Das Vorspiel
Hallo zusammen, schön, dass es wieder losgeht, schön, dass Ihr wieder da seid!
Im konkreten Fall war das Vorspiel zum Bundesligaauftakt ja das Pokalspiel in Magedburg, wo ich natürlich auch war, das Tagebuch scheiterte aber an technischen Schwierigkeiten bzw. an mir, der die Technik zu bedienen hatte. Aber jetzt bin ich - auch technisch - absolut wieder fit und wir hauen in die Tasten... Da das Pokal-Tagebuch ausfallen musste, gibt es als Entschädigung einen Bonus-Track, konkret, das Manuskript für einen Vortrag, den ich am Dienstag im feinen Colombi-Hotel vor den Mitgliedern des Rotary Clubs Freiburg-Zähringen gehalten habe. Titel: Erkenntnisse und Perspektiven vor dem Anpfiff der 57. Saison der Fußball-Bundesliga.
Zunächst aber zum Tagesgeschäft. Wie alle anderen Bundesligisten litt der SC im fernen Magedburg unter dem Umstand, dass der unterklassige Gegner schon ein paar Wochen im Ligabetrieb war, während die Erstligaprofis ihr erstes Pflichtspiel überhaupt bestritten. Dass da hier und da noch Sand im Getriebe war, gewisse Automatismen fehlten - geschenkt. So ist das halt jedes Jahr in der ersten Pokalrunde. Nun traf der SC auf einen Gegner, der von seinem sympathischen Trainer Stefan Krämer, einem Motivator vor dem Herrn, läuferisch und kämpferisch in Grenzbereiche gepusht wurde. Obwohl der SC mitunter Defizite im Tempo, in den Zweikämpfen und in der Passgenauigkeit offenbarte und eben das angesprochene Sand im Getriebe, reichte es am Ende zu einem 1:0-Sieg nach Verlängerung. Warum? Weil Magdeburg - genau wie der Sport-Club - nicht in der Lage war, sich bietende Torchancen zu nutzen und andererseits hinten gut stand und sehr aufmerksam spielte. Als sich nach drei Minuten in der Verlängerung endlich einmal eine Lücke bot, nutzte Luca Waldschmidt diese mit hoher Qualität und eiskalt.
Ich hatte die Reise zu meinem 945. SC-Livespiel mit meinem kleinen Sohn Ben im Schlepptau über Bielefeld abgewickelt. Ungewöhnlich war, dass der Pressechef von Magdeburg förmlich darauf bestand und mich aktiv dazu ermunterte, Ben mit in den Pressebereich zu nehmen. Sowas gibt es in der Bundesliga nicht. "Wir haben so viel Platz auf der Pressetribüne" insistierte der gastfreundliche Pressechef des Drittligisten, so dass Ben, für den ich zwei Sitzplatzkarten im Gästebereich gekauft hatte - eine für ihn und eine für einen eventuellen Begleiter und Aufpasser - bei der Übertragung neben mir saß und ich den Kleinen sogar in die Präsentation der Mannschaftsaufstellung involviert habe. Ich war quasi Stadionsprecher, Ben war die Fans - Ich: Mit der Nummer 1 im Tor steht Alexander.... Ben: Schwollow! So gingen wir alle durch. Das war eine große Geschichte für den kleinen Mann.
Obwohl er seitens des FCM gedurft hätte, verzichtete Ben - natürlich gedresst im neuen SC-Trikot - von sich aus auf die Teilnahme an der Pressekonferenz, was ich beeindruckend sensibel für einen knapp Elfjährigen fand. Auf dem Rückweg aßen wir auf der Terrasse einer Pizzeria in Helmstedt zu Abend und waren gegen 23 Uhr wieder bei Bens Oma, meiner Mutter, in Bielefeld.
Am Sonntag unterbrach ein Mittagessen auf der Terrasse eines Restaurants am Marktplatz von Butzbach in Hessen unsere Reise und schon war die erste Auswärtstour der Saison Geschichte.
Trotz der durchwachsenen Leistung in Magdeburg bin ich absolut überzeugt davon, dass der SC in dieser Saison eine richtig gute Rolle spielen kann. Von immenser Bedeutung ist allerdings der Saisonstart, der mit Mainz, Paderborn und Köln für den SC gleich drei Gegner bereit hält, die ich als direkte Konkurrenten im Abstiegskampf bezeichnen würde. Da kannst du dir ein ein Punktepolster verschaffen auf dem du dann durch die Saison surfst - oder du erlebst eine kalte Dusche und hinkst von Anfang an hinter der Konkurrenz her, wobei die ganz großen Gegner dann ja erst noch kommen...
