12. Spieltag der 60. Saison der Fußball-Bundesliga, FC Schalke 04 gegen SC Freiburg

Sonntag, 30. Oktober 2022, 17.30 Uhr *

Veltins Arena, Gelsenkirchen *

FC Schalke 04 - SC Freiburg *

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Der Bahnhofsvorsteher der UEFA vom Nantes-Spiel hat Corona. Für ihn übt eine nicht unattraktive aber umso strengere Aufsichtsperson das Hausrecht des Verbandes als Ausrichter der UEFA Europa League aus. Will sagen, als ich nach meiner Spielanalyse (live gesprochen, ein Song nach dem Abpfiff des Spiels), dem Zusammenpacken meines Technikkrams und so weiter zur Mixedzone komme, ist die noch immer den Erstverwertern des deutschen (RTL) und griechischen Fernsehens vorbehalten. Darauf hatte ich freilich spekuliert, sonst hätte ich ja gar nicht erst gepackt. Es wird auch noch einige Minuten dauern, bis die adrette Dame von der UEFA Printmedien und Radioreporter einlassen wird. Als es endlich so weit ist – mein Rollköfferchen steht längst im PK-Raum, wo es ja später weitergehen wird, sind die Spieler natürlich längst in der Kabine. Leichtes Murren bei den Kolleginnen und Kollegen. Sascha Glunk, Pressesprecher beim SC, geht in die Kabine und beauftragt zunächst den Kapitän, Christian Günter, den Medien Rede und Antwort zu stehen. Als Vertreter des offiziellen Medienpartners des SC, baden.fm, bin ich dann, was auch von den Kolleginnen und Kollegen dankenswerter Weise, anerkannt wird, Wortführer – bekomme mein 1:1-Interview. Wenn ich fertig bin gibt es dann von den anderen noch ein paar Nachfragen, dann bin ich aber draußen, mein Interview ist ja im Kasten. Als „Günni“ geht, warten wir wieder. Schließlich kommt Michael Gregoritsch und steht uns auf gleiche Art und Weise Rede und Antwort. Dann kommt Bewegung in die Szenerie, denn Christian Streich und seine „Blase“ bewegen sich zum Presseraum – die PK steht an. Ich beeile mich hinterher zu kommen, sitze aber pünktlich zu PK-Beginn auf meinem Stammplatz ganz linksaußen in der ersten Reihe. Wegen der Übersetzungen ins Griechische dauert alles ein wenig länger. Da ich weiß, dass ich mein 1:1-Interview bekomme, stelle ich keine Fragen in der PK. Mittlerweile ist es nach Mitternacht. Der Trainer gibt mir wie immer sehr ehrlich und authentisch Auskunft. Als die Mirkos ausgeschaltet sind, schwärmt er noch einmal, ohne Druck nach Baku reisen zu können. „Du kommst auch nach Aserbaidschn, oder?“ fragt er mich beim Rausgehen. „Selbstverständlich“, kündige ich an. Vorher ist freilich der Bundesligakick am Sonntag auf Schalke…

Wie beseelt fahre ich durch die menschenleeren Straßen nach Hause. Ich bin vollgepumpt mit Adrenalin und beschließe, mir, bevor ich den Nachbericht für das Frühprogramm von baden.fm produziere, die TV-Zusammenfassung bei RTL Plus anzuschauen; auch jene von Nantes gegen Qarabag. Dabei trinke ich einen Cuba Libre, gemixt aus echtem Brugal-Rum aus der DomRep, der Heimat meiner lieben Frau, und eisgekühlter Cola Zero. Ich genieße es und weiß – es wird spät heute… Zuviel Adrenalin  im Körper. Ich habe im Fußball, den ich so liebe, beim Sport-Club, den ich so schätze, Historisches erlebt. „Wir“ sind im Achtelfinale, im März nächsten Jahres…

