12. Spieltag der Fußball-Bundesliga, Bayer 04 Leverkusen gegen SC Freiburg

Samstag, 23. November 2019, 15.30 Uhr

BayArena, Leverkusen

Bayer 04 Leverkusen - SC Freiburg

Das Vorspiel


Wenn ich ganz ehrlich bin, bewegen mich zurzeit andere Dinge als die Tabellensituation der Bundesliga im Allgemeinen und die des SC Freiburg im Speziellen. Ich stehe ein wenig unter dem Eindruck der zahlreichen „Einschläge“ in meinem Umfeld. Vermutlich kennt das jeder, je älter du wirst, umso näher kommen die Einschläge. Ich bin jetzt 59 – nicht alt, aber ich bemerke die viel zu frühen Todesfälle in meinem Umfeld. Mein Bruder Andi ist jetzt schon fünf Jahre tot; er wurde nur 62. Klar, er hat deutlich ungesunder gelebt als ich aber trotzdem… Konkret beschäftigt mich, dass unser Bad Krozinger Feuerwehrhauptmann – deutlich jünger als ich – kürzlich nach einer Krebserkrankung gestorben ist. Gestern kam die Meldung, dass Walter Freiwald gestorben ist, die Ikone des Privatfernsehens der 90er Jahre. Ich hatte den Moderator kennengelernt und interviewt, als er ein Engagement bei Pearl TV in Buggingen angetreten hatte. Er wollte eigentlich mal mit mir ins Stadion gehen, es kam aber nie zustande. „Krebs ist ein Arschloch“ hat er neulich kundgetan, als er seine Krankheit öffentlich gemacht hatte. Recht hatte er, selbst wenn die Krankheit nicht gleich tötet. Ein guter Freund von mir wollte am spielfreien Wochenende mit nach Zürich kommen – Rum-Tatsting und ein bisschen gucken, ob keiner guckt. Letztlich musste er absagen und für drei Tage in die Klinik, um eine Folgeproblematik seiner Krebserkrankung kurieren zu lassen.
Ich bin, Gott und/oder meinen Genen sei Dank, fit und gesund. Der letzte Gesundheitscheck vor ein paar Wochen fiel zur vollsten Zufriedenheit aus. Und trotzdem macht dich das schwermütig, wenn du links und rechts diese Dramen siehst.
Was habe ich aus der tristen Stimmung heraus gemacht? Karibik-Urlaub 2020 gebucht. Ehrlich jetzt. Carpe Diem. Nächstes Jahr zu Pfingsten geht es wieder über den großen Teich zum anderen Teil unserer Familie bzw. in den Club Residencial in Sosua. Das ist doch eine tolle Perspektive – so kurz nach der Meisterfeier...

Egal, ob es die der Krozinger D-Junioren (bisher acht Siege in acht Spielen), die des Sport-Clubs (bisher Rang vier in der Bundesliga) oder - als Beobachter - die der Bayern ist, bei denen unser SC ja Gast beim letzten Heimspiel ist und die es ja auch wieder schaffen könnten. Eventuell. wenn der SC und die anderen wider Erwarten schwächeln. Ich hoffen nur, dass dann das Rahmenprogramm nicht wieder das Fußballspiel sprengt, wie schon mal in München erlebt.


Zurück in die Jetzt-Zeit: Während Deutschland mit Robin Koch und ganz kurz auch mit Luca Waldschmidt gegen Weißrussland kickte, saß ich also mit Freunden in der Schweiz beim Rum-Tasting. Mein Sohn Ben (11) informierte mich laufend  via Whatsapp in wunderbarem Reporterjargon über die wichtigsten Ereignisse beim Länderspiel, natürlich auch über die schwere Verletzung von Luca. Scheiße. Freiburgs mutmaßlich wertvollster Spieler auf unbestimmte Zeit aus dem Rennen.

