1. Spieltag der 60. Saison der Fußball-Bundesliga, FC Augsburg gegen SC Freiburg

Samstag, 6. August 2022, 15.30 Uhr *

WWK Arena, Augsburg *

FC Augsburg - SC Freiburg *

Das Vorspiel

Wer mein SC-Tagebuch seit vielen Jahren verfolgt, wird sich gewundert haben, dass das Pokalspiel in Kaiserslautern gewissermaßen am Katzentisch saß – ungewöhnlich, dass ich ein Pflichtspiel kommentiere und nicht ausführlich im Tagebuch darüber erzähle. Der Hintergrund ist ganz einfach aufgeklärt: Unmittelbar nach dem Abpfiff, der ja wegen der Verlängerung später erfolgte als geplant, bin ich mit meiner Familie in einen Kurzurlaub in Südfrankreich gestartet. Durch die Verlängerung hätten wir fast noch unseren Flieger verpasst, da der jedoch ebenfalls eine halbe Stunde Verspätung hatte, hat alles noch geklappt; knapp aber erfolgreich – gerade so, wie der SC auf dem Betzenberg. Kurz nach Mitternacht saßen wir jedenfalls auf der Terrasse eines Lokals im südfranzösischen Palavas-les Flots, einem Badeort bei Montpellier, der in den 80ern und 90ern eine Art zweite Heimat für mich war. Ich hatte in Montpellier einen Studienplatz in Linguistik ergattert, machte dort meine ersten Erfahrungen als Radiomoderator und ging in Palavas-les Flots baden. Später hatte ich eine Dienstwohnung direkt am Strand von Palavas, als ich einige Jahre ein Sprachferienzentrum für Schülerinnen und Schüler in Montpellier gemanagt habe, dass ich, unterstützt von einem französischen Freund aus Bielefeld und unserem gemeinsam betriebenen gemeinnützigen Verein ELAN e.V., zuvor selbst ins Leben gerufen hatte. In meinem Studienjahr 82/83 hatte ich natürlich auch eine nette Südfranzösin kennengelernt, mit der ich später eine 20-jährige Ehe führen sollte, aus der meine beiden längst erwachsenen Kinder Jérôme – der Eintracht-Fan aus Zürich – und Caroline – die Reisemanagerin aus Frankfurt und Mutter meiner ersten Enkelin Lara (1), hervorgegangen sind. Nachdem ich mich beruflich Anfang der 90er gegen den Jugend- und Sprachtourismus und für die Arbeit in den Medien, vor allem Fußball im Radio, entschieden hatte, war die Dienstwohnung des ELAN e.V.  am Strand natürlich Geschichte für mich. Meine Eltern haben dann als „Gegenmaßnahme“ eine Wohnung im Nachbarhaus gekauft, gut zehn Jahre besessen, selten selbst besucht, vor allem aber mir und meiner deutsch-französischen Familie zur Verfügung gestellt. Insofern habe ich durchaus tiefe Wurzeln in Montpellier, wo Jérôme und Caroline übrigens beide zur Welt gekommen sind und bin noch heute sehr gerne für einen Urlaub an alter Wirkungsstätte. Es war übrigens auch wieder toll…

 Klar, dass ich von den wenigen Tagen mit meiner aktuellen Ehefrau Yoany und unseren Kindern Ben (13) und Amelie (10) am (Kurz-)urlaubsort keine Stunde mit Dingen wie Internet-Tagebuch verbringen wollte… Da bitte ich um Verständnis. Dass ich meine Kolumne für den ReblandKurier dort verfasst habe, war schon grenzwertig. Meine Begründung gegenüber der murrenden Familie: „Ich bin beim ReblandKurier Häuptling und nicht Indianer – und wer soll denn die SC Kolumne nach dem ersten Pflichtspiel und vor dem Bundesligastart schreiben, wenn nicht ich, der ich noch die Sonderrolle als Fußballnase vom Radio und SC-Intimus mit mir herumschleppe?“ Sie hatten Verständnis…

Hier also, die Kolumne, die zum Beispiel das Pokalspiel noch einmal aufleben lässt – es handelt sich hier um die ungekürzte Rohversion:

