2. Hauptrunde im DFB-Pokal, VfB Stuttgart gegen SC Freiburg

Mittwoch, 23. Dezember 2020, 20.45 Uhr *

Mercedes-Benz-Arena, Stuttgart *

VfB Stuttgart - SC Freiburg *

Das Vorspiel

DFB-Pokal unter dem Weihnachtsbaum… auch mal was anderes. Die Pandemie machts möglich. Zu meinem ganz persönlichen Verdruss ist der Pokal-Kick des SC Freiburg, wegen der Verlegung anderer Spiele auf einen Termin im Januar, von 18.30 Uhr auf 20.45 Uhr verlegt und zum ARD-Fernsehspiel erklärt worden. Das passt mir gar nicht in den Kram, gebe ich offen zu. Bei 18.30 Uhr fährst du hin, machst deinen Job, steigst ins Auto und fährst wieder heim. Ich hätte ganz normal geschlafen und wäre am Heiligabend mit der Familie – wie gewohnt – in die Heimat zum Weihnachten feiern gefahren. Dann kam der Termin-Switch und ich musste alle Planungen über den Haufen werfen. Außerdem kostet uns ein SC-Spiel, das im „free TV“ gezeigt wird mutmaßlich Hörer, aber das nur nebenbei. Natürlich werden Benni im Studio und ich im Stadion Vollgas geben, um all jenen, die im Auto unterwegs sind, vielleicht arbeiten müssen oder einfach Live-Fußball – zumal bei Geisterspielen ohne Zuschauer – im Radio geiler finden als im Fernsehen, einen vergnüglichen Abend zu schenken. Die weihnachtlich-fußballerische Reiseplanung sieht jetzt wie folgt aus: Am Mittwochvormittag gehe ich noch ein, zwei Stündchen in die WZO-Redaktion, um die Wochenzeitungsproduktion nachzuarbeiten. Das bedeutet konkret, die Honoraransprüche der freien Mitarbeiter für die morgige Ausgabe überprüfen und freigeben, die wichtigsten Geschichten auf der Internetpräsenz des Verlags, www.wzo.de, zu platzieren, eine oder zwei davon auf den entsprechenden Seiten vom ReblandKurier und Wochenblatt bei Facebook in Wort und Bild anzureißen und schließlich für die Geschäftsführung eine Art Abrechnung (Kostenanalyse etc.) der Ausgabe anzufertigen. Einiges davon mache ich sonst donnerstags aber da ist ja Heiligabend…

Am Mittwoch um 12 Uhr haben wir dann mit der ganzen Familie einen Termin bei unserer Hausärztin, wo wir alle vier einen Corona-Schnelltest durchführen lassen. Das kostet zwar eine Stange Geld, ist aber quasi das erste Weihnachtsgeschenk für meine Frau Mama, die wir natürlich keinesfalls durch unseren Besuch in Gefahr bringen wollen. Wenn es keine böse Überraschung gibt, sprich, wenn alle Tests negativ ausfallen, gibt es noch ein paar entspannte Stunden zuhause, inklusive einer Zoom-Sitzung mit dem örtlichen Rotary Club, um 16 Uhr aber geht es mit dem privaten Ford Kuga, der schon auf Schalke Glück gebracht hat, in die Landeshauptstadt nach Schwaben. Die Familie habe ich wegen der späten Terminierung des Pokalspiels im Schlepptau. In einem günstigen Stuttgarter Hotel wartet ein Familienzimmer auf uns. Das werden wir beziehen und gegen 18.30 Uhr oder 19 Uhr werde ich Richtung Mercedes-Benz-Arena aufbrechen. Die Akkreditierung und der Parkausweis kamen schon vor ein paar Tagen. Da ich erst am 19. September zum Ligaspiel dort war, kenne ich auch die besonderen Abläufe im Rahmen des Sonderspielbetriebs während der Pandemie genau. So komme ich ein drittes Mal in diesem Kalenderjahr nach Stuttgart: Im März war ich zum Zweitligaspiel des VfB gegen Arminia Bielefeld vor Ort – es war bis dato mein letztes Spiel mit erwähnenswerter Zuschauerzahl. Über 50.000 kamen kurz vor dem Fußball-Lockdown und sahen ein Remis. Im September dann der 2:3-Sieg des SC zum Bundesligaauftakt, jetzt das Pokalspiel.

