im Fernsehen und Erholung.

Am Montag verfasste ich in der WZO-Redaktion, wie immer, als Erstes meine SC-Kolumne „SC INTEAM“. Hier ist sie im Wortlaut:

 

SC INTEAM

Bis zu dem positionsgetreuen Personalwechsel Eggestein (aus Bremen) für Santamaria (nach Rennes) standen lediglich sechs Nachwuchsspieler aus der Freiburger Fußballschule auf der Liste der Neuzugänge im Bundesligakader des SC Freiburg. „Eine PR-Aktion für die Nachwuchsabteilung“ meinten Kritiker, „die Jungs werden mit dem Bundesligakader trainieren und in der Dritten Liga bei der U23 kicken“, vermuteten andere Beobachter. Dass Christian Streich völlig anders tickt, wissen gute Beobachter eigentlich seit seinem ersten Spiel als Chefcoach auf der Bundesligabank. Am 21. Januar 2012, dem ersten  Rückrundenspiel jener Saison,  kickte der SC in ärgster Abstiegsnot gegen den FC Augsburg. Neu-Trainer Christian Streich wechselte in diesem eklatant wichtigen Abstiegsduell in der Schlussphase den A-Jugendlichen Matthias Ginter ein. Der Rest ist Fußballgeschichte: Ginter traf zum siegbringenden 1:0, brachte dem SC später eine Millioneneinnahme und wurde 2014 Fußball-Weltmeister. So verwundert es nicht wirklich, dass Streich auch zehn Jahre später weiter auf die Jugend setzt. Im Heimspiel gegen den 1. FC Köln, wechselte der Trainer bei 0:1-Rückstand zwei der sechs Jungspunde ein, die vor drei, vier Monaten noch die U23 zur Regionalligameisterschaft geschossen hatten. Stürmer Kevin Schade und Mittelfeldtrickser Noah Weißhaupt prägten die Schlussphase des Spiels, sorgten für spektakuläre Szenen und Noah Weißhaupt erzwang durch ein mutiges und erfolgreiches  Dribbling gegen Kölns Kapitän Jonas Hector und eine scharfe Hereingabe den Ausgleich (Eigentor). Einen Tag nachdem die U23 in der Dritten Liga durch einen 0:1-Auswärtssieg beim SV Meppen für Furore gesorgt hatte, krönten die Bundesliga-Auftritte der beiden 19-jährigen SC-Talente das wunderbare Signal der Freiburger Fußballschule:  In Freiburg geht was, da werden Talente perfekt gefördert und ausgebildet, da können Träume wahr werden. Die Wirkung solcher Signale auf die persönliche Zukunftsplanung junger Top-Talente aus Deutschland und Europa  sollte mittel- und langfristig Früchte tragen.

Ansonsten war das 1:1 gegen Köln insgesamt leistungsgerecht und ging in Ordnung. Am Samstag in Mainz (live bei Sky und baden.fm) wartet die nächste Herausforderung, gingen doch in der Vorsaison beide Duelle mit den 05ern verloren... (Zitatende)

 

Montag und Dienstag gehörten einer intensiven Zeitungsproduktion. In den fiesen Coronamonaten hatten wir teilweise nur zwölfseitige Ausgaben, gestern waren es 20 und bezogen auf die drei verschiedenen Lokalausgaben insgesamt 50 Seiten, die geschrieben, gebaut und kontrolliert werden mussten. Das war dann schon recht intensiv. Dienstagabend war dann noch ein kleiner familiärer Restaurantbesuch anlässlich meines Geburtstags auf dem Programm, danach noch ein bisschen Bayern gucken, dann ab Halbzeit einen Krimi, danach fiel ich wie ein Stein ins Bett.

Ab dem heutigen Mittwoch laufen schon die Vorbereitungen… auf das nächste Auswärtsspiel der Bundesligaprofis am Samstag in Mainz (ich fahre schon am Freitag los), auf das Heimspiel der U23 am Sonntag und natürlich auf die nächste Ausgabe des ReblandKuriers am kommenden Mittwoch.

Ich wünsche allen eine gute Woche!