5. Spieltag der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen FC Augsburg

Samstag, 21. September 2019, 15.30 Uhr *

Schwarzwald-Stadion, Freiburg *

SC Freiburg - FC Augsburg *

Das Vorspiel

 

Bevor ich am Sonntagabend in Schopfheim beruflich Frau Vicky Leandros lauschen werde, deren Alter mindestens so umstritten ist, wie das des Fußballers Bakery Jatta alias Bakary Daffeh, steht der fünfte Bundesligaspieltag an, der zumindest eine theoretische Chance birgt, dass der SC Freiburg auf die Spitzenposition der Bundesliga vorrückt – zeitlich gesehen eventuell bis Theo von Schopheim aus nach Lodz fährt; also bis zum Abpfiff des Spiels SGE gegen BVB. Vorher müsste freilich der SCF den FCA schlagen und die Dosen beim SVW Federn lassen. Ob die Nagelsmänner allerdings gegen die Bremer U23 straucheln, steht auf einem anderen Blatt. Der bundesweiten Berichterstattung zufolge hat Werder ja kaum noch einsatzfähige Profis.

Platz 1 nach fünf Spielen wäre eine nette Randgeschichte der noch jungen Saison, sie würde allerdings vom Wesentlichen ablenken und wesentlich ist, dass der SC am Ende der Saison die Klasse erhält. Der Spielplan ist günstig gestaltet, um einen guten Saisonstart hinzulegen. Ein solcher ist aber auch nötig, um nicht in solchen Spielen wie gegen Bayern, Dortmund, Leipzig, Leverkusen oder Wolfsburg, die alle noch kommen, mit dem Rücken zur Wand zu stehen und dadurch ein dünnes Nervenkostüm zu bekommen. Bislang ist alles okay. Tauscht man das Ergebnis vom Spiel gegen Köln mit jenem aus Sinsheim aus, gäbe es keine einzige Überraschung zu bestaunen, alle Ergebnisse und damit auch in Summe die neun Punkte nach vier Ligaspielen wären im erwartbaren Bereich.

Mit anderen Worten: Es ist nichts passiert – der SC ist nicht plötzlich ein ernsthafter Kandidat für Europa, sondern es bestätigt sich bisher lediglich meine These von vor der Saison, dass der Sport-Club gute Chancen hat, sein Saisonziel, Klassenerhalt, tatsächlich - und vielleicht sogar ohne den ganz großen Stress -  zu erreichen.

Und trotzdem: Vor dem Heimspiel gegen den FC Augsburg scheint mir der Sport-Club sich selbst der größte Gegner zu sein. Vier Siege in fünf Pflichtspielen, Platz drei in der Bundesliga, das musst du als Spieler erstmal verarbeiten. Da gilt es gegen eine vermeintliche graue Maus wie Augsburg genauso engagiert und akribisch ans Werk zu gehen, wie beispielsweise in einem Auswärtsspiel bei einem prinzipiell favorisierten Gegner wie es Hoffenheim war. Kann man das nach einem 3:0-Sieg in Sinsheim hinkriegen?

Und wie stellen Christian Streich und seine hilfreichen Flüsterer auf? Never change a winning team? Es wäre sicherlich nicht einfach, nach dem guten Auftritt in Hoffenheim und einem überraschend deutlichen und verdienten 3:0-Erfolg, einzelne Spieler aus dem Rennen zu nehmen. Andererseits ist der FC Augsburg ein ganz anderer Gegner, der tiefer stehen wird, auf schnelles Umschaltspiel und lange Bälle setzen wird. Welches Rezept braucht ein Team gegen einen solchen Gegner – was für Spielertypen sind gefragt? Jung und schnell wie Schlotterbeck oder erfahren und abgezockt wie Heintz? Der unermüdliche Arbeiter und Vertragsverlängerer (super!) Frantz oder eine Spur mehr Genialität à la Grifo? Der unermüdliche Kämpfer auch und speziell gegen den Ball, Höler oder ein Schuss mehr Tempo und Kreativität à la Waldschmidt? Ober wählen die Trainer einen Überraschungseffekt à la Kwon oder gar Ravet, der schon in Hoffenheim für die Startelf diskutiert wurde und dann taktischen Überlegungen zum Opfer und aus dem Kader fiel? Die Auswahl ist groß und deshalb so schwer und auch ungewohnt für die Coaches. Ich lasse mich morgen überraschen.

