1. Spieltag der Gruppe G in der UEFA Europa League 22/23, SC Freiburg gegen Qarabag FK

Donnerstag, 8. September 2022, 21 Uhr *

Europa-Park Stadion, Freiburg *

SC Freiburg - Qarabag FK *

 

Das Vorspiel

Es kribbelt schon… Neun Jahre nach der ersten Teilnahme an der UEFA Europa League und fünf Jahre nach dem trostlosen Aus in der Europa-League-Quali gegen Domzale aus Ljubljana, Slowenien, wagt sich der Sport-Club wieder auf das europäische Parkett. Donnerstags nach der Arbeit im Verlag ein Europa-League-Spiel zu kommentieren, ist bei den Heimspielen zwar gewöhungsbedürftig und in Summe sicher stressig, aber sei es drum; es wird mir trotzdem abartig Spaß machen.

Meine Reisen sind bereits komplett gebucht. Nächste Woche, bereits am Dienstagabend, 18.30 Uhr, fahre ich mit zwei guten Freunden nach Zürich zu meinem Sohn Jérôme. Der Junior lebt dort mit seiner Lebensgefährtin Céline und wir werden bei ihnen übernachten, um Mittwochmorgen nicht im Stau zu stehen und einfach beruhigt und unweit des Airports zu nächtigen. Dienstagabend gehen wir dann alle zusammen in die Calvados Bar in Zürich, in der wir uns Marseille gegen Frankfurt auf Großbildleinwänden bzw. Bildschirmen anschauen werden. Jérôme ist schließlich Eintracht- (und SC-) Fan. Da die erst um 21 Uhr kicken, ist es dann ja nicht mehr lange bis Mitternacht, wenn wir auf meinen 62. Geburtstag anstoßen können; ob in der Calvados Bar, im Vergnügungsviertel rund um die Langstraße oder schon in der Wohnung meines Flius wird sich zeigen. Mein Schwager und langjähriger Freund Thomas, fußballfern aber dem Vergnügen nicht abgeneigt, kommt auch zum Eintracht-Gucken und Anstoßen. Also vermute ich mal fürs Anstoßen… Langstraße. Am Mittwochvormittag um 11.15 Uhr geht dann der Direktflug von Zürich nach Athen. Da findet dann mit meinen beiden Spezis und Daniela Frahm vom Kicker das eigentliche Anstoßen auf meinen Geburtstag statt – auf der Dachterrasse am Pool; so stelle ich mir das jedenfalls vor. Die Bilder vom Hotel sind jedenfalls eindrucksvoll…

Zunächst aber Qarabag…

Bevor es losgeht mit der Europa League 22/23 habe ich in der heutigen Ausgabe des ReblandKuriers in einem Kommentar mal die Europacup-Historie des SC beleuchtet; mit ein bisschen Nostalgie und vielen Erinnerungen, denn ich war bei jedem Spiel als Radioreporter live dabei. Hier der Text:

 

Der Kommentar

Höhere Wertigkeit als 2013

 SC Freiburg spielt international; nicht zum ersten Mal aber vielleicht das erste Mal mit interessanten  sportlichen Perspektiven. 1995, als der SC die Bundesligasaison sensationell  als Tabellendritter abgeschlossen hatte, holte sich der Novize auf internationalem Parkett  in der ersten Runde des UEFA-Cups eine blutige Nase. Der 1:2-Heimniederlage gegen Slavia Prag  folgte im Rückspiel ein  0:0, damit war der europäische Traum  der Freiburger ausgeträumt.  Beim zweiten Mal hielt sich der SC länger auf internationalem Parkett.  2001 spielte Freiburg am 11. September – ja, an jenem 11. September, an dem Fußball nur eine Nebenrolle spielen sollte – in Puchov 0:0. Im Rückspiel gelang dem SC gegen die Slowenen  ein 2:1. In der zweiten Runde verlor der SC das Heimspiel gegen den  FC St. Gallen mit 0:1. Trotzdem begleiteten 15.000 Fans  den Bundesligisten zum nach Zürich verlegten    Rückspiel  und erlebten einen famosen 1:4-Auswärtssieg ihrer Lieblinge. In Runde drei des UEFA-Cups  hieß der Gegner Feyenoord Rotterdam –   ein wirklich großer Name. Trotzdem kickten die Finke-Schützlinge im legendären Stadion De Kuip auf Augenhöhe mit den  Niederländern und verloren – etwas unglücklich –  mit 1:0. Im Rückspiel lag der SC mit 2:1 vorne, drängte auf das entscheidende Tor, kassierte dann aber das 2:2 und war ausgeschieden.

