Das Vorspiel
Mein Tag begann mit dem Kollegengespräch zum Spiel bei baden.fm – ausgestrahlt um 6.40 Uhr und 8.20 Uhr. Der Talk mit Reyk Heyer aus dem „Schönen Morgen“ bei baden.fm lief in etwa so ab:
Reyk:
Vier Tage nach dem 6:1 gegen Bremen wollen die wiedererstarkten Bayern heute Abend das Schwarzwald-Stadion stürmen. Frank Rischmüller wird das Spiel in der baden.fm-Bundesligashow ab 20 Uhr live kommentieren - Guten Morgen, Fränky mit was für einem Spiel rechnest Du heute Abend?
Ich:
Guten Morgen, ja, es wird völlig anders als in Berlin, wo der Sport-Club mehr Ballbesitz hatte; Bayern wird dominant auftreten, wird 70 Prozent + X Ballbesitz haben und den SC einschnüren. Und der muss dagegenhalten und irgendwie diese Übermacht vom Tore schießen abhalten.
Reyk:
Was mach Dir Hoffnung, dass trotz dominanter Bayern sportlich etwas möglich ist für unseren SC?
Ich:
Hoffnung macht mir, dass der Sport-Club weiß, wie es geht. In der letzten Saison ist der SC Freiburg die einzige Mannschaft der Bundesliga gewesen, die nicht mindestens einmal gegen die Bayern verloren hat – zwei Unentschieden hat es gegeben – und die Voraussetzungen waren dieselben: Bayern war dominant, der Sport-Club hat perfekt verteidigt und hat in den wenigen Situationen, in denen er vor dem Tor war, zugeschlagen.
Reyk:
Gegen Wolfsburg und Berlin stand die Defensive unseres SC gut - vorne fehlte Kreativität und Durchschlagskraft. Wird es personelle Wechsel geben?
Ich:
In der Offensive wird es glaube ich keine Wechsel geben, denn die Aufgabenstellung ist ja eine ganz andere als zuletzt. Es wird aber vielleicht einen verletzungsbedingten Wechsel geben, im Mittelfeld beziehungsweise in der Verteidigung, je nachdem, wie man das sieht, denn Jonathan Schmid ist angeschlagen. Er muss vermutlich ersetzt werden. Wahrscheinlich kommt dann Mike Frantz für ihn rein.
Reyk:
Die Bayern sind in der Stadt! Um 20.30 Uhr trifft unser Sport-Club im restlos ausverkauften Schwarzwald-Stadion auf die Münchner. Ab 20 Uhr ist Baden.fm live mit Frank Rischmüller im Stadion dabei. (Ende des Radio-Talks)
Damit ist im Grunde eine Menge gesagt. Für die zuletzt mangels (Spiel-)Räumen gegen tief stehende Wolfsburger und Berliner eher unauffällige SC-Offensive wird es heute Abend Räume geben. Wenn es dem Kollektiv gelingt, eine bayerische Torflut zu verhindern, gibt es vielleicht wieder einen oder zwei so Zaubermomente wie in der letzten Saison, als jeweils Höler eine Hereingabe von Günter ins Tor beförderte. Jedesmal hatte er sich geschickt zwischen die beiden Innenverteidiger geschlichen, sodass bei der im Raum abwehrenden Mannschaft nicht klar war, wer zuständig war. Ich denke schon, dass da Plan dahintersteckte und dass das kein Zufall war. Christian Streich weiß genau, wie der SC – an guten Tagen – den Sturmlauf der Bayern eindämmen kann und wo die wenigen kleinen Schwächen der bayerischen Abwehrhelden liegen.
Natürlich ist in Spielen gegen Bayern München immer möglich, dass du dir ein halbes Dutzend Gegentore fängst, wie neulich die Bremer. Auch das brächte den Schwarzwald nicht zum Einsturz und die Dreisam nicht zum Versiegen. Aber typisch waren solche Ergebnisse in den letzten Jahren nicht.
Für mich als Reporter sind Spiele gegen den FC Bayern selten ein Vergnügen. Die ganze Zeit zitterst du, dass das Abwehrbollwerk hält, meistens gibt es nur eine oder zwei richtig gute Chancen für den SC. Klar, wenn am Ende ein Punktgewinn oder gar ein Sieg gegen den Favoriten steht, ist die Freude groß – der Weg dahin war aber stets sehr mühsam und als Kommentator kein reines Vergnügen.