Dann fühle ich mich fit für die letzte dienstliche Aufgabe des Abends, den Nachbericht für baden.fm. Ich schreibe einen Text und bin zufrieden damit. Ich spreche ihn ein – und bin nicht zufrieden. An einer Stelle verschlucke ich einen Konsonanten, eine Pause ist zu lang – ich beschließe eine neue Aufnahme, ohne die alte wegzuschmeißen; man weiß ja nicht, ob es besser wird. Dreimal setze ich an und breche frühzeitig ab. Entweder ein Versprecher, eine falsche Betonung oder ich habe schlicht den vereinbarten Gruß, „Guten Morgen!“ zu Beginn vergessen. Dann gelingt mir der sogenannte Aufsager richtig gut – ich bin zufrieden, verschicke mein Werk ans Radio und widme mich zum Zeitvertreib den sozialen Netzwerken – und dem Cuba Libre. An schlafen ist noch nicht zu denken.

Im Smartphone stelle ich eine zweite Weckzeit für acht Uhr ein. Den Radiowecker um sieben Uhr werde ich wegdrücken, beschließe ich schon mal vorab.

Um zwei Uhr liege ich neben meiner Frau im Bett und schlafe dann auch schnell ein. Als Yoany morgens aufsteht, um die Kinder zu versorgen und zur Arbeit zu fahren, wache ich auf. Es ist kurz vor halb sieben. Ich schalte baden.fm ein und lausche um 6.45 Uhr meinem Nachbericht von heute Nacht. Peter Helmig, einer der Frühmoderatoren, verkauft ihn perfekt und dann gewinne ich das Gefühl, dass mir da wirklich eine angemessene und treffende Zusammenfassung gelungen ist, die der Bedeutung des sportlichen Ereignisses gerecht wird. Ich freue mich, schalte den Radiowecker aus und schlafe kurz ein. Punkt sieben Uhr weckt er mich, weil er so programmiert ist. Ich drücke ihn weg und schlafe noch einmal tief ein.

Als mich um 8 Uhr das Smartphone aus den Träumen reißt, weiß ich, dass die Pflicht ruft.

Verrückt: Nach der Morgentoilette muss ich schon wieder die Koffer für eine Fußballreise packen. Zum Glück habe ich jetzt genug leuchtend blaue Puma-Sachen von Intersport HAAF, um auch bei vielen englischen Wochen immer frisch und sauber ausgerüstet zu sein. Schalke wird eine längere Tour…

Schon heute, am Freitag, nehme ich die erste Etappe unter die Reifen. Um 17 Uhr hole ich den baden.fm-Toyota vom Funkhaus und fahre bis Frankfurt. Das ist die halbe Strecke. Da, wenn ich dort ankomme, mein Enkelchen schon schläft und ich morgens in aller Frühe weiter will, verzichte ich schweren Herzens auf einen Familienbesuch in der Hessenmetropole, wo meine Tochter Caroline mit Partner und Töchterchen Lara lebt. Nur für eine billige Übernachtung will ich die drei nicht missbrauchen und für mehr ist nicht Zeit.  Morgen in der Frühe geht’s dann, wie fast immer bei Spielen in NRW oder in Niedersachsen, zu Muttern nach Bielefeld. Für meine alte Dame (90+) gibt es ein paar Dinge zu erledigen. Der Gärtner braucht einen neuen Rasenmäher, der Schlüssel eine neue Kopie – so einen Kram halt. Dafür habe ich den Samstag.

Abends werden wir dann garantiert im kultigen Kreta sitzen, meinem Stammrestaurant in Bielefeld – Szene-Treff zu meiner Zeit als Arminia-Reporter.

Am Sonntag geht’s dann schon früh nach Gelsenkirchen. In einem modernen Diner habe ich einen Tisch bestellt. Dort werde ich um 13 Uhr das Spiel der U23 via Stream verfolgen und die Radiohörer sporadisch darüber informieren. Wenn alles vorbei ist, gibnt es noch ein Käffchen, ein bisschen Abschalten und dann ist es auch schon Zeit zur Veltins-Arena  zu fahren. Um 17 Uhr beginnt die baden.fm-Bundesligashow.