Zwölf Jahre später, im Jahr 2013,  war der SC Freiburg wieder international dabei, diesmal hieß das Spektakel Europa League und durch die Gruppenphase waren sechs Spiele garantiert. Der Verein gab   allerdings der Bundesliga und dem Klassenerhalt  absolute Priorität. In den Spielen gegen den späteren Gruppensieger FC Sevilla,  Slovan Liberec und Estoril aus Portugal standen oft genug  Regionalliga-Amateure  in der Freiburger Startelf. Trotzdem holte der SC sechs Punkte, etwa durch einen Sieg beim späteren Gruppen-Zweiten in Liberec. Platz drei  bedeutete für Freiburg allerdings das Aus im Wettbewerb. Wegen der Priorisierung der Bundesliga und des Ausscheidens nach der Gruppenphase stand der Sport-Club damals deutschlandweit in der Kritik.

2017 verpasste Freiburg dann die Gruppenphase der Europa League, weil der SC in der vorgeschalteten Qualifikationsrunde etwas überraschend gegen die „namenlosen“ Slowenen von NK Domzale ausschied; dem 1:0 im Hinspiel folgte in Ljubljana eine 2:0-Niederlage.

Am Donnerstag betritt der SC Freiburg mit dem Heimspiel gegen Qarabag aus Aserbaidschan zum fünften Mal in seiner Geschichte die internationale Bühne.  Sportlich und mental ganz sicher besser vorbereitet als 2013, bei der ersten Teilnahme an der Gruppenphase der Europa League. Die Freiburger Mannschaft ist mit einem 28-köpfigen Profikader deutlich breiter aufgestellt als damals und kann ohne größere Qualitätsverluste rotieren, um die Belastungen der vielen Pflichtspiele auf mehr Schultern beziehungsweise Beine zu verteilen.  Es macht auch deutlich den Anschein, als habe die Europa League in den Köpfen der Verantwortlichen eine höhere Wertigkeit als 2013: „Wir vertreten, gemeinsam mit Union Berlin, Deutschland und die Bundesliga in der Europa League“, formulierte Christian Streich dieser Tage nicht ohne Stolz. Keine Frage, der Sport-Club will diesmal international etwas bewegen. Ein „Überwintern in Europa“ scheint 22/23 nicht ausgeschlossen. (Zitatende)

 

Heute war ich auf der PK mit Christian Streich und bei seinen Äußerungen hatte ich manchmal fast den Eindruck, er referiere aus meinem heutigen Artikel im ReblandKurier, was natürlich nicht der Fall war. Seine Äußerungen aber zeigten mir, dass sich die Arbeit gelohnt hat und ich gut recherchiert habe. Bei meinen Fragen hatte ich den Eindruck, dass der Trainer sich fast etwas gefreut hat, dass sich jemand tiefergehend mit dem Gegner befasst- und daraus die richtigen Schlüsse gezogen hat. Hier mein Text aus der heutigen Ausgabe:

 

Europäische Stolperfallen

Chancen und Risiken halten sich für den SC Freiburg in der Europa League die Waage

Freiburg. Der letztjährige Pokalfinalist und aktuelle Tabellenführer der Bundesliga, SC Freiburg, startet am Donnerstag, 8. September, um 21 Uhr mit einem Heimspiel gegen den vermeintlich namenlosen Qarabag FK in die Gruppenphase der UEFA Europa League. Anders als der Sport-Club bringt das Team aus dem fernen Aserbaidschan allerdings Erfahrung aus zahlreichen Begegnungen in der Champions League, der Europa League und der Conference League mit auf den Platz. Weiche Knie wird man bei den Gästen am Donnerstag nicht erleben.