Nachdem ich letzte Woche durch meine Geburtstagsfeier am Vorabend des Hoffenheim-Spiels energetisch nicht top vorbereitet schien, was der Radioshow keinen Abbruch tat aber meinem persönlichen Genuss des wunderbaren 3:0-Sieges in Hoffenheim etwas beeinträchtigte, weil ich am Ende des Tages einfach nur fertig mit der Welt war, will ich den potenziellen Sprung auf Platz eins oder zwei nicht verpennen. Heute Abend gibt es also allenfalls ein Gläschen von Fritz Wassmers Cuvé Felix – ein Zweites vielleicht, wenn Schalke gegen Mainz gewinnt. Nicht weil ich für Schalke wäre, aber Mainz ist SC-Konkurrent im Kampf um die Plätze eins bis 15, um die es ja geht; vielleicht auch nur um neun bis 15 – das wird der weitere Saisonverlauf zeigen. Mainz darf ruhig abschiffen.

Morgen früh kickt dann mein Sohn Ben in einem letzten Vorbereitungsspiel vor dem Staffelstart mit seiner D1 gegen die D2 des FC Bad Krozingen. Etwas ungewöhnlich ist, dass beim FCK der jüngere Jahrgang als D1 aufläuft und der ältere Jahrgang als D2. Hintergrund ist, dass der jüngere Jahrgang fußballerisch richtig gut besetzt ist und in der Staffel gegen die jeweils älteren Gegnerteams regelmäßig gefordert werden soll. Die D2 soll gleichzeitig mehr Erfolgserlebnisse genießen. Dass die natürlich morgen heiß darauf sind, zu beweisen, dass sie doch die bessere D-Junioren-Truppe sind, ist klar. Das wird also – wenn auch vereinsintern – ein heißes Match.  Bens Truppe ist aber inzwischen ganz gut ins Rollen gekommen. Gegen den FC Auggen, gegen den es immer eine enge Kiste war, gab es am Donnerstag im Bezirkspokal einen 6:2-Sieg. Klar hatten die Auggener das eine oder andere Talent zum Beipiels an den FFC oder Eintracht Freiburg verloren, wie man hört, aber der SC hat für seine neue U11 beim FC Bad Krozingen „gewildert“ und ein starkes Talent zur Fußballschule geholt. Trotzdem kicken die Jungs stark und ich bin gespannt, wie sich die E1 des Vorjahres jetzt als D1 schlägt.

Mein Vorspiel ist also der D-Junioren-Kick morgen in der Frühe. Und dann werde ich mit gemischten Gefühlen zum Schwarzwald-Stadion fahren. Ein vierter Sieg im fünften Ligaspiel, das wäre einfach zu geil und die richtige Vorlage für meinen persönlichen Fußball-Triple am kommenden Wochenende:

Freitag – Arminia Bielefeld gegen VfB Stuttgart

Samstag – FC Paderborn gegen Bayern München und

Sonntag – Fortuna Düsseldorf gegen SC Freiburg.

Ist das geil oder ist das geil!? Donnerstag beginnt die Reise, die ich zusammen mit einem Freund und Geschäftspartner antreten werde. In Bielefeld, wo wir unsere Basisstation haben werden, haben wir zwei Studios gemietet – 100 Meter vom Kultrestaurant Kreta entfernt… Aber das ist Zukunftsmusik. Besonders geil wäre es freilich mit einem Sieg gegen Augsburg im Rücken.

Und, ach ja, hallo Flo!  Nice to see you. Triff, wo immer Du willst aber nicht gegen den SC! Der Schwolli wird es zu verhindern wissen ;- ))

Ich übertrage das Spiel SC Freiburg gegen FC Augsburg morgen Nachmittag ab 15 Uhr bei baden.fm

 

Das Fußballspiel

(Mein 950. SC-Livespiel als Radioreporter)

 