Ich traue dem SC die erste Rolle zu, die des Protagonisten, der sich ein Punktepolster zulegt. Dies gilt trotz der Tatsache, dass der SC zum Beispiel gegen Mainz immer Probleme hatte - letztes Jahr beide Spiele verloren hat. Darüber soll am Samstag dann bitte nicht mehr geredet werden. Weghauen und fertig - mit drei Punkten nach Paderborn und dann schauen wir mal...
Wie ich die bevorstehende Bundesligasaison im Gesamtzusammenhang und speziell für den Sport-Club sehe, geht aus dem Vortrag hervor, den ich eingangs schon angesprochen habe. Hier ist er:
Rotary Club Freiburg-Zähringen
Frank Rischmüller, 13. August 2019
Erkenntnisse und Perspektiven vor dem Anpfiff der 57. Saison der Fußball-Bundesliga
Der Fußball verändert sich und die Entwicklung wird immer rasanter. In den beiden Finals der Europäischen Clubwettbewerbe, UEFA Champions League und UEFA Europa League, standen 2019 ausschließlich Clubs aus der englischen Premier League. Das ist die Liga, in der am meisten Geld fließt, finanziert durch arabische Scheichtümer oder russische Oligarchen, freilich auch durch deutlich höhere Einnahmen aus Fernsehgeldern.
Scheichtümer und Oligarchen spielen in der Bundesliga noch keine Rolle, vor allem deshalb nicht, weil es die im vergangenen Jahr an dieser Stelle ausführlich vorgestellte „50 + 1“- Regel gibt, die besagt, dass unabhängig von der Höhe der Anteile, der Investoren an den vielfach aus den Clubs ausgegliederten Kapitalgesellschaften, 50 plus ein Prozent der Stimmrechte immer beim ursprünglichen e.V. verbleiben. Sonst darf man halt in der Bundesliga nicht mitspielen, es sei denn, es gibt Ausnahmeregelungen, wie man sie zum Beispiel von Bayer Leverkusen und VfL Wolfsburg kennt, beides sind einhundertprozentige Konzerntöchter von Bayer bzw. VW.
RB Leipzig, das von dem Konzern Red Bull gesteuert wird, ist ein Sonderfall. Ich hatte im letzten Jahr bereits darauf hingewiesen, dass Leipzig die „50 + 1“-Regel umgeht, indem die Mitgliedschaft im e.V. besonders schwer und teuer gemacht wird und praktisch nur Red-Bull-Führungsleute Mitglieder sind und dadurch natürlich ausschließlich im Konzerninteresse Entscheidungen gefunden und getroffen werden. In diesem Jahr ist das erst seit 10 Jahren existierende, von Konzernmillionen alimentierte Kunstprodukt zur Nummer drei in Deutschland aufgestiegen: RB Leipzig hat die vergangene Bundesligasaison hinter Bayern München und Borussia Dortmund als Dritter abgeschlossen und stand erstmals im DFB-Pokalfinale gegen den alten und neuen Deutschen Meister FC Bayern.
Bayern München und auch BVB mögen historisch betrachtet Traditionsvereine sein, die ausgegliederten Profiabteilungen beider Vereine sind allerdings als Aktiengesellschaften unterwegs.
Was heißt das finanziell?
Das heißt, dass die Umsätze in den vergangenen Jahren jeweils fünf bis 10 mal höher waren als beim SC und dass die Jahresgewinne 15 bis 20 mal höher waren als beim SC Freiburg.
Entsprechend mehr Geld können diese Teilnehmer an der BL in neue Spitzenspieler investieren. Mit solchen Gegnern misst sich der SC Freiburg in der Bundesliga.
Die Romantik geht ein bisschen verloren, wenn man das sieht; auch angesichts der inzwischen bis zu dreistelligen Millionensummen als Ablöse für einzelne Spitzenspieler. Es gibt auch in der Bundesliga eine inflationäre Entwicklung bei Ablösesummen und mutmaßlich auch bei Gehältern. Wir beobachten national, wie international, dass Geld halt doch Tore schießt…
Kleines Zwischenrésümée:
Die mit Fantasiesummen aus Scheichtümern und von Oligarchen finanzierten Clubs der englischen Premier League haben in diesem Jahr die Europäischen Wettbewerbe dominiert. Auch in der Bundesliga reüssiert inzwischen der nicht von den klassischen Einnahmen aus TV, Zuschauern, Merchandising und Werbung finanzierte Fußball, etwa ein Modell wie Leipzig mit vielen Millionen aus der Investorenschatulle. Auch die anderen Industrieclubs wie Leverkusen und Wolfsburg waren erfolgreich und nehmen in der neuen Saison an den internationalen Wettbewerben teil. Die Schere geht also immer weiter auseinander.
