19. Spieltag der Fußball-Bundesliga, VfL Wolfsburg gegen SC Freiburg

Sonntag, 31. Januar 2021, 18 Uhr *

Volkswagen-Arena, Wolfsburg *

VfL Wolfsburg - SC Freiburg *

Das Vorspiel

Es ist Donnerstagvormittag, gut drei Tage noch bis zum Kick beim VfL Wolfsburg. Ich komme aber nicht umhin, noch einmal kurz einen Blick zurück zu werfen – das Jubiläumsspiel, also mein 1000. Reportereinsatz auf den Spuren des SC hatte noch einige „Nachbeben“. So zum Beispiel in den sozialen Netzwerken. Ein Kollege, der Martin, ne, hat mir mit seinem Glückwunsch, verbunden mit einem Statement, tatsächlich einen Gänsehautmoment beschert. Bevor er zu einer beeindruckenden Medienkarriere durchstartete, unter anderem Chef on Radio Energy Deutschland, war Martin nämlich mal Praktikant in der Sportredaktion von Radio FR 1 und später, als freier Mitarbeiter, mein „zweiter Mann“ im Stadion – so etwas gab es damals noch; seit vielen Jahren bin ich im Stadion auf mich alleine gestellt und – außerhalb der Corona-Pandemie – auch für die Interviews zuständig. Das besorgte früher der „zweite Mann“.  Dieser Martin also hat sich bei Facebook anlässlich meines Jubiläums wie folgt eingelassen:

Lieber Frank, wir hatten uns so dolle vorgenommen dieses unfassbare Jubiläum miteinander zu feiern. Wie schade. Aber wir holen das nach, versprochen! Viel wichtiger aber: Ich habe so viel gelernt und so viel erlebt dank der Kompetenz, Leidenschaft, Akribie und Professionalität die Du mir Jungspund vorgelebt hast. Ohne je schulmeisterlich zu sein, ohne den Chef raushängen zu lassen (Ausnahmen bestätigen die Regel  ), immer im besten Sinne kollegial und ohne irgendwann trotz all der Zeit bitter oder zynisch zu werden. Dieses „von der Pike auf lernen“, das hab ich ganz massgeblich bei Dir tun dürfen, und die unstillbare Leidenschaft für unser Medium gab’s gratis obendrauf - was für ein grosses Geschenk! Ich darf ehrlich sagen dass mein Leben ohne Dich sicher anders verlaufen wäre. Ich bin glücklich Dir das heute schreiben zu können. Und ich bin heute noch stolz darauf, Dein 2. Mann gewesen zu sein. Danke.

 

Selbst heute, Tage nach seiner Veröffentlichung, macht Martin mir Freude mit seinen Worten. Welch eine Anerkennung aus berufenem Munde. Weil ich mich, nicht ohne noch immer ins Schmunzeln zu kommen, an die Szene erinnere, die Martin vermutlich mit der in Klammern erwähnten Ausnahme meint, möchte ich sie nochmal erklären: Ich komme eines Morgens in den Neunzigern in meine Redaktion, die letztlich aus zwei spiegelnd gegeneinander gestellten Schreibtischen bestand. Ich staune nicht schlecht, dort auf den neuen Praktikanten zu treffen, der am Schreibtisch „hing“, die Füße auf dem Tisch und in meinem druckfrischen Kicker lesend, den mir irgendwer, vermutlich unser Geschäftsführer – eine Sekretärin gab es glaube ich gar nicht – mit der Post auf den Tisch gelegt hatte. Von derart viel Chuzpe durchaus imponiert, nahm ich mir innerlich grinsend vor, den Schnösel ein bisschen leiden zu lassen. Ich blieb also bei der Begrüßung recht wortkarg, in der Körpersprache bezüglich der seinen aber unzweifelhaft und forderte ihn auf, mir die wichtigsten Inhalte „meines“ Kicker-Heftes zu referieren. Und Martin referierte – und ich ließ ihn reden und lachte mir innerlich den Ast ab. Schön war’s…

