2. Spieltag der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen SV Werder Bremen

Samstag, 26. August 2023, 15.30 Uhr *

Europa-Park Stadion, Freiburg *

SC Freiburg - SV Werder Bremen *

 

Das Vorspiel

Der Zufall wollte es so, dass ich am ersten Bundesliga-Spieltag mit genau dem Dienst-Fahrzeug von baden.fm unterwegs war, für das ich mich privat ernsthaft interessiere und für gestern eine Probefahrt vereinbart hatte – den ganz neuen Toyota Yaris Cross. Ursprünglich ein Kleinwagen, aber etwas länger und etwas höher – ein Mini-SUV mit viel technischem Schnickschnack, wie ich es auf den vielen Auswärtsreisen mit Fahrzeugen der Marke kennen- und schätzen gelernt habe. Ich also mit dem Yaris Cross nach Hoffenheim – das habe ich ja in der letzten Tagebuch-Ausgabe lang und breit erzählt - tja und gestern brauchte ich dann ja keine Probefahrt mehr und habe letztlich einen bestellt. Der weiße Renner stand als Tageszulassung auf dem Hof – Donnerstag ist Übergabe… Klären muss ich noch, ob wir das baden.fm-Branding drauf machen, das sieht nämlich richtig klasse aus. Also ich wäre ja bereit, Werbung für unseren Sender zu fahren…

Damit meine liebe Frau nicht eifersüchtig auf mein neues Auto ist, haben wir ihres auch gleich eingetauscht. Sie fährt dann künftig auch einen Toyota Yaris, aber den Klassiker – sie fährt gerne ein kleineres Fahrzeug und der „Bestseller“ der japanischen  Marke kommt in der klassischen Form deutlich günstiger als der Cross, in den ich mich verguckt habe. Ab Donnerstag steht jedenfalls das „weiße Ballett“ vor unserem Haus – und das hat nix mit dem 1. FC Köln zu tun…

Womit wir beim Fußball wären und zum Sport-Club kommen. Die Jungs empfangen am Samstag um 15.30 Uhr Werder Bremen. Die Hansestadt liegt nicht so weit von meiner Heimatstadt Bielefeld entfernt, deshalb war ich da schon öfter – als Kind mit meinen Eltern, inklusive Besichtigung des Weserstadions, als junger Fußballfan mit Arminia, zum Beispiel am 14, August 1981, als Twen, als Abwehrraubein Norbert Siegmann, aufgestachelt von Otto Rehagel, dem Bielefelder Ewald Lienen den Oberschenkel von oben bis unten aufschlitzte,  oder auch bei einem Spiel der damals existenten B-Nationalmannschaft, in der Helmut Schröder von Arminia, der einstige Friseur aus Sudhagen, seine internationale Premiere feierte. Auch das war mir die Anreise über etwa 150 km wert.

 Als Literatur-Student habe ich in Bremen eine relativ spektakuläre Theateraufführung von Hamlet erlebt. Als junger Vater habe ich meinen ersten Sohn Jérôme nach Bremen kutschiert, als er dort im Trikot von Arminia in der „Pampers-Liga“ ein Turnier hatte. Bremen war irgendwie immer präsent. Ich erinnere auch als SC-Kommentator beim Radio besonders emotionale Momente im Weserstadion. Die Erinnerung an Heimspiele gegen Werder fällt mir wiederum relativ schwer. Da brauche ich Nachhilfe von „fussballdaten.de“.