Im Kader des amtierenden Meisters von Aserbaidschan, der erfolgreich von dem einstigen Stürmer Gurban Gurbanov trainiert wird, gibt es, neben zahlreichen Talenten aus Aserbaidschan, in jedem Mannschaftsteil Stars aus der internationalen Fußballwelt: Im Tor steht der georgische Nationaltorwart Luka Gugeshashvili. In der Abwehr agiert seit zwei Jahren der 29-jährige Kolumbianer Kevin Medina, ein As, das allerdings im Hinspiel in Freiburg verletzungsbedingt ausfällt.  Stark ist aber auch der 31-jährige serbische Montenegriner Marko Vesovic.

Als klassischer „Sechser“ agiert der in Brasilien geborene Julio Romao. Profi wurde er in der ersten portugiesischen Liga bei C. D. Santa Clara, bevor er im Juli einen langfristigen Vertrag bei Qarabag in Baku unterzeichnete. Ein weiterer Leistungsträger ist der in Portugal geborene offensive Mittelfeldspieler Leandro Andrade. Er wurde von den Scouts aus Baku in der ersten bulgarischen Liga, bei einem Club aus dem Badeort Varna entdeckt und für Qarabag verpflichtet. Längst eingebürgert und zum aserbaidschanischen Nationalspieler gemacht wurde der 33-jährige gebürtige Brasilianer Richard Almeida, der ebenfalls im Mittelfeld seine Kreise zieht. Einen gefährlichen Angreifer, den 27-jährigen Senegalesen Ibrahima Wadji, hat Qarabag vor wenigen Tagen erst an den französischen Proficlub AS St. Etienne transferiert. Jetzt dürfte der 25-jährige ghanaische Nationalspieler Owusu noch mehr in den Fokus rücken. Als Linksaußen sorgt der Franzose Abdellah Zoubir für Wirbel. 

Der Qarabag FK ist alles andere als Laufkundschaft; davon musste sich in der Champions League Qualifikation zum Beispiel der FC Zürich schmerzhaft überzeugen. Im Juli war es, als der Schweizer Meister zunächst das Hinspiel in Baku mit 3:2 verlor, sich dann im Rückspiel durch ein spätes Tor zum 2:1 (90.+5) durch den ex-Freiburger Ivan Santini in die Verlängerung rettete, bevor der bereits vorgestellte Owusu sein Team durch das Tor zum 2:2-Endstand eine Runde weiter schoss. Dort setzte sich Qarabag, nach einem Remis im Hinspiel, als Gast von Ferencvaros Budapest überraschend mit 1:3 durch, bevor das Duell mit Pilsen aus Tschechien – 0:0 in Baku, 2:1 in Pilsen – die erneute Teilnahme der Aserbaidschaner an der Königsklasse verhinderte und Qarabag   in die UEFA Europa League delegierte. Zum Auftakt derselben kommt Qarabag am Donnerstag nach Freiburg. Wer diesen in unseren Breiten vielleicht unbekannten Gegner gering schätzt, kennt den Fußball nicht. Das wird sehr, sehr schwer für den SC.

Eine Woche nach dem Auftaktspiel geht es für den Sport-Club zum griechischen Abonnementmeister Olympiakos Piräus. Hier gilt nicht nur das Team als besondere Herausforderung, sondern auch die heißblütigen Fans. Dritter Gegner in der Europa League, für zwei aufeinander folgende Spiele im Oktober, ist der Pokalsieger aus dem Nachbarland Frankreich, der FC Nantes.

Das Teilnehmerfeld der Gruppe G der Europa League bietet dem SC Freiburg zwar scheinbar keine unüberwindbaren Hürden, aber eine Menge Stolperfallen, die es hochkonzentriert und fokussiert zu umgehen gilt. (Zitatende)

 

So. Viele erzählen muss ich ja jetzt nicht mehr. Mein eigener Countdown hat mit der Streich-PK begonnen. Heute Abend kommt noch die PK von Gurban Gurbanov, Cheftrainer vom Qarabag FK, hinzu. Die steht zwar in Konkurrenz zum Kick der C-Junioren der SG Markgräflerland mit meinem jüngeren Sohnemann Ben gegen den ASC Biesheim aus Frankreich – aber Job geht vor. Vor allem, weil ich ein Date mit der Dolmetscherin habe, die mir sowohl beim bisher etwas stockenden Bemühen um ein Visum für das Heimatland ihrer Eltern für den Aufenthalt Anfang November in Baku, als auch bei der Anmietung eines Fahrzeugs mit Fahrer – ist dort wohl so üblich – behilflich sein will. Sie hat vorgeschlagen, auch Kontakte zu Kollegen aus Baku herzustellen – da sage ich „gerne!“.