Heute kommt dazu, dass ich grippal angeschossen bin und „Boxa-Grippal“ mir helfen muss, durchzuhalten und mir nicht die Stimmbänder für das Spiel in drei Tagen auf Schalke zu versauen. Mein privater Tag begann also mit einem heißen Erkältungsbad in der Badewanne, begleitet mit Mediekamenteneinnahme, dann Frühstück, Abhängen auf dem Sofa, Mittagessen im Rotary Club mit Vortrag des Bad Krozinger Bürgermeisters Volker Kieber und begleitend zahllosen Frotzeleien bezüglich des abendlichen Kicks gegen die Bayern. Danach bin ich ins Verlagshaus gefahren und da bin ich nun.
Trotz der kleinen Malaisen bin ich natürlich gespannt wie ein Flitzebogen auf die Partie, bei der mich heute wieder mal ein Hieber-Fan-Reporter begleiten wird.
Ich übertrage das Bundesligaspiel SC Freiburg gegen FC Bayern München heute Abend ab 20 Uhr live in der baden.fm-Bundesligashow.
Das Fußballspiel
(Mein 962. SC-Pflichtspiel als Livereporter im Radio)
In den ersten 20 Minuten dachte ich, der FC Bayern schießt den SC aus dem Stadion… Total engagiert und fokussiert schnürten die Münchner den Sport-Club ein und hatten dabei hochkarätige Chancen. Schon in der zweiten Minute musste der gut aufgelegte Gulde einen Chip-Ball von Coutinho, der Richtung leeres Tor sprang, kurz vor der Linie wegkratzen. Wenig später war wieder Megaalarm im SC-Strafraum: Zunächst parierte Flekken einen Kopfball von Pavard, im Nachschuss traf Müller den Pfosten. Ja, der SC nahm in der Anfangsphase Schwimmunterricht und überstand die erste Viertelstunde nur mit Glück unbeschadet. In der 16. Minute war dann kein Kraut mehr gewachsen, als Davies auf der linken Seite auf und davon ging und in der Mitte Lewandowski bediente, der sich die Chance aus sechs Metern Torentfernung natürlich nicht nehmen ließ. Das 1:0 am Ende einer Drangperiode, in der man Sorgen um den SC haben musste. Nach der Führung aber fuhren die Bayern ihre Bemühungen ein klein wenig zurück und der Gastgeber konnte auch selbst mal den einen oder anderen Akzent setzen. Höler machte in der 31. Minute, nach einer Hereingabe von Schmid-Vertreter Frantz alles richtig, doch der glänzend parierende Neuer im Bayern-Tor vereitelte die erste Großchance des nun stärker werdenden SC. Zur Pause hieß es 0:1 für die Bayern – es hätte freilich, bei größerer Effizienz auf beiden Seiten auch 1:3 stehen können.
Begann Bayern die zweite Hälfte erneut mit einer Drangperiode, kam vor allem nach der Einwechselung des spielstarken Südkoreaners Kwon für den angeschlagenen Frantz in der 52. Minute und mit dem damit verbunden Wechsel von 3-4-3 oder 5-2-3 zu 4-4-2 neuer Schwung ins Freiburger Angriffsspiel. Die direkte Folge war der Ausgleich in der 59. Minute: Kwon bereitete gekonnt vor, Haberer flankte Richtung zweiter Pfosten und Grifo traf mit einem Volley-Aufsetzer ins Netz – Neuer war vergeblich durch sein Tor geflogen. Welche in Jubel im Stadion und unglaublich war, was dieser Treffer auslöste: Plötzlich war der SC Freiburg mindestens auf Augenhöhe mit dem prominenten Gast. Der Sport-Club nahm sein Herz sprichwörtlich in die Hand und bot plötzlich begeisternden Offensivfußball. Hansi Flick wechselte überraschend defensiv, nahm Müller raus und brachte Martinez. In den turbulenten letzten 20 Minuten staunten die Fans über eine Reihe von Großchancen durch Petersen, den eingewechselten Borrello, zweimal durch Höfler und und und. So wie es bei Halbzeit hätte 1:3 heißen können, wäre jetzt ein 3:1 möglich gewesen. Wie schnell es auch in die andere Richtung gehen kann, bewiesen die Gäste durch Perisic, der Flekken zu einer Glanzparade zwang und Gnabry, dessen Treffer allerdings aus Abseitsposition gelang und nicht gewertet wurde. In der zweiten Halbzeit war der SC näher dran am Tor und am Sieg als der FC Bayern. Als 90 Minuten abgelaufen waren, glaubte ich, mein vor dem Spiel bei baden.fm abgegebener Tipp – 1:1 – würde Realität werden und dass der Punkt für den SC absolut verdient wäre, hatte man doch den großen FC Bayern an den Rand einer Niederlage gebracht. Festtagsstimmung lag über dem Stadion.