Als ein paar Tage später feststand, dass Waldschmidt (mindestens) bis Jahresende ausfällt und ja auch Vincenzo Grifo wegen seiner Rot-Sperre drei Spiele fehlen wird, hatte ich, mit Blick auf das Leverkusen-Spiel,  einen kuriosen Gedanken: Mit Luca und Vince fallen zwei der namhaftesten Offensivkräfte des SC aus und trotzdem kommt keine Panik auf – Höler und Petersen sind sowieso gesetzt und eigentlich auch Sallai, nach seinen jüngsten Leistungen. Zumindest bei einer 3-4-3-/5-2-3- Formation sind dann die drei Offensivpositionen hervorragend besetzt und starke Jungs wie Borrello und Kwon lauern noch immer auf ihre Chance. Bei 4-4-2 würde Grifos Ausfall natürlich weh tun, weil er da am besten zum Zuge kommt. Ich persönlich rechne aber am Samstag in Leverkusen mit dem über Wochen erfolgreich praktizierten 3-4-3/5-2-3-Formation. Spannend wird dann, was mit Janik Haberer passiert, der ja wieder mitwirken kann. Im zentralen Mittelfeld, neben Höfler sehe ich ihn am ehesten. Und hinten das Trio mit Robin Koch (zentral), Philipp Lienhart und Dominique Heintz.
Vor Leverkusen ahne ich also folgende Formation: Flekken (Schwolow ist laut „Kicker“ noch nicht hundertprozentig fit) – Lienhart, Koch, Heintz – Schmid, Haberer, Höfler, Günter – Sallai, Petersen, Höler.
Leverkusen… Ich fahre immer wieder ganz gerne dahin, auch wenn es oft genug einen aufs Dach gab für den Sport-Club… Legendär und unvergessen sind die großartigen Siege, die dort gelungen sind und dich ich übertragen durfte; jener, im März 1995, als der SC in Leverkusen  einfach besser war, deutlich besser  als die teure Werkself und mit 2:4 gewann. Jener im Dezember desselben Jahres, als Schmadtke in der 89. Minute einen Elfmeter von Sergio hielt und der SC mit 0:1 gewann. Oder jener als Baya und But im April 2001 in der Schlussphase zwei Buden machten und der SC als 1:3-Sieger vom Spielfeld ging. Im März 2012 musste ex-SC-Coach Robin Dutt nach dem 0:2-Sieg seiner einstigen Mannschaft bei seinem neuen Arbeitgeber gehen – unvergessen. So Siege bleiben halt hängen im Gedächtnis.
Dass es zwischendurch Spiele mit sehr schwachen Leistungen des SC und vier oder fünf Gegentore gab – geschenkt. Das Catering für uns Berichterstatter war immer aller erste Sahne. Das ist auch so ein Erinnerungsbaustein. Besondere Vorkommnisse waren auch die Untersuchung, die mein Sohn Jérôme (heute 32) als Teenager, im Leverkusener Mannschaftstrakt durch den Teamarzt von Bayer erfuhr. Andreas Rettig hatte das damals vermittelt. Jérôme lag vor dem Spiel Bayer gegen SC neben Se Roberto auf der Liege, was ihn sehr beeindruckt hat… Ein anderes Spiel fand bei eiskalten Temperaturen und Schneetreiben statt und ich hatte aus privaten Gründen Kind und Kegel dabei. Wir durften dann das Spiel aus einer Loge des zum Stadion-Gebäude gehörenden Lindner-Hotels anschauen, von wo auch ich auch meine Liveeinblendungen machte. Das war geiler Scheiß. Das letzte prägende Ereignis mit Leverkusen war ein Spiel, zu dem ich kurios angereist war – am Freitag mit dem Zug nach Zürich, wo Jérôme seit einigen Jahren lebt und am Samstag dann mit dem Flieger nach Düsseldorf und der S-Bahn nach Leverkusen. Das Problem war, dass ich in der Nacht von Freitag auf Samstag in Zürich ziemlich abgestürzt bin. Adrenalin und Disziplin ließen am Samstag den Job gelingen nur nach dem Kick und dem letzten Interview war ich sowas von tot… Die Heimfahrt im ICE war eine Tortur. Damals nahm ich mir vor, in den Nächten vor den Spielen kürzer zu treten und keine „Exzesse“ mehr zu veranstalten. Man wird ja älter…
Diesmal gibt es quasi den Klassiker für Spiel im Westen und Norden. Heute, am Donnerstag fahre ich los, besuche meine alte Dame in Bielefeld, führe sie ein wenig aus und düse dann am Samstag nach Leverkusen. Nach dem Spiel fahre ich noch bis Frankfurt, übernachte und bin dann am Sonntag zum Mittagessen wieder daheim.