Zwischen dem Hinspiel morgen und dem Rückspiel gegen Qarabag am 3. November finden alle anderen Spiele und die beiden Reisen nach Athen / Piräus und Nantes statt. Apropos Nantes… Eigentlich wollte ich ja mit dem baden.fm-Corolla dahin juckeln, allerdings wären alleine die Autobahngebühren teurer als der Hin- und Rückflug, den mir mein Reisepartner Opodo herausgefunden hat. Ich fliege am Mittwoch 12. Oktober von Basel nach … (es ist wirklich wahr) … Edinburgh. Dort haben wir – ich reise mit einem guten Freund – dreieinhalb Stunden Aufenthalt und fliegen dann direkt von Edinburgh nach Nantes. Gesamtreisezeit gut sieben Stunden; das hätten wir mit dem Auto nicht geschafft…

Zurück geht’s dann am Freitag, 14. Oktober über Paris (zwei Stunden Aufenthalt) nach Basel. Nachmittags sitze ich dann wieder an meinem Schreibtisch und Samdstag geht’s dann mit dem Corolla zum Sonntag-Spiel nach München. Ich werde viel unterwegs sein in den nächsten Wochen aber ich freue mich drauf…

Los geht’s aber morgen mit dem Heimspiel gegen Qarabag. Wie gesagt, eine Stolperfalle. Ein Sieg wäre freilich ein grandioser Einstieg in die UEFA Europa League 2022/2023. Ich betone das 2023, denn ich möchte mit dem SC in Europa überwintern! Immerhin darf ja auch der Gruppendritte nächstes Jahr, nach der vermaledeiten WM in Katar, noch weiter in der Europa Conference League mitkicken. Aber warum soll die bisher so starke Mannschaft nicht als Gruppensieger der Gruppe G in die KO-Phase der Europa League einziehen? Das ist sicher keine Selbstverständlichkeit – aber eine realistische Möglichkeit, wenn es gelingt, die vorhandene eigene Stärke auf den Platz zu bringen; morgen schon.

Ich kommentiere das UEFA Europa League Gruppenspiel SC Freiburg gegen Qarabag FK (Ich nenne die so, weil sie sich auf der eigenen Homepage so nennen) am Donnerstagabend ab 21 Uhr live in der baden.fm-Europa League Show.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1061. SC-Pflichtspiel am Radiomikrofon)

Die Europa League zu begleiten ist schön; sehr schön, aber es ist auch Stress; purer Stress, wenn man so sehr fiebert und auf einen Sieg zum Start hofft, wie gestern Abend. Wenn dann der Gegner auch noch ein scheinbar Namenloser ist, einer, den man hier nicht kennt und der bundesweit maßlos unterschätzt wird, ist es besonders heikel…

Fakt ist, der Qarabag FK war der von besonnenen und informierten Zeitgenossen erwartet schwere Gegner, auch, wenn man in den ersten 25 Minuten den Eindruck gewinnen konnte, der SC faltet das Team aus Aserbaidschan mal richtig zusammen. Das lag aber nicht an der Schwäche des Gegners, sondern an einem Traumstart der Freiburger und einer günstigen Spielentwicklung. Gleich zu Beginn schnürte der SC den Gegner ein, hatte in den ersten zwei Minuten schon zwei Abschlüsse durch Maximilian Eggestein und „Litz“ Doan sowie zwei Eckstöße. Beim zweiten Eckball, den Qarabag-Coach Gurbanov später als unberechtigt („unser Torwart hat den Ball nicht berührt! Es hätte keine Ecke geben dürfen!“) bezeichnen sollte, erwischte der junge Verteidiger Bayramov, beim vergeblichen gemeinsamen Versuch den Ball zu erreichen, Matthias Ginter mit dem vorgestreckten Ellbogen am Auge. Der Heimkehrer muss minutenlang behandelt werden. Zeit für den französischen Videoassistenten genau hinzuschauen und die Bilder belegen das klare Foul von Bayramov gegen „Gindes“. Der Schiedsrichter malt das Viereck in die Luft, schaut sich die Szene auf dem Bildschirm an und entscheidet klar und zurecht auf Elfmeter. Vincenzo Grifo lässt sich die Chance nicht entgehen und schießt in der inzwischen laufenden 6. Spielminute zum 1:0 in die Maschen. Unten links schlägts ein – ein Träumchen. Der SC macht weiter Alarm, hat wenig später eine „Hundertprozentige“ durch den wie aufgedreht agierenden „Litz“ Doan, der aber überhastet verzieht. Besser macht es der trickreiche Japaner in der 15. Minute, als er einen Sololauf, bei dem die Abwehrspieler aus Baku nur zuschauen, mit einem gezielten Schlenzer ins linke untere Eck abschließt. 2:0 nach einer Viertelstunde – ich muss mich kneifen, um sicher zu gehen, dass ich nicht träume… Das ist doch die Europa League…

