11. Spieltag der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen Arminia Bielefeld

Samstag, 12. Dezember 2020, 15.30 Uhr *

Schwarzwald-Stadion, Freiburg *

SC Freiburg - DSC Arminia Bielefeld *

Das Vorspiel

Am Samstag spielt der SC Freiburg, den ich seit 27 Jahren und fast 1.000 Pflichtspielen als Radioreporter begleite gegen Arminia Bielefeld, den Verein meiner Kindheit und Jugend und den Club, ohne den ich wohl nie Fußballreporter im Radio geworden wäre. Für mich ist das noch immer eine sehr skurrile Geschichte, wenn diese beiden Vereine aufeinander stoßen – natürlich wollte ich vom ersten direkten Vergleich an, dass meine Gegenwart gewinnt, klar. Wenn es dann so kam, war da immer Freude, auch klar, aber nie ein Triumphgefühl; warum auch, ich bin ja nur Berichterstatter und nicht selbst direkt beteiligt. Dennoch kann ich Triumphgefühle nicht verhehlen, wenn die Mannschaft, die ich begleite, gegen Hoffenheim, Bayern oder sonst irgendwen gewinnt. Bei Siegen gegen Arminia war und ist das anders. Vielleicht, weil man Armine auf Lebenszeit ist und weil ich noch heute, 27 Jahre nach meinem Abschied, von Verein und Umfeld gastfreundlich, zuvorkommend und wie ein echter Freund, der ich auch bin, behandelt werde. Das tut jedes Mal sehr gut. Um meine ambivalenten Gefühle angesichts des Aufeinandertreffens des SC und Arminia zu verstehen oder zumindest nachvollziehen zu können, habe ich mich entschlossen, meine „Menschwerdung“ als Fußballfan und -reporter im Zeitraffer zusammenzufassen – wichtige Stationen  zusammenzutragen:

1970

Mein großer Bruder besucht die Oberstufe des Bielefelder Max-Planck-Gymnasiums, direkt neben der „Alm“. Klassenkameraden, speziell sein Freund Hans-Ulrich Kessler, zu dem ich heute noch gelegentlich Kontakt pflege, nehmen ihn mit zu Arminia, die gerade die Aufstiegsrunde zur Fußball-Bundesliga erreicht hat. Meine erste konkrete Erinnerung betrifft einen Tag im Frühjahr des Jahres, ich war also neun Jahre jung. Wir kamen mit unseren Eltern vom Dümmer See, wo wir ein Wochenendhaus hatten. Mein Bruder Andi erzählte von Arminias gelungenem Aufstieg und dass in Bielefeld ein Empfang für die Mannschaft stattfinden würde. Als wir uns der Stadt näherten, kam uns ein Auto mit blau-weißen Girlanden entgegen. Die müssten wohl mitgefeiert haben, vermutete Andi und ich spürte erstmals so etwas wie Faszination im Zusammenhang mit Fußball und Arminia. Das musste ja eine große Sache sein, wenn die Leute sogar ihre Autos schmückten und eine ganze Stadt feierte… Wir freilich nicht. Ich komme aus einer fußballfernen Familie. Wir fuhren am Wochenende zum Segeln (meine Eltern und Geschwister), Angeln (ich) und Baden am Dümmer. Aber dieser Fußball, diese Arminia begann mich zu interessieren.

Fortan verschlang ich Zeitungsberichte und verfolgte die Arminia-Spiele im Radio; meist im Autoradio meines Vaters, vor dem Haus oder in der Garage, denn ein eigenes Transistorradio hatte ich noch nicht. Am 3. Oktober 1970 saß ich vor dem Haus in Papas Ford und fieberte mal wieder mit.  Arminia hatte ein Heimspiel gegen Bayern München – damals schon so galaktisch und übermächtig wie heute. In der 60. Minute schoss Ulli Braun, der Jahre später mal mein Trainer bei Teutonia Altstadt werden sollte, gegen Sepp Maier das Tor des Tages. Der Radioreporter schrie, ich sprang vor Begeisterung aus dem Auto und über den Gehsteig und hörte draußen noch den frenetischen Jubel der Fans im Stadion, das einige Kilometer entfernt lag. Ich war infiziert…

 

1971  

Am 15. Mai ist ein Bundesligaspieltag. Um ein bisschen Atmosphäre zu tanken, läuft der zehnjährige Frank zum Stadion, um später wieder heimzukommen und das Spiel im Autoradio zu verfolgen. Arminia spielt gegen Eintracht Braunschweig. Ich stehe in der Melanchthon-Straße, am großen Stadioneingang und freue mich an den erwartungsfrohen Menschenmassen mit ihren Fahnen und Hupen. Ich stehe in der Masse und sauge dieses kribbelnde Vorgefühl auf, als plötzlich jemand auf mich zutritt, irgendetwas sagt, sowas wie „ich kann nicht zum Spiel, muss weg, hier, schenke ich Dir“ – plötzlich stehe ich da und halte eine Eintrittskarte in der Hand. Ich kann mein Glück kaum fassen und erlebe mein erstes Bundesligaspiel live im Stadion. Arminia verliert 0:1 gegen Eintracht Braunschweig aber das zählt nicht. Was zählt ist, dass ich im Stadion war – ich bin völlig fasziniert.