Der VfB überrascht durch erfolgreiche, fußballerisch gute Auftritte. Die hohen Ausgaben mit den Mercedes-Millionen für weltweit gescoutete Talente scheinen sich auszuzahlen. Andererseits hat der SC Freiburg, ohne auch nur annähernd so viel Geld ausgegeben zu haben wie die Schwaben in der Bundesliga auch nur einen Punkt weniger als die Stuttgarter, die am Wochenende mit 0:1 in Wolfsburg verloren haben. Und wie gesagt, im direkten Vergleich behielt der SC vor einigen Wochen die Oberhand.

Im Pokal war Stuttgart zuletzt aber kein gutes Pflaster für den SC. 2013, ich erinnere es wie gestern, gab es das DFB-Pokal-Halbfinale VfB Stuttgart gegen SC Freiburg und es ging – obwohl Freiburg eigentlich einen guten Lauf hatte und sogar als leicht favorisiert galt, mit 1:2 verloren. Das hatte aber möglicher Weise Gründe, die ich in meiner aktuellen Zeitungskolumne – morgen in ReblandKurier und Wochenblatt - erwähne und die damals gar nicht so öffentlich waren:

 

SC INTEAM       

Drei Siege am Stück sind recht selten in der Bundesliga-Historie des SC Freiburg; zuletzt hatte es das 2013 gegeben, als der Sport-Club daheim gegen Borussia Mönchengladbach, als Gast beim Hamburger SV und dann im Heimspiel gegen Hannover 96 jeweils einen Erfolg landen konnte. Drei Siege in einer Englischen Woche sind allerdings eine Premiere – 2:0 gegen Arminia Bielefeld, 0:2 beim FC Schalke 04 und 4:1 gegen Hertha BSC – diese sportliche Großtat in drei Akten brachte dem Sport-Club binnen acht Tagen neun Punkte ein, also mehr Zähler als in den zwölf Wochen zuvor. Das ist wahrhaftig ein Befreiungsschlag, der den SC in der aktuellen Bundesligatabelle ins Mittelfeld aufsteigen lässt, auf Platz 10, mit deutlichem Punktabstand zu den heiklen drei letzten Plätzen der Liga. Das ist beruhigend, bevor es im Ligabetrieb so früh wie nie, am Samstag, 2. Januar, mit dem Auswärtsspiel bei der TSG 1899 Hoffenheim bereits weitergeht.

Vorgeschaltet ist allerdings, wenige Stunden vor Heiligabend, am Mittwoch, 23. Dezember, um 20.45 Uhr das DFB-Pokalspiel beim VfB Stuttgart (Live in der ARD, bei Sky und baden.fm). Findige Statistiker haben herausgefunden, dass der SC 2013, direkt nachdem ihm die angesprochenen drei Siege am Stück gelungen waren, ebenfalls einen Pokalauftritt in Stuttgart hatte und diesen – es war übrigens das Halbfinale (!) – mit 2:1 verloren hat. Was bedeutet das für Mittwoch? Mit Verlaub, gar nichts! Sind doch die Voraussetzungen gänzlich andere. Trotz des Siegeszuges in der Liga, knirschte es 2013   hinter den Kulissen. Ein heftiger Machtkampf um den umstrittenen Sportdirektor Dirk Dufner lenkte seiner Zeit vom Wesentlichen ab und störte sogar die konzentrierte Vorbereitung auf das Pokal-Halbfinale. In den Tagen vor dem erneuten Aufeinandertreffen von Stuttgart und Freiburg im DFB-Pokal gibt es wieder Personalquerelen im Management – diesmal aber beim Gastgeber VfB und als Schlagzeile in den Medien. Inwieweit der Sport darunter leidet, lässt sich schwer einschätzen, stellt Stuttgart doch als Aufsteiger bislang eine der positiven Überraschungen der Saison und grüßt mit 18 Punkten von Platz sieben. Schwer im Magen liegen dürfte den Schwaben freilich die Saison-Auftaktniederlage gegen den Pokalgegner vom Mittwoch: Am 19. September hatte der SC mit 2:3 in der Mercedes-Benz-Arena gewonnen. Nur gegen die Bayern sollte der VfB in der Folgezeit noch ein Heimspiel verlieren – es gab viele Remis. Fakt ist: Der VfB Stuttgart ist in Heimspielen in dieser Saison noch sieglos. Dieser Umstand sollte dem SC Freiburg, neben dem Auftaktsieg vom September und der jüngsten Erfolgsserie, eine Menge Mut machen, auch im Pokal das badische Fähnchen im Schwabenland hochzuhalten. Selbst wenn Christian Streich entscheiden sollte, im letzten Spiel des Jahres, einigen Profis Spielzeit zu verschaffen, die diese zuletzt kaum oder gar nicht hatten: Uphoff, Heintz, Kübler,  Tempelmann, Kwon und Jeong sind aussichtsreiche   Kandidaten. (Zitatende)

