2. Hauptrunde DFB-Pokal, SC Freiburg gegen 1. FC Union Berlin

Dienstag, 29. Oktober 2019, 18.30 Uhr

Schwarzwald-Stadion, Freiburg

SC Freiburg - 1. FC Union Berlin

 

Das Vorspiel


Aufgrund der Pokalbegegnung am Dienstag ist das „Nachspiel“ zum Leipzig-Kick zugleich das „Vorspiel“ zur Revanche gegen Union Berlin.
Nachdem der mich am Samstag in der baden.fm-Bundesligashow begleitende Hieber-Fanreporter Stefan und ich den Rückblick auf die Partie und die  Spielerbewertung nach Noten hatten aufzeichnen lassen, eilte ich per Fahrstuhl runter in die Mixedone. Hier gaben Janick Haberer, der mir besonders im zentralen Mittelfeld super gut gefallen hatte, Torhüter Mark Flecken und Torjäger Nils Petersen in Interviewform ihre Statements ab. Es herrschte durchgängig ausgelassene gute Laune, auch wenn alle Befragten natürlich ein paar nette Worte für die leider verletzt ausgeschiedenen Luca Waldschmidt und Nicolas Höfler formulierten.
Derzeit stehen vier Akteure auf der Verletztenliste: Torhüter Alexander Schwolow, Abwehrspieler Lukas Kübler, Mittelfeldstratege Nicolas Höfler und Angreifer Luca Waldschmidt. Auch ich wünsche dem Quartett natürlich eine schnelle Genesung. Trotzdem ist die Verteilung von vier Verletzten auf vier Mannschaftsteile natürlich erträglicher als zum Beispiel vier gleichzeitig verletzte Abwehrspieler in der vergangenen Saison. Der Sport-Club wird es wegstecken, auch und gerade wegen des breiten und gut ausgestatteten Kaders.
Bevor ich zum bevorstehenden Pokalspiel komme, veröffentliche ich an dieser Stelle, vor der Druckversion in den Wochenzeitungen am Oberrhein am Mittwoch und Donnerstag, meine Kolumne „SC INTEAM“. Sie spart das Pokalspiel aus logistischen Gründen völlig aus. Einen kurzen Pokal-Nachbericht werden wir, zumindest in den von mir redaktionell geleiteten Ausgaben ReblandKurier und Wochenblatt, am Mittwoch, begleitet mit zwei Fotos, als Ergänzung zur Kolumne veröffentlichen. Hier ist…