Der SC Freiburg schwimmt, nach wie vor als stinknormaler e.V. und mit eiserenen Prinzipien, in diesem Haifischbecken des Großkapitals mit. Auch in der am Wochenende beginnenden Bundesligasaison wieder mit dem großen Ziel, das da lautet: Klassenerhalt. Der Spitzenfußball hat sich aber nicht nur bei der Finanzierung stark verändert, sondern auch auf’m Platz. Erlauben Sie mir hierzu einige Erläuterungen!
Von Ticki-Tacka zum schnellen Umschaltspiel
Vor einigen Jahren galt der vor allem von Spanien aus geprägte sogenannte Ticki-Tacka-Fußball als das Non-plus-ultra. Ticki-Tacka-Fußball meint ein dominantes, auf Ballbesitz ausgerichtetes Agieren, häufig mit sehr sehr vielen direkt gespielten Kurzpässen (ticki-tacka-ticki-tacka, ticki-tacka eben).
Der FC Barcelona unter Pep Guardiola und die spanische Nationalmannschaft, die seiner Zeit alle Titel einsammelte, waren Paradebeispiele für diese Spielweise, die dann auch in der Bundesliga eine Rolle spielte. Pep Guardiola, einer der Vordenker im Weltfußball, kam dann ja auch irgendwann zu Bayern. Inzwischen ist er bei Manchester City, dem Meister der mit Geld überschwemmten Premier League.
Besonders erfolgreich waren und sind solche auf Dominanzfußball ausgerichtete Mannschaften, die es verstehen oder verstanden haben, bei eventuellen Ballverlusten, sofort und unmittelbar umzuschalten, zu attackieren und sich den Ball zurückzuholen.
Auf diese spezielle Besonderheit aufbauend, hat sich ein Gegenmodell zum Dominanzfußball entwickelt: Ich habe den Ball, werde kollektiv vom Gegner attackiert – gepresst, wie es neudeutsch heißt und verliere eventuell den Ball. Jetzt geht es darum, sofort ins Gegenpressing zu kommen und den Ball zurückzuholen, während sich der Gegner gerade für seinen Angriff formiert.
Wenn mir das Gegenpressing gelingt und ich den Ball zurückerobere, ergeben sich gegen einen gerade offensiv formierten Gegner, Räume, die ich nutzen kann, durch schnelles Spiel, schnelle Pässe und schnelle Spieler, die die Situation gedanklich schnell erfassen und körperlich schnell umsetzen können.
Das ist das sogenannte schnelle Umschaltspiel – schnell umschalten bei Ballverlust, Ball zurückerobern und dann schnell umschalten und einen Konter fahren, wie man früher gesagt hätte, also in eventuell frei gewordene Räume vorstoßen und diese schnell überbrücken.
Wer das auf professioneller Ebene annähernd perfekt beherrscht, der kann unter Umständen sogar auf den extensiven Ballbesitz verzichten (vor allem, wenn er dafür nicht das Personal hat). Du überlässt dem Gegner den Ball und spezialisierst dich auf schnelles Umschaltspiel und hast trotzdem eine gute sportliche Chance.
Richtig ist: Die beiden Mannschaften, die am meisten Ballbesitz hatten in der vergangenen Bundesligasaison sind Bayern und Dortmund, die auch in der Tabelle auf Platz 1 und 2 abgeschlossen haben. Aber schon der Dritte in der Tabelle, Leipzig, überließ dem Gegner am liebsten den Ball und suchte vom Grundkonzept her seine Chancen über schnelles Umschaltspiel.
Auch viele andere Mannschaften sind auf dieses Rezept gestoßen und setzen es um.
Die beiden Mannschaften mit dem wenigsten Ballbesitz sind in der Saison 18/19 absolut nicht die Absteiger: Es sind Freiburg und Düsseldorf, denen jeder eine gute Saison assistieren würde und die mit vergleichsweise geringem finanziellen Aufwand arbeiten.
Also: Das schnelle Umschaltspiel erlaubt kleineren Nummern gegen größere Nummern zu bestehen. Als Beispiel nenne ich jetzt mal die beiden Remis, die der kleine SC Freiburg in der vergangenen Saison gegen den großen FC Bayern erreicht hat. Der einzige Bundesligist, der letzte Saison in zwei Spielen nicht einmal gegen Bayern verloren hat, ist der SC Freiburg.
Außer den ganz großen Topvereinen, die mit unfassbar viel fußballerischer Qualität ausgestattet sind, trauen sich nur wenige Teams an den Ballbesitzfußball heran. Mit weniger Qualität im Kader als der jeweilige Gegner, kann eine taktisch hervorragend geschulte Mannschaft aber durch schnelles Umschaltspiel trotzdem erfolgreich sein.