 

1972

Wegen des Bundesligaskandals wird Arminia vom DFB zum Zwangsabstieg verurteilt. Trotzdem nimmt die Mannschaft in der Saison 71/72 am Spielbetrieb teil und ich sehe eine Reihe von Spielen live im Stadion.  Ich bin dann von oben bis unten in den Vereinsfarben gedresst, trage ein blau-weißes Trikot und bringe meine Mutter dazu, mir blaue Streifen auf eine weiße Jeans zu nähen. Den Zwangsabstieg nehme ich hin, ohne mein Interesse an Arminia zu verlieren.

1972 - 1974

Zwei Jahre lang kicken die Jungs in der damals zweitklassigen Regionalliga West. Erinnerungen habe ich kaum an diese Zeit, mit einer Ausnahme: Am 22. Dezember 1973 empfängt Regionalligist Arminia den Bundesligisten 1. FC Kaiserslautern im DFB-Pokal. Ich bin natürlich im Stadion. Der Favorit führt durch ein Tor kurz vor der Pause mit 0:1. Dann gibt es Eckball für Arminia. Bevor der in der 65. Minute zur Ausführung kommt, wechselt Arminia einen neuen Stürmer ein, den der Club von einem holländischen Verein verpflichtet hat: Volker Graul. Der lange Schlacks läuft in Position und köpft mit seiner ersten Ballberührung den Ausgleich. Das Spiel geht in die Verlängerung, es bleibt aber beim 1:1 – ein gefühlter Sieg für den Regionalligisten. Ich bin vor Glück beseelt. Das Rückspiel, das wegen des Unentschiedens fällig wird, geht zwar mit 0:3 verloren aber egal – der Moment war es, der Moment, den ich miterleben durfte, als Volker Graul den Ausgleich erzielte. Unvergessen.

In dieser Saison 73/74 qualifiziert sich Arminia für die neu geschaffene 2. Bundesliga Nord.

 

1974 – 1977

Ich bin ein „Pubertier“ und schleppe mich mehr schlecht als recht durchs Gymnasium. Ausbleibende Erfolgserlebnisse ersetzt mir Arminia in der 2. Liga Nord. Ich verpasse kaum ein Spiel; auf der Alm sowieso nicht und jeden zweiten Sonntag sitze ich mit meinem Kumpel Wölfi, der heute sein Leben in Thailand fristet und genießt, im Fanbus und fahre zu den Auswärtsspielen.

 

1977

Arminia wird Zweiter in der 2. Liga Nord und qualifiziert sich so für die Relegationsspiele um den Bundesligaaufstieg gegen den Zweiten aus der Südstaffel, 1860 München. Das Hinspiel wird ein Knüller – Arminia gewinnt mit 4:0 und mutiert zum Aufstiegsfavoriten.

Für das Rückspiel buche ich ein Ticket im Sonderzug nach München. Auf der Fahrt gibt es einen magischen Moment. Als wir in einem niederbayrischen Bahnhof stehen und alle Fans in den Fenstern hängen, habe ich das Gefühl, den Menschen draußen mitteilen zu wollen, wer wir eigentlich sind. Und ich beginne rhythmisch „Bielefeld – Bielefeld“ zu schreien. Immer mehr schließen sich an, bis es aus über 1.000 Kehlen „Bielefeld, Bielefeld“ tönt. Diesen Schlachtruf hatte es vorher nie gegeben. Ich war jetzt sieben Jahre am Start und nie war der Name unserer Stadt intoniert worden. Später, in der Gästekurve des Olympiastadions ging es weiter mit „Bielefeld – Bielefeld“ – ich bekam eine Gänsehaut. Ich hatte einen Schlachtruf erfunden.

Das Spiel endet 4:0 für die Münchner Löwen, weil Harry Erhard, Arminias Mittelstürmer, den ich im Rahmen einer Projektarbeit für die Schule mal zu Hause in Dornberg besucht und interviewt hatte, in der Schlussphase, mit einem Distanzschuss nur die Latte traf.

Noch eine kleine Schmunzette zu diesem heute sehr populären Bielefeld-Schlachtruf: Viele  Jahre später, am 19. September 1995 durfte ich erstmals als Radioreporter das Spiel Freiburg gegen Bielefeld kommentieren. Es war im DFB-Pokal und der SC sollte am Ende mit 1:0 gewinnen. Alles lief eigentlich wie immer, auch in meiner Gefühlswelt... bis zu dem Moment als aus der Gästekurve im Dreisamstadionein ein gewisser Schlachtruf erscholl: "Bielefeld - Bielefeld - Bielefeld..."  Da herrschte aber so etwas von Gänsehautalarm am Mikrofon...

Zurück ins Jahr 1977: Der Bundesligaaufstieg war durch das 0:4 im Rückspiel wieder in weite Ferne gerückt. Ein Entscheidungsspiel in Frankfurt musste her. Ich war mit einem Fanbus dabei. Arminia verlor mit 0:2.

 

1978

In der Saison 77/78 verpasse ich kein Spiel. Unter Trainer Karlheinz Feldkamp wird Arminia souverän Meister der 2. Liga Nord und steigt in die Bundesliga auf. Das Meisterstück gelingt am letzten Spieltag, am 27. Mai, durch einen 0:2-Auswärtssieg bei Fortuna Köln. Sportlich und in Sachen Fanbewegung war es eine Machtdemonstration. Jean Löring der legendäre Fortuna-Präsident hatte an die Kölner Zuschauer vor dem Stadion rot-weiße Fahnen verteilen lassen, es wurde aber ein Nachmittag in Schwarz-Weiß-Blau. So fühlte sich damals Glück an.