 

Es ist Dienstag, viertel nach elf. Inzwischen war bereits die auf 10 Uhr vorgezogene Pressekonferenz zum Spiel. Natürlich habe ich meine, beim Verfassen der Kolumne aufgestellten Personalspekulationen versucht abzufragen. Gleich zum Start der PK räumte der Cheftrainer auf meine konkrete Frage hin ein, dass Benjamin Uphoff morgen im Tor stehen wird. Dieser Switch zwischen den Pfosten hat im DFB-Pokal gewissermaßen „Tradition“ bei Streich. Der Coach räumte auch die Möglichkeit beziehungsweise die hohe Wahrscheinlichkeit weiterer Rotationen ein, betonte aber, dass die Mannschaft und alle Beteiligten unbedingt ein Erfolgserlebnis in Stuttgart anstreben. Ich finde auch, dass zum Beispiel Heintz einen der drei anderen Innenverteidiger problemlos 1:1 ersetzen kann; dass Kübler, wenn er fit ist, ja sowieso zum engsten Kreis gehört, dass Kwon ein außergewöhnlich guter Mittelfeldspieler ist und Talente wie Tempelmann und Jeong auch ganz nahe dran sind am sogenannten Stamm; immer im Kader und immer wieder mal für kürzere Einsätze auf dem Platz. Gerade Wooyeong Jeong hat mir nach seiner Einwechslung gegen Hertha BSC außergewöhnlich gut gefallen. Ich bin gespannt, auf wie vielen Positionen Christian Streich morgen rotieren wird.

In der PK ging es dann noch um verschiedene Themen, auch um die extrem kurze, im Grunde nicht existente Winterpause. Streich betonte, dass er schon ein Befürworter einer zumindest zehntägigen Unterbrechung im Winter ist. Beim Zuhören kam mir ein Gedanke, den ich dann als letztes in dieser PK als Frage formulierte: „Sie hätten ja die Möglichkeit gehabt, die zu kurze, dreitägige Unterbrechung für den einen oder anderen besonders beanspruchten Spieler zu verdoppeln, indem Sie ihn praktisch nach dem tollen Sieg gegen Hertha aus dem Rennen nehmen und in die Regeneration schicken (Den Ausdruck Sonderurlaub wollte ich bewusst vermeiden). Haben Sie das getan?“ fragte ich – und erwischte den Trainer praktisch eiskalt; er konnte meine Vermutung nicht vom Tisch wischen, erklärte, dass die Frage gut sei und redete noch ein wenig um den heißen Brei herum. Der Kader sei aber beisammen und würde (fast) komplett die reise nach Stuttgart antreten, ließ Streich wissen, was letztlich vieles offen lässt. Aber nochmal, wenn zum Beispiel Benjamin Uphoff, Dominique Heintz und Wooyeong Jeong und/oder Changhoon Kwon spielen – dazu vielleicht Ermedin Demirovic, der ja auch noch nicht übermäßig viele Spiele in den Beinen hat – darauf freue ich mich. Das sind gute Jungs, frisch dazu, die die Mannschaft keinesfalls schwächen.