An Wert gewonnen haben in Zeiten des schnellen Umschaltspiels Spieler mit hoher individueller Geschwindigkeit. Die sind gerade sehr gefragt auf dem Spielermarkt.
Ich habe Christian Streich gefragt, ob individuelle Geschwindigkeit aufgrund der Entwicklung des Fußballs an Bedeutung gewonnen habe und er hat es gerade heraus bestätigt. Wer richtig schnell ist, hat gerade richtig gute Karten im Spitzenfußball.
Und so war es ein Ziel des SC, sich in diesem Bereich zu verbessern – über die Flügel mehr Tempo machen zu können, war eines der Transferziele.
Wir kommen gleich dazu.
Zunächst ein kurzer Blick zurück:
(Die Saison 18/19 des SC Freiburg)
Der Sport-Club sammelte in der Saison 2018/2019 insgesamt 36 Punkte. Das ist die gleiche Ausbeute wie im Vorjahr. Da die Mannschaft objektiv mehr Talent aufwies und besseren Fußball zu bieten im Stande war als ihre Vorgängerin, mag das Ergebnis überraschen. Dass mehr Qualität nicht zu mehr Punkten geführt hat, erklärt sich durch das große Verletzungspech, dass die Mannschaft die ganze Saison lang begleitete.
Stammspieler und Leistungsträger wie Gulde, Koch, Kübler und Lienhart – alle vier sind Abwehrspieler – die fünf Mittelfeldstrategen Abrashi, Frantz, Höfler, Kath und Sallai sowie die drei Stürmer Kleindienst, Niederlechner und Petersen fielen im Laufe der Saison unter die Kategorie „Langzeitverletzte“, das heißt, sie mussten zum Teil nicht nur ein paar Wochen, sondern sogar einige Monate aussetzen. Umso mehr verdient der Umstand Anerkennung, dass die Mannschaft während der gesamten Saison nicht ein einziges Mal ernsthaft in Abstiegsgefahr geraten ist.
Zu einem einstelligen Tabellenplatz, wären allerdings 15 Punkte mehr nötig gewesen. Das ist viel. Um sich für einen europäischen Wettbewerb zu qualifizieren hätte es 18 Punkte mehr bedurft. Das wäre auch in Bestbesetzung schwer geworden. Das belegt, was ich eingangs sagte, dass die Schere zwischen reich und superreich immer weiter auseinandergeht – von armen Vereinen will ich in der 1. Bundesliga nicht reden.
Die Saison 2019/2020
Die bevorstehende Saison ist eine besondere Saison, es ist mutmaßlich die letzte im ehemaligen Dreisamstadion, das jetzt aus wirtschaftlichen Gründen Schwarzwaldstadion heißt.
Im Sommer ist der Umzug geplant, im Wolfswinkel beim Flugplatz entsteht gerade die neue Spielstätte.
Der Umzug wird für Verein und Anhängerschaft emotional, ein vorheriger Abstieg wäre natürlich eine mittlere Katastrophe. Deshalb wird in den Grenzen der Vernunft alles getan, um solch ein Szenario zu vermeiden. Und jetzt kommen wir zur Mannschaft:
Es gab das sogenannte Leihende von Vincenzo Grifo, der für sechs Monate von Hoffenheim ausgeliehen war – ansonsten hat kein einziger Leistungsträger den Verein bislang verlassen. Weder Torwart Schwollow, der als umworben gilt, noch die jungen Abwehrtalente Koch und Lienhart, Mittelfeldspieler Haberer, denen man durch die Bank den nächsten Karriereschritt zutraut und auch nicht Deutschlands Held bei der U21-Europameisterschaft, also der Torschützenkönig dieses Wettbewerbs, Luca Waldschmidt. Alle fünf Asse stehen – Stand jetzt – weiter im Kader des SC. Dass es Angebote gegeben hat, darf man annehmen. Es müsste wohl ein verrückt hohes Ablöseangebot sein, um den SC dazu zu bewegen einen dieser Leistungs- und Hoffnungsträger abzugeben.
Völlig untypisch für den SC ist, dass wenn man aktuell Einnahmen und Ausgaben im Transferbereich gegenüberstellt, Stand heute, ca. 10 Millionen Euro zu Buche stehen, und zwar „–10 Millionen Euro“.
Der SC versucht, anders als sonst, die besten Spieler des Vorjahres unbedingt zu halten. Möglich ist das, weil man im vergangenen Jahr ein Transferplus von deutlich über 20 Millionen hatte, durch die lukrativen Verkäufe von Söyüncü und Philipp, um zwei besonders ertragreiche Transfers zu nennen.
Die Mannschaft, die in der vergangenen Saison in der Bundesliga 13. wurde, ist also im Prinzip noch da. Mit Ausnahme von Grifo, auf den ich aber immer noch hoffe. Aber das ist eine andere Geschichte.