SC INTEAM

Eigentlich zählt in der ersten Runde des DFB-Pokals nur das Weiterkommen - man frage nach in Leverkusen, Köln oder bei Hertha BSC. Da bei den durch das Ziehungsverfahren vorgegebenen „David-gegen-Goliath-Vergleichen“ die vermeintlichen Favoriten gerade erst aus der Vorbereitung kommen und sich noch in der „Selbstfindungsphase“ bewegen, während sich die mutmaßlichen Außenseiter häufig bereits im Liga-Rhythmus befinden, sind glanzvolle Auftritte der Bundesligisten eher selten - sportliche Überraschungen hingegen sind an der Tagesordnung. Vor diesem Hintergrund geht es in der Analyse weniger darum, „Glanz und Gloria“ zu suchen und womöglich zu (nicht) finden, als um den simplen Fakt des Weiterkommens. Der Pokalfinalist der Vorsaison, SC Freiburg, hat es geschafft; knapp mit 1:2 und erst nach Verlängerung. Für einen Erstligisten war der 1. FC Kaiserslautern vermutlich aber die größtmögliche Herausforderung der ersten Runde. Mit anderen Worten: Der besonders kampfstarke Gegner und die äußeren Umstände im Hexenkessel auf dem Betzenberg machten einen Erfolg des Erstligisten alles andere als selbstverständlich. Neben dem erfreulichen Erreichen der zweiten Runde ist beim SC Freiburg in Kaiserslautern aber noch etwas aufgefallen: Weder beim 1:2-Sieg vor zwei Jahren in Mannheim, noch beim 0:1 vor einem Jahr in Würzburg offenbarte der Sport-Club so viel fußballerisches Potenzial wie beim 1:2 nach Verlängerung (SC-Tore durch Roland Sallai, 83. und Ritzu Doan, 111.) auf dem Betzenberg. Der Erstauftritt verheisst dem Sport-Club bei allem Sand, der verständlicher Weise noch im Getriebe knirschte, und bei allen kleinen persönlichen Rückschlägen (Stellungsfehler Mark Flekken beim 1:0, frühe Verletzung von Pechvogel Lukas Kübler, Wirkungslosigkeit bei Wooyeong Jeong sowie hohe Fehlerquote bei Talent Kiliann Sildillia) eine interessante Saison auf hohem Niveau. Eine bärenstarke Innenverteidigung und zahlreiche auffällig gute Akteure in der breit aufgestellten Offensive sind dafür die stärksten Argumente. Am kommenden Samstag um 15.30 Uhr beginnt die 60. Bundesliga-Saison der Geschichte für den SC Freiburg mit dem Auswärtsspiel beim FC Augsburg (live bei Sky und Baden.fm). Die Fuggerstädter aus dem bayrischen Schwaben gelten für viele Experten als Abstiegskandidat. Gerade zu Hause war der FCA aber, schon wegen seiner kantig-eckigen Spielweise, meist ein äußerst unangenehmer Kontrahent. Viel Erfolg, Sport-Club, beim Start in die neue Bundesligasaison! (Zitatende)

 

Heute ist Freitag, Tag des Eröffnungsspiels der 60. Bundesligasaison. Heute Morgen sind wir wieder in der Wahl-Heimat gelandet. Gestern Mittag noch saß ich vor dem Hotel Le Grand Large in Palavas unter einem Sonnenschirm und habe an der Hybridversion der Pressekonferenz von Christian Streich teilgenommen. Jetzt sitze ich hier in Bad Krozingen und verfasse diese Zeilen – morgen geht es dann nach Augsburg. Ganz schön was los, gerade…

Der FC Augsburg hat mit Enrico Maaßen einen neuen Trainer, einen noch unbekannten jungen Ostdeutschen, der vom SV Rödinghausen in meiner ostwestfälischen eigentlichen Heimat kommend, zuletzt zwei Jahre sehr erfolgreich die U23 von Borussia Dortmund gecoacht hat. Viel mehr Profitrainer-Stationen hat der junge Coach noch nicht zu bieten – der will sich aber jetzt in Augsburg unbedingt beweisen (wenn Stefan Reuther ihn lässt). Der FCA ist vielleicht Maaßens ganz große Chance, ganz oben im nationalen Fußball Fuß zu fassen; auf kürzestem Weg… Rödinghausen, zwei Jahre BVB II, FC Augsburg. Man darf gespannt sein, was der Trainer draufhat.

Christian Streich rechnet mit einem anders spielenden FCA als in den Jahren zuvor; womöglich mutiger, offensiver, moderner, um es mit meinen Worten zusammenzufassen.