Der SC auf Schalke; ich bin nicht so vermessen, von einem Sieg auszugehen. Bislang gab es nach Europa-League-Einsätzen drei Untentschieden (gegen Mönchengladbach, in Hoffenheim und in Berlin) und eine Niederlage, die allerdings beim FC Bayern - das ist halbwegs entschuldbar bzw. verständlich. Entscheidend wird sein, wieviel Energie der SC auf Schalke auf den Platz bringt; und natürlich die Frage, ob die Verpflichtung von Thomas Reiß als Trainer bei Schalke neue Kräfte weckt oder dann doch nicht;

Das Spiel auf Schalke kostet mich die Anwesenheit am 14. Geburtstag meines Sohnes Ben, was mir ein schlechtes Gewissen bereitet. Als Konsequenz wird er reich beschenkt, das ist ja klar...

Ich kommentiere das Bundesligaspiel FC Schalke 04 gegen den SC Freiburg ab 17.30 Uhr live.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.073. SC-Livespiel am Radio-Mikrofon)

Ein dominanter Auftritt sicherte dem SC Freiburg vor 61.618 zahlenden Zuschauern einen nie gefährdeten 0:2-Auswärtssieg gegen engagierte, fußballerisch aber sichtlich limitierte Schalker. Das Spiel begann mit einem kleinen Eklat: Eine kreative und sicher gut gemeinte Choreo der Schalke-Ultras sorgte kurz nach dem Anpfiff von Schiedsrichter Christian Dingert aus Lebecksmühle bei Kaiserslautern für einen in blauen Rauch gehüllten S04-Strafraum. Der Unparteiische aus der Pfalz musste das Spiel knapp zwei Minuten unterbrochen werden, bis unser alter Weggefährte Alexander Schwolow und eventuell angreifende SC-Spieler vor dem Schalker Tor wieder Durchblick hatten. Der SC spielte diesmal mit dem gewohnten Gerüst im 4-2-3-1. Als Rechtsverteidiger wurde Lukas Kübler statt Kiliann Sildillia aufgeboten, an der Seite von Nicolas Höfler agierte wieder Maximilian Eggestein statt Yannick Keitel und den „Neuneinhalber“ hinter Michael Gregoritsch gab diesmal in der Startelf Wooyeong Jeong anstelle von Kofi Kyereh.

Der SC dominierte die Partie von Beginn an, vor allem „Litz“ Doan hatte Spaß und sorgte mit seinen Dribblings auf engstem Raum für Gefahrenpotenzial vor dem Schalker Tor. Laut Kicker-Datenbank hatte der SC nach 25 Minuten 78 Prozent Ballbesitz – das nenne ich mal Dominanz. Es stand allerdings immer noch 0:0. Die Freiburger Führung schien aber nur eine Frage der Zeit zu sein. Die Durchschlagskraft, nennen wir sie mal Effektivität des ballbesitzorientierten Spiels, wies kleine Mängel auf. Die Überlegenheit der Gäste war aber quasi anzufassen und überdeutlich. Umso erschrockener war ich, als ich feststellen musste, dass Schalke in der Schlussphase der ersten Hälfte, trotz der höchst seltenen Vorstöße, plötzlich die gefährlicheren Abschlüsse vorzuweisen hatte. Der erst 20-jähre Kerim Calhanoglu kam in der 34. Minute für den verletzten Ouwejan und der junge Außenverteidiger knallte den Ball eine Minute später volley aufs Freiburger Tor – ein Warnschuss, der zum Glück über die Querlatte hinweg ging, aber der Eindruck machte…

Wenig später sahe Matthias „Gindes“ Ginter die Gelbe Karte und ich dachte heimlich „dreht sich hier gerade eine Spielentwicklung, weil es der SC versäumt hat, seine klare Überlegenheit in Toren auszudrücken?“ Kurz darauf wurde ich beruhigt. Der SC fuhr in der Nachspielzeit der ersten Hälfte einen seiner zahllosen Angriffe. Irgendwie fürchtete ich schon, Wooyeong Jeong würde die Kugel mit seiner unorthodoxen, manchmal etwas verspielt wirkenden Spielweise, nach einem tollen Pass von Eggestein verdaddeln, dann aber bekommt der Südkoreaner den Ball zurück, spielt ihn auf Maxi Eggestein und der hat das Auge für den an der Strafraumgrenze freistehenden Vincenzo Grifo.  „Vice“ fackelt nicht lange, sondern schlenzt die Kugel ins lange Eck – „Schwolli“ ist geschlagen, das 0:1 in Minute 45.+1 – der Halbzeitstand.