Im Wesentlichen steht die Mannschaft der Vorsaison zur Verfügung, das betrifft insbesondere die gut eingespielte Defensive. Einen Neuen gibt es im Verbund, klar - Kübler war lange verletzt, jetzt ist der frühere Freiburger Schmid – er war zwischendurch Profi in Hoffenheim und Augsburg - zum SC zurückgekommen – das ist eine Verstärkung.
Im Offensivbereich gibt es für den Trainer neue Optionen: Zwei aus den eigenen Reihen: Der ungarische Nationalspieler Roland Sallai, letztes Jahr geholt, hat fulminant eingeschlagen und war dann lange, lange verletzt. Er wurde quasi aufgepäppelt, ist wieder fit und eine schnelle Alternative für alle Offensivpositionen. Ich sehe ihn primär im linken offensiven Mittelfeld. Für die rechte Seite hat man auch einen Mann aus den eigenen Reihen – der Australier Brandon Borrello wurde schon letztes Jahr vom 1. FC Kaiserslautern verpflichtet, trotz eines damals akuten Kreuzbandrisses. Jetzt ist er fit und macht Dampf über rechts, ist eine neue Alternative.
Das rechte offensive Mittelfeld oder auch das linke sind auch die Position der beiden neuen Südkoreaner im Team: Der Erfahrenere von beiden, Chang-Hun Kwon, ist 25 und hat in der ersten französischen Liga, beim FCO Dijon auf sich aufmerksam gemacht, der andere ist erst 19, heißt Woo-Yeong Jeong und kommt aus der zweiten Mannschaft des FC Bayern München zum SC. Der trickreiche junge Mann hat bei den Bayern-Profis einmal in der Bundesliga und einmal in der Champions League mitgespielt und die Münchener sollen so überzeugt von seinem Talent sein, dass sie sich angeblich eine Rückkaufoption haben festschreiben lassen – das weiß ich aber nicht. Es wird kolportiert.
Wir fassen zusammen, hinten, wo auch noch das aus Wolfsburg verpflichtete Talent Luca Itter zu erwähnen ist, stehen die Freiburger gut und vorne gibt es im Vergleich zum Vorjahr viele neue Alternativen, mehr Tempo in jedem Fall und das macht doch Hoffnung, dass das Vorhaben gelingt, dem Abstieg erneut zu entgehen.
Es gibt schließlich nicht nur die ganz großen finanziellen und sportlichen Kaliber, zu denen in der nächsten Saison einmal mehr Bayern, Dortmund, Leipzig, Leverkusen, Wolfsburg, neuerdings auch Hertha Berlin zu zählen sind. Es gibt den Mittelbau mit Hoffenheim, Gladbach, Frankfurt, Bremen und Schalke – und es gibt Konkurrenten, gegen die der SC Freiburg sportlich zwar an seine Leistungsgrenze gehen muss, um zu gewinnen, nicht aber darüber hinaus. Mit denen kann es der SC auch an normalen Tagen aufnehmen, ohne dass er über sich selbst hinaus wachsen muss. Mainz und Augsburg gehören dazu, Düsseldorf sehe ich in dem Bereich und natürlich die drei Aufsteiger Köln, Paderborn und Union Berlin. Ich sehe also sechs Konkurrenten in etwa auf Augenhöhe, von denen der SC drei hinter sich lassen müsste, um in der Liga zu bleiben und als Erstligist ins neue Stadion einzuziehen. Meistens kommt ein Club von den größeren Kalibern noch dazu, der da gar nicht mit rechnet – letztes Jahr war das Schalke, vorletztes Jahr Wolfsburg. Gefährdet sehe ich vielleicht wieder Schalke, eventuell auch Bremen oder Frankfurt. Aber das ist Spekulation.
Sicher ist: Der SC spielt gegen den Abstieg und ziemlich sicher erscheint mir, dass er dabei gute Chancen hat, sein Ziel zu erreichen. Weil er letztes Jahr für seine Möglichkeiten schon klasse besetzt war und in dieser Saison noch besser besetzt ist, vor allem schneller und variantenreicher im Spiel nach vorne.
Der bevorstehende Saisonstart ist besonders spannend, denn gleich in den ersten drei Spielen trifft der SC auf Gegner, die ich eben als direkte Konkurrenten im Abstiegskampf genannt habe: Mainz, Paderborn und Köln. Da werden gleich zu Saisonbeginn Weichen gestellt und es ist ungeheuer spannend, wie ich finde.