Auch heute zeigt mein Jubiläum noch Nachwirkungen – der SC ehrt mich mit einem Interview und einem schönen Foto auf der Startseite seiner Internetpräsenz www.scfreiburg.com. Ich habe einen Screenshot gemacht und zusammen mit dem Link zum Interview bei Facebook geteilt. Selbst Michael Oschmann aus Nürnberg, Club-Anhänger und zusammen mit seiner Schwester Constanze quasi Eigentümer von baden.fm und rund 50 anderen Radio- und Fernsehstationen in ganz Europa sowie zahlreicher anderer Unternehmen, die alle unter dem Oberbegriff „Müller Medien“ (www.mueller-medien.com)   zu subsummieren sind. Dass er mich als kleinen Fußballfuzzi eines seiner vielen Sender überhaupt kennt, ist eine große Ehre. Es zeichnet ihn aber auch als großen Unternehmer aus, dass er sich menschlich mit „unsereins“ auseinandersetzt und Wertschätzung spüren lässt. Gruß nach Nürnberg!

Und damit ist Schluss mit dem Jubiläum und der „Selbstbeweihräucherung“. Wolfsburg wartet – und das erst am Sonntagabend.

Es ist der 19. Spieltag der Bundesligasaison. Alle sprechen ja zurzeit von Mutationen; nun, diese Saison könnte für den Sport-Club noch zu einer besonders erfolgreichen mutieren. Das war im Verlauf der langen sieglosen Wochen zwischen dem zweiten und elften Spieltag nicht wirklich absehbar. Jetzt, da ich das mit den Spieltagen noch einmal überprüft habe, fällt mir auf, dass der erste Sieg nach der langen Durststrecke, tatsächlich am elften Spieltag gegen Arminia Bielefeld gelungen ist. Ausgerechnet Arminia… Aber so war es und jetzt wird von Fernsehreportern ganz offen nach „Europa“ gefragt und auch mein einstiger Volontär und Redakteur David Hildebrandt, jetzt beim SC in der Presseabteilung aktiv und mein Interviewer beim oben bereits erwähnten Online-Interview, droht keine Abmahnung, weil er mich gefragt hat, welches denn im Falle einer Qualifikation für internationale Spiele mein Wunschziel wäre… Montpellier habe ich geantwortet und erklärt, dabei ist eine Quali für Europa sowohl für den SC, wie auch für den Montpellier HSC zum aktuellen Zeitpunkt höchst unsicher, vielleicht sogar unwahrscheinlich.

Schließlich ist der SC derzeit Neunter und jetzt folgen die Gegner, gegen die es in der Hinrunde die neun sieglosen Spiele gab. Es ist durchaus möglich, dass jetzt auch noch einmal eine etwas weniger erfolgreiche Phase folgt. In Wolfsburg, gegen Dortmund, in Bremen – da ist manches möglich aber eben auch Niederlagen wären keine Schande…

Der VfL Wolfsburg hat gerade das Verfolgerduell bei Bayer Leverkusen mit 0:1 gewonnen und zählt ganz sicher zu den Europa-Kandidaten. Da müssen unsere Jungs am Sonntag einmal mehr an die eigenen Grenzen gehen, um einen Punkt oder mehr aus der Volkswagen-Arena zu entführen. Da sich die Truppe durch die „lange Woche“ sicher gut regenerieren konnte, dürfte die Startformation jener vom Stuttgart-Spiel sehr ähneln, zumal Roland Sallai weiter auf der Verletztenliste steht, wie ich dem Kicker entnehme. Die PK mit Christian Streich findet ja erst am Freitag statt, die Angabe des Kollegen vom Fachblatt scheint mir aber vertrauenswürdig. Baptiste Santamaria steht womöglich vor dem Kader-Comeback, was aber nicht unbedingt auch gleich „Startelf“ bedeuten muss. Es könnte schon Sinn machen, Janik Haberer weiter Spielpraxis zu vermitteln – er scheint sich von Spiel zu Spiel zu steigern. Auch Wooyeong Jeong könnte durch einen erneuten Startelfeinsatz für die gute Leistung vom vergangenen Wochenende belohnt werden. Vincenzo Grifo und Ermedin Demirovic scheinen mir ohnehin derzeit aus guten Gründen gesetzt.