 

1978 – 1982

Arminia hielt sich nur ein Jahr in der Bundesliga, stieg ab, obwohl mit Otto Rehhagel ein namhafter „Retter“ und mit einem gewissen Volker Graul (siehe 1973) ein bekannter Torjäger zurückgeholt wurde. Im Folgejahr dominierte Arminia die 2. Liga Nord wie nie eine andere Mannschaft – monatelang auf Platz 1; es war eine Lust, den Spielen beizuwohnen. Der Aufstieg war eine Formsache. Ich war Dauerkartenbesitzer und Allesfahrer.

Es folgten zwei erfolgreiche Abstiegskämpfe, in denen sich der Trainer Horst Franz einen Namen als Retter erwarb. Ich, inzwischen Student der Germanistik, Linguistik und Soziologie an der Uni Bielefeld erinnere mich an aufregende Schicksalsspiele mit häufig positivem Ausgang.

 

1982/1983

Eines meiner privat für den weiteren Verlauf meines Lebens wichtigsten Jahre verbrachte ich als Student und Radio-DJ in Südfrankreich. Über Mittelwelle verfolgte ich in Montpellier die Bundesliga und verpasste gewissermaßen Arminias bis heute erfolgreichstes Erstligajahr, das unter Trainer Horst Köppel mit Platz 8 endete. Die lange Wegstrecke von 1.300 km nahm ich aber auf mich, um das Westfalenderby Borussia Dortmund gegen Arminia Bielefeld live im Westfalenstadion zu erleben. Arminia führte zur Pause mit 0:1 und verlor am Ende mit 11:1 – historisch… Zum Fansein gehört auch leiden. Ich blieb noch eine Woche auf Heimatbesuch, erlebte den anschließenden Heimsieg gegen Werder Bremen und alles war wieder gut.

In Montpellier hatte ich meiner Faszination fürs Radio entdeckt, moderierte diverse Sendungen auf Französisch und schaffte es sogar, im August 1983 den WDR-Moderator Dietmar Schott dafür zu gewinnen, mir in einem kleinen Live-Break am Samstagabend, in deutscher Sprache, für die deutschen Touristen im Languedoc die Bundesliga zusammenzufassen.

 

1984

Arminia gelang erneut eine gute Saison mit Platz 8 am Ende, ich war aber nicht mehr so extrem intensiv dabei wie zuvor. Grund war, dass ich meine südfranzösische Freundin aus Montpellier mit nach Bielefeld genommen hatte und so mehr medial dabei war als live in den Stadien. Ich baute aber meinen Kontakt zu Dietmar Schott und dem WDR aus und wurde eingeladen, die Radioshow „Tore, Punkte, Meisterschaft“ mal hinter den Kulissen zu erleben. Ein prägendes Ereignis für mich. Ich sollte auch die Einladung für eine Probereportage erhalten, fiel dabei aber offenbar durch, wurde nie wieder eingeladen.

 

1985

Nachdem meine Freundin, inzwischen meine Verlobte, etwas Deutsch gelernt hatte und sich an das Leben in Deutschland gewöhnt hatte, ging ich wieder öfter zu Arminia. Leider lief es sportlich mäßig. Zusammen mit meiner Freundin, die wenig später meine Frau werden sollte (und mit der ich zwei inzwischen erwachsene deutsch-französische Kinder habe auf die wir sehr stolz sind) besuchte ich das Relegationsspiel des Drittletzten der Bundesliga, Arminia, beim Dritten der inzwischen eingleisigen 2. Liga, 1. FC Saarbrücken. Alle dachten, es würde eine Formsache für Arminia – aber es kam anders. Das Auswärtsspiel im Ludwigsparkstadion ging mit 2:0 verloren und im Rückspiel reichte es der favorisierten Arminia nur zu einem 1:1. Der Abstieg – ein Betriebsunfall; dachten wir.

 

1986 – 1988

Mit Arminia ging es nach dem Erstligaabstieg sportlich und finanziell bergab. Vierter 1986, Neunter 1987, Schlusslicht 1988. Abstieg in die damals drittklassige Oberliga Westfalen. Der Verein war am Ende. Zum eventuellen Wiederaufbau im Amateurbereich war schon ein paar Monate zuvor ein gewisser Ernst Middendorp als Trainer verpflichtet worden. Der hatte mangels finanzieller Möglichkeiten eine Mannschaft zusammengestellt, die sich aus wenigen Alt-Profis, wie Torwart Wolfgang Kneib, und vielen unbekannten Talenten aus der Region zusammensetzte. Einige der Namen schrieben später Bundesligageschichte aber damals kannte die niemand: Bode, Geideck, Konerding, Kopp, Lonnemann, Ridder, Stratos, Westerwinter. Das waren unsere Helden, die mit begeisterndem Offensivfußball im Schnitt 7.000 Zuschauer zu den Oberliga-Heimspielen auf die Alm zogen. Das rettete dem Verein die Existenz. Roland Kopp zum Beispiel, hatte ich schon in der Kreisliga beim TuS Leopoldshöhe als Reporter beim Westfalen-Blatt begleitet; ein Job, mit dem ich mir das Studium finanzierte. Ich war bei (fast) jedem Spiel. Die Meisterschaft und damit die  Aufstiegsrunde zur 2. Liga wurde aber knapp verpasst.