Und jetzt sind die trüben Gedanken vertrieben und es geht doch um die Tabellensituation in der Bundesliga im Allgemeinen und beim SC Freiburg im Speziellen. Die unerwartet erfolgreiche bisherige Saison und deren Ursachenforschung ist diese Woche Thema meiner Kolumne SC INTEAM in den Wochenzeitungen am Oberhein. Hier ist sie im Wortlaut:

SC INTEAM

Der SC Freiburg mischt die Bundesliga auf und steht nach einem Drittel der Saison, punktgleich mit dem Tabellenzweiten Leipzig und dem Dritten, Bayern München, auf Rang vier der Tabelle – auf einem Platz, der am Ende der Saison die Teilnahme an der Champions League zur Folge hätte. Der SC sammelte an den ersten elf Spieltagen mehr Punkte ein als die weitaus höher eingeschätzten Teams aus Dortmund, Leverkusen, Hoffenheim und Schalke. Natürlich ist die aktuelle Tabellensituation nur eine Momentaufnahme. Fest steht allerdings, dass der Sport-Club die bislang  erfolgreichste Saison seiner Vereinsgeschichte spielt und es ist längst mehr als nur die Startphase derselben.   Ein ganz wichtiger Punkt im Rahmen der Ursachenforschung für den unerwartet großen Erfolg der Schwarzwälder ist der Umstand, dass die Mannschaft, anders als in den meisten Jahren zuvor, im Sommer keine Leistungsträger abgegeben hat und sich daher nicht ganz neu finden musste. Die Abläufe funktionierten von Anfang an. Die Stützen des Vorjahres, wie  Schwolow, Günter oder  Petersen „performen“ und werden von ihren Nebenleuten ideal ergänzt. Als eine Verstärkung hat sich die Verpflichtung des in der Freiburger Fußballschule ausgebildeten Rechtsverteidigers  Schmid erwiesen. Der Elsässer hatte vier Jahre lang in Hoffenheim und Augsburg Bundesligaluft geschnuppert. Seine Rückkehr nach Freiburg und zu seinem Ausbilder  Streich war ein Herzenswunsch des Franzosen, der vom ersten Spieltag an Stammspieler war und, nach einer kurzen Delle in der  Formkurve,  gegen Frankfurt wieder zu den Besten gehörte. Andere Neuzugänge dieser Saison, die sich noch nicht so sehr in den Vordergrund spielen konnten, sind trotzdem hochwertige Erstligakicker  und erhöhen die Kaderqualität in der Breite. Das gilt vor allem für Grifo, der bei einer 4-4-2-Formation ohnehin erste Wahl im linken Mittelfeld ist, aber auch für  Kwon und  den „gefühlten“ Neuzugang  Borrello. Als womöglich wichtigste Begründung für den Freiburger Höhenflug ist die individuelle Entwicklung Einzelner zu nennen. Das geht los mit Ersatztorwart  Flekken, der bei seinen vier Einsätzen in dieser Saison bewiesen hat, dass er zu einem ernsthaften Konkurrenten für Stammkeeper Schwolow herangewachsen ist. Einen großen Schritt nach vorne haben in ihrem Leistungsvermögen auch die jungen Innenverteidiger Koch, A-Nationalspieler für Deutschland, und  Lienhart, A-Nationalspieler für Österreich, gemacht. Haberer ist inzwischen Leistungsträger, Waldschmidt wurde zurecht A-Nationalspieler  und ist – leider verletzt – ein Juwel im Kader, während  Sallai  – endlich gesund – eine neue Dynamik  ins Offensivspiel bringt. „Spätstarter“ Höler schließlich lässt seine  Kritiker inzwischen schamvoll verstummen.  (Zitatende)