Schwer wird es trotzdem in Wolfsburg – und der Termin ist aus guten Gründen ziemlich ekelig. Sonntag um 18 Uhr, ganz tief in Niedersachsen – schon fast Sachsen-Anhalt…

Hier mein persönlicher Reiseplan: Heute Abend hole ich den Hybrid-Toyota vom Funkhaus Freiburg ab. Morgen Vormittag geht es dann Richtung Norden, wobei ich natürlich wieder einen Familienbesuch in Bielefeld im Schilde führe. Meine Heimatstadt liegt auf dem Weg nach Wolfsburg quasi am Wegesrand. Die Freitag-Etappe führt mich also von Bad Krozingen nach Bielefeld. Ich unterbreche die etwa sechsstündige Tour nur, um ab 13 Uhr an der digitalen Pressekonferenz mit Christian Streich teilzunehmen. In der Heimat angekommen, widme ich mich – als einziger haushaltsfremder Gast – dies für die Skeptiker unter den Leserinnen und Lesern – meiner 89-jährigen Mutter. Ich freue mich, dass die alte Dame zwei bestätigte Impftermine in der Tasche hat und die ganz große Corona-Angst bezüglich der Frau Mama dann gebannt ist. Selbstverständlich ist auch in Bielefeld Lockdown, nächtliche Ausgangssperre und so weiter. Deshalb könnte der Samstag ein bisschen fad werden: Kein Café Knigge, kein Shopping, kein Freunde treffen und griechisch dinieren im Kultrestaurant „Kreta“.  Jetzt gibt es ein Problem: Muttern hat kein Sky… Die komplette Konferenz auf dem iPhone gucken, könnte auch anstrengend sein. Deshalb wird es vermutlich ein Nachmittag am Radio. Falls diese Zeilen aber ein Sky-Kunde aus Bielefeld liest, der mich vielleicht kennt und – als einzigen haushaltsfremden Gast – zum Bundesliga-Gucken einladen will… Ich würde wohl nicht nein sagen…

Am Sonntag geht es dann nach dem Mittagessen weiter nach Wolfsburg. Zwei bis drei Stunden sind das dann noch.

Wenn ich irgendwann nach acht am Abend aus dem Stadion komme, habe ich noch einiges vor mir. In Frankfurt, im kultigen Stammhaus Hotel Angel, habe ich ein Zimmer reserviert. Da sollte ich noch vor Mitternacht eintreffen. Am nächsten Morgen muss ich früh aus den Federn, denn ab 10 Uhr warten Termine in der WZO-Redaktion auf mich. Allerspätestens um 11 Uhr sollte ich in jedem Fall dabei sein, denn beim Besuch des Landtagsabgeordneten Dr. Patrick Rapp bin ich selbst als Autor des Porträts vorgesehen, dass wir dann demnächst im Vorfeld der Landtagswahl veröffentlichen  wollen und werden. Früher als sonst, wegen der erwartet vielen Briefwähler. Aber das ist ein anderes Thema – ein anderer Job – eine andere Rolle. Morgen früh ziehe ich mir meine PUMA-Klamotten von Intersport HAAF über und werde wieder ganz der Bundesliga-Berichterstatter im Hörfunk. Ganz und gar auf Fußball konzentriert.

 

Ich übertrage das Bundesligaspiel VfL Wolfsburg gegen SC Freiburg am Sonntag in der baden.fm-Bundesligashow ab 17 Uhr.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1001. SC-Livespiel am Radio-Mikrofon)

Wie erwartet, spielte quasi dieselbe Startelf, wie zuletzt gegen den VfB Stuttgart; einzige Ausnahme: Baptiste Santamaria kehrte nach seiner Genesung zurück an die Seite von Nicolas Höfler und verdrängte Janik Haberer auf die Bank. Der SC begann in Wolfsburg, wo es am Sonntagabend mit bis zu -8 Grad bitterkalt war, rotzfrech und ärgerte den favorisierten VfL.  Nach der ersten Freiburger Ecke versucht sich Nicolas Höfler mit einer Direktabnahme – abgefeuert aus spitzem Ball geht der Ball über das Tor.