Ich denke, dass zentrale Figuren wie in der aktuellen Form Keven Schlotterbeck und Nicolas Höfler nicht fehlen dürfen. Vorne ist die überragende Form von Vincenzo Grifo verlockend – andererseits hat er viel gespielt, dazu noch Länderspiele für Italien. Nein, ich gebe heute keine Aufstellungsprognose ab, bin aber in dem Wissen um personelle Veränderungen keinesfalls pessimistisch mit Blick auf morgen…

Ich übertrage das DFB-Pokalspiel VfB Stuttgart gegen SC Freiburg am Mittwochabend ab 20 Uhr, in der Sondersendung „Pokal Spezial“ live bei baden.fm.

 

Das Fußballspiel

(Mein 995. SC-Pflichtspiel live am Radiomikrofon)

Die ganze Veranstaltung war wider Erwarten irgendwie unsexy. Das fing schon damit an, dass meine Tochter Amelie unter einem grippalen Infekt litt und morgens um 4.20 Uhr zu Papa und Mama ins Ehebett schlüpfte, um sich pflegen und trösten zu lassen. An Tagen, wenn der SC spielt und ich eine Radioshow vor der Brust habe, bin ich aber – einmal wach – so aufgedreht, dass ich nicht noch einmal einschlafen kann. Also legte ich mich um fünf Uhr früh mit einem Käffchen im Wohnzimmer aufs Sofa, schaltete als Licht nur die Kerzen auf dem Weihnachtsbaum an und ließ mich, um niemanden zu stören, via Air-Pods von diversen Podcasts, mal Fußball, mal True-Crime, beschallen. Der Rest lief wie geplant – die Corona-Tests waren natürlich negativ und nachdem ich mich für die bevorstehenden Feiertage noch mit zwei Kisten Wein vom Waßmer Fritz eingedeckt hatte, fuhren wir nach Stuttgart, bezogen ein Familienzimer im einfachen aber sehr sauberen und zentral gelegenen A&O-Hotel „Stuttgart City“, orderten einen Pizzaservice und nach dem Essen wurde es auch schon Zeit für mich, zum Stadion zu fahren. Die Straßen und auch das Gelände an der Mercedes-Benz-Arena waren vergleichsweise menschenleer. Ich fuhr, nach Überprüfung meiner Unterlagen, Durchsuchen meiner Arbeitstasche und Abklopfen meines Körpers durch das besonders schwäbische Sicherheitspersonal mit dem Lift auf die Pressetribüne. Hier fand ich schnell meinen Arbeitsplatz, der fälschlicher Weise mit „Club-Radio“ ausgezeichnet war. Auch wenn baden.fm offizieller Medienpartner des SC Freiburg ist, sind wir als Medium unabhängig und haben unsere eigene Meinung, die nicht zwingend die des Clubs ist. Sonst hätte es den jahrelang schwelenden Konflikt mit dem heutigen DFB-Präsidenten Fritz Keller, basierend auf meiner unabhängigen Position im Streit um die Finke-Entlassung anno dunnemals nie gegeben. Aber egal, ich erkundigte mich, ob das tatsächlich mein Arbeitsplatz war, erhielt Bestätigung und schloss meine Technik an. Zeitgleich merkte ich eine gewisse Müdigkeit Einzug halten (siehe oben). Funfact am Rande: Die LAN-Verbindung funktionierte nicht. Ich rief die VfB-Pressestelle an – ging keiner dran. Ich suchte mir zwei Vereinsvertreter und die halfen mir weiter. Irgendwann dackelte ein Mann „von der IT-Abteilung“ an und testete den LAN-Zugang. Nach vielem Hin und Her kam eine Verbindung zu Stande. Kaum war der Typ verschwunden, brach die Verbindung wieder ab. Das war insofern problematisch, da es bereits nach 20 Uhr war und die Radioshow bereits lief. Wegen dieser bleiernen Müdigkeit in den Knochen regte ich mich aber gar nicht auf und blieb kalt wie eine Hundeschnauze. Drei vier Mal stellte ich die LAN-Verbindung her und jedes Mal brach die Verbindung über die wir üblicher Weise die Übertragung fahren, wieder ab. Schließlich beschloss ich auf die 1B-Lösung umzuschwenken, das heißt, nicht mit dem mitgebrachten Musiktaxi und eine feste LAN-Verbindung zu arbeiten, sondern über die teuerste App auf meinem iPhone, die „LUCY-App“, die baden.fm genau für solche Fälle mal für mich erworben hat. Über die LUCY-App, lässt sich ebenfalls quasi in Studioqualität streamen, aber eben mobil und mit W-LAN oder LTE. Da die W-LAN-Angebote für den Pressebereich in den Bundesligastadien durchweg ein Witz sind, viel zu schwach, nutze ich in der Regel die LTE-Verbindung, die mehr Stabilität garantiert. Vor allem dann, wenn nicht gleichzeitig ein paar tausend Fans im Stadion über ihre Smartphones im Internet surfen. Da keine Zuschauer dabei waren, war das also ähnlich entspannt wie der tiefenentspannte, körperlich etwas müde Reporter. Zum Zeitpunkt der ersten Liveschalte lief jedenfalls alles pickobello, wenn es auch, wie gesagt, die 1B-Lösung war.