Nach Wiederbeginn in unveränderter Formation und einer guten Stunde Gesamtspielzeit greift der VAR ein. Schiri Dingert geht zum Monitor und begutachtet eine Situation, in der Wooyeong Jeong, knapp innerhalb des Strafraums zu Fall gekommen war. Calhanoglu hatte den Freiburger Dribbelkünstler beim Abwehrversuch gewissermaßen ausgehebelt – Foul! Es gibt Elfmeter für den SC. Vincenzo Grifo, zuletzt vom Punkt mit einem Lupfer vom Punkt ins Zentrum erfolgreich, knallt den Ball diesmal mit Wucht in den Winkel. Vinces Doppelpack ist perfekt, die Vorentscheidung ist nach einer guten Stunde gefallen. Reif und souverän verwaltet der Sport-Club die Partie zu Ende und festigt in der Konsequenz, nach zwölf Spieltagen in der Fußball-Bundesliga, den dritten Tabellenplatz.

 

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Aufgrund der Terminhatz, sei es mir einmal mehr erlaubt, das Nachspiel vom Schalke-Kick und das Vorspiel zum Ausflug nach Baku in einem Kapitel zusammenzufassen; es bleibt ja kaum Zeit für mehr…

Auf Schalke hat sich was verändert: Die Mannschaft ist ab- und wieder aufgestiegen und irgendwann ist irgendwer – vermutlich Peter Knäbel (Scherz) auf den Gedanken gekommen, die Arbeitsbedingungen für Journalisten zu verschlechtern. Konnten wir früher den Haupteingang für VIPs und Sponsoren nutzen und vor allem – was wichtiger ist – zum Erreichen des Pressezentrums im Untergeschoss und der Mixedzone im Keller sowie der Pressetribüne im Oberrang, Rolltreppe und Fahrstuhl benutzen, geschieht das nun über Außentreppen. Mit Technikkoffer für meinen Radiojob ist das auf dem Hinweg beschwerlicher, aber zumutbar. Nach dem Spiel empfinde ich es eine Zumutung. Denn dann teilen wir arbeitenden Journalisten uns die Außentreppe mit dem zahlenden Zuschauer, der natürlich alle Zeit der Welt hat, im Stehen noch ein Schwätzchen hält und so weiter. Wir müssen dann eilig durch die Menge, in meinem Fall mit Technikkoffer im Anschlag, nein, liebe Schalker, diese Änderung war keine gute Idee und hilft uns nicht bei der Arbeit…

So kam ich dann außer Atem in der Mixedzone an und hatte Matthias Ginter bereits verpasst. Der „Man of the Match“, Vincenzo Grifo, sollte aber noch kommen, teilte mir der BILD-Kollege mit und so war es dann auch. „Vince“ kam, strahlte nach seiner Top-Leistung mit  zwei Toren über das ganze Gesicht und stand mir ausführlich Rede und Antwort. Genauso wie später Trainer Christian Streich. Die Interviews sind in der Mediathek von www.baden.fm anzuhören. Gerade Streichs Äußerungen fand ich diesmal sehr informativ, wenn auch mehr zwischen den Zeilen…