Nach dem guten Start erwärmte mich zunehmend die Idee, es könne vielleicht etwas gehen an diesem kalten Sonntagabend in Niedersachsen… Es folgte die eiskalte Dusche: In der 21. Minute kommt der VfL zu seinem ersten Eckstoß; Getümmel im SC-Strafraum, dann kommt Keven Schlotterbeck zu Fall und krümmt sich am Boden. Das Spiel läuft derweil weiter, der Ball fliegt vors Tor, landet auf dem Kopf vom groß gewachsenen Brooks, wird abgewehrt, kommt wieder zu Brooks und wird vom langen Innenverteidiger zum 1:0 ins Netz geschossen. Zählt der Treffer? Es ist ja schon ungewöhnlich, dass ein Abwehrspieler bei einem Eckball zu Boden geht und liegen bleibt. Offenbar wird der Fall vom VAR im Kölner Keller überprüft. Dann wird klar: Der Treffer wird gezählt, es steht wirklich – wie aus dem Nichts – 1:0 für den Favoriten. Später sehe ich meinen ersten Eindruck vom einmaligen Ansehen der Szene auf meinem Bildschirm auf der Pressetribüne anhand von TV-Bildern, bestätigt: Da war etwas nicht koscher – ein Wolfsburger ist „Schlotti“ auf den Fuß gestiegen und hat ihn so aus dem Spiel genommen. Ein klares Foul, das der Videoassistent aber übersieht oder falsch einschätzt, wie auch immer. Wolfsburg führt. Zu diesem Zeitpunkt unverdient und eigentlich irregulär.

Im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit kann der SC seine leichte Dominanz der ersten 20 Minuten nicht aufrecht erhalten. Der VfL dreht, mit der Führung im Rücken, auf. In der 39. Minute präsentiert sich der Gastgeber erstmals so richtig stark, so, wie man ihn im Vorfeld erwarten und fürchten musste: Der Schweizer Renato Steffen spielt den Ball aus dem Mittelfeld zum niederländischen Torjäger Wout Weghorst und der „Riese“ im Angriff macht alles richtig, dribbelt kurz, den Ball gegen Keven Schlotterbeck genial gut abschirmend in Schussposition und hält dann vom linken Eck des Fünfmeterraums aus drauf – Tor! Das 2:0 für den VfL Wolfsburg; ein bestechend starker Treffer, beseelt von jener Zielstrebigkeit und Effizienz, die dem SC in vorderster Linie ein wenig abging. Halbzeitstand: 2:0.

Der SC kam unternehmungslustig wieder auf den Platz und dominierte die Anfangsphase der zweiten Hälfte. Und wieder begann der frierende Radioreporter auf der Pressetribüne zu träumen… wenn ein frühes Anschlusstor gelingt – leider gelang es nicht, trotz guter Chancen. In der 46. Minute trifft Baptiste Santamaria mit einem Kopfball nur die Oberkante der Latte; in der 48. Minute verpasst zunächst Nicolas Höfler im Strafraum knapp den möglichen Ausgleich, dann hält Baptiste Santamaria noch einmal drauf – aus 20 Metern geht der Ball knapp am Tor vorbei. In der 51. Minute köpft Keven Schlotterbeck gefährlich aufs Tor, doch Koen Casteels, Torwart und Kapitän des VfL, ist zur Stelle.

Zwei Minuten später hat der SC Glück, denn ein Schuss von Weghorst klatscht an den Innenpfosten und zurück aufs Feld; klar hat Wolfsburg jetzt Räume und Chancen, da der SVC mit Macht auf den Ausgleich drängt.

Wenn nichts mehr hilft, muss Super-Joker Nils Petersen her, denke ich und der kommt, zusammen mit Lucas Höler in der 60. Minute.

Zunächst darf aber beinahe der VfL jubeln: In der 64. Minute versucht es Weghorst im Fünfmeterraum mit einer Direktabnahme und trifft Müller, der sich ganz breit gemacht hatte, auf den Körper.

In der 73. Minute folgt die rückblickend wohl beste Chance für den SC: Nach einem der zahlreichen Freiburger Ecken (deutlich mehr als Wolfsburg hatte) liegt Lucas Höler quer in der Luft und versucht sein Glück mit einem spektakulären Seitfallzieher. Der Ball nimmt Kurs aufs rechte obere Tordreieck der Wolfsburger, doch „Katze“ Casteels hechtet in die richtige Ecke und lenkt den Ball mit einer Glanzparade gerade noch um den Pfosten herum.