 

Gleich, am frühen Nachmittag (13.45 Uhr), ist noch PK bei Christian Streich. Ich melde mich später noch einmal - aber nur, wenn es etwas Neues zu berichten gibt. Auf dem Rückweg vom Schwarzwald-Stadion tausche ich am Funkhaus Freiburg die Autos und dann läuft auch schon der Countdown für die nächste Auswärtsreise… Leverkusen, ich komme…
Ich übertrage das Spiel Bayer 04 Leverkusen gegen SC Freiburg am Samstagnachmittag ab 15 Uhr live bei baden.fm.

 

Das Fußballspiel
(Mein 958. SC-Livespiel im Radio)

Was für ein verrücktes Fußballspiel. Eigentlich sind solche Spiele wie in München, Leipzig oder Leverkusen Partien, in die ich als emotional natürlich parteiischer Radiokommentator ohne große Erwartungen gehe; erstens habe ich noch die weite Rückreise vor mir und zweitens will ich dann nicht enttäuscht sein, sonst wird es nämlich fad auf der nächtlichen Autobahn…  In Leverkusen, wo ich die beschriebenen seltenen, meist schon viele Jahre zurück liegenden Erfolgserlebnisse aber auch viele Nackenschläge erlebt habe, hatte es zuletzt ein 0:4 und ein 0:2 aus Freiburger Sicht gegeben. Und dann so ein Spiel…

Erst war ich, wie gesagt sehr ruhig, doch als dann Mark Flekken in der zweiten Minute beim Abstoß wegrutsche (die Rasenproblematik der BayArena war mir bis dahin noch nicht bekannt) und der Schiri dann sieben Meter vor dem Tor auf indirekten Freistoß entschied, weil Bellarabi auf Flekken zustürmte und der den Ball geistesgegenwertig noch ins Aus gehauen hatte, dachte ich schon, die Fußballgötter hätten sich an diesem Tag gegen den SC verschworen. Das Besondere war ja, dass es diese Situation noch nie gegeben hat, weil die Regel, dass der Ball beim flachen Abstoß den Strafraum nicht verlassen muss, um bespielbar zu sein, völlig neu ist. Dass Bellarabi beim platzbedingt missglückten Abstoß mit dem Knie bereits regelwidrig im 16er war und deshalb eh alles Kokolores war, hatten weder der ansonsten ausgezeichnete Schiedsrichter Deniz Aytekin noch ich gesehen und der VAR durfte in dieser Situation nicht eingreifen. Vielleicht hätten die das Tor im Nachhinein aberkannt, wenn der folgende Ball drin gewesen wäre aber ich kann es mir fast nicht vorstellen. Zum Glück war der Ball nicht drin, weil Nicolas Höfler das Geschoss an die Querlatte lenkte und der Nachschuss klar am Tor vorbei ging. Ich stand jedenfalls sofort unter Strom… von wegen, keine Erwartungen aufbauen, ruhig bleiben… In der fünften Minute, praktisch im Gegenzug der etwas verwirrenden Anfangssequenz, dann der feine Eckball von Christian Günter, das geschickte sich Freistehlen von Lucas Höler und der klassische Hechtkopfball mit Fönfrisur – welch ein Start in die Begegnung, die in den folgenden  40 Minuten allerdings beängstigend deutlich von Bayer 04 Leverkusen dominiert wurde.