Ich persönlich glaube, dass beim SC Freiburg der in Kaiserslautern eingewechselte Roland Sallai als zweiter zentraler Spieler dem auf dem Betzenberg etwas farblosen Wooyeong Jeong für Augsburg den Rang abgelaufen hat. Bei gleichem Spielsystem – 4/2/3/1 – wäre das ein Personalwechsel, den ich verstehen würde. 50:50 steht es bei der Frage des einzigen Stoßstürmers: Michael „Gregerl“ Gregoritsch oder Nils Petersen. Vielleicht wirkt der Auftritt beim Ex-Verein – bis vor wenigen Wochen trug Gregerl ja das FCA-Trikot – motivierend auf den Österreicher; und dass Nils Petersen als Joker immer eine „Waffe“ ist, weiß auch jeder. Deshalb könnte ich mir Gregoritsch in der Startelf und Petersen als Joker gut vorstellen – man kann das aber auch umdrehen; hinterher ist man dann immer schlauer….

Ich fand, dass der junge Franzose Kiliann Sildillia einer der Gewinner der Hinrunde war. Als er in Kaiserslautern früh für den verletzten Lukas Kübler eingewechselt wurde, hat er mich dann nicht mehr so überzeugt. Sildillia wirkte sehr nervös. Kübler ist wohl weiter verletzt, sodass wieder Sildillia zum Einsatz kommen könnte – oder vielleicht Hugo Siquet, der sicherlich mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis genommen hat, dass ihm, dem gelernten Rechtsverteidiger, nach der Verletzung von Kübler Sildillia vorgezogen wurde. Oder taucht Jonny Schmid morgen wieder im Kader auf und steht plötzlich in der Startelf? Alles denkbar… Ich bin jedenfalls gespannt wie ein Flitzebogen auf den Bundesligastart, den ich – losgelöst vom SC – im Kommentar zum Weltgeschehen des ReblandKuriers  (schon vor der Reise nach Südfrankreich verfasst) diese Woche zum Thema gemacht habe:

 

Der Kommentar

Die 60. Saison

Die Bundesliga steht vor einer Jubiläumssaison – es ist die 60. seit der Premiere im Spieljahr 1963/64. Mit den Worten des einstigen Leinwandhelden und Sängers Curd Jürgens (1915-1982) könnte man sagen: „60 Jahre und kein bisschen weise …“ Noch gilt zwar in der deutschen Fußball-Adelsklasse die für einen Rest an Glaubwürdigkeit und Bodenständigkeit so wichtige 50+1-Regel, nach der 50 Prozent plus eine Stimme in jedweder am Bundesligabetrieb teilnehmender Gesellschaftsform (AG, GmbH etc.) dem ursprünglichen Verein, also dem „e.V.“, zustehen. Von einigen  genehmigten Ausnahmen abgesehen gilt die Regel, wenn sie nicht von Geschäftemachern, wie im Fall von RB Leipzig auf geschickte aber kritisch zu hinterfragende Weise unterlaufen wird. So manche der Großkopferten der Liga sähen die 50+1-Regel ohnehin  am liebsten schon morgen im Papierkorb der DFL, um Investoren einzubinden, die nicht vom Mehrheitsdiktat der Vereine eingeschränkt werden wollen. Die Fußballgötter, wenn es sie denn gibt, mögen den Wegfall von 50+1 verhindern – oder halt die Mehrheit der 36 in der DFL organisierten Mitglieder der 1. und 2. Bundesliga! Wie die Welt, ist aber auch die Fußball-Bundesliga einem stetigen Wandel unterworfen und der ist nicht immer positiv … Ein Wandel bei der Meister-Frage täte der Liga freilich gut.  Nicht wenige Fußballfans hoffen, dass sich Bayern München, zuletzt zehn Mal in Folge souveräner Titelträger, im Transfersommer verzockt hat. Nationalverteidiger Süle ablösefrei an den Konkurrenten Dortmund abzugeben und dafür für 70 Millionen Euro den Niederländer de Ligt zu verpflichten und sich über Wochen von Stürmerstar Lewandowski am Nasenring durch Fußball-Europa ziehen zu lassen, bis der Pole dann doch zu Barcelona wechseln durfte, spricht nicht für Souveränität der neuen Bayern-Führung. Meister werden sie vermutlich trotzdem. Am anderen Ende der Tabelle wartet das Abstiegsgespenst. Meistens gelten die Aufsteiger als besonders gefährdet. Neben Schalke 04 und Werder Bremen müssen voraussichtlich der  FC Augsburg und der VfL Bochum besonders zittern. Auch Hertha BSC ist wieder in der Verlosung.  Der SC Freiburg wird, wegen der Zusatzbelastung in der UEFA Europa League vermutlich im Tabellenmittelfeld landen. (Zitatende)