Der Anschlusstreffer will einfach nicht fallen, der SC war am Sonntag einfach nicht effizient genug; häufig genug fehlte es auch nur am geschickten letzten Pass. Sei es drum, es kam, wie es kommen musste: Die aufgerückten Gäste kassieren in der 86. Minute einen schnellen Gegenangriff der Platzherren, die noch immer Hunger zeigen. Philipp Lienhart produziert einen Querschläger, nur Ridle Baku passt auf, erläuft den Ball und passt ihn scharf in die Mitte; am zweiten Pfosten steht Gerhardt und markiert das 3:0.

Klar war Wolfsburg einen Tick besser, da effizienter – doch täuscht das klare Ergebnis über den wahren Spielverlauf hinweg: Es war ein enges Spiel, zum Nachteil des SC beeinflusst durch ein irreguläres Führungstor des späteren Siegers.

Natürlich war die Abwehr beim 2:0 und 3:0 jeweils nicht ganz auf der Höhe, vor allem aber fehlte im Angriff die letzte Durchschlagskraft. Bei der Notenvergebung im Radio hatten die Offenisven fast alle eine 3 – das ist keine schlechte Note, aber mit einer Durchschnittsleistung in der Offensive gewinnst du in Wolfsburg nicht, holst nicht einmal einen Punkt.

 

Das Nachspiel

 Ich fror, war wegen der klaren und gleichzeitig unglücklichen Niederlage etwas angesäuert und hatte noch eine längere Autobahnreise vor mir. So schenkte ich mir die PK, stiefelte durch den Schnee des Stadionparkplatzes, räumte mein Zeug in den Kofferraum und startete die knapp 400 Kilometer lange Teiletappe bis Frankfurt. Gedanken um mich an- und aufhaltende, da kontrollierende Polizei musste ich mir nicht machen, wie ich zu meinem Erstaunen in Erfahrung gebracht hatte: Nur die Bürgerinnen und Bürger aus Bayern und Baden-Württemberg werden nachts von ihren Landesregierungen eingesperrt. Nächtliche Ausgangssperren gibt es weder in NRW, wo ich ja auf dem Hinweg in meinem Elternhaus übernachtet hatte, noch in Niedersachsen, wo ich gerade war, oder in Hessen, wo ich die Nacht verbringen wollte. Wann sind nochmal Landtagswahlen, Herr Kretschmann? Am 14. März? Die Geschichte mit den lächerlichen Ausgangssperren werde ich nicht vergessen.

Sorry, ich wollte nicht politisch werden, aber das hatte mich wirklich aus den Schuhen gehauen…

Das Navi zeigte an, kurz vor Mitternacht würde ich im Hotel in Frankfurt City angekommen sein. Ich hörte meinen Hörbuch-Krimi und fuhr durch das nächtliche Niedersachsen; vorbei an Harz, Göttingen und viele mir kaum bekannte Örtlichkeiten bis ins Hessische. In Kassel kam ich wieder auf die mir altbekannte Strecke. Als die Müdigkeit in meinen Körper kroch holte ich mir einen großen heißen Kaffee – zum Abendessen gab es im Übrigen das Lunchpaket aus der Volkswagen-Arena. Am Hotel Angel angekommen parkte ich in der Moselstraße, deren sonst im Rotlicht schimmernde Bars alle geschlossen waren. Lockdown, klar. Dafür schwirrten hier jetzt Bordsteinschwalben vom unteren Ende der Ernährungsleiter herum. Ich tippe mal auf die unappetitliche Variante „Bulgarien bis heimatlos, angefixt, den Luden in Jogginganzug ganz in der Nähe herumlungernd.“ Ich sah zu, dass ich im Hotel verschwand und dann schnell zum Schlafen kam, schließlich klingelte der Wecker bereits um 6.30 Uhr. Frisch geduscht und parfümiert saß ich Punkt 7 Uhr wieder im baden.fm-Toyota, tankte ihn noch im Frankfurter Stadtgebiet auf, holte mir Kaffee und ein Schoko-Brötchen zum Frühstück und ab gings Richtung (Wahl-)Heimat. Um halb zehn funkte ich in die WZO-Redaktion durch, dass ich pünktlich zu den Interviews mit den Landtagskandidaten im Verlagshaus sein würde. Um zehn Uhr kam der Liberale, helge Kaltenbach, um 11 Uhr der bereits im Mandat befindliche CDU-Kandidat Patrick Rapp. Alles lief programmgemäß; natürlich habe ich meine Meinung zur auf zwei Bundesländer begrenzten Ausgangssperre „out of records“ deutlich zum Ausdruck gebracht.