Ja… „it’s only soccer but I like it!“
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
- Zitatende -
Zwei Tage noch und dann geht es für den SC Freiburg und für mich als Liveberichterstatter bei baden.fm wieder los mit der Bundesliga. Ich freue mich darauf, habe noch immer Spaß daran, auch in meiner 26. Saison. Da haut dich ja eigentlich nichts mehr aus den Schuhen... als dann heute Morgen die Meldung kam, Fritz Keller werde wohl Präsident des Deutschen Fußballbundes konnte ich es aber dann doch erst nicht glauben. Andererseits ist der Keller Fritz ein integrer und erfolgreicher Geschäftsmann und seit vielen Jahren Präsident im Fußballgeschäft, noch dazu bei einem Club, der in der Männer- und in der Frauen-Bundesliga vertreten ist. So gesehen auch wieder klar, dass die Findungskommission des DFB irgendwann über ihn gestolpert ist.
Für Fritz Keller ist das ein vermutlich nicht geahnter Aufstieg in eine ganz andere Promi-Liga, mit deutlich mehr Macht und Image als bei seinem Club, wo er - was das operative Geschäft betrifft bekanntlich etwas aus dem Scheinwerferlicht geraten ist. Oliver Leki (Finanzen) und Jochen Saier (Sport) machen das Geschäft professionell und mit hoher Entscheidungskompetenz. Insofern ist die Chance, die sich Fritz Keller bietet aus seiner persönlichen Sicht eine großartige Geschichte. Am Kurs des SC Freiburg wird sich nach Kellers Ausscheiden als Vereinspräsident nicht viel ändern.
Fritz Keller und Frank Rischmüller - die Älteren mögen sich erinnern - das war über viele Jahre ein konfliktbelastetes Verhältnis. Es ist viel zu lange her, um diese alten Geschichten aus der Endphase der Ära Volker Finke noch einmal hervorzukehren. Ich hatte inzwischen insofern meinen Frieden mit der Situation gemacht, weil es schon lange nichts mehr zu meckern gibt, der grundsätzliche Kurs des SC Freiburg wurde beibehalten und der SC hat auch unter der Präsidentschaft Keller überwiegend erstklassig gekickt. Alles gut.
Und alles Gute, Fritz Keller, beim DFB in Frankfurt. Ein Wechsel und Aufstieg, der von allen Seiten nur erfreut wahrgenommen wird, auch von mir.
Zurück zum Bundesligastart: Ich vermute, dass sich personell nicht viel ändern wird. Torwart, Viererkette und Doppelsechs dürften stehen, ebenso die Doppelspitze mit Petersen ganz vorne und Waldschmidt etwas zurückhängend. Wie Christian Streich auf den Außenpositionen aufstellt mag noch offen sein - rechts sehe ich Borrello und links Sallai oder Jeong in der Startelf.
Ich übertrage das Spiel SC Freiburg gegen Mainz 05 am Samstag ab 15 Uhr live in der baden.fm-Bundesligashow.
Das Fußballspiel (Mein 946. SC-Livespiel)
Am Anfang stand Verwunderung über personelle und taktische Maßnahmen von Christian Streich, am Ende der 3:0-Sieg des SC Freiburg. Über dessen Höhe kann man vielleicht diskutieren; dass der Freiburger Erfolg insgesamt verdient war, steht aber außer Frage. Entscheidend waren die letzten zehn Minuten, in denen Mainz stehend k.o. schien, während der SC, angetrieben vom eigenen Publikum und offenbar athletisch in einem ausgezeichneten Zustand, noch einmal Vollgas gab und obendrein fußballerische Qualität bot. Der doppelte Tunnel, mit dem der eingewechselte Lucas Höler, nach einem langen Ball von Nico Schlotterbeck und Kopfballverlängerung von Nils Petersen, seinen ebenfalls kurz zuvor eingewechselten Gegenspieler Alexander Hack und Mainz-Keeper Florian Müller vor dem 1:0 verlud war ebenso sehenswert, wie zwei Minuten später der Schrägschuss von Jonathan Schmid, abgefeuert mit dem eigentlich schwächeren linken Fuß, der zum entscheidenden 2:0 führte. Dass ein an Luca Waldschmidt verübtes Foul, das zurecht mit Elfmeter geanhndet wurde, kurz darauf durch den gefoulten Spieler selbst per Strafstoß zum 3:0-Endstand verwandelt wurde, machte die Glückseligkeit auf den Rängen perfekt.
Über 80 Minuten hatten sich beide Mannschaften zuvor einen energiegeladenen Abnutzungskampf geliefert, der den Mainzern offenbar mehr "Körner" gekostet hatte als den in der Schlussphase frischer wirkenden Gastgebern.