Dann begann das Spiel. Ich habe jetzt soviel vom Rahmengeschehen erzählt, weil der Kick selbst zunächst nicht allzu viel hergab. Okay, meine Vermutung, ein oder zwei Spieler dürften eine vorzeitige und dadurch verlängerte Regeneration genießen, hatte sich bestätigt: Manuel Gulde und Roland Sallai fehlten im Kader für das Pokalspiel in Stuttgart. Beim jungen Ungarn wurden muskuläre Probleme angeführt – sei es drum. Die erste Halbzeit passte zu meinem müden body. Bemüht, dem Gegner keine Chancen für schnelles Umschaltspiel einzuräumen, spielten beide Teams eher quer und zurück als nach vorne, was jetzt nicht gerade für Dynamik und Tempo sorgte. Übrigens auch nicht für Torchancen. Eine einzige erinnere ich aus der ersten Halbzeit: In der 15. Minute passt Castro im Zentrum auf Mittelstürmer Calajdzic – dieser steht sträflich frei und tunnelt Keeper Uphoff zum 1:0. Bis kurz vor der Pause passiert nicht viel. Dann geht plötzlich alles ganz schnell: Kurz vor der Pause foult Stuttgarts Abwehrchef Waldemar Anton den Freiburger Mittestürmer Lucas Höler, was vom mäßig leitenden Dr. Brych aus München übersehen wird. Grifo ist wütend und grätscht Richtung Stenzel, der – obwohl gar nicht getroffen – wie ein sterbender Schwan zu Boden geht. Und schon gibt es Rudelbildung und Geschubse. Man könnte auch sagen, endlich Action auf dem Rasen. Brych behält die Ruhe und zeigt Stenzel und Grifo die Gelbe Karte – warum auch immer. Dann ist Pause.