Als ich mit Freiburgs Cheftrainer fertig war, sprach mich ein bekanntes Gesicht an. Ein Wegbegleiter von früher: Andreas Kramer, von mir einst „Rex Krämer“ getauft, heute Redakteur für die ARD-Sportschau und für „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“. Angefangen hat „Rex Krämer“ seine Laufbahn quasi als Praktikant bei Radio Bielefeld. „Ich durfte Dich damals zu den Arminia-Spielen begleiten und saß mit zitternden Knien neben Dir im Stadion“, erinnerte sich der wirklich nette Kollege am Sonntagabend. Wir schossen natürlich ein Selfie, das er noch am selben Abend unserem damaligen Sportchef Dietrich Mohaupt schicken wollte, der heute in Hannover lebt und für den Deutschlandfunk als Niedersachsen-Korrespondent arbeitet. Ich gab ihm Didis Nummer, denn ich hatte erst kürzlich mit dem Werder-Fan telefoniert. Didi hatte mich nach dem Freiburger Sieg gegen Bremen angefunkt, um die Korrektheit des SC-Erfolges anzuerkennen und ein paar Komplimente für die starke Saison meiner Jungs loszuwerden. Ja, ja, die Weggefährten der Vergangenheit… Ich mag es, solche Kontakte zu pflegen. Deshalb tauschte ich natürlich auch mit „Rex Krämer“ die Handy-Nummern aus.

Wenig später fuhr ich, quasi zeitgleich mit dem Freiburger Mannschaftsbus, von P4, wo außerhalb der Spieltage die transportierbare Rasenfläche der Veltinsarena Sonne und Regen tankt. Auf der A2 überholte ich den Bus mit unseren Jungs und gab Gummi. Gegen 23.30 Uhr war ich in Frankfurt, bezog mein Günstig-Zimmer (Opodo-Prime-Angebot) und legte mich ins Bett - bis ich aufschreckte und mich an den Nachbericht für die baden.fm-Morgenshow am Montag dachte. Also: Licht an, Zettel raus, Text schreiben, überzeugend vertonen und nach Freiburg schicken. Danach schlief ich traumlos, bis ich wie von Zauberhand um 6 Uhr wach wurde… Für meinen Bio-Rhythmus war es natürlich 7 Uhr, wir hatten ja am Sonntag gerade die Uhren um eine Stunde zurückgedreht. So machte ich mir einmal mehr den Spaß, die Erstausstrahlung meines Nachberichtes live im Programm zu verfolgen. Um kurz nach sieben war ich dann schon auf der Autobahn Richtung Heimat.

Bei Ettenheim wurde mir klar, dass ich jetzt den baden-fm-Toyota abgeben würde, um ihn einen Tag später, am Feiertag, schon wieder abzuholen und gegen meinen Privatwagen einzutauschen. Im Funkhaus stellte sich dann heraus, dass der Hybrid-Toyota nicht anderweitig benötigt wurde. Die Kollegen rieten mir, den Toyota doch gleich zu behalten. Ich ließ mich gerne darauf ein…

Bevor die Baku-Reise Realität annahm, stand aber zunächst mal ein stressiger Arbeitstag im WZO-Verlag auf dem Programm. Weil ich das wusste, fuhr ich zunächst nach Hause und trank ein Käffchen im Kreise meiner Familie, die mich zurzeit kaum zu Gesicht bekommt. „Fußball, Fußball, Fußball…“ – Ihr wisst schon. So gegen 11.30 Uhr war ich dann an meinem normalen Arbeitsplatz. Wegen des Feiertags hatten wir viel weniger Zeit, den ReblandKurier für Mittwoch zu produzieren als sonst. Zum Glück hatten wir am Freitag schon damit angefangen. Bis Montagabend, 18 Uhr zimmerten wir die Zeitungen zusammen. Dann unterbrach ich für ein Stündchen, fuhr Ben zum DFB-Stützpunkttraining nach Staufen und dann zurück in die Redaktion; letzte Hand anlegen an den ReblandKurier vom 2. November. Unter anderem darin, auf den Sportseiten aller Ausgaben, meine Fußballkolumne „SC INTEAM“. Hier ist sie in Vorveröffentlichung:

SC INTEAM

Der SC Freiburg reist zum FC Schalke 04, gewinnt vor 61.618 Zuschauern souverän mit 0:2 und festigt nach zwölf Spieltagen Platz drei in der Bundesliga; einen Zähler hinter den Bayern, zwei Punkte vor Borussia Dortmund. Angesichts der Nachhaltigkeit des Erfolges in der laufenden Saison ist der geneigte Beobachter versucht, die beschriebenen Umstände  als „normal“ wahrzunehmen. Aber: Es ist nicht normal! Der Erfolg ist außergewöhnlich. Die Fußballfans –  SC-Anhänger gibt es mittlerweile in ganz Deutschland und auch in den Nachbarländern –  erleben derzeit den besten SC Freiburg aller Zeiten. Belegt wird diese steile These – immerhin wurde der Jahrgang 94/95  Dritter in der Bundesligaendabrechnung – durch das herausragende Abschneiden im internationalen Wettbewerb. Am morgigen Donnerstag, 3. November, um 18.45 Uhr (MEZ), im fernen  Aserbeidschan ist es dann bereits 21.45 Uhr, kickt der SC in  Baku gegen Qarabag FK (live im Stream bei RTL+ und bei baden.fm). Das Besondere ist: Der SC Freiburg steht nach vier Siegen und einem Unentschieden in der Gruppe G der UEFA Europa League bereits als Gruppensieger und Achtelfinalteilnehmer (9./16. März) fest, ganz unabhängig vom Ergebnis in Baku. Da sich die Freiburger bereits in ihrer fünften Englischen Woche in Serie befinden – der siebten seit September – ist mit einer größeren Rotation zu rechnen, da drei Tage nach der strapaziösen Reise in einen anderen Kulturkreis und dem Kick gegen einen starken und sehr  engagierten Gegner, der im Fernduell mit Nantes um Platz zwei streitet, bereits  das Bundesliga-Heimspiel gegen den 1. FC Köln ansteht (Sonntag, 6. November, 17.30 Uhr, live bei DAZN und baden.fm). Das Köln-Spiel dürfte rein sportlich in dieser Woche einen höheren Stellenwert genießen. Darauf angesprochen erklärte Christian Streich: „Alle Spieler wollen in Baku spielen und alle sind gut. Egal, wer auf dem Platz steht – alle werden sich zerreißen.“ Worte vom Trainer, die eher für als gegen eine größere Rotation sprechen. Eine Chance auf einen Startelfeinsatz für Atubolu, Siquet, Schlotterbeck, Höler, Sallai und Petersen sowie die Hoffnungsträger der Zukunft, Keitel, Wagner und Schade, um nur einige Namen zu nennen. Die Möglichkeit, fünf Spieler ein- oder auszuwechseln, dürfte den Entschluss zur großen Rotation begünstigen. (Zitatende)

 

Heute ist Dienstag, 1. November, Allerheiligen. Hinter mir liegt eine unruhige Nacht… Die Vorproduktion der Zeitung am Freitag, die Reise nach NRW mit Besuch bei meiner Mutter, die Weiterfahrt nach Gelsenkirchen, Kommentierung der U23 auf Basis von gestreamten Bildern von der Terrasse eines Gelsenkirchener Diners, dann die Fahrt in die Veltins-Arena und der normale Bundesligajob, die Rückreise via Frankfurt und der stressreiche Produktionsmontag im Zeitungsverlag hatten ihre Spuren hinterlassen. Ich hatte mir ein paar Cuba Libre gegönnt und war auf dem Sofa eingeschlafen. Irgendwann gegen halb drei mit schmerzenden Gliedern, wegen einer ungünstigen Liegeposition, aufgewacht und dann endlich ins Bett gestiegen – nicht ohne zwei Ibus zu schlucken, um nicht durch Kopfschmerz unangenehm aufzuwachen. Bei der Halloween-Party unserer Nachbarn, eine Stehparty direkt vor der Tür, hatte ich ja auch noch einen Moment verbracht. Ich kam auf drei bis vier Cuba Libre, ein Glas Rotwein (zum Essen) und einen Grappa, den der andere Nachbar, ein älterer Italiener, ausgeschenkt hatte. Ich vermeide eigentlich Mischungen von Alkoholika, deshalb meine Vorsicht.