 

1990

Arminia nahm als gefeierter Meister der Oberliga Westfalen an der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga teil. Ich war in meinem Reporterjob gereift und durfte Monate vorher für die Neue Westfälische die Deutsche Nationalmannschaft zu einem Freundschaftsspiel in meiner zweiten Heimat, Montpellier (!), gegen Frankreich begleiten. Im Vorfeld hatte ich eine interessante Geschichte mit Klaus Allofs geschrieben, der damals in Bordeaux und für Deutschland spielte. Diese Geschichte hatte ich unter anderem auch an die Oldenburger Nordwest-Zeitung verkauft. Da der VfB Oldenburg auch in dieser Aufstiegsrunde spielte, rief ich da an, erinnerte an die gelungene Allofs-Geschichte und bot ein Porträt des Aufstiegsrundengegners Arminia Bielefeld an, das mir gerne abgekauft wurde. Dadurch ermutigt bot ich das auch einer Berliner Zeitung an, die ebenfalls zusagte, da auch die Reinickendörfer Füchse im Rennen waren. Diese mit sehr viel Liebe und Herzblut für Arminia geschriebenen Porträts fielen bei den Auswärtsspielen dem Präsidium von Arminia auf. So stolperten die Herren erstmals über meinen Namen. Conrad W. Schormann, damals im Vorstand zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, kontaktierte mich und fragte mich, ob ich nicht auch einmal etwas für die Vereinszeitung Almpost schreiben könnte. Gesagt, getan und dann ging es ganz schnell: Ein paar Wochen später war ich Redaktionsleiter der Stadionzeitung Almpost, die damals in relativ hoher Auflage als Sonderbeilage im Westfalen-Blatt erschien. Ich erhielt eine monatliche Pauschale von 2.000 Mark , konnte mich am Fotoarchiv des Westfalenblattes bedienen und wurde zum „Blattmacher“. Die meisten anderen Jobs, die ich so hatte, Sportreporter im Westfalenblatt, Französisch-Dozent an der Volkshochschule etc. ließ ich dafür fallen. Ich wollte schließlich noch mein Studium zu Ende führen. An der Uni hatte ich als Studi-Talent auch einen bezahlten Job: Ich war Mitarbeiter in einem Forschungsprojekt, betrieb also linguistische Forschung und unterrichtete Erstsemester, damals unter anderem Arminia-Spieler Frank Geideck, in „Einführung in die Linguistik“. Das musste man alles erstmal unter einen Hut kriegen.

 

1991

Am 1. Juni ging der neue Sender Radio Bielefeld erstmals „on air“. Privates Radio war für NRW völliges Neuland. Die für den Sport zuständigen Mitarbeiter, Redakteur Dietrich Mohaupt (heute Deutschlandfunk Niedersachsen) und Volontär Matze Knop (heute erfolgreicher Comedian) riefen bei Arminia an und fragten, wer denn in Frage kommen könnte, Arminia als Radioreporter zu allen Spielen zu begleiten und die Spiele zu kommentieren. Der Geschäftsstellenmitarbeiter Karl-Gerd Büttemeier (noch heute im back-office des Arminia-Managements tätig) empfahl einen jungen Mann, der in Frankreich schon Radioerfahrungen sammeln konnte und verantwortlich für die Stadionzeitung sei – mich. So erhielt ich nach Probereportagen in Konkurrenz mit anderen Interessierten schließlich den Segen von Didi und Matze und damit das Angebot, das wichtigste Sportthema des jungen Senders, den DSC  Arminia, sozusagen zu personifizieren. Natürlich hätte ich auch die Möglichkeit, noch andere Sportarten als Reporter zu betreuen, erfuhr ich. So arbeitete ich mich in ein Thema hienein und berichtete später auch sehr intensiv, national und international, von den Top-Spielen der Sportvereinigung Steinhagen (Männer und Frauen) im Tischtennis. Ich war mit Tischtennis live in ganz Europa unterwegs - von Schweden bis Süditalien.

Die Almpost hier, das Radio da – das war inhaltlich für mich wie ein gelebter Traum und finanziell durchaus ausreichend, um es vollprofessionell zu machen und alles andere dafür sausen zu lassen – auch mein fast fertiges Studium. Ich tat das mit voller Überzeugung, weil ich meinen Traum leben wollte; Radio, Zeitung und meine große Leidenschaft, Arminia, im Mittelpunkt. Perfekt! Sogar mein Umfeld, etwa meine Eltern, die mein ewig langes Studium (mit)finanziert hatten, waren einverstanden mit meiner Wahl - der Wahl, meine Leidenschaft zu meinem Beruf zu machen.

 

1993

Ich war als Blattmacher (Almpost) und Radioreporter (Arminia und mehr bei Radio Bielefeld + freelance bundesweit) gut im Geschäft. Was mich etwas betrübte war, dass Arminia sich Jahr um Jahr vergeblich um den Aufstieg bemühte und immer noch drittklassig war. Außerdem will man ja häufig das, was man gerade nicht hat – in meinem Fall war das eine Festanstellung zur wirtschaftlichen Sicherung meiner größer werdenden Familie - ich hatte inzwischen Frau und zwei Kinder.

Im Frühjahr stieg der SC Freiburg in die Bundesliga auf und im Spätsommer suchte Radio Freiburg FR 1 bundesweit nach einem Sportchef.

Ich dachte, ich bin Vater einer deutsch-französischen Familie, wir leben mal in Bielefeld, mal in Palavas, einem Badeort bei Montpellier – Freiburg, das ist nicht nur 1. Bundesliga, sondern auch auf halber Strecke nach Südfrankreich. Dort zu leben und zu arbeiten wäre zu schön, um wahr zu sein… Die Stadt hat das Kennzeichen FR, meine Initialen – ein gutes Omen?