Ich bin vom Spiel und vom Spielstand enttäuscht. Die zweite Hälfte wird mich zumindest ein klein wenig entschädigen. Mit Wiederbeginn wird der SC aktiver und drängt mit zunehmender Spielzeit immer mehr auf den Ausgleich. In der 55. Minute kommt Kwong für den in Stuttgart enttäuschenden Jeong, dem nichts gelingen wollte, und Demirovic kommt für Höler, der, okay im Spiel gegen den Ball, aber nach vorne auch keine Akzente gesetzt hatte. Der Freiburger Druck wird größer. War es in der ersten Halbzeit ein müder Kick mit optischen Vorteilen und der gefühlt verdienten Führung für den VfB, zu Beginn der zweiten Hälfte ein offener Schlagabtausch auf Augenhöhe, mit der einen oder anderen Halbchance auf beiden Seiten, wurde der SC zunehmend  dominant und hatte gegen Ende hin auch richtig klare Torchancen: In der 81. Minute zieht Demirovic von der Strafraumkante ab – Bredlow im VfB-Tor (die Stuttgarter spielten genau wie der SC mit ihrem etatmäßigen zweiten Torwart) zeigte eine Glanzparade und parierte. Auf der Gegenseite bewies auch Uphoff seine Qualität aber vor dem VfB-Tor passierte jetzt deutlich mehr. In der 88. Minute und einer eigentlich schon „toten“ Freistoßchance (Schmid) flankt Changhoon Kwon noch einmal auf den Kopf von Philipp Lienhart; der Ball kommt zum freistehenden Ermedin Demirovic, dem der linke obere Winkel des VfB-Tores offen steht – eine riesen Chance ist das… „Demi“ aber köpft vorbei. Es gibt noch drei Minuten Nachspielzeit aber der VfB – übrigens aus meiner Sicht zurecht Tabellensiebter – verwaltet das 1:0 nach Hause.

Nur die Schlussoffensive des SC war richtig gut und ein Wachmacher für mich. Ich packe meine Sachen, schenke mir die PK und fahre durch das menschenleere Stuttgart – Ausgangssperre…  – zum Hotel.

 

Das Nachspiel

Nach einer ruhigen Nacht und einem üppigen, wenn auch einfachem, Frühstück leitet uns das Navi über Würzburg, Fulda und Kassel (eine mir partiell völlig unbekannte Strecke) nach Bielefeld. Wir haben ein harmonisches Weihnachtsfest im Familienkreis und nach einem ähnlich ruhigen und familiären ersten Weihnachtsfeiertag geht es am Samstag wieder heim nach Bad Krozingen. Kurz nach 15 Uhr überfahren wir das Walldorfer Kreuz und ich erzähle meiner Familie, dass ich in genau einer Woche schon wieder hier sein werde, ein paar Kilometer weiter auf der A6, im Stadion von 1899 Hoffenheim. Eine echte Weihnachtspause gibt es dieses Jahr bekanntlich nicht.

Am Abend besuchen mich – coronakonform – meine erwachsenen Kinder Jérôme und Caroline. Ein schöner Moment.

Der Sonntag ist noch einmal ein Tag zum Beine ausstrecken. Am Montag hat mich dann der Arbeitsalltag wieder und ich verfasse die Fußballkolumne „SC INTEAM“ für unsere Wochenzeitungen ReblandKurier und Wochenblatt. Erscheinungstag ist Mittwoch, der 30. Dezember. Aber hier im Tagebuch schon heute:

 

SC INTEAM

Das DFB-Pokalspiel, heute vor einer Woche beim VfB Stuttgart, brachte dem SC Freiburg leider nicht den erhofften Erfolg zum  Jahresabschluss 2020. Der VfB ist zurecht Siebter in der Bundesliga und erwies sich als die erwartet harte Nuss für den SC. Mit einem 1:0, der denkbar knappsten aller Niederlagen, verabschiedete sich Freiburg  aus dem Pokalwettbewerb 20/21. Das Tor der Stuttgarter in der 15. Spielminute resultierte aus der einzigen Tormöglichkeit der gesamten, für die Fernsehzuschauer bei ARD und Sky,  betont faden ersten Halbzeit. Das Problem war, dass keine der beiden Mannschaften dem Gegner eine Möglichkeit geben wollte, seine mutmaßlich  größte Stärke, das schnelle Umschaltspiel, einzusetzen. So gab es deutlich mehr Quer- und Rück- als Steilpässe. Als die Gäste, wegen des Rückstands und der geringer werdenden Spielzeit, zu mehr Offensive gezwungen waren, wurde das Spiel unterhaltsamer. Der mögliche und wohl auch verdiente Ausgleich, der eine Verlängerung zur  Folge gehabt hätte, blieb dem SC aber verwehrt, weil VfB-Torwart Bredlow einen guten Schuss von Demirovic bravourös abwehrte und derselbe SC-Stürmer später mit  einem aussichtsreichen Kopfball das Tor verfehlte.