Mein Mini-Jubiläum – 950 SC-Spiele live im Radio – quasi das letzte kleine Jubiläum vor dem Tausender, mutmaßlich nächste Saison, mit etwas Glück im neuen Stadion, war leider kein Bringer… 1:1 gegen Augsburg, das hatten sich die meisten, auch ich, mehr von versprochen. Ich habe freilich in 26 Jahren Freiburg gelernt, dass die Bundesliga, wie man so schön sagt, kein Wunschkonzert ist und ich kenne so Situationen schon, wenn du denkst - „boa ey, wenn sie das jetzt rocken, das wäre die ganz große Nummer, das wäre ein ganz großer Schritt in der Entwicklung der Mannschaft und des Vereins“ – dann geht es meistens halbwegs schief. Das kenne ich schon und formuliere dann so Sätze wie „ich fahre mit gemischten Gefühlen ins Stadion“, so wie im „Vorspiel“ oder im Radio oder sonstwo vor dem Spiel zum Besten gegeben. Will sagen: Ich hatte meine Zweifel. Als bestes Lehrbeispiel möchte ich das Pokal-Halbfinale von damals in Stuttgart anführen. Der VfB war in der Liga schlecht drauf, der SCF in Topform und dann fährst du dahin und denkst (…siehe oben) und dann verliert die Truppe, weil sie ungewohnt schwach spielt und der Gegner überraschend gut.

Gegen Augsburg war es so, dass der SC richtig gut angefangen hat. Die gingen in der Anfangsphase ab wie die Feuerwehr. Es gab tolle Chancen, die aber nicht genutzt wurden und als das Spiel drohte, etwas fad zu werden, traf dann Höler aus spitzem Winkel doch noch ins Netz und ich dachte schon „alles wird gut“. Dann musste Mike Frantz verletzt raus und „Vince“ Grifo wurde unter den Ovationen der Fans eingewechselt und Du denkst, jetzt wird alles noch besser. Und dann pennt die Abwehr, Flo, ausgerechnet Flo Niederlechner steht völlig frei vor Schwolli und macht das 1:1 – und keiner weiß warum.

Der Schwung war erstmal raus und es war halt ein Spiel gegen Augsburg. Das 5:1 vom Frühjahr mal außer Acht gelassen waren Spiele gegen Augsburg nie schön, meistens eng und sie endeten nicht selten Remis.

Allerdings gab der SC in den letzten 20 Minuten nochmal so richtig Gas, erspielte sich Chance auf Chance und Eckball auf Eckball. Augsburg schien jetzt stehend k.o. und wankte bedenklich. Als „Chico“ Höfler frei durch war, merkt man, dass er kein Stürmer ist – er traf den Außenpfosten; als Petersen köpft, reißen alle schon die Arme hoch, doch vom innersten Innenpfosten kommt der Ball irgendwie zurück aufs Spielfeld und als sich die Augsburger Abwehr ziemlich dämlich verhält und den Ball auf das eigene Tor köpft, retten Torwart und Latte die Gäste vor dem k.o.-Schlag. Am Ende blieb es beim 1:1.

 

Das Nachspiel

Der Gesamteindruck des Spiels wurde mehr von den langen zähen Minuten zwischen der Anfangs- und der Schlussphase geprägt als von jenen – in der Summe – 30 oder 40 Minuten, die der SC klar dominiert hatte. Fakt ist, hätte es einen Sieger des Spiels gegeben, er hätte nur SC Freiburg heißen können.

Mit anderen Worten drücke ich diese Einschätzung in meiner Zeitungskolumne, die morgen und übermorgen in den Wochenzeitungen am Oberrhein erscheinen wird, aus. Hier ist der Text:

 