Ein Angriff nach dem anderen rollte Richtung Freiburger Tor, in dem Mark Flekken eine Menge zu tun bekam, von „Eins-gegen-Eins-Situationen“ wie einmal gegen den bestechend starken französischen Außenstürmer Moussa Diaby oder bei einem Fast-Eigentor nach einem Abpraller von Dominique Heintz aus kurzer Distanz – „Flekki“, der Keeper aus Kerkrade, war immer auf der Hut. Nur einmal war der Schwolow-Vertreter machtlos, als der für kolportierte 15 Millionen Euro von von PSG verpflichtete Diaby ihn mit einem 20-Meter-Schuss bezwang. 1:1 – der Ausgleich in der 36. Minute. Leverkusen stürmte weiter und der SC wankte wie ein unterlegener Boxer im Ring – aber er ging nicht zu Boden, sondern rettete das 1:1 in die Pause – auch weil ein Schuss von Bellarabi in der Nachspielzeit der ersten Hälfte an den Pfosten ging. Das 1:1 war ein sehr, sehr glücklicher Pausenstand.

Hatte die Mannschaft von Trainer Christian Streich mit dem von mir erwarteten 3-4-3/5-2-3 begonnen – kleine Variante zu "meiner" Elf: In der Offensive hatte der Trainer etwas überraschend Brandon Borrello  den Vorzug vor Roland Sallai gegeben – wechselte das Team im Verlauf der einseitigen ersten Halbzeit auf 4-4-2, um dann – wie hinterher zu erfahren war, nach intensiven Beratungen in der Halbzeitpause – wieder zur Anfangsformation 3-4-3/5-2-3 zurück zu finden. Kurz gesagt: Die zweite Halbzeit lief vor allem fußballerisch deutlich besser als der erste Durchgang. Der SC war jetzt ballsicherer, mutiger und längst nicht mehr der „Punching-Ball“ einer furiosen Bayer-Elf, wie phasenweise vor dem Wechsel. Klar, die Platzherren blieben "Herr im Haus" aber der SC sorgte durch eigene Offensivaktionen nicht nur für Entlastung der hintersten Reihe, sondern setzte auch Nadelstiche: Etwa in der 67. Minute, als eine sehenswerte Kombination der Gäste zunächst Lucas Höler in eine aussichtsreiche „Eins-gegen-Eins- Situation“ gegen Bayer-Keeper Lucas Hradecky brachte und Jonathan Schmid den bravourös vom Finnen abgewehrten Ball im Nachschuss extrem knapp am leeren Tor vorbei setzte. In der Situation war die erneute Gästeführung tatsächlich möglich – sie wäre freilich, bezogen auf die zuvor abgelaufenen 66 Minuten höchst schmeichelhaft und nicht leistungsgerecht gewesen. Immerhin gelang es dem SC aber, durch sein Auftreten in der zweiten Halbzeit, sich das nun immer näher rückende, immer realer werdende Unentschieden irgendwie zu verdienen. Die Leidenschaft mit der verteidigt wurde, das Geschick, mit dem das Spiel immer mal wieder vom eigenen Strafraum weg verlagert wurde, wie eigene Angriffe initiiert wurden - das hatte durchaus Qualität.

Trotzdem brauchte der SC in der Schlussphase noch ein paar Mal das Glück des Tüchtigen: Einmal hatte der überragende Moussa Diaby, der sowohl Schmid als auch Lienhart eine „Gelbe Karte“ eingebracht hatte, alle überspielt, selbst Mark Flekken schon aussteigen lassen, als er beim Abschluss ins Straucheln kam und im Fallen am leeren Tor vorbei schoss und in letzter Sekunde bekamen Höfler und Heintz noch einen Fuß beziehungsweise ein Bein zwischen den kurz vor dem "Kasten" einschussbereiten Fuß von Bellarabi und die Torlinie – der Ball sprang ins Toraus. Dann war Feierabend.

 

Das Nachspiel

Während sich die Jungs in der Kurve von 1.500 mitgereisten SC-Fans feiern ließen, ließ ich meine Zusammenfassung und die Noten für die Spieler im baden.fm-Studio aufzeichnen. Bestnoten erhielten natürlich Mark Flekken und der immer wieder überzeugende Robin Koch.