SC INTEAM
Ein altes deutsches Sprichwort lautet: „Bescheidenheit ist eine Zier doch weiter kommt man ohne ihr.“ Es ist zu hinterfragen. Nach dem grandiosen 2:1-Sieg des SC Freiburg gegen die  „Millionenelf“ aus Leipzig stand der SC Freiburg auf Platz zwei der Bundesligatabelle (nach den Sonntagsspielen dann auf  Platz drei).   In der Mixedzone entspann sich ein interessanter Dialog zwischen dem Autor dieser allwöchentlichen Kolumne und dem früheren Fußball-Chef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und aktuellen Autor des DFL-Magazins, Roland Zorn. Während die Berichterstatter auf Interviewpartner aus dem Siegerteam warteten und der Tabellenstand kurz diskutiert wurde, meinte der südbadische Radioreporter und Kolumnist: „Ich schaue nur auf den Abstand nach unten.“ Darauf Roland Zorn grinsend: „So seid Ihr hier erzogen – vielleicht würde es Sinn machen, auch mal höhere Ziele, vielleicht die Europa League, ins Auge zu fassen.“ Hier endete der kurze Dialog, der aber tatsächlich die Frage aufwirft, ob der SC ohne die südbadische Bescheidenheit und die Fokussierung auf den Klassenerhalt eventuell weiter käme – siehe Sprichwort. Schädlich kann die Haltung beim SC und in seinem näheren Umfeld eigentlich nicht sein, hat die Mannschaft doch genau mit diesem Understatement die Spitzengruppe der Bundesliga erreicht. Zudem sind zehn Punkte Vorsprung vor dem tieferen Tabellenkeller, der momentan  mit  Düsseldorf, U. Berlin,  Köln und Augsburg (alle sieben Punkte) beginnt und mit Paderborn (4 Punkte) endet, 24 Spieltage vor Ultimo   keine Klassenerhaltsgarantie.  Angenommen der SC Freiburg und sein Umfeld würden das Ziel neu definieren und nach oben verschieben – glaubt irgendjemand ernsthaft, auch nur ein einziger Spieler würde deshalb mehr oder schneller laufen, klügere Pässe spielen oder vor dem Tor entschlossener abziehen?
 Deshalb sind Europa-League-Prophezeiungen auswärtiger Beobachter zwar legitim und letztlich unschädlich – im näheren Umfeld der jungen Mannschaft eine Erwartungshaltung aufzubauen, die über die Erstklassigkeit und deren Erhalt hinausgeht, macht aber keinen Sinn. Die auch durch das Schwächeln einiger Ligafavoriten bedingte außergewöhnliche Tabellensituation mit einer sehr eng zusammenstehenden oberen Hälfte und Freiburg auf Rang drei darf genossen werden. Sie sollte nicht zu falschen Rückschlüssen führen. Die SC-Niederlagen gegen die „Kellerkinder“ Köln und Union Berlin zeigen auf, wie gefährlich die Bundesliga ist. Eine falsche Selbsteinschätzung kann fatale Folgen haben. Sollte der SC am Samstag in Bremen durch einen Sieg mit 20 Punkten die „halbe Miete“ voll machen, wäre das ein großer Schritt Richtung Klassenerhalt. Nicht mehr und nicht weniger.  (Zitatende)
Dienstagabend, 18.30 Uhr, zweite Runde im DFB-Pokal, unser SC Freiburg gegen den 1. FC Union Berlin. Schon wieder die Köpenicker, wo es doch gerade ein richtiges Negativerlebnis gegeben hatte…
Vielleicht ist es ganz gut, dass die Erinnerungen noch so frisch sind – ich bin sicher, dass die Jungs dieselben Fehler wie in der Alten Försterei, nicht noch einmal machen werden. Wobei das natürlich ein völlig anderes Fußballspiel mit grundsätzlich anderen Herausforderungen wird als der Kick gegen Leipzig. Union lebt vom Kampf, von der Aggressivität und arbeitet mit langen Bällen – ganz anders als Leipzig, die auf ihre Spielkunst, das Umschaltspiel und die wahnsinnige Schnelligkeit ihrer Spitzen setzen.
In Berlin hat der Sport-Club versucht, die Berliner anzulaufen, früh zu stören. Damit haben die Freiburger aber gleichzeitig die Räume aufgemacht, die Union für seine langen Bälle braucht. So kam es zu einigen Chancen für die Köpenicker, von denen sie zwei nutzten.
Es ist am Dienstag ein anderer Wettbewerb – zum Beispiel einer, in dem es die Option Unentschieden nicht gibt – es ist ein anderer Rahmen, der SC hat Heimrecht im Schwarzwald-Stadion, und es ist – mit der Erfahrung von vergangener Woche in den Köpfen und in den Knochen ein ganz anderes Spiel. Kaum vorstellbar, dass Union dem SC auch an der Schwarzwaldstraße mit Aggressivität den Schneid abkauft und zum „Herr im Hause“ wird. Ich bin gespannt, ob und wie der SC Revanche nimmt…
Personell wird wohl wieder Mark Flekken im Tor stehen, in der Abwehr könnten Manuel Gulde und Nico Schlotterbeck eine Chance von Anfang an bekommen – vielleicht sogar Luca Itter.
Im defensiven Mittelfeld, wo Nicolas Höfler definitiv ausfällt, drängt sich der Einsatz von Mike Frantz förmlich auf, der am Wochenende nicht im Kader war, weil er gerade Vater eines Sohnes geworden war. Glückwunsch, Mike! An seiner Seite könnte Janick Haberer auflaufen – oder Amir Abrashi erhält die Chance, seine Fehlleistung von Berlin im Pokalspiel wieder wettzumachen. Auch Jérôme Gondorf könnte in diesem Mannschaftsteil ein Thema sein.
In der Offensive ist der SC – auch ohne den verletzten Luca Waldschmidt – gut bestückt und Christian Streich hat die Qual der Wahl: Vincenzo Grifo endlich mal von Beginn an, Brandon Borrello und Changhoon Kwon würden die Berliner vermutlich überraschen, genauso wie Roland Sallai. Der immer besser werdende Lucas Höler könnte mit Blick auf das Bremen-Spiel eine Erholungspause bekommen – bei Nils Petersen ist mir das nicht ganz klar, immerhin musste er gegen leipzig nur 60 Minuten performen.
Wie wäre es also – zum Beispiel in einem 4-4-2 – mit Grifo links, Kwon oder Borrello rechts und Petersen mit Sallai in der Angriffszentale?
Ich bin richtig gespannt auf das Personal-Puzzle im morgigen Pokalspiel.
Ich selbst habe vorher meine Doppelschichten in der Zeitungsproduktion. Zum Spiel kommen auch 20 Bad Krozinger Rotarier, für die ich die Karten besorgt habe. Die rotarischen Freunde, wie das bei uns im Club heißt, sitzen ganz in meiner Nähe, genauso wie Ben, der morgen wegen der Schulferien und weil er am Mittwoch elf Jahre jung wird, mit ins Schwarzwald-Stadion kommen darf. Apropos Ben, er hatte ja beim Spiel der Krozinger D2 in Buggingen (das Spiel ging 2:1 verloren) eine Halbzeit Spielpraxis sammeln sollen. Das hat funktioniert. Am Samstagmorgen kam er dann in der zweiten Halbzeit rund 20 Minuten in der D1, wo er sonst Stammspieler ist, zum Einsatz. Die Jungs siegten beim Tabellenzweiten in Staufen in einem engen Spitzenspiel verdient mit 2:5 und bauten den Vorsprung an der Tabellenspitze aus.
Welch ein Samstag war das für mich… Krozingens D1 gewinnt das Spitzenspiel und Ben kann nach drei, vier Wochen Verletzungspause wieder kicken,  Arminia gewinnt 0:1 in Dresden und schiebt sich in der Zweitligatabelle an Stuttgart vorbei auf Rang zwei und dann haut der SC die „Dosen“ aus Leipzig weg und ist – nach den Sonntagsspielen – Dritter in der ersten Liga… Jetzt brauche ich nur noch eines: Revanche gegen Union!
Ich übertrage das Pokalspiel SC Freiburg gegen Union Berlin am Dienstagabend ab 18 Uhr.