Ein Schützenfest wird es dann nicht mehr, weil sich im Freiburger Spiel nach vorne vermehrt Ungenauigkeiten und Ballverluste einschleichen, die die flinken und taktisch sehr aufgeweckten Gäste ein ums andere Mal zu schnellem Umschaltspiel einladen. Ein „Doppelfehler“ der Gastgeber ist es, der Qarabag ergebnistechnisch Anschluss finden lässt. Bei Ballbesitz am eigenen Strafraum(eck) wählt der ansonsten auffällig gute „Maxi“ Eggestein (stark im Tackling, eigene Abschlüsse, Pass auf Doan vor dem 2:0) die Option sich fußballerisch befreien zu wollen, zögert aber etwas zu lange und verliert den Ball gegen die intensiv pressenden Gäste. „Ich hätte den Ball einfach auf die Tribüne hauen sollen“ wird er mir gegen Mitternacht ins Mikrofon sagen. Nach dem Ballverlust landet der Ball über zwei Stationen beim aufgerückten rechten Verteidiger Vesovic, einem serbischen Montenegriner und Leistungsträger der Gäste, der aus 18 bis 20 Metern einen Flatterball abfeuert. Obwohl der Schuss relativ zentral kommt, rutscht der flatterige Ball Mark Flekken unter den Händen durch – Kategorie „nicht unhaltbar“. So steht es statt 3:0 oder 4:0 plötzlich 2:1 und Qarabag ist wieder im Spiel (39.).

Bis zur Pause passiert nichts mehr aber fortan ist es ein Kampf auf Augenhöhe. Optisch hat der Gast aus dem fernen Aserbaidschan mehr vom Spiel, allerdings glänzt der SC mit seinem sehr abgeklärten und reifen Defensivspiel. Nur zweimal muss Mark Flekken ernsthaft eingreifen: In der 47. Minute als der Ghanaer Owusu, Qarabags auffälligster Offensivspieler, nach einem Doppelpass alleine vor Flekken auftaucht aber nicht am Niederländer vorbeikommt – Flekken stark aber dem Stürmer fehlte auch der Raum, er erreichte den Ball zu knapp vor dem Torwart – und in der 70. Minute als Flekken einen Schrägschuss von Kady unaufgeregt zur Ecke abwehrt. Auf der Gegenseite hatte Nils Petersen, der für Michael Gregoritsch in die Startelf gerückt war, in der 64. Minute eine gute Chance zu einem Kopfballtreffer, schaffte es aber nicht den Ball mit der Stirn zu drücken oder gezielt als Bogenlampe ins lange Eck zu setzen. Unplatziert geht der Ball über das Tor.

Aufregung in der 81. Minute: Der Franzose Soubir wird im Strafraum von seinem Freiburger Landsmann Sildillia geblockt und kommt zu Fall. Die Aserbaidschaner fordern Elfmeter – der VAR prüft, wie den Fans auf der Videowand erläutert wird. Es gibt Eckball – keinen Strafstoß. Entscheidend war wohl, dass Sildillia seinen Fuß nicht wirklich ausfährt und die Aktion von Soubir ein wenig gewollt erscheint. Es war eine Aktion hart an der Grenze aber für einen Elfmeter reichte es nicht, sonst würde es drei pro Spiel für jede Mannschaft geben. Klar aber, dass die Gäste lamentieren…

Es brennt nichts mehr an – der SC Freiburg gewinnt seine Rückkehr aufs europäische Parkett mit 2:1 gegen Qarabag und feiert im Wettbewerb UEFA Europa League (inklusive dem früheren UEFA-Cup) erst den zweiten Heimsieg seiner Vereinsgeschichte, wobei das 1:0 gegen Domzale in der Quali nicht vergessen sein soll – aber es war die Quali, nicht der Wettbewerb selbst.