Ah okay, ich stelle fest, da gibt es eine gewisse Prägung bei mir, die in der Vergangenheit liegt. So schaffte der SC, nach dem ersten Bundesligaaufstieg, erst im vierten Versuch einen Heimsieg gegen die Bremer: 0:0, 1:3, 0:1 lauteten die ersten drei Heimspielresultate des SC gegen Werder. Bis am 17. August 1996 zunächst ein Doppelpack von Harry Decheiver für eine 2:0-Halbzeitführung sorgte. Danach gelang dem Österreicher Andi Herzog ein Doppelpack – plötzlich stand es 2:2. Vier Minuten später sorgte dann Blondschopf Alain Sutter für den Siegestreffer der Freiburger. Habe ich Erinnerungen an das Spiel? Nur sehr vage… An Alain Sutter? Oh ja. Wir hatten öfter mal Trouble miteinander. Der Schweizer war auch ein sehr eigener, eigenwilliger Typ. Beispiel: Ich war dem SC – ich glaube nach Zypern oder nach Portugal – ins Wintertrainingslager hinterhergereist und lieferte täglich Berichte und Interviews aus dem Trainingsquartier der Jungs. Das Verhältnis war top. Damir Buric und ein paar anderen habe ich am trainingsfreien Tag sogar meinen Mietwagen überlassen, damit die mal einen Ausflug machen konnten. Nur mit Alain funkte es irgendwie gar nicht. Er verweigerte mir sogar ein kurzes Audiointerview für meine Berichterstattung. Ein paar Wochen später kickte der SC bei eisigen Temperaturen gegen Gladbach. Sutter spielte schwach und wurde zur Pause von Volker Finke ausgewechselt. Ich kommentierte live und bekam aus dem Studio einen Hinweis. Der ebenfalls live übertragende Fernsehsender Premiere habe gemeldet, Sutter hätte wutentbrannt das Stadion verlassen. Ich meldete also den Personalwechsel und ergänzte völlig korrekt: „Die Kollegen von Premiere haben gerade gemeldet, Sutter habe wutentbrannt das Stadion verlassen. Wenn es stimmt, wäre das nicht nachvollziehbar, denn die Auswechselung war nach der Leistung in der ersten Halbzeit absolut nachvollziehbar.“ Am folgenden Sonntagvormittag klingelte bei mir in Riegel das Telefon – Volker Finke rief an. Ich müsse dringend mal mit Alain Sutter sprechen, der sei stinksauer. Finke erklärte mir, Sutter habe nicht das Stadion verlassen, sondern habe sich, grippal leicht angeschlagen, in warme Räumlichkeiten auf dem Stadiongelände zurückgezogen. Dort habe er die zweite Halbzeit im Radio verfolgt und sei bald hinten rüber gefallen, als ich gemeldet hätte, er habe wutentbrannt das Stadion verlassen…

Leider lief das klärende Gespräch mit Alain, gegen den ich wirklich nichts hatte, auch nicht in meinem Sinne. Der ex-Bayern-Star hörte mir gar nicht zu, sondern erregte sich sofort und warf mir vor, meine Falschmeldung sei eine Retourkutsche wegen des verweigerten Interviews im Wintertrainingslager. Nein, Freunde wurden wir nicht mehr. Das eine oder andere Interview habe ich später aber noch bekommen. Es war aber immer ein bisschen Eiseskälte zwischen uns, wenn wir uns unterhielten.

Zurück zu den Heimspielen gegen Werder Bremen:     Nach dem ersten Sieg gab es im Jahr 1999 zwei Heimspiele gegen die Hanseaten – das erste endete 0:2, das zweite mit einem 2:1 (Sellimi, Zeyer) für den SC. Das neue Jahrtausend begann mit einer 0:1-Niederlage. Am 31. Oktober 2000 setzte sich der SC dann aber im DFB-Pokal mit 1:0 (Sellimi) durch. Viel zu jubeln gab es 28. Juli 2001 – dem ersten Spieltag. Der SC empfing Werder und schoss die Bremer aus dem Dreisamstadion. Alle Tore fielen in der zweiten Halbzeit und hingen wohl auch damit zusammen, dass Werder nach einer Gelb/Roten Karte gegen Stalteri in Unterzahl geriet: Kobiashvili, allerdings lange vor dem Platzverweis, Tanko und Coulibaly danach, sorgten für die SC-Tore und für große Begeisterung an der Schwarzwaldstraße. Werders sportliche Rache sollte allerdings heftig geraten: 2:4, 0:6, 0:6 und 1:3 lauteten die Heimspielresultate in den Spielen zwischen 2003 und 2010. Mehr waren es nicht, weil der SC ja zwischendurch mal in der 2. Liga vorbeischaute. Heimsiege und Heimniederlagen wechselten sich in der Folgezeit ab. Heftig wurde es nochmal am 1. April 2014: Werder gewann – trotz der beiden Treffer von Nils Petersen und Vincenzo Grifo mit 2:5 im Dreisamstadion. Das war bitter… Nils Petersen, der ehemalige Bremer, traf am 17. Februar 2018 zum 1:0-Sieg des SC. 1:1 (Waldschmidt), 0:1 und 1:1 (Lienhart) hieß es in den Folgejahren, bevor der der SC als Europa-League-Teilnehmer in der Saison 22/23 Heim- und Auswärtsspiel für sich entscheiden konnte: Am 22. Oktober 2022 profitierte der SC von einer frühen Roten Karte gegen Friedl und siegte durch zwei Tore von Lucas Kübler und Vincenzo Grifo am Ende mit 2:0. Der SC hatte sich gegen Bremer in Unterzahl aber durchaus schwer getan und erzielte beide Tore erst in der Schlussphase, quasi als Befreiung. Auch das Rückspiel in Bremen konnte der SC für sich entscheiden: Zwar brachte Maximilian Philipp, der am Samstag nach 2echs Jahren in der Fremde erstmals wieder im SC-Kader stehen wird, Werder zu Beginn der zweiten Halbzeit im Weserstadion mit 1:0 in Front, Roland Sallai (66.) und Lucas Höler (71.) drehten das Resultat aber zu Gunsten der Freiburger.