Ich bewarb mich, branchenüblich mit Arbeitsproben, und wurde nach einem längeren Telefonat eingeladen. An einem Freitagabend, nach zwei Tagen Probearbeit, machten wir Nägel mit Köpfen. Als  künftiger Sportchef und Livereporter von FR 1 besuchte ich 1993 das Bundesligaspiel des SC gegen den VfB Stuttgart. Es gab einen großartigen 2:1-Sieg und die Spielweise des SC machte mich genauso an wie die frenetischen Fans im Stadion.

Zum Heimspiel gegen Bayern kam ich erneut nach Freiburg und erlebte den speziellen Tag im Leben des Uwe Wassmer, als er den Bayern beim 3:1-Sieg des SC drei Buden einschenkte. Ich war endgültig gefangengenommen von Fußball-Freiburg. (Uwes Enkel kickt übrigens heute mit meinem kleinen Sohn Ben beim FC Bad Krozingen - wenn gerade kein Corona ist)

Noch vor Vertragsbeginn am 1. Januar 1994 übertrug ich das Auswärtsspiel des SC Freiburg in Wattenscheid - einfach, um schon mal "Ansage" in Freiburg zu machen. Ich glaube, für beide Seiten, FR 1, das heute baden.fm heißt, und für mich, war das Zusammenkommen eine glückliche Fügung. Am Samstag übertrage ich mein 992. SC-Spiel für den Sender.

 

2020

…Aber am Samstag kommt nicht irgendwer, es kommt Arminia…

Wer die ganze Geschichte gelesen hat, wird verstehen, dass mich das berührt und dass das ein besonderes Spiel für mich ist. Eine Begegnung mit meiner Vergangenheit; im "goldenen Herbst" meiner Reporterkarriere eine Begegnung mit den ersten Schritten von damals; klar ist: Ohne Arminia wäre ich nicht Fußballreporter im Radio, vielleicht wäre ich nicht mal so fußballverrückt, wie ich geworden bin. Seit 50 Jahren crazy for this - dank Arminia.

Es gibt Menschen, die brauchen Drogen, um den Alltag zu verarbeiten – mir reicht ein gutes Fußballspiel und alles ist gut. Ich bin ein glücklicher Mensch. Auch weil meine Familie mich so akzeptiert und alles mitträgt. Danke dafür!

Übrigens läuft ab Samstag unter der App "Football was my first love" ein Interview mit mir zu dieser etwas wilden Geschichte. Eine Kurzversion des Interviews gibt es auch in einem Podcast unter dem Titel "Absolut Arminia", das zu jedem Spiel der "Blauen" veröffentlicht wird. Zum Freiburg-Spiel hat sich der Producer an Frank Rischmüller erinnert und mich eingeladen. Schön, dass ich in Bielefeld trotz der langen Zeit tatsächlich noch nicht vergessen bin...

Zum Tagesgeschäft:

Arminia Bielefeld hat diese Woche einen offiziellen Vereins-Podcast veröffentlicht, in dem Alexander Schwolow, der als Leihspieler vom SC mit Arminia von der 3. Liga in die 2. Liga aufgestiegen ist und das Pokal-Halbfinale erreicht hat, bevor ein wieder zu seinem Ausbildungsverein zurückkehrte, um dann direkt noch einmal, nämlich von der 2. Liga in die 1. Liga aufzusteigen, interviewt wurde. Komplizierter Satz… Also, die hatten Schwoli am Mikrofon und wollten seine Einschätzung zum bevorstehenden Spiel seiner beiden Ex-Vereine hören. Schwoli erzählte, dass er sich das SC-Spiel gegen Gladbachg angeschaut habe, dass Gladbach nicht etwa geschwächelt hätte, sondern, dass der SC besonders gut war. „Wenn“, so Schwoli, „der SC wieder so gut spielt, wird es sehr schwer für Arminia, in Freiburg etwas Zählbares zu holen.“

Ich kann dem Torwart da nur zustimmen, weiß aber auch, dass das Spiel gegen den Tabellennachbarn im Tabellenkeller natürlich ganz andere Abläufe haben wird, als das Gladbach-Spiel. Arminia wird aus einer massiven Deckung heraus spielen, eher tief stehen und dem SC viel Ballbesitz überlassen. Wir wissen aus Erfahrung, dass sich der SC mit solchen Spielstrukturen zuweilen schwer tut. Nicht immer aber immer wieder mal. Trotzdem sehe ich das wie Schwoli, wenn die Jungs die Spiel- und Kombinationsfreude aus dem Gladbach-Spiel mit ins Arminia-Spiel nehmen, dürfte es den zweiten Saisonsieg und damit den ersten Heimsieg geben. Alles andere würde ohnehin allgemein als Enttäuschung angesehen. Aber in dieser Erwartungshaltung liegt auch die Gefahr. Arminia hat die zweite Liga letztes Jahr eindrucksvoll dominiert. Jetzt in der ersten Liga hatten sie einen super Start mit einem Remis in Frankfurt und dem Heimsieg gegen Köln. Dann musste die Truppe sieben Spiele Lehrgeld bezahlen, hat alle am Stück verloren. Ausgerechnet eine Woche vor dem Gastspiel in Freiburg haben sie dann, gegen dieselben Mainzer, die hier beim SC mit 1:3 gewonnen haben, einen Sieg gelandet. Beide Treffer waren abgefälscht und daher etwas glücklich aber mental bringt das die Arminen nach vorne, ganz klar.