In Stuttgart fehlten der zur verlängerten Regenration „verdonnerte“ Verteidiger Gulde und der an muskulären Problemen laborierende offensive Mittelfeldspieler Sallai. Beide dürften am kommenden Samstag, 2. Januar, um 15.30 Uhr, wenn der SC Freiburg in Hoffenheim,  so frühe wie nie zuvor, das neue Fußballjahr eröffnet (Live bei Sky und baden.fm), wieder am Start sein. Betrachtet man nur die Bundesliga, ist der SC seit fünf Spielen ungeschlagen und legte zuletzt gegen Bielefeld, auf Schalke und gegen Hertha BSC drei blitzsaubere und verdiente Siege hin. Trotz des 2:1-Auswärtssieges in Mönchengladbach liegt 1899 Hoffenheim der Tabelle hinter dem Sport-Club und wohl auch hinter den eigenen Erwartungen zurück. Dem Traumstart mit einem Auswärtssieg in Köln und dem 4:1 gegen Bayern München folgten unter anderem Heimniederlagen gegen Dortmund, Union Berlin und Leipzig. Es wird spannend am Samstag. (Zitatende)

 

Für den Zeitungstitel Wochenblatt ist das leider die letzte SC-Kolumne, haben wir doch zu meinem größten Bedauern einen Corona-Toten zu betrauern. Tatsächlich mit Tränen in den Augen musste ich im Rahmen der Zeitungsproduktion dieser Woche auch folgenden Text für die WB-Titelseite verfassen:

 

In eigener Sache

Scheiden tut weh

Ob Opfer der allgegenwärtigen Pandemie „mit“ oder „an“ Corona sterben, ist in dieser unwirklich anmutenden Zeit eine latente Diskussion. Was dabei häufig übersehen wird: Für die Opfer und ihre Angehörigen zählt vor allem eines – der schmerzhafte Verlust. Das gilt sowohl für den Verlust von Menschen, als auch für jenen von Unternehmen, Initiativen oder Projekten.

Traurig aber wahr: Vor dem Hintergrund rasant steigender Kosten und – auch durch Corona – brutal einbrechender Werbeeinnahmen, wird das Wochenblatt zum Jahresende 2020 eingestellt. Die vorliegende Ausgabe 53 ist, nach 28 Jahren, die letzte WB-Ausgabe überhaupt.

Was bewegt, ist der Verlust: Werbetreibende verlieren eine im Landkreis einzigartige Plattform; Leserinnen und Leser eine kostenlose lokale Informationsquelle und/oder eine allwöchentliche Gewohnheit; der WZO-Verlag verliert eine leicht verwelkte, einstmals bunte  Blume aus seinem seit Jahrzehnten gehegten und bis heute stets wachsenden Beet; die Mannschaft  hinter dem Wochenblatt verliert gewohnte  Arbeitsinhalte – einige wenige Kollegen verlieren sogar noch mehr. Der Verlust ist es, der bewegt – ganz egal, ob diese Zeitung   „an“ oder „mit“ Corona stirbt.

Das Wochenblatt wurde 1992 in Binzen gegründet und fusionierte 1997 mit dem ReblandKurier zum WZO-Verlag. Bis heute wuchs der Verlag auf inzwischen acht Wochenzeitungstitel und zahlreiche weitere Printprodukte diesseits und jenseits der durch den Rhein symbolisierten Grenzen. Um die Existenz des Gesamtwerks zu schützen und zu sichern, wird in extrem schwierigen Zeiten das schwächste Glied der Kette entfernt. Wir, das Wochenblatt-Team, haben bis zur heutigen letzten Ausgabe mit Engagement und Herzblut für die Menschen im Landkreis Lörrach eine kostenlose Wochenzeitung produziert. Es war uns eine Ehre. (Zitatende)