In der Gesamtwahrnehmung waren die Heimspiele gegen Werder Bremen in den vergangenen 30 Jahren nicht wirklich besonders erfolgreich – eher stark durchwachsen mit spektakulären Tiefpunkten, wenn ich an die beiden 0:6-Spiele denke. In der Neuzeit sieht es aber anders aus: In der Vorsaison, in der der SC beide Spiele gewann, kämpfte der SC um die erneute Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb, sogar die Champions League lag in erreichbarer Nähe, während Werder um den Klassenerhalt kämpfte. Beim SC ist eindeutig mehr fußballerisches Potenzial vorhanden als bei den Bremern. Trotzdem kommen die „Fischköppe“ aus dem Norden recht gerne nach Freiburg – kein Wunder, bei einem Blick auf die Spiel-Historie. Auch morgen Nachmittag werden 4.000 Werder-Fans im Europa-Park Stadion weilen.

Der SC kann auf einen gelungenen Saisonstart zurückblicken – Qualifikation für die zweite Pokalrunde, Auswärtssieg am ersten Bundesligaspieltag – was will man mehr? Ich weiß es: Einen Sieg im ersten Heimspiel der Saison! Zwar hat Christian Streich in Hoffenheim vereinzelt „naive Fehler“ im Spiel gegen den Ball gesehen und die These aufgestellt, „wenn wir das nicht besser machen, gibt es keinen Sieg gegen Bremen“, dennoch kann der SC mit einer Portion Gelassenheit an das Spiel herangehen. Wie Werder spielt, ist hinlänglich bekannt:  Das Bremer Spiel ist ausgelegt auf das Verdichten von Räumen und hartes Arbeiten gegen den Ball. Bei Ballgewinn geht es oft schnell und nicht selten mit langen Bällen nach vorne, wo unter anderem der sehr kopfballstarke „Lücke“ Füllkrug wartet, der die Bälle oft genug auf seine Mitspieler Ducksch und Bittencourt ablegt und dann auf Flanken oder Abpraller wartet, sollten die Kollegen selbst den Abschluss suchen.

Da Sallai einen guten Lauf hat – ein Tor im Pokal gegen Oberachern, ein Tor und eine Torvorbereitung nebst starker Gesamtleistung in Sinsheim gegen Hoffenheim – an Roland führt bei der Startelf kein Weg vorbei. Aber auch „Litz“ Doan ist nach überstandenen Zahnproblemen, die den Japaner am ersten Bundesligaspieltag auf die Bank rotieren ließen, wieder fit. Einen prominenten Angreifer muss es aber kosten… Wer muss auf die Bank: Lucas Höler, Michael Gregoritsch, Vincenzo Grifo oder doch wieder „Litz“ Doan? Schwer vorstellbar, dass die Genannten plus Roland Sallai, also alle fünf Offensive zum Einsatz kommen… Und was geschieht im zentralen Mittelfeld? Der ex-Bremer Maximilian Eggestein, nach Trainerbekunden mit einer Ausnahmeleistung in Sinsheim, dürfte gesetzt sein – Nicolas Höfler ist nach Rot-Sperre wieder frei, aber auch Merlin Röhl war gegen Hoffenheim nach anfänglichen Anlaufschwierigkeiten richtig stark. Die Aufstellung ist (nicht nur) diesmal ein Puzzlespiel, das auch Enttäuschte zurücklassen wird. Wohl er auf der Bank als in der Startelf feiert Maximilian Philipp sein Comeback in Freiburg. Er sei absolut fit und seine Stärken seien bekannt. Genauso kenne „Milli“ die Abläufe in Freiburg. Deshalb sei klar, dass der Heimkehrer im Kader stehe, hatte Christian Streich bei der Pressekonferenz am Donnerstag auf meine Frage hin geantwortet. Im Hinspiel hatte „Milli“ noch für Werder und gegen den SC gespielt und getroffen. Vielleicht macht er das morgen mit einem Joker-Tor gegen die Grün-Weißen wieder gut…