 

Das Fußballspiel

(Mein 955. SC-Pflichstpeil als Livereporter im Radio)

Auf sechs Positionen hatte Christian Streich im Vergleich zum 0:2 in Köpenick personell gewechselt: Flekken, Schlotterbeck, Frantz, Grifo, Sallai und Petersen rotierten in die Startelf. Trotzdem ging das Spiel gegen Union Berlin mit 1:3 verloren –  das Aus im DFB-Pokal. Der Gast ging im ausverkauften Schwarzwald-Stadion mit 0:1 in Führung. Mees traf – etwas überraschend – in der 36. Minute. Der verdiente Ausgleich, ein Kopfballtor von Koch nach Ecke von Grifo, fiel unmittelbar vor der Pause. Die zweite Halbzeit wurde weitgehend vom SC dominiert, die Führung sollte aber nicht gelingen. Stattdessen führten individuelle Fehler von Schmid und Schlotterbeck in der Schlussphase zu den entscheidenden Gegentreffern von Andrich (1:2, 87.) und Gentner (1:3, 90.) „Wir hätten in unserer starken Phase ein Tor machen müssen“, ärgerte sich Vincenzo Grifo nach dem Abpfiff.

Das, liebe Gemeinde, war mein Kurzbericht für die WZO-Titel ReblandKurier und Wochenblatt. Im Grunde ist damit alles gesagt. Am Anfang ging es mir darum, zu sehen, ob der SC mehr zur Sache geht als zehn Tage zuvor in Köpenick, ob die Haltung stimmte – dem war so. Der Rückstand kam, nach einem Aufnahmefehler, etwas überraschend – der Ausgleich fiel hoch verdient. In der zweiten Halbzeit ging es gefühlt um die Frage, ob der SC die Führung noch vor dem Schlusspfiff schafft oder in die Verlängerung muss. Dass zwei individuelle Fehler kurz vor dem Ende der 90 Minuten das Spiel ganz anders entschieden, war nicht absehbar.  Ankreiden muss man dem SC die Fehler, die zu den drei Gegentoren führten und die Tatsache, dass zu wenig Torgefahr produziert- und nicht effizient genug abgeschlossen wurde.

 

Das Nachspiel

Abpfiff, Zusammenfassung für den weiteren Verlauf der Pokalshow und das Frühprogramm (Zweitverwertung) aufzeichnen, Mixedzone-Interview(s) – es blieb bei einem Interview mit Vincenzo Grifo, weil  Christian Streich sehr früh alle Spieler zwecks Besprechung in die Kabine rief – dann während der Wartezeit in der PK, das Grifo-Interview an die diversen Adressaten verschicken und den Kurzbericht für die Zeitungen (siehe oben) ins iPhone tippen und an die Redaktion schicken, wo Text und Bilder zusammengeführt wurden. Dann PK, Interview mit Christian Streich, selbiges verschicken, zurück zum Reporterplatz, Technik abbauen, Tasche packen, Sohn und Freund einsammeln und zurück nach Bad Krozingen. Das war ganz schön stressig. Um von den trüben Fußballgedanken wegzukommen ließ ich auf der Heimfahrt das Hörbuch „Kühn hat Hunger“, ein Krimi mit extrem viel Humor, sehr geil gelesen vom Autor selbst, laufen. Wir mussten mehrfach herzlich lachen und hatten das unnötige und ärgerliche Pokalaus schnell „weggesteckt“.

Für mich lief im Grunde bereits der Countdown für die Auswärtsreise nach Bremen. Der von Werders Presseabteilung zugeschickte Parkausweis stecke bereits in meiner Arbeitstasche, zusammen mit dem Hinweis darauf, dass es im Weserstadion Probleme mit der LAN-Verbindung geben könnte. Und hier endet das Nachspiel zum Pokal – die Fortsetzung gibt’s im „Vorspiel“ zum Bremen-Kick…