Ich rechne im dritten Spiel in Folge mit derselben Startelf – also wie in Augsburg und gegen Gladbach auch mit einer Dreier-/Fünferkette. Die vermeintlich defensivere Variante lebt ja, wie jede andere Grundformation auch, davon, wie sie interpretiert wird – mit welcher Haltung die Spieler auf den Platz gehen, wie Christian Streich sagen würde. Also modifiziere ich Schwolis Aussage dahingehend, dass ich sage, wenn der SC mit derselben Haltung auf den Platz geht wie gegen Gladbach, hat er beste Chancen, das Spiel zu gewinnen. Das ist gut so! (nur damit keine Zweifel aufkommen…)

Ich rechne also mit Müller – Lienhart, Schlotterbeck, Gulde – Schmid, Höfler, Santamaria, Günter – Höler, Demirovic, Grifo.

Sollte sich in Christian Streichs digitaler PK gleich etwas anderes ergeben, melde ich mich hier noch einmal. Ansonsten…

Ich übertrage das Bundesligaspiel SC Freiburg gegen Arminia Bielefeld am Samstag ab 15 Uhr live in der Baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 992. SC-Pflichtspiel live im Radio)

Der SC war deutlich überlegen und hat das Heimspiel vor Geisterkulisse hoch verdient mit 2:0 gewonnen. Vor allem in der ersten Halbzeit offenbarte sich ein großer Qualitätsunterschied, der aber wohl nur jene Arminia-Anhänger überraschen konnte, die der Mär aufgesessen waren, die Gäste träfen in Freiburg auf  einen schwächelnden Gegner. So war es medial in Ostwestfalen angesichts der Tabellensituation und des nur einen Sieges, der bis Samstag für den SC zu verbuchen gewesen war, transportiert worden. Der SC war von Beginn an selbstbewusst und ballsicher. Streng genommen ließen die Freiburger den Bielefeldern über die gesamten 90 Minuten keine einzige ernstzunehmende Torchance zu. Die Problematik der Vorwochen blieb dem SC aber auch gegen die harmlose Arminia lange treu: Defizite in der Effizienz vor des Gegners Tor und sehr viel Pech… Mit sehr viel Einsatz und einem überragenden Stephan Ortega Moreno im Tor verteidigt die Arminia die „Null“. Ein paar Mal lag mir der Torschrei dennoch auf der Zunge – und nicht nur das… In der 18. Spielminute spielt Lucas Höler einen sehenswerten Pass auf Christian Günter, dem gelingt trotz Bedrängnis eine schöne Flanke auf Nils Petersen, der – technisch anspruchsvoll – vollendet. Der Videoassistent bestätigt freilich den Linienrichter, der nicht etwa den vermeintlichen Torschützen Petersen, sondern Passgeber Günter, als der angespielt wurde, knapp im Abseits gesehen hatte. Das Tor zählt nicht – korrekte Entscheidung aber denkbar unglücklich für die Freiburger.  In der 23. Minute köpfe Nils Petersen in den Lauf von Lucas Höler – dessen Abschluss gelingt nur mäßig und findet im Arminia-Torwart einen dankbaren Abnehmer. Trotzdem: Es war das zweite Mal, dass es richtig lichterloh brannte im Bielefelder Strafraum. Das dritte Mal passiert das in der 39. Minute: Ein schöner Schlenzer von Vincenzo Grifo wird bravourös von Ortega Moreno abgewehrt, der Ball prallt Nils Petersen vor die Füße, der aus sieben Metern voll draufhält und – welch ein Pech – den Ball an die Unterkante der Latte nagelt. Vor da prallt die Kugel genau auf die Torlinie und zurück auf das Spielfeld. Bei drei absoluten Hochkarätern hatte Arminia den Pabst in der Tasche und kann sich glücklich schätzen, dass es zur Pause 0:0 steht. Für den SC Freiburg scheint sich eine „never ending story“ fortzusetzen, denn überlegenes Spiel und  nicht genutzte Torchancen, das begleitete den SC schon in vielen Spielen – Bremen, Wolfsburg, Augsburg und Mönchengladbach fallen mir ganz spontan ein.