In dieser 90. Minute wechselte Flick mit dem 18-jährigen Holländer Zirkzee aus der U23 für 120-Millionen-Star Coutinho ein. Ausgerechnet dem unbekannten Bundesligadebütanten gelang dann in der zweiten Minute der Nachspielzeit das 1:2. Das Spiel war entschieden. Schockstarre über dem Stadion; von jetzt auf gleich.
Natürlich lief der SC noch einmal an, ging hohes Risiko, und kassierte durch Gnabry in der fünften Minute der Nachspielzeit sogar noch das 1:3.
Das Nachspiel (zugleich „Vorspiel“ für Schalke)
Enttäuscht war ich vom Ergebnis – nicht vom SC; der hatte mich, vor allem in der zweiten Halbzeit, begeistert. Die Jungs hatten sich verdient, von ihren Fans gefeiert zu werden. „Ihr wart besser als der FCB“ skandierten sie, womit sie zumindest phasenweise Recht hatten. Freilich hatte es auch die anderen Phasen gegeben, in denen Bayern seine Extraklasse gezeigt hatte.
Bei Günter, Heintz und Grifo, die ich nach dem Spiel interviewen konnte, spürte ich die Enttäuschung, nahm aber keine Niedergeschlagenheit wahr. Die Jungs hatte das Spielfeld erhobenen Hauptes verlassen. Er sei stolz auf die Mannschaft und den Auftritt, formulierte zum Beispiel Torschütze Grifo an meinem Mikrofon. Trotz sprach aus den Worten von Christian Streich, der sich mit der Null-Punkte-Bilanz aus den beiden ersten Speilen der englischen Woche, in Berlin und gegen Bayern, überhaupt nicht anfreunden konnte und jetzt unbedingt etwas Zählbares aus Schalke mitnehmen will.
Nachdem meine Arbeit gemacht war, ging ich gesundheitlich gewissermaßen am Stock. Das Doping durch „Boxa-Grippal“ ließ nach und meine Stimme wurde langsam in Mitleidenschaft gezogen. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel und da ich am Samstag meine Stimme brauche, sagte ich jetzt nicht mehr viel. Gemeinsam mit Kathrin Herzog, Redakteurin beim Wochenblatt (weil am Rhein / Lörrach), die ich als Gast dabei hatte, fuhr ich Richtung Bad Krozingen.
Vor dem Schlafengehen bereitete ich noch das Kollegengespräch mit Reyk Heyer aus der baden.fm-Morgenshow vor, kippte eine Portion „Vick-MediNait“ runter, spülte mit etwas Spätburgunder nach und legte mich flach. Das Schlafmittel in der Erkältungsmedizin ließ mich schnell einschlafen.
Da die von mir redaktionell geleiteten Wochenzeitungen ReblandKurier und Wochenblatt wegen der Weihnachtsfeiertage statt am kommenden Mittwoch bereits am Montag erscheinen, sind der heutige Donnerstag und morgen die Produktionstage. So sitze ich hier – nach wie vor gedopt mit „Boxa-Grippal“ und bereite vor, was ich vorbereiten kann, zumal ich morgen, am Freitag, im WZO-Verlag Urlaub habe und schon heute Abend Richtung Westfalen fahren werde. Ich musste zum Beispiel auch die SC-Kolumne für Montag schreiben, obwohl das Schalke-Spiel noch ansteht. Ich denke, es ist mir trotzdem gelungen, einen sinnvollen und zutreffenden Text zu schreiben. Hier der Wortlaut der Kolumne:
SC INTEAM
Aufgrund von Produktionszeiten und Druckterminen entsteht diese Kolumne bereits vor dem letzten SC-Spiel des Jahres beim FC Schalke 04. Dennoch lässt sich die Hinrunde der Saison in die „Top 3“ aller Hinrunden in der Vereinsgeschichte des SC Freiburg einordnen. Zur Winterpause sieht es so aus, als könne es dem Sport-Club 2020 gelingen, den angestrebten Klassenerhalt entspannt bis souverän zu erreichen. Das kommt nicht überraschend, da es im Sommer gelungen war, den Stamm und vor allem die Leistungsträger zu halten, gute Fußballer dazu zu holen und vor allem die Leistungsträger der Vorsaison weiter zu entwickeln und zu noch besseren Fußballern zu machen; eine Spezialität von Trainer Christian Streich. Der Klassenerhalt im Frühjahr war fantastisch – die Hinrunde im Sommer und Herbst ist ein qualitativer Fortschritt. Das Fußball-Jahr 2019 des SC Freiburg wird als besonders erfreulich in die Analen des Vereins eingehen, der 2020 dem Umzug ins neue, größere Stadion entgegenfiebert. Dieser sollte und soll unbedingt als Erstligist vollzogen werden. Auch deshalb verzichtete der SC Freiburg im Sommer auf bedeutende Transfereinnahmen. Das Unterfangen war bislang von Erfolg gekrönt. „Alles richtig gemacht!