SC INTEAM

Der fünfte Bundesligaspieltag hat gezeigt, was den meisten Anhängern des SC Freiburg längst klar war, dass die Bäume auch im Schwarzwald nicht in den Himmel wachsen. Manch einer sah sich zwar versucht zu träumen, als der Sport-Club während des Spiels 16 Minuten lang, in der sogenannten Blitztabelle, als Spitzenreiter geführt wurde, doch ausgerechnet der frühere Freiburger Florian Niederlechner beendete, sechs Minuten vor der Pause, mit seinem Ausgleichstreffer die süßen Freiburger Träume und korrigierte das Bild der Blitztabelle. Dennoch war der Sport-Club dem erhofften Sieg gegen die Fuggerstädter sehr nahe; was der Mannschaft von Trainer Christian Streich diesmal abging, war die in den Wochen zuvor meistens sehr gute Effizienz. Am Samstag ließ Freiburg in den ersten und in den letzten zwanzig Minuten, in denen der SC jeweils klar überlegen schien, großartige Torchancen ungenutzt.  Nicolas Höfler, Nils Petersen und ein Augsburger Verteidiger, bei einem missglückten Abwehrversuch, trafen in der turbulenten Schlussphase den Aluminiumrahmen des Augsburger Tores. Zwischen der starken Start- und der guten Schlussphase hatte es freilich auch sehr viel Leerlauf und ein zähes Mittelfeldgeplänkel gegeben, weshalb das Heimspiel gegen den FC Augsburg sicher nicht in die Reihe der fußballerisch ansprechenden Partien der Saison 19/20 Einzug halten wird. Die Partie verdient es allerdings auch nicht, wie eine Niederlage betrachtet zu werden. Immerhin brachte sie dem Sport-Club den zehnten Punkt im fünften Meisterschaftsspiel. Eine solche Zwischenbilanz, zehn Punkte aus fünf Spielen, hätte er vor Saisonbeginn sofort „unterschrieben“, sprich, gerne akzeptiert, wie Christian Streich nach dem Schlusspfiff auf Nachfrage des Kolumnisten gerne zugestand. Es ist also ein richtig guter Saisonstart, den der SC in diesem Jahr erwischt hat. Natürlich ist dieser  ein Stück weit auch dem Spielplan geschuldet, der zu Saisonbeginn einige aussichtsreiche Spiele für den SC bereit gehalten hat, es gibt aber auch interessante Beobachtungen: Die Auswärtsschwäche, die den SC in der letzten Saison begleitet hat, scheint überwunden: Ob in Pokal in Magdeburg oder in der Liga in Paderborn und Hoffenheim – der SC Freiburg hat alle bisherigen Auswärtspartien gewonnen. Das dürfte der Mannschaft vor dem Spiel am kommenden Sonntag, 29. September, um 15.30 Uhr bei Fortuna Düsseldorf (live bei Sky und baden.fm) eine „breite Brust“ verschaffen. Das ist wichtig, zumal der SC im letzten Jahr als Gast der Fortuna (2:0) ziemlich enttäuscht- und deshalb in der Merkur Spiel-Arena am Rhein etwas gut zu machen hat. Kurz: Der Sport-Club kann mutig nach Düsseldorf reisen und hat durchaus Chancen, den bislang so hervorragenden Saisonstart positiv auszubauen. (Zitatende)

 

Was kann ich sonst noch erzählen? Das Jugendspiel, klar, das Jugendspiel zwischen der jüngeren D1 und der älteren D2 des FC Bad Krozingen endete am Samstagmorgen klar und deutlich mit 7:1 für die Jüngeren. Kleine Irritationen waren nur aufgetreten, als die Älteren, deren Papis und Muttis nicht alle sonderlich erbaut davon sind, dass die Älteren als D2 geführt werden, anfangs mit 0:1 in Führung gingen. Nachher wurden die Realitäten dann wieder hergestellt.

Am Sonntag schaute ich mir dann SC II gegen Astoria Walldorf an – auch wieder ein Remis – 2:2 – auch wieder, weil die besten Chancen ungenutzt blieben. Freiburg war auch in dem Regionalligakick besser als der Gast, musste aber zwei Punkte abgeben.

Sonntagabend dann, wie angekündigt, „Theo, wir fahren nach Lodz“, also Vicky Leandros live in Schopfheim. Laut Wikipedia ist die Chansonnette 70 Jahre jung – trotzdem konnte sie sich ihre figurbetonten Bühnenkleider rein optisch durchaus noch leisten und die Stimme klingt wie vor 30, 40 Jahren – sehr frisch und viel jünger als das Alter, das mutmaßlich im Pass steht. Das wird mir übrigens auch oft nachgesagt, dass mit der jünger klingenden Stimme. Wenn was dran ist, kann ich ja noch einige Jahre als Nachtigall dem SC hinterher reisen. Zurzeit habe ich noch genauso viel Spaß daran wie damals mit 33, als alles begann. Also „alles“ mit dem Sport-Club.

Zuvor hatte es privat und beruflich die lange und leidenschaftliche Geschichte mit Arminia gegeben, die – nun meist privat – noch immer andauert. Ich bin sehr erfreut und dankbar über den stilvollen Umgang, den man mir rund um die Alm auch ein Vierteljahrhundert nach meinem Abschied von „Alm-Post“ und „Radio Bielefeld“ noch angedeihen lässt. Falls das einer von den Arminen liest – ich weiß das sehr zu schätzen und freue mich auf das Spiel am Freitag gegen den schwäb’schen VfBäh.

 

Für das Augsburg-Tagebuch ziehe ich mich erstmal zurück – ein langes und verrücktes Fußballwochenende (siehe „Vorspiel“) vor der Brust…

 

Man liest sich … vermutlich ab Donnerstag wieder. Ciao!