Die zweite Halbzeit beginnt. Arminia spielt jetzt etwas mutiger nach vorne, verlagert die Partie ein wenig – zu Torchancen kommt mein Heimatverein allerdings nicht. Freiburg macht gerade da weiter, wo sie vor der Pause aufgehört hatten. In der 53. Minute setzt sich Vincenzo Grifo im 16er gegen Außenverteidiger Lucoqui durch und zieht aus spitzem Winkel ab: Ortega Moreno pariert zuverlässig. In der 59. Minute gleicht die Szenerie anfänglich der größten SC-Chance aus Halbzeit eins: Vincenzo Grifo schießt, Ortega Moreno pariert, Nils Petersen kommt aussichtsreich zum Nachschuss. Ein Arminia-Verteidiger hat noch den Fuß am Ball, sonst hätte es wohl „geklingelt“. Der Ball geht knapp vorbei – den fälligen Eckstoß verweigert Schiri Harm Osmers aus Hannover den Freiburgern – zum Verdruss von Petersen, denn jetzt sieht es so aus als habe er eine Hundertprozentige einfach so verballert, weil er aus kurzer Distanz das Tor nicht getroffen hat. Egal – Mund abputzen, weitermachen. Arminia ist jetzt öfter am Ball, wenn auch meistens in der eigenen Hälfte. Gefühlt ist der SC durch sein ständiges Anlaufen und Attackieren etwas müde geworden. Im Lauf der nächsten Minuten wechselt Christian Streich drei frische Kräfte ein: Roland Sallai, Ermedin Demirovic und Lino Tempelmann (für Höler, Petersen und Schmid).Das zahlt sich schon wenig später aus: In der 79. Minute dribbelt Roland Sallai durch den Arminia-Strafraum und wird vom Niederländer van der Hoorn mit einer Grätsche zu Fall gebracht. Da der Holland-Armine den Ball verfehlt gibt es keine zwei Meinungen: Elfmeter für den SC! Vincenzo Grifo, der schon eine Woche zuvor gegen Mönchenglandbach vom Punkt getroffen hatte, gibt Ortega Moreno, der die richtige Ecke geahnt hatte, das Nachsehen. Die Erleichterung ist riesig – endlich das 1:0…  Während Arminia-Coach Uwe Neuhaus jetzt sämtliche Offensivspieler auf das Spielfeld beordert, die ihm zur Verfügung stehen, ohne ernsthaft Torgefahr vor dem Kasten von Florian Müller zu produzieren, schenkt Christian Streich dem jungen Südkoreaner  Wooyeong Jeong einen Kurzeinsatz und den nutzt der Nationalspieler eindrucksvoll: in der zweiten Minute der Nachspielzeit sind sämtliche Feldspieler der Arminen aufgerückt und in der Hälfte des SC Freiburg. Der Ball kommt zum eingewechselten Ermedin Demirovic, der gedankenschnell die Chance für Wooyeong Jeong ahnt und den jungen Asianten auf die Reise schickt. Jeong hat den halben Platz vor sich – aber keine Gegenspieler zwischen sich und dem Tor. Er läuft also bin zum Strafraum, dringt ein, zögert bis Ortega Moreno aus seinem Kasten kommt und lupft den Ball eiskalt über den vorzüglichen Arminia-Torhüter hinweg ins Netz. 2:0, die Entscheidung, der Sieg; und das erste Saisonspiel ohne Gegentor.

 

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Da es in der Bundesliga eine „Englische Woche“ gibt, dient dieses „Nachspiel“ zugleich als „Vorspiel“ für den Mittwochskick auf Schalke. Doch zunächst Rückblende auf Samstagabend: Für die Pressekonferenz ziehe ich mich wieder in eine der jetzt leeren Sprecherkabinen zurück; diesmal in die Kabine, die viele Jahre lang mein Arbeitsplatz war, bevor die Privatradios und damit ich, auf Geheiß der DFL, Platz für Scouts und andere Beobachter machen mussten. Streng genommen sind das jetzt keine Sprecherkabinen mehr aber das ist ja Wortklauberei. Ich habe mein Schicksal auf der Pressetribüne zu sitzen längst angenommen. Auch wenn es am Samstag nicht so kalt war, sitze ich lieber alleine in der geschlossenen Kabine, denn – so meine Logik – darin benötige ich keine Maske mehr. Die Kabine ist geheizt, sodass ich auch Mütze und Anorak ablege. Bild- und Ton-Kontakt zur Pressekonferenz habe ich schon hergestellt. In meiner einstigen Sprecherkabine steht noch ein Bistrotisch, den unser Sender da mal platziert hat. Darauf lege ich meine Technik-Tasche ab, wobei mir ein Kamm entgegenrutscht. „Gute Idee“, denke ich, denn nachdem ich die Puma-Mütze abgesetzt habe, könnte ich ja mal mein Haare in Ordnung bringen. Etwas gedankenverloren kämme ich mich ausgiebig, als mich plötzlich via iPhone jemand anspricht: „Sieht gut aus, Frank“, frotzelt die Stimme, die ich zunächst nicht zuordnen kann. Als nächstes fragt mich der Mann nach meinen Eindrücken vom Spiel – ein Bielefelder denke ich. Und ich habe Recht: Philipp Kreutzer von der neuen Westfälischen ist mein Gesprächspartner. Ich kann ihn auch deshalb so gut zuordnen, weil er das Buch „111 Gründe, Arminia Bielefeld zu lieben“ geschrieben hat und letzte Woche, also eine Woche vor mir, Interviewgast in dem Podcast „Absolut Arminia“  (anzuklicken über die App „Football was my first love“) war. Wir kennen uns aber nur medial – trotzdem gehe ich nach der digitalen PK, in der sich beide Trainer einig waren, dass der SC verdient gewonnen hat und auch zum Ausdruck gebracht hatten, warum das so war, zu dem Kollegen der größten Bielefelder Tageszeitung und biete ihm an, ihn im Auto mit zum Hauptbahnhof zu nehmen, von wo aus er die weite Heimreise Richtung Ostwestfalen antreten wird. Ich gebe ihm noch auf den Weg, dass ich auch bald komme, da ich nach dem Auswärtsspiel auf Schalke, am Mittwochabend, zum Übernachten nach Bielefeld fahren werde – die Frau Mama besuchen.