Danach packte ich in Windeseile meine Sachen zusammen, also die Übertragungstechnik und so, und eilte in die Mixedzone, wo ich – durch die Verzögerung beim Zusammenpacken – natürlich etwas zu spät kam und Nils Petersen bereits in der „Freiburger Ecke“ Rede und Antwort stand. Sowohl Nils als auch „Heintzi“, „Flecki“ und „Höli“ waren aber nacheinander gerne bereit, nach der Befragung durch die Print-Kollegen, auch mir noch einmal ausführlich ihre Sicht der Dinge darzulegen. Danach ging ich durchs „Casino“, sprich den bewirteten Presseraum der noblen BayArena zum PK-Raum, ließ unterwegs meinen Ballast (Taschen, Parka etc.) im "Casino" und besuchte die PK. Nach dem offiziellen Teil folgte noch das obligatorische Trainerinterview, dann war ich durch. Da ich – wie neulich in Bremen – meinen Schaumgummi-Ploppschutz fürs iPhone  (also ein baden.fm-Windschutz, der mit einer Schere aufgeschnitten ist, damit er über das Apple-Gerät passt) zuhause vergessen hatte, nutzte ich meine hummel-Wollmütze als Ploppschutz; in Bremen hatte (vielleicht auch) das einen Punkt gebracht, in Leverkusen jetzt auch wieder. Ein gutes Omen?  Bin ich abergkäubisch? Ach was! Zum Spiel in Mönchengladbach nehme ich das aufgeschnittene Schaumgummi-Teil mit. Es soll ja schließlich einen Sieg geben und kein Remis... (smile).

Ich ging ins Presse-Restaurant, bediente mich am fürstlichen Büffet und ließ mir eine Fassbrause reichen; okay, es wurden zwei – die sind zwar von Gaffel-Kölsch aber alkoholfrei!!! Ich aß gut, stillte meinen Durst, schaute etwas beim Samstagabendspiel Leipzig gegen Köln zu und trat alsbald den Heimweg an.

Ich stülpte mir den Funkkopfhörer über die Ohren und versank in die Abendteuer des Osloer Hauptkommissars Harry Hole, einem sympathischen Antihelden. Als mein Gepäck im Kofferraum war und ich durch Leverkusen Richtung A3 cruiste, kam das Hörbuch schon aus den Boxen des baden.fm-Toyotas. Ich fuhr noch zwei Stündchen und ankerte dann - wie geplant - im irgendwie schäbigen aber recht günstigen und irgendwie kultigen Hotel Angel mitten im Frankfurter Rotlichtviertel.  Völlig gerädert ging ich in die benachbarte Nachtbar und gab mir noch drei, vier Absacker. Die Animier-Mädels kennen mich und wissen, ich bin der, der keine Piccolos zahlt und den sie nicht ins Séparée locken können. Ich will eigentlich nur meine Ruhe und ein paar Jacky-Cola. Das akzeptieren die Damen und lassen mich in Ruhe. So betreibe ich in Erinnerung an das erlebte Fußballspiel aus meiner Beobachterrolle heraus ein paar Sozialstudien, finde das das Frankfurter Nachtleben in diesem Viertel immer mehr auf den Hund kommt und ich dann doch lieber im Hotelbett Harry Hole höre als mir das Elend länger anzuschauen. So geschah es dann auch. Ich schaltete die Einschlaffunktion meines Hörbuches auf 15 Minuten und irgendwie – halbwegs passend – bin ich dann auch eingeschlummert, glücklich, einen Punkt mit im Gepäck zu haben.