Mein persönlicher Countdown auf das Gastspiel von Werder begann gestern mit dem Besuch der Pressekonferenz, setzte sich fort mit dem Vorbericht heute Morgen in der Morning-Show Frühstücksclub von baden.fm und nun mit dem Verfassen des Tagebucheintrags. Um 17 Uhr trifft sich eine Mannschaft, gebildet aus aktuell nicht urlaubenden Spielern der B- und C-Junioren des FC Bad Krozingen am hiesigen Sportheim zur Weiterfahrt zum Schönbergstadion in Freiburg. Dort trifft dieses Gemisch aus C- und B-Jugendspielern auf die zweite Frauenmannschaft des SC Freiburg, die U20. Ich fürchte, mein Sohn Ben und seine Komplizen bekommen mächtig eins aufs Dach. Aber natürlich lasse ich mir dieses Schmankerl nicht entgehen…

Apropos Ben – für meinen 15-jährigen Jungen habe ich am Ticketzeitmarkt eine Sitzplatzkarte für das Werder-Spiel ergattern können. Ein zweiter Sieg am zweiten Spieltag wäre – auch für das ganze Drum und Dran, das Ambiente und die gewünschte Leichtigkeit im eigenen Spiel von großer Bedeutung.

Die Woche darauf geht es dann zum schwäbischen VfB, dem glaube ich die Fernsehabteilung des SWR gehört. So hat sich das jedenfalls letzten Sonntag mal wieder angehört…

Heute Abend kickt der VfB in Leipzig. Das schaue ich auf DAZN – als Vorbereitung auf das Match nächste Woche in Stuttgart und gewissermaßen als Vorspeise vor dem Hauptgang morgen – und der heißt SC Freiburg gegen Werder Bremen.

Soeben kommt die Push-Meldung: "Günni hat sich den operierten Arm erneut angebrochen und fällt vorläufig aus..."

 

Ich kommentiere das Bundesligaspiel zwischen dem Sport-Club und Werder morgen Nachmittag in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.104. SC-Livespiel am Radio-Mikrofon)

Am Ende der aufregenden 98 Minuten stand ein verdienter Sieg des SC. Dass ausgerechnet der nach sechs Jahren in der Fremde nach Freiburg zurückgekehrte „verlorene Sohn“ Maximilian „Milli“ Philipp den Ball, unmittelbar vor dem Schlusspfiff, gegen seine Arbeitgeber der Vorsaison, kunstvoll volley ins Tor drosch, machte den Moment der Entscheidung zu einem großen, beinahe schon epischen Moment. Philipps sehenswerte Treffer, mit herausragender Schusstechnik erzielt, war – obwohl Schiedsrichter Benjamin Brand die Partie noch einmal anpfiff und zwei Minuten weiterspielen ließ, in denen Bremen sogar nochmal eine Torchance hatte – gewissermaßen der Schlusspunkt unter ein intensives Kampfspiel mit einem tragischen- und einem echten Helden…

Der tragische Held war Werders  Torwart Jiri Pavlenka, der einen Sahnetag erwischte und die Freiburger Angreifer mit Weltklasse-Reflexen fast verzweifeln ließ. In der 23. Minute wehrt der Tscheche zunächst einen Schuss vom quirligen Roland Sallai, der im Zentrum plötzlich frei zum Schuss kam, bravourös ab, den Nachschuss würde Vincenzo Grifo zum 1:0 versenken, waren sich die meisten der 35.000 Zuschauer im Europa-Park Stadion wohl sicher, doch Teufelskerl Pavlenka, fast noch am Boden liegend, schmeißt sich in die Flugbahn und lenkt den Ball doch noch irgendwie über die Querlatte. Zur Pause spricht die leider nicht genutzte Großchance für den SC, ansonsten hatte Werder Bremen im Spiel überraschend mehr als nur Augenhöhe mit dem Sport-Club erreicht.

In der 63. Minute wächst Jiri Pavlenka einmal mehr über sich hinaus, pariert zunächst einen artistischen Seitfallzieher von Roland Sallai und wehrt dann den Nachschuss von Lucas Höler per Fußbawehr ab, bevor erneut Sallai mit dem zweiten Nachschuss das Tor knapp verfehlt.