 

Heute Abend startet die Saison mit Eintracht Frankfurt gegen Bayern München und morgen ist der SC gefordert:

Ich kommentiere das Bundesligaspiel FC Augsburg gegen SC Freiburg morgen Nachmittag ab 15 Uhr live in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.056. SC-Livespiel am Radiomikrofon)

Der 0:4-Auswärtssieg in Augsburg zum Saisonstart war am Ende souverän und – auch in der Höhe verdient. In der schwächeren ersten Hälfte hatte es allerdings nicht nach einem solchen glücklichen Ende ausgesehen. Anfangs hatte sogar der gastgebende FCA die besseren Szenen. Mit zunehmender Spielzeit setzte sich der SC aber immer besser in Szene und wurde dominant. Zweimal rückte Kapitän Christian Günter in den Fokus: Nach einer knappen halben Stunde befand sich Schiedsrichter Bastian Dankert etwas unglücklich mitten im Geschehen und prallte im Mittelfeld mit dem Freiburger Außenverteidiger zusammen. „Günni“ schüttelte sich und trabte weiter, während der Unparteiische eine längere Behandlungspause brauchte und auszufallen drohte (In der Halbzeit lief sich der vierte Offizielle vorsichtshalber warm). Das zweite Mal stand Christian Günter im Fokus, als er in der 33. Minute, nach einem Eckball, in halbrechter Position an den Ball kommt und trocken auf’s kurze Eck zieht. Glück für Augsburg, dass der Ball vom ersten Pfosten zurück auf das Spielfeld prallte – es hätte nicht viel gefehlt und die Gäste wären schon nach einer guten halben Stunde in Führung gegangen.

Die zweite Freiburger Großchance der durchwachsenen ersten Halbzeit ergab sich in der Nachspielzeit. Der SC zelebrierte einen wunderbaren Konter, der Abschluss von „Litz“ Doan wird aber abgeblockt, der aussichtsreiche Nachschuss von Maximilian Eggestein ging am Tor vorbei. So ging es torlos in die Pause; gerade der letzte Angriff des SC hatte aber offenbart, was die Mannschaft zu leisten in der Lage ist und wie sehr sie den Gastgebern fußballerisch überlegen war. Trotzdem, zur Pause hieß es 0:0.

Nach dem Wiederanpfiff benötigte der SC aber nur 15 Sekunden, um daran etwas zu ändern. Talent Kiliann Sildillia setzt sich auf der rechten Seite gegen seinen Gegenspieler durch und flankt butterweich ins Zentrum, wo der frühere Augsburger Michael Gregoritsch goldrichtig steht und die Kugel per Kopf ins Tor verlängert (46.). Während ich Gregerls Premierentor noch für die Hörerinnen und Hörer der baden.fm-Bundesligashow beschrieb, gab es Freistoß für den SC (48.). Vincenzo Grifo legte sich den Ball  zurecht und schlenzte ihn aus 28 Metern ins lange Eck… Ein wunderschöner Treffer des Deutsch-Italieners. Der Doppelschlag brachte den SC endgültig auf die Siegerstraße.

In der 55. Minute erneuter Jubel der in Weiß gedressten Gäste: Nach einem ausgerechnet von Demirovic mäßig gut bis schlecht geklärten Eckball drischt Roland Sallai das Ding einfach aufs Tor und trifft. Der VAR greift ein – Dankert schaut sich die Szene an und erkennt: Kiliann Sildillia stand beim Schuss von Roland Sallai im passiven Abseits, behinderte aber womöglich den Ausburger Torhüter Gigievicz…, weiter 0:2 aber weiter Einbahnstraßenfußball in Augsburg. Nur sechs Minuten nach dem nicht anerkannten Treffer von Roland Sallai demonstriert der SC eine neue Farbe in seinem Angriffsspiel. Hohe und weite Flanke auf Michael Gregoritsch. Der groß gewachsene österreichische Nationalspieler gewinnt – einmal mehr – ein Kopfballduell und bedient Matthias Ginter, der genau darauf spekuliert hat: Der Heimkehrer springt sehenswert in den Flugball und lässt Gikievicz keine Abwehrchance – 0:3 (61.).