Damit sind wir schon beim Schalke-Kick. Doch bevor ich mich mit der Auswärtsreise und sozusagen dem klassischen „Vorspiel“ auseinandersetze, platziere ich hier und heute meinen bereits geschriebenen Text für die Mittwochskolumne in den Wochenzeitungen ReblandKurier und Wochenblatt:

 

SC INTEAM

Lockdown in Deutschland – und schon ploppen wieder Diskussionen auf, wie es denn sein könne, dass die Bundesliga weiter spielt. Ob Siemens weiter produziert, Radio- und Fernsehprogramme weiter ausgestrahlt werden, wird nicht in Frage gestellt – aber die Bundesliga, die brennt einigen, vermutlich nicht Involvierten, auf den Nägeln. Warum gibt es einen Lockdown? Zum Schutz vor der Ausbreitung der Covid19-Infektion. Wenn es eine Branche geschafft hat, Krisenmanagement und Infektionsschutz unter einen Hunt zu bringen, dann der Berufsfußball. Das Hygienekonzept der DFL wird weltweit kopiert und hat sich im Übrigen im sogenannten „Sonderspielbetrieb Bundesliga“ während des ersten harten Lockdowns bestens bewährt: Es gab keine einzige, durch den Spielbetrieb begünstigte oder hervorgerufene Neuinfektion. Um jegliche  Neiddiskussion im Keim zu ersticken: Die Bundesliga macht nicht einfach weiter als ob nichts wäre – sie findet ohne Zuschauer statt und verliert dadurch Millionen und   Abermillionen ursprünglich eingeplanter Einnahmen. Das ist im Prinzip so, als würde die Regierung der Gastronomie erlauben, zu öffnen, ihr aber auferlegt, keine Gäste zu empfangen. Genau das passiert übrigens. Der Sonderspielbetrieb ohne Zuschauer ist  in etwa wie die Möglichkeit des Außer-Haus-Verkaufs in der Gastro-Branche. Praktikabel ist das Modell im Profifußball wegen der Medienerlöse. Und das ist gut so: Der sportliche Wettbewerb ermöglicht den Menschen in kargen Zeiten über die mediale Verbreitung zumindest etwas Ablenkung und Zerstreuung.

Es wird also gespielt; was den SC betrifft, schon heute Abend um 18.30 Uhr auf Schalke (live bei Sky und baden.fm). Vier Tage nach dem verdienten 2:0 gegen Arminia Bielefeld   und nach drei starken Auftritten mit  neuer Grundformation und in  ansteigender Form,  hat der Sport-Club heute Abend  die Chance, das Tabellenbild zu korrigieren. Durch zahlreiche Unentschieden in Spielen, die von der Leistung her eigentlich einen Sieg möglich erscheinen ließen, hatte sich der Vorjahresachte, der in der Spielzeit 19/20 kein einziges Mal in Abstiegsgefahr geraten war, plötzlich im Tabellenkeller wiedergefunden. Das hatte durchaus zu Irritationen an der Schwarzwald-Straße geführt; es soll sogar „geknallt“ haben, wie der „Kicker“ Sportvorstand Jochen Saier zitiert. Eine neue taktische Grundformation und vier personelle Wechsel nach der Heimniederlage gegen Mainz dokumentieren die zurückliegende Zäsur. Die Folge: 1:1 in Augsburg, 2:2 gegen Mönchengladbach und 2:0 gegen Bielefeld – das kann sich sehen lassen und lässt auf ein erfolgreicheres letztes Drittel der Bundesliga-Hinrunde hoffen. Natürlich ist Schalke 04, nach 27 sieglosen Spielen, angeschlagen und deshalb vielleicht sogar besonders gefährlich. Fest steht aber auch: An guten Tagen spielt der SC Freiburg deutlich besser Fußball als Schalke 04. Ein SC-Sieg wäre der Schritt ins Tabellenmittelfeld. (Zitatende)

 

Die turnusmäßige Pressekonferenz vor dem Schalke-Spiel findet am heutigen Montag um 14 Uhr und natürlich nur virtuell beziehungsweise digital statt. Was Trainer Christian Streich plant, weiß ich zur Stunde (noch)  nicht, werde es aber auch um 14 Uhr kaum erfahren… Was ich plane, verrate ich gerne: Ich werde am Mittwoch, nach der zweitätigen meist stressreichen Zeitungsproduktion, zunächst mal ausschlafen. Am späteren Vormittag des ersten (fast) Komplett-Lockdown-Tages werde ich mich dann in meinen privaten Ford Kuga setzen und gen Westfalen fahren. Ziel-Ankunftszeit ist 16.30 Uhr, Abfahrt daher 10.30 Uhr oder so. Ich gehe davon aus, dass mir, wie bei normalen Spielen mit Zuschauern, wieder ein Parkplatz auf der Fläche der Veltins-Arena zugewiesen wird, auf der außerhalt von Spielen gemeinhin der Stadion-Rasen gelüftet wird – also sehr nahe dran. Nach dem Kick und der Pressekonferenz mit den Trainern gehe ich dann auf die A2 und fahre noch ein Stündchen bis nach Bielefeld-Jöllenbeck. In meinem Elternhaus werde ich ein oder zwei Nächte übernachten. Eigentlich waren zwei geplant – angesichts des Total-Lockdowns fallen aber die sonst üblichen Rituale mit meiner Mutter, wie Besuche im Café Knigge oder im kultigen Restaurant Kreta diesmal aus. Da ich schon zum Weihnachtsfest – natürlich coronakonform – wieder bei meiner Mutter sein werde, muss ich den Aufenthalt im Rahmen der Dienstreise ja nicht unbedingt so lange ausdehnen. Vermutlich werde ich also am Donnerstagnachmittag zurückreisen – in jedem Fall habe ich Donnerstag und Freitag als Urlaubstage eingereicht. Und dann steht ja schon das Hertha-Spiel vor der Tür.

Ich hoffe sehr, dass der SC seine gute Form der letzten zwei, drei Spiele mit nach Schalke nimmt. Wenn das gelingt, halte ich sogar einen Sieg bei den Königsblauen, die in diesem Jahr das Sorgenkind der Liga sind, für sehr wahrscheinlich.