Unmittelbar danach wird, mit warmem Applaus des Publikums empfangen, Maximilian Philipp für den abgekämpften und eine Stunde lang glücklos anstürmenden Roland Sallai eingewechselt. Mit zunehmender Spielzeit schein Bremen müder zu werden - der SC aber bleibt sehr präsent und dominiert jetzt spürbar die Partie.

Michael Gregoritsch kommt für „Litz“ Doan. Fünf Minuten auf dem Feld, hat der Österreicher die Freiburger Führung auf dem Fuß, der Volleyschuss nach guter Vorarbeit von Vincenzo Grifo geht aber über das Tor – es ist zum Verzweifeln…

In der 81. Minute wird Lucas Höler im Mittelfeld böse gefoult und muss nach kurzer Behandlungspause verletzt raus. Noah Weißhaupt kommt auf den Platz. Zeitgleich kommt Kenneth Schmidt für Günter-Vertreter Lukas Kübler. Noah Weißhaupt, dessen Vater Marco um die Jahrtausendwende herum Profi beim SC war, ist ein Schlitzohr: In der 90. Minute sieht er, dass Pavlenka zu weit vor seinem Tor steht und versucht den Werder-Keeper mit einem Schlenzer aus großer Torentfernung zu düpieren. Über den Tschechen hinweg fliegt der Ball Richtung Tor, senkt sich dort jedoch etwas zu spät und landet von oben auf dem Tornetz. Jetzt riecht es förmlich nach 0:0; trotz der Überlegenheit des SC - das Runde will einfach nicht ins Eckige… Sechs Minuten Nachspielzeit werden angezeigt.

In Minute 90. + 1 gibt es noch einmal Ecke für den Sport-Club. Vincenzo Grifo flankt und Nicolas Höfler verlängert per Kopf in Richtung Tor – der Ball klatscht an die Latte. Nein, nein, nein - es soll scheinbar einfach nicht sein. Verdient wäre die Freiburger Führung inzwischen längst. Auf meiner Stoppuhr läuft Minute 90. + 5 (die bundesweiten Medien legen noch eine Minute drauf) da kann Noah Weißhaupt von der rechten Seite eine Flanke zwischen zwei Verteidigern hindurch ins Zentrum zirkeln. Vor Pavlenkas Tor ist viel los, aber einer nimmt sich so richtig ein Herz: Maximilian „Milli“ Philipp, der Heimkehrer, bekanntlich mit einer exzellenten Schusstechnik ausgerüstet, knallt den Ball volley und unhaltbar für den „Man oft he Match“, Jiri Pavlenka, ins Netz. Das Europa-Park Stadion steht Kopf! Endlich das 1:0 und dann noch durch „Milli“ – Tor! Tor! Tor! Tor! Tor! Schreie ich ungläubig und wie entfesselt ins Mikrofon.

Benjamin Brand, der meist unauffällige Schiedsrichter der Begegnung, pfeift noch einmal an und Werder wirft nun alles nach vorne. Der eingewechselte frühere Düsseldorfer Torjäger Kownacki bekommt auch noch eine Chance, doch diesmal landet der Ball auf dem Tornetz des SC. Und dann ist das Spiel aus und der Jubel kennt keine Grenzen… Daran will ich mich erinnern, wenn der SC mal ein „Last-Minute-Tor“ kassiert und ein Spiel verliert, schießt es mir durch den Kopf.

Durch den Zeitpunkt von „Millis“ Treffer ist der Sieg glücklich – in der Gesamtwahrnehmung aber verdient; zu schwer wiegt das Chancenplus des Siegers SC Freiburg über die gesamten 98 Minuten.

 