Das Erwachen heute Morgen war dann aber sehr angenehm. Ich holte frische Brötchen, wir frühstückten als Familie zusammen und dann verabschiedete ich mich mal wieder in die Redaktion. Hier verfasste ich noch je drei Schlagzeilen für die Onlineveröffentlichungen unseres ReblandKuriers und widmete mich dann dem SC-Tagebuch. Da sind wir jetzt…

Gleich geht’s dann nach Hause, vielleicht noch ein Käffchen mit der Familie und dann beginnt die Abenteuerreise nach Aserbaidschan.

Am Nachmittag setzte ich mich in den baden.fm-Toyota und reise nach Düsseldorf. Hier beziehe ich ein Zimmer im Leonardo Hotel Düsseldorf Airport – Ratingen. Das wurde notwendig, da mein Abflug mit Turkish Airways nach Baku via Istanbul von der Fluggesellschaft von 16.30 Uhr auf 13 Uhr umgebucht wurde. Einfach so. Da ist mir dann bei einer Abreise mit dem Pkw am Mittwochmorgen zu viel Risiko im Spiel. Morgen Vormittag geht’s dann zum Airport und direkt in die Büros von Turkish Airlines, da unklar ist, ob auch mein gebuchter und bezahlter Sitzplatz mit umgebucht wurde. Also erstmal zur Fluggesellschaft, dann ans Gate und die erste Etappe bis Istanbul in Angriff nehmen. Durch die Vorverlegung des ersten Fluges habe ich dort sechs Stunden Aufenthalt… Das ist etwas nervig, gebe ich zu.

Am späten Abend türkischer Zeit (MEZ + 2) geht’s dann mit Turkish Airlines weiter nach Baku (MEZ + 3). Durch den Zeitunterschied komme ich da um 4.05 Uhr Ortszeit an. Bei uns ist es dann aber erst 1.05 Uhr, für den Biorhythmus ist das also nicht so tragisch. Ein Privatfahrer fährt mich dann mit einer Limousine ins Fünfsterne-Hotel Excelsior & Spa im Zentrum von Baku, etwa fünf km vom Stadion entfernt. Dann werde ich erstmal pennen – aber sowas von.

Um 17 Uhr Ortszeit ist dann die digital PK vor dem Spiel der U23 in Dresden. Daran will ich teilnehmen – sei es vom Hotel aus, sei es bei einem Getränk irgendwo im Zentrum von Baku. Um 19 Uhr Ortszeit – 16 Uhr in Deutschland – ist dann ein Wagen für die Fahr zum Stadion gebucht. Und dann bin ich mal gespannt…

 

Ein französischer Kollege von Radio Monte Carlo (RMC), der den FC Nantes nach Baku begleitet hat, hat mir berichtet, dass die technischen Einrichtungen perfekt seien. Davon gehe ich jetzt mal aus, denn der sonst übliche Technik-Check am Vorabend des Spiels bleibt ja diesmal auf der Strecke.

Sportlich fehlt diesmal der Druck, der SC kann es gelassen angehen lassen, ist auf jeden Fall Gruppensieger und Achtelfinalist in der Europa League. Ich rechne mit einer großen Rotation, denn am Sonntag geht es ja schon wieder in der Bundesliga weiter – der 1. FC Köln kommt. Das hat sportlich in dieser Woche den höheren Stellenwert. Andererseits ist Europa League eben die Europa League. Und wie hat Christian Streich mir im Interview gesagt: „Alle wollen spielen und alle sind gut. Jeder der in Baku für uns auf dem Platz steht, wird sich zerreißen.“ Daran habe ich übrigens null Zweifel. Ich rechne mit einem Unentschieden.

Ich kommentiere das Europa League Spiel Qarabag FK gegen den SC Freiburg am Donnerstag, 3. November, ab 18 Uhr (MEZ) live aus Baku.