Am Sonntag um halb neun war Frühstück und dann folgre die letzte Etappe des Leverkusen-Abenteuers auf der A5. Klar, das Kollegengespräch in der Morningshow von baden.fm folgte noch, aber dann ist ja schon wieder Montag und – auch in der WZO-Redaktion – beginnt ein neuer Countdown. Am Montagvormittag entsteht in der Regel meine Zeitungskolumne „SC INTEAM“ für unsere Wochenzeitungen. Hier ist die Ausgabe dieser Woche im Wortlaut:

SC INTEAM

SC-Trainer Christian Streich ist eine ehrliche Haut:  „Wir haben Glück gehabt … normaler Weise verlierst du das Spiel“,  hatte der Coach in der Nachbetrachtung der spannenden 90 Minuten in Leverkusen (1:1) treffend formuliert. Der Gegner war, vor allem in der ersten Halbzeit, drückend überlegen, hatte Latte und Pfosten getroffen und einmal war der brandgefährliche Franzose Moussa Diaby, nachdem er Torwart Flekken bereits umkurvt hatte, vor dem leeren Tor ins Straucheln gekommen und hatte im Fallen am Tor vorbei geschossen. Hinzu kamen etliche Bayer-Abschlüsse, die von Schwolow-Vertreter Mark Flekken teilweise bravourös abgewehrt wurden. So stand am Ende ein umjubelter Auswärtspunkt gegen bärenstarke Leverkusener, die sich selbst nur den Vorwurf machen konnten, nicht mehr Tore geschossen zu haben. In gewisser Weise ist der SC also mit einem blauen Auge davongekommen. Leverkusen allerdings auch, denn in der vom SC Freiburg fußballerisch besser gestalteten zweiten Halbzeit war Lucas Höler, Schütze des 0:1 in der Anfangsphase der Begegnung, nach einer feinen Kombination allein vor dem Bayer-Tor aufgetaucht und hätte den Sport-Club fast erneut in Führung gebracht. Höler scheiterte im „Eins gegen Eins“ am finnischen  Bayer-Keeper Lucas Hradecky, gerade so, wie schon vor der Pause Moussa Diaby am „Keeper aus Kerkrade“, Mark Flekken, im SC-Tor gescheitert war. Neben den vielen glücklichen Momenten, gab es  auch Gründe für den Punktgewinn, die in der Qualität der Mannschaft lagen: Laufbereitschaft und -vermögen, kollektiver Kampfgeist, also der Umstand, dass jeder Freiburger für den anderen kämpft und sich für nichts zu schade ist; Eigenschaften, die es einem Gegner schwer machen. So war der Punkt glücklich aber nicht etwa „gestohlen“. Der SC  verharrt  in der Tabelle auf Rang vier und fährt am Sonntag, 1. Dezember, mit dem guten Gefühl, den Großen der Liga die Stirn bieten zu können,  zum aktuellen Spitzenreiter Borussia Mönchengladbach. Der Höhenflug der „Fohlenelf“ von Neu-Trainer Marco Rose hat am 12. Spieltag durch eine 2:0-Niederlage bei Union Berlin zwar einen kleinen Dämpfer bekommen, wer aus dem Ergebnis allerdings schließt, das Team um die Freiburger Fußball-Ikone Matthias Ginter habe schwach gespielt, täuscht sich. Union war gegen starke Gladbacher taktisch geschickt und extrem effizient. Dass man bei den „Eisernen“ durchaus verlieren kann, haben schließlich auch Borussia Dortmund und der SC Freiburg selbst  schon zu spüren bekommen.  Ganz sicher braucht der SC  im Borussia-Park  fußballerisch eine  bessere Leistung als  in Leverkusen, um etwas Zählbares mitzunehmen. Dass Letzteres realistisch erwogen werden kann, ist im Spätherbst 2019 die eigentliche Sensation. (Zitatende)

 

Nächstes Wochenende also Mönchengladbach… Ein Sonntags-Spiel. Samstag hin – Sonntag zurück, habe ich beschlossen. Ich überlege noch, ob ich Samstagnachmittag SC II in Offenbach mitnehme oder lieber zu Hause die Sky-Konferenz schaue und dann erst losfahre – oder vielleicht mit Radio-Fußball von den Nachmittagsspielen im Ohr auf der Autobahn… Ich kann es mir ja noch überlegen. Für heute und den 12. Spieltag war es das. So long!