In den Interviews, die ich nach dem Spiel mit den Torschützen Höler und Schmid sowie mit Koch führen durfte, der in den Testspielen der Vorbereitung überwiegend in der zweiten Garnitur eingesetzt worden war, stellte sich schnell heraus, dass der Switch auf eine Dreier-/Fünferkette keine Blitzidee von Samstagmorgen oder etwa durch Erkrankungen oder Verletzungen quasi kurzfristig erzwungen war, sondern dass Streich und seine Mitstreiter die Jungs in mehreren Geheimtrainings unter der Woche genau auf diese Spielweise vorbereitet hatten.
So rotierten die in der Startelf erwarteten eigentlichen Stammspieler Heintz, Frantz und Sallai auf die Bank und Schlotterbeck, Koch und Gondorf standen in der Startelf. "Kicker online" presste die neu zusammengestellte Elf bei der Bekanntgabe der Mannschaftsaufstellung vor dem Spiel, aus nachvollziehbaren Gründen, trotzdem in das gewohnte 4-4-2-Gerüst. In den internen Diskussionen im Presseraum hatte ich mich allerdings schnell auf ein 3-4-3 festgelegt und das auch kundgetan. Den Hörern der baden.fm-Bundesligashow präsentierte ich aber - Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste - zwei mögliche Formationen - eine im 4-4-2 und eine im 3-4-3. Als die Jungs vor dem Anstoß auf dem Platz Aufstellung nahmen, war schnell klar, dass Streich seinen Kollegen Schwarz mit 3-4-3 überraschen wollte.
Anfangs rumpelte es noch ein wenig beim SC und Mainz kam besser in die Partie. Dann arbeitete sich der SC aber immer besser hinein und übernahm das Kommando, bis die Gäste dem Sport-Club das Zepter kurz vor der Pause wieder entrissen und ihrerseits dominierten. Ein ähnliches Wechselspiel war es - mit leichten Vorteilen für Mainz - auch in der zweiten Halbzeit, bis den Gästen die "Körner" ausgingen und der SC eiskalt zuschlug. 3:0 gegen Mainz, welch ein toller Einstieg in die Saison!
Das Nachspiel
Bis zur Schlussphase habe ich das Spiel gegen die Mainzer eher durchlitten. Befürchtungen wegen der vielen negativen Erfahrungen der vergangenen Jahre gegen diesen Gegner mögen dabei die Hauptrolle gespielt haben - ebenso wie mein Wissen um die Wichtigkeit der ersten Saisonwochen. Ich wurde sogar auf meinen sparsamen Gesichtsausdruck angesprochen... Hölers Tor zum 1:0 war dann wie eine Befreiung für mich, ja, für das ganze Stadion - und dann ging es ja Schlag auf Schlag...
Dass Lucas Höler, der das 1:0 auf bemerkenswert gute Art und Weise besorgt hatte, vor dem 2:0 auch der Vorlagengeber auf Schmid war, belegt, dass Chritian Streich Recht hat, wenn er - was durchaus häufig vorkommt - die Fortschritte des Spielers hervorhebt. Der Stümer Höler hat nie eine Fußballakademie besucht, sondern ist den steinigen Weg gegangen; über unbedeutende Amateurvereine in der Jugend sowie, im Männerbereich, über den VfB Oldenburg, FSV Mainz 05 II und den SV Sandhausen bis zum SC Freiburg in die Bundesliga. Von Jahr zu Jahr und von Monat zu Monat steigert sich der sympathische Blondschopf. Noch ist ein Ende dieser Entwicklung nicht absehbar und Höler schießt sich durch wichtige und spektakuläre Tore in die Herzen der SC-Fans. Die Kritilker der fußballerischen Substanz des SC-Stürmers Höler dürften immer leiser werden.
Nach den Interviews und der PK sowie dem abschließenden Talk mit Christian Streich packte ich meine Sachen und fuhr beschwingt nach Hause. Es ist ein tolles Gefühl, wenn die Mannschaft, die man begleitet, mit einem Sieg in eine Erstligasaison startet. Zuletzt war das dem SC 2001 gelungen - 3:0 gegen Werder Bremen, ich habe es nachgeschlagen, Torschützen Kobiashvili, Tanko und Coulibaly. Golz stand im Tor, Kehl war der Diamant im SC-Team, Willi stürmte über die rechte Seite. Man ist das lange her... Ich hab es live kommentiert, klar, aber erinnern kann ich dsas Spiel nicht mehr; die Jungs schon, klar - war ja auch eine geile Zeit. Die aktuelle Saison lässt sich aber auch gut an. Ich traue unseren Jungs einiges zu. Zuhause gönnte ich mir zwei, drei Gläser mit Weinschorle auf den SC, Jahrgang 19/20.