Das Nachspiel

„Millis“ herrlicher Treffer in den Schlusssekunden der Begegnung war wie eine Befreiung. Dritter Sieg im dritten Pflichtspiel, sechs von sechs möglichen Punkten – ich bin glücklich und beseelt, als ich von der Pressetribüne in die Mixedzone hinuntersteige. Dort wird uns Journalisten Matthias Ginter zugeführt. Ich will das Mikro einschalten, muss aber kurz warten, denn „Gintes“ will mir die Hand schütteln; wir kennen uns schon ein paar Jahre und hatten erst in der Sommerpause einen gemeinsamen Auftritt beim Sommerfest der Firma Hieber mit fast 1.000 Mitarbeitern im Europa-Park Stadion. Also Shakehands und dann beginnt das Interview. Nach den ersten Sätzen bekomme ich ein schlechtes Gefühl – zeichne ich denn jetzt auf oder nicht? Ich schaue nach und sehe – Mist – Mikrofon-Knopf ist nicht gedrückt. Blitzschnell entscheide ich mich gegen einen Neustart des gesamten Interviews, das ja auch von vielen anderen Kollegen mitgeschnitten wird, und für einen verspäteten Einstieg. Ich drücke auf den Mikrofonknopf und mache einfach weiter. Deshalb fehlt beim Interview mit „Gintes!“, zum Beispiel auf der Internetpräsenz des SC,  die erste Frage und die ersten Worte der Antwort. Ich ärgere mich maßlos über die kleine technische Panne und merke gar nicht, dass sich die kleine Meute hinter mir längt zur anderen Seite der Mixedzone bewegt hat und Maxi Eggestein „verhört“. Ich sehe stattdessen Noah Weißhaupt vorbeischlendern, erinnere mich an seine Flanke vor dem entscheidenden Tor und bitte ihn zum Interview. Gut gelaunt beschreibt er mir, wie er das 1:0 erlebt hat. Als Noah wieder geht, beginnt für alle das Warten auf den Helden des Spiels… „Milli“ ist am Samstag ein gefragter Gesprächspartner. Nach Sky, SWR-Fernsehen  und ZDF kommt er auch zu mir beziehungsweise zu uns, rechtetechnisch zu den nicht Erstverwertern. „Milli“ ist ein guter Typ, nett, bescheiden, reflektiert – kein Sprücheklopfer, kein großer Redner, wenn man so will. Ruhig erzählt er von der großen Emotionalität, die mit seiner Rückkehr und dem Tor verbunden ist, lobt die SC-Fans und freut sich, „wieder hier zu sein.“ Und als ich ihn auf das schwere Spiel in Stuttgart anspreche, haut „Milli“ sogar einen Spruch raus: „Das machen wir schon“ sagt er, mit Blick auf den kommenden Samstag und verabschiedet sich lachend.

Ich gehe zufrieden in den Presseraum, um der Pressekonferenz mit Christian Streich beizuwohnen. Im Nachgang gibt es, wie immer, das Interview, in dem Streich, losgelöst vom Spiel, zu verstehen gibt, dass der SC wohl noch auf dem Spielermarkt aktiv werden wird und was es dabei zu bedenken gibt. Unmissverständlich erklärt der SC-Trainer, dass der SC keinen Spieler mehr abgeben wird. Hintergrund meiner Frage war das medial kolportierte Interesse des FC Bayern an Abwehrtalent Kiliann Sildillia. Das habe er gar nicht gelesen, behauptet Streich, lobt aber die gute Leistung des jungen Franzosen gegen Bremen.

Als auch das Streich-Interview im Kasten und an die diversen Adressaten beim SC und im Funkhaus versendet ist, habe ich mal wieder Feierabend. Ohne Stress und Eile baue ich meine Technik ab. Der späte Sieg der Profis hat den Ärger über den mäßigen Auftritt der U23 in Verl, wo die Jungs doch tatsächlich, trotz zweimaliger Führung durch Maximilian Breunig, am Ende mit 3:2 verloren haben, verdrängt. Die erste Halbzeit der Partie hatte ich noch aus dem Europa-Park Stadion heraus auf Bildschirmbasis kommentiert. Bei mir regiert aber die Freude über den Sieg der Profis und die optimal gelungene Rückkehr von „Milli“.

Am Auto treffe ich auf meinen Sohn Ben und gemeinsam fahren wir heim nach Bad Krozingen – letztmalig im Ford Kuga, geht es mir durch den Kopf – ein treuer Begleiter in den letzten fünf Jahren, der mich nie im Stich gelassen hat. Keine Panne, nichts. Und doch: Nur der Wandel ist stetig… Die Zukunft heißt Toyota Yaris Cross (Hybrid).

Apropos Wandel: Die Dritte Liga hat ja jetzt neue Anstoßzeiten – so kommt es, dass ich den kompletten Sonntag vor der Glotze sitze: Um 13.30 Uhr kickte Arminia gegen Regensburg – leider  nur 1:1, um 15.30 Uhr und 17.30 Uhr war – wie immer Bundesliga – und um 19.30 Uhr habe ich dann noch RW Essen gegen Prxxx Münster geschaut. Zumindest bis meine Frau Yoany mir elegant zu verstehen gab, dass ein Programmwechsel jetzt angeraten sei. Also Netflix … bis zur