“ könnte man den Entscheidern, Sportvorstand Jochen Saier, Finanzvorstand Oliver Leki, Sportdirektor Klemens Hartenbach und Cheftrainer Christian Streich zum Jahreswechsel fröhlich zurufen. Die erfolgreiche Hinrunde kann aber nur die viel versprechende Basis für das „Unternehmen Klassenerhalt“ im neuen Jahr sein. Es ist noch nichts gewonnen. Um möglichst frühzeitig auf der sicheren Seite zu sein und dann womöglich sogar neue Ziele zu formulieren, bereitet sich der SC Freiburg akribisch auf die bereits am Samstag, 18. Januar, in Mainz beginnende Rückrunde vor. Nach Weihnachten und Neujahr geht es für die Mannschaft am Freitag, 3. Januar schon wieder auf den Trainingsplatz. Von Montag, 6. Januar, bis Sonntag, 12. Januar, steht zum sechsten Mal in Folge ein Winter-Trainingslager auf der Anlage des Ayala Polo Clubs im südspanischen Sotogrande auf dem Programm. Am Freitag, 10. Januar, fährt der SC in diesem Rahmen nach Montecastillo/Jerez und tritt zu einem Kadervergleich in zwei 90-Minuten-Spielen gegen Borussia Mönchengladbach an. Im Trainingslager mit dabei sind dann auch wieder Stammtorwart Alexander Schwolow und A-Nationalspieler Luca Waldschmidt, auf die der SC zuletzt verletzungsbedingt verzichten musste. Die Entscheidung, welcher der beiden herausragenden Keeper, Alexander Schwolow und Mark Flekken, in der Rückrunde zwischen den Pfosten steht, ist eine der spannenden Personalfragen, die es in Spanien zu klären gilt. (Zitatende)
Vorlauf Schalke: Um 13.45 Uhr ist Pressegespräch mit Christian Streich. Um 17 Uhr bin ich bei meiner Familie angekündigt, um den Kofferraum mit dem Gepäck für alle zu füllen, bevor ich dann alleine losfahre. Sonntagabend kommen meine Liebsten per ICE hinterhergefahren, denn morgen ist ja noch Schule und so.
Ich fahre dann heute Abend wieder zu meinem Stamm-Hotel bei Gießen und bringe das letzte Teilstück bis Bielefeld am Freitagvormittag hinter mich. Wochenende und Weihnachten verbringe ich natürlich bei meiner Mutter. Sonntag kommen Yoany und die Kinder ja nach. Am Samstag fahre ich dann das Stündchen auf der A2 nach Schalke und abends wieder zurück. Auch am Sonntag gönne ich mir nochmal Bundesliga live – diesmal aber ohne Radiomikrofon. Um 18 Uhr kickt Freiburgs erster Heimspielgegner des neuen Jahres, der SC Paderborn, gegen Eintracht Frankfurt. Ich bin mal gespannt, ob der Nachbarclub meiner Arminia den mutmaßlich letzten Strohhalm im Abstiegskampf ergreift und gegen die offenbar schwächelnde Eintracht einen „Dreier“ einfährt oder ob die bei neun Punkten verharren. Mit 12 Zählern zur Saisonhalbzeit, kann man den Klassenerhalt noch schaffen, das hat 2012 ein gewisser Christian Streich mit dem SC Freiburg bewiesen, der im Januar Trainer wurde und mit einem Husarenritt und vielen Talenten aus dem SC-Nachwuchs die Tabelle von hinten aufrollte.
So liebe Freunde, ob ich vor den Weihnachtstagen technisch und zeitlich noch Gelegenheit habe, das Reportertagebuch zum Schalke-Spiel fortzuführen, weiß ich noch nicht. Vielleicht geht das erst zwischen den Jahren… Deshalb wünsche ich allen Leserinnen und Lesern frohe Festtage! Ich freue mich schon auf 2020 – den Klassenerhalt schaffen die Jungs ganz sicher, das neue Stadion wird bestimmt mega-geil und mein 1000. Spiel, sicher ein Meilenstein meiner Reporterkarriere (aber noch lange nicht das Ende!), rückt dann auch immer näher.
Mit „Boxa-Grippal“ und „Vick-MediNait“ geht es heute Abend Richtung Westfalen… Man liest und hört sich!!!