Den Schlusspunkt setzt dann Doan, der eine schwache Abwehr der Gastgeber mit einem trockenen Linksschuss beantwortet – 0:4 (78.), der Endstand.

Vor allem in der ersten Halbzeit war es ein grandioser Saisonstart des SC Freiburg.

 

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Endlich wieder Mixed-Zone (erstmals nach Corona). Zwar verläuft sich Michael Gregoritsch nach seinen Fernsehinterviews zunächst zu den Augsburger Kollegen, entschuldigt sich dafür mit einem sympathischen Grinsen („Gewohnheitssache“) und steht dann schließlich doch bei BZ-Sportchef René Kübler und mir, den einzigen beiden Freiburger Journalisten in der Mixed-Zone. Ich stelle mich vor, interviewe den Neuzugang dann, der mit einem Treffer und einer Torvorlage natürlich einen Schokoladen-Einstieg beim SC feiern konnte. Dann geht es in die PK, nach der ich auch Christian Streich wieder zum Talk bitte. Dann verschicke ich das Material an baden.fm und Amici, die Agentur, die die SC-Homepage füllt und verabschiede ich auf den Heimweg.

Ich fahre, wie geplant, nur bis Stuttgart, wo ich mal wieder im „Hotel am Wilhelmsplatz“ wohne. Beschwingt gehe ich ins gut besuchte „Il Pomodoro“ und gönne mir zu später Stunde noch ein naturtrübes Waldhaus-Bier („Ohne Filter“) auf einer Terrasse im vermutlich zurecht etwas verrufenen Amüsierviertel der Landeshauptstadt. Mit dem Waldhaus-Fläschchen in der Hand schieße ich ein Selfie und lasse via Facebook die Welt Anteil haben an meiner Beschwingtheit und der Freude über den Auswärtssieg zum Saisonstart. Am Sonntagvormittag gegen elf Uhr schlage ich gut gelaunt wieder bei der Familie auf.

Montag war intensive Arbeit im WZO-Verlag angesagt, Dienstag war es nicht anders – und doch irgendwie… Ab Dienstagmittag war mir (sorry) kotzübel. Ich rauschte offenbar in eine Gastroenteritis hinein, die ich mir bei meinen Kindern eingefangen hatte; die hatten zuvor damit zu tun. Nur mit Mühe schleppte ich mich durch den Arbeitstag und abends durch die Liveübertragung des Drittligaspiels SC U23 gegen Hallescher FC (2:0). Am Mittwoch lag ich flach, meine Hausarztpraxis bestätigte die von mir selbst schon vermutete Diagnose und nahm mich aus dem Rennen. Auf eigenen Wunsch nur bis einschließlich Donnerstag, denn Freitag… da war doch was…

Ebenfalls am Mittwoch erschien unser ReblandKurier. Darin meine nach dem Augsburg-Wochenende verfasste SC-Kolumne. Hier ist sie im Wortlaut:

 