Am Mittag sah ich dann meine Familie wieder, und am Montagnachmittag war Zeit für die Zeitungskolumne „SC INTEAM“, die am Mittwoch im ReblandKurier erscheint. Mit ihrem Wortlaut beschließe ich mein Wolfsburg-Tagebuch…

 

SC INTEAM

Dass der SC Freiburg nicht als Favorit in Wolfsburg angetreten ist, war eigentlich klar. Gerade in dieser Saison läuft es bei den „Wölfen“, die als „VfL Wolfsburg-Fußball GmbH“ in der Bundesliga unterwegs - und als solche eine einhundertprozentige Tochtergesellschaft des Volkswagenkonzerns sind, besonders gut. Nach dem Sieg am Sonntagabend gegen den SC grüßt das Team aus der VW-Stadt als Tabellendritter. Insofern hatte es der „SC Freiburg e.V.“, dessen Mitglieder und Fans mit überwältigender Mehrheit stolz auf und glücklich mit dem Vereinsstatus sind, am Sonntag mit einem eigentlich übermächtigen Gegner zu tun. Dennoch spielte der SC über weite Strecken auf Augenhöhe mit dem VfL – in den Anfangsphasen beider Halbzeiten dominierten die frech pressenden und nach vorne spielenden Freiburger den Gastgeber sogar. Es ist müßig, zu spekulieren, welchen Verlauf das Spiel genommen hätte, wenn der Videoassistent in Köln bei der Prüfung des ersten Tores genau hingesehen und das Foul an Schlotterbeck, das dem Treffer im Anschluss an den ersten Eckball der Wolfsburger vorausging, entlarvt hätte. Objektiv war das Tor irregulär. Schiedsrichter Tobias Reichel aus Stuttgart ist kein Vorwurf zu machen, Video-assistent Sascha Stegemann aus Niederkassel hingegen hat keinen guten Job gemacht. In Sachen Fehlentscheidungen durch den VAR steht es jetzt im Vergleich Wolfsburg / Freiburg saisonübergreifend 2:0 zu Gunsten der Niedersachsen; im Februar 2019 hatte der SC Freiburg in einem aufregenden Spiel gegen Wolfsburg in der Nachspielzeit das vermeintliche 4:3 erzielt. Damals erhielt Feld-Schiedsrichter Dr. Felix Brych vom VAR den Hinweis, er solle sich die Szene noch einmal anschauen. Brych erkannte das Tor nicht an, weil er Heintz – fern der eigentlichen Szenerie – im Abseits gesehen hatte; nicht passiv, sondern aktiv, weil Heintz ja in der Nähe des Torwarts gestanden sei. Ein Riesenstreitfall damals; gerade so wie am Sonntag.  Jedes Mal fiel die Entscheidung zu Gunsten des prominenteren, wirtschaftlich wuchtigeren Bundesligisten aus. Der Wolfsburger Sieg ging am Sonntag von den gezeigten Leistungen her in Ordnung. Ob sich der VfL auch ohne die umstrittene Führung gesteigert und dann den Sieg geholt hätte, weiß  niemand. So war die Spielentwicklung auf Seiten der Gastgeber. Allerdings ließ es der SC trotz vieler guter Szenen leider an Torgefährlichkeit mangeln. Alle eingesetzten Offensivspieler erwischten einen mittelmäßigen Tag. Mit Mittelmaß lassen sich derart stark besetzte Gegner wie Wolfsburg oder am kommenden Samstag, um 15.30 Uhr Borussia Dortmund (live bei Sky und im Radio bei baden.fm) in aller Regel nicht besiegen; schon gar nicht, wenn zudem das Glück bei umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen, wie beim 1:0 von Wolfsburg, fehlt.  Auf dieses Glück und auf eine Steigerung in der Effizienz muss Freiburg hoffen, um gegen die neue „launische Diva“ der Liga, Borussia Dortmund, einen oder gar drei Punkte zu entführen. Klar ist: Der SC Freiburg geht nicht als Favorit ins Spiel.