Am Sonntag holten wir dann meinen Schwiegervater aus der dominikanischen Republik aus dem Raum Zürich ab, wo er seit Mitte letzter Woche zu Besuch bei seiner anderen hier in der Region lebenden Tochter weilte. Der 72-Jährige lebt im Hinterland der DomRep, fern von Stränden oder großen Städten. Mit der Machete am Gürtel streift er durchs Unterholz, ganz tief in der Natur, die er über alles liebt. Er hatte seine Insel noch nie verlassen. Unsere Einladung nach Europa hat er trotzdem angenommen - übrigens auch meine Enladung in den Gästeblock der Benteler-Arena in Paderborn... Zusammen mit seinem Enkel Ben wird er am Samstag das erste Auswärtsspiel des SC dort erleben. Ich hoffe, es gefällt ihm, der noch nie ein Fußballspiel live gesehen hat, aber schon an Fernsehschirm erkannt hat, dass da mehr Action ist als beim Baseball. Schon am Mittwoch gehts mit Familie, Sack und Pack in meine alte Heimat nach Ostwestfalen. Ich freue mich darauf - am meisten natürlich auf das Gastspiel unseres SC bei der "unumstrittenen Nummer zwei von Ostwestfalen, dem SC Paderborn". Das sage ich übrigens auch im neusten Funkspot für unsere Liveübertragung von Spiel. Wer zwischen den Zeilen lesen kann, versteht: Einmal Arminia, immer Armine...
Heute ist Montag und hier folgt die Vorveröffentlichung meiner ab Mittwoch in den Wochenzeitungen am Oberrhein erscheinenden Kolumne "SC INTEAM" - viel Spaß beim Lesen, ich melde mich dann wieder zum Paderborn-Kick!
SC INTEAM
Der SC Freiburg ist ergebnistechnisch optimal in die neue Saison gestartet. Freiburg blieb in den ersten beiden Pflichtspielen ohne Gegentor, steht in der zweiten DFB-Pokalrunde und entschied den energiegeladenen Bundesligaauftakt gegen Mainz 05, wenn auch mit einem oder zwei Toren zu hoch, mit 3:0 verdient für sich. So herrschte am Samstag im ausverkauften Schwarzwald-Stadion eitel Freude im Lager des Sport-Clubs. Vorausgegangen waren 90 spannende Fußballminuten, in denen über weite Strecken ein späterer Sieger nicht auszumachen war. Es war ein Spiel mit wechselnden Dominanzphasen und einer der frühen Saisonphase geschuldeten recht hohen Fehlerquote auf beiden Seiten. Nachdem die Mannschaft des SC Freiburg in allen Vorbereitungsspielen mit einer Viererkette agiert hatte, überraschte Christian Streich gegen die Mainzer in der Defensive mit einer variablen Dreier-/Fünferkette. Bei eigenem Ballbesitz agierte der Sport-Club in einer 3-4-3-Formation. Diese, in diversen Geheimtrainings vor dem Mainz-Spiel einstudierte Raumaufteilung sollte dem energiegeladenen Spiel und der erwarteten Mittelfeldraute der 05er erfolgreich begegnen. Am Ende gelang es tatsächlich, den „Angstgegner“ Mainz in die Knie zu zwingen. Neben Personalauswahl, Formation und Taktik hat die gute Fitness der Schwarzwälder den Ausschlag gegeben. Als eine Viertelstunde vor Schluss, ohne dass ein Foulspiel vorangegangen wäre, drei Mainzer am Boden lagen und Pflege erbaten, kam das einem Sinnbild für den nun leeren Akku des Gegners gleich. Der SC hingegen hatte in der Schlussphase noch etwas zuzusetzen; neben der Athletik und Siegeswillen übrigens auch fußballerische Qualität, die sich durch die piekfeinen Treffer von Höler und Schmid Ausdruck verschaffte. Der Elfmeter, den Waldschmidt souverän zum 3:0-Endstand verwandelte, mag ein wenig für das letzte Kräftemessen mit Mainz 05 entschädigen, dass der SC trotz überlegenen Spiels und 70 Prozent Ballbesitz auf groteske Art und Weise mit 0:5 verloren hatte. Ein Vergleich der Spiele hinkt allerdings, denn während Mainz vor wenigen Monaten wie die Jungfrau zum Kind zu dem Kantersieg gegen Freiburg gekommen war, gab es für den Erfolg des SC am Samstag durchaus Argumente, auch wenn diese sich auf die letzten zehn Minuten fokussierten, als Mainz schlicht nicht mehr konnte, der SC aber sehr wohl.
Fünf von sechs als potenzielle Konkurrenten des SC im Abstiegskampf angekündigte Teams haben ihre Partien am ersten Spieltag verloren. Neben Mainz trifft das auf Augsburg, Union Berlin, Köln und Paderborn zu. Deshalb tut der Freiburger Sieg besonders gut. Daraus darf gerne ein Trend werden. (Zitatende)