SC INTEAM

Dem SC Freiburg ist in Augsburg ein fulminanter Start in die neue Saison gelungen. Der verdiente 0:4-Auswärtssieg durch die Tore von Michael Gregoritsch, Vincenzo Grifo, Matthias Ginter und Ritzu  Doan, alle vier Torschützen trafen in der zweiten Hälfte, deutet an, dass der Sport-Club im Spieljahr 22/23 mit dem mutmaßlich besten Potenzial seiner Bundesligageschichte an den Start geht. Bevor die Fangemeinde aber in   Euphorie ausbricht, sollten zwei Aspekte bedacht werden: Der Gegner vom ersten Bundesligaspieltag war „nur“ der FC Augsburg; keiner der „Granden“ der Liga, sondern ein mutmaßlicher Abstiegskandidat mit einem jungen, bundesligaunerfahrenen Trainer. Borussia Dortmund wird am kommenden Freitag, 12. August, um 20.30 Uhr im restlos ausverkauften Europa-Park Stadion (live bei DAZN und im Radio bei baden.fm) schon ein ganz anderer Prüfstein sein. Ein zweiter Aspekt, den es mit Blick auf die gerade angefangene Saison zu beachten gilt, ist die Tatsache, dass  eine auch in der Breite so leistungsstark besetzte Mannschaft zu führen auch für Trainer Christian Streich absolutes Neuland ist, wie der Coach im Gespräch mit dem ReblandKurier unumwunden zugibt: „Der entscheidende Faktor wird sein, wie die Spieler damit umgehen, wenn sie nicht spielen. Das sind gute Spieler aber alle wollen spielen, weil sie so ehrgeizig sind.  Das zu händeln ist eine Aufgabe, wie ich sie in diesem Maß noch nie hatte. Das ist eine große Herausforderung.“ Der Freiburger Trainer ergänzt: „Nur wenn es als Mannschaft klappt und die einzelnen Spieler die Demut haben, die Anerkennung der Leistung des anderen und dabei trotzdem total ehrgeizig bleiben – was ja so schwer ist – dann können wir es in der Gruppe schaffen, eine richtig gute Mannschaft zu sein.“ Nils Petersen sei es aus dieser Haltung heraus gelungen, A-Nationalspieler zu werden, zieht der Trainer einen seiner Führungsspieler als ideales Beispiel der nun von allen Freiburger Profis geforderten Tugenden heran.  In der „Elf des Tages“ des Fachblattes „Kicker“ stehen am ersten Spieltag mit Matthias Ginter, Christian Günter, Ritzu Doan und Michael Gregoritsch vier Freiburger; genauso viele Spieler wie vom FC Bayern München. Christian Streich ist aber sicher, dass seine „Schäfchen“ auf dem Teppich bleiben. „Dafür sorgt schon der interne Konkurrenzkampf.“ (Zitatende)

 

Schon am Donnerstagmorgen hatte ich krankheitstechnisch Land in Sicht. Die Übelkeit war weg, Verdauung, ja, noch problematisch aber nicht außergewöhnlich belastend. Im Grunde ging es mir, abgesehen von einem gewissen Schwächegefühl ganz gut. Deshalb führ ich auch zur SC-PK, wo ich meine Jahres-Pressekarte fürs Europa-Park Stadion in Empfang nahm und Christian Streich fragte, ob er eine Änderung in der Systematik plane, etwa ein 5-2-3 gegen den Ball, da der Gegner am Freitagabend ja von anderer Statur sei als der FC Augsburg. Streich räumte diese Möglichkeit ein und kündigte ein, zwei personelle Veränderungen an.

Den Rest des Donnerstags verbrachte ich im Schatten  unserer beiden Obstbäume im heimischen Garten. In der Video-Schalte nach Dortmund nahm ich für die Video-Show der Ruhrnachrichten als SC-Experte Stellung zum bevorstehenden Spiel und ich bereitete noch das morgendliche Interview im Frühprogramm von baden.fm vor. Ansonsten freute mich an meiner voranschreitenden Genesung.

 

Heute ist Freitag, Spieltag für den SCF – Borussia Dortmund kommt. Für die Liveübertragung bei baden.fm bin ich gesundheitlich gerüstet. Es brodelt in mir – aber vor Spannung.

Wegen meines kurzen gesundheitlichen Aussetzers bitte ich um Verständnis, dass das Nachspiel des Augsburg-Kicks diesmal identisch ist mit dem „Vorspiel“ des Krachers gegen den BVB. Zwischen 4:1 und 1:4 halte ich alles für möglich. Egal ob Modeste spielt oder nicht. Wenn der Neuzugang aus Köln spielt, ändert das einiges an der Statik des Dortmunder Spiels. Wenn nicht, bleiben sie trotzdem offensiv stark genug, um dem SC Probleme zu bereiten. Wie immer, wenn es gegen Dortmund geht, müssen alle Freiburger an ihre Grenzen gehen, um eine Chance zu haben. In den letzten drei Heimspielen ist das jeweils gelungen; einmal Remis, zwei knappe Siege. Ich drücke die Daumen und freue mich, dass es mir gelungen ist, nach etlichen Besuchen auf dem Ticketzweitmarkt gestern noch ein Ticket für meinen Sohn Ben ergattert zu haben. Ich habe sehr viel Zeit dafür investiert und nie aufgegeben. Dies nur als Hinweis für all die SC-Fans die mich anschreiben in der Hoffnung, ich käme irgendwie an Karten ran. Nee, komme ich nicht; bei Kaufkarten sind wir alle in einem Boot. Ich bin aber froh und glücklich, dass ich meine Arbeit da verrichten kann, wo der SC spielt: Ich kommentiere das Bundesligaspiel SC Freiburg gegen Borussia Dortmund heute Abend ab 20 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.