 

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Natürlich war der Donnerstag mit dem Europa League Kick ein Festtag, der für mich allerdings mit einem Ärgernis begann. An meinem üblichen Arbeitsplatz, Reihe 14, Platz 14 auf der Pressetribüne, der mir auch für das Euro-League-Spiel zugewiesen worden war, lag ein Berg von Süßigkeiten und stand ein Plastikpack mit Wasserflaschen. Mit dem aufgeklebten Schild „RTL Observer“ hatte der Fernsehsender aus Köln, Rechteinhaber für die TV-Übertragung, meinen Platz okkupiert. Einer der Herren, wohl der Techniker, der gleich auch mein dort stets verweilendes und mittels Klebeband und Hinweisschild mir zuzuordnendes LAN-Kabel in seine Gerätschaften gesteckt hatte, war sehr freundlich und kooperativ, ein anderer, keine Ahnung welche Rolle er hatte, machte einen auf dicke Hose und kam sehr arrogant und geringschätzig rüber. Die ganze Reihe sei für RTL geblockt und er werde jetzt jemanden von der UEFA rufen, der mir dann schon sagen würde, wo es lang ginge. Schließlich sei die UEFA an diesem Tag Hausherr im Stadion. „Sehr gerne“ blieb ich freundlich und verwies noch einmal auf meine offizielle Akkreditierung mit dem Arbeitsplatz Reihe 14, Platz 14. Der Herr von der UEFA kam, wusste zunächst auch keine Lösung und rief den beim SC Freiburg für die Akkreditierungen zuständigen Mitarbeiter Marius Faller herbei, der die Richtigkeit meiner Akkreditierung und Platzzuweisung bestätigte. Das sei der UEFA auch schriftlich mitgeteilt worden. Ich hatte schon eine Reihe vor uns, offiziell die Reihe 12, einen Arbeitstisch gesehen, der nicht durch irgendeinen Aufkleber anderweitig zugewiesen worden war. Freundlich fragte mich Marius, ob ich eventuell dorthin wechseln könnte und ich erwiderte, dass das kein Problem sei, wenn es dort einen LAN-Anschluss gäbe; Ersatzkabel hätte ich da, denn meines „jobte“ ja unerwartet für RTL. So war das Ärgernis schnell aus der Welt und am Ende überhaupt kein Problem. Der „Dicke-Hose-Auftritt“ des einen RTL-Typen war nur nicht so wirklich sympathisch. Den netten Techniker der Fernsehanstalt bat ich noch, mein Kabel einfach stecken zu lassen, da ich ja am Sonntag, zum Spiel gegen Mönchengladbach, wieder meinen (Stamm-)Platz einnehmen würde, was er versprach.

Dann lief das Spiel ab, wie beschrieben. Da die UEFA bestimmt hatte, dass nach dem Spiel zunächst nur die sogenannten Rechteinhaber, also RTL und so, in die Mixedzone dürften, wusste ich, dass ich mich nicht allzu sehr sputen musste. Ich räumte meinen Kram zusammen und genoss die Feierei auf dem Rasen und auf den Tribünen. Als ich in die Katakomben kam, hatte gerade die PK der Gäste begonnen, der ich gerne beiwohnte. Während Trainer Gurbanov – ganz Gentleman – wenig Kritik am Schiedsrichter übte, allenfalls wegen des Eckballs vor der Elfmeterentscheidung, der in seinen Augen kein Eckball gewesen sei, echauffierten sich die Journalisten über die unterschiedlichen VAR-Entscheidungen. Dann kam die PK mit Christian Streich, die – wegen der zwischengeschalteten Dolmetscherin auch recht lang ging. Pressesprecher Sascha Glunk drückte dann aufs Tempo, weil Christian Streich noch im RTL-Studio bei Lothar Matthäus erwartet wurde. Mein Interview sah ich schon im sprichwörtlichen Orkus verschwinden. Im Hinausgehen meinte Sascha, wir sähen uns noch gleich in der Mixedzone. Und da war tatsächlich noch einiges los – ich bekam zu so später Stunde noch Maximilian Eggestein und Nils Petersen zum Interview und dann kam auch schon Trainer Streich von „Loddar“ zurück und gab mir, obwohl Mitternacht längst überschritten war, noch ein Interview für baden.fm.

Und dann war – endlich – Feierabend. Zumindest fürs Erste. Ich fuhr heim und bereitete das Kollegengespräch über das Euro-League-Spiel für die baden.fm-Morningshow intensiv vor, dann noch das Kollegengespräch im Vorfeld des Bundesligaspiels gegen Mönchengladbach, das am Samstag im Programm laufen wird. Gegen 1.30 Uhr landete ich im Bett; am Ende mit den Kräften und den Nerven aber irgendwie zufrieden; die ersten drei Europa-League-Punkte sind im Sack, die Radioshow lief fehlerfrei und leicht von der Hand gehend über den Sender, alles gut!

Und nach dem Spiel ist vor dem Spiel: Schon wartet das Heimspiel gegen Gladbach am Horizont. Es werde darum gehen, Power auf den Platz zu bringen, denn ohne Power ginge es nicht gegen die Borussen mit ihrem neuen Trainer und einer ihm noch nicht so ganz geläufigen, sehr variablen Spielweise. Deshalb werde er genau hinschauen, wie es mit der Fitness seiner Jungs am Ende der Englischen Woche aussähe, so Christian Streich am späten Donnerstagabend.

Mit größerer Rotation rechne ich persönlich jetzt, am Ende der ersten von vielen Englischen Wochen, noch nicht. Mutmaßlich kehrt „Gregerl“ für Nils in die Startelf zurück, alles andere wird der noch zu eruierende Fitnesszustand der Jungs ergeben.

Fast nicht zu glauben aber wahr: Der SC spielt gegen Gladbach und hat die Chance, Platz 1 zu verteidigen. „Wir“ sind schließlich Erster… Unglaublich. Gerne noch eine Woche oder zwei oder drei… Träumen darf man ja. Wichtiger ist es freilich, weitere Punkte anzusammeln, um damit gut bestückt zu sein, wenn die Jungs wirklich mal auf dem Zahnfleisch laufen aufgrund der Dreifachbelastung.

Die nächsten Termine: Sonntag gegen Gladbach, Donnerstag in Piräus, dann wieder Sonntag in Hoffenheim. Bis dahin wird schon einige Substanz auf der Strecke bleiben, davon gehe ich aus. Zum Glück für die Freiburger und auch für mich als ständigen Begleiter – nebenberuflich wohlgemerkt – ist dann mal eine kurze Verschnaufpause - ein spielfreies Wochenende am 24./25. September.  Eine Woche später folgt Heimspiel gegen Mainz 05 (1. Oktober, 15.30 Uhr). Und schon geht’s weiter mit dem Stress: Donnerstag, 6. Oktober, 21 Uhr Heimspiel Nantes, Sonntag, 9. Oktober, 17.30 Uhr bei Hertha in Berlin, Donnerstag, 13. Oktober, 18.45 Uhr in Nantes, Sonntag, 16. Oktober, um 19.30 Uhr beim FC Bayern, Mittwoch, 19 Oktober, 18 Uhr DFB-Pokal gegen St. Pauli dann am Samstag, 22. Oktober, um 15.30 Uhr gegen Werder Bremen und am Donnerstag darauf (27. Oktober) um 21 Uhr das Rückspiel gegen Piräus , gefolgt am 30. Oktober, 17.30 Uhr, vom Auswärtsspiel auf Schalke. Kurz: Der Oktober wird der Mega-Monat. Dann gilt wirklich: Fußball, Fußball, Fußball, essen, schlafen, Fußball, Fußball, Fußball. Bis in den November hinein… Am 3. November ist ja noch das Rückspiel in Qarabag und drei Tage später, am Sonntag, 6. November,  das Heimspiel gegen Köln. Ein Wahnsinnsprogramm. Im Oktober/November wird dann tatsächlich personell  rotiert beim Sport-Club. Jetzt ist das doch alles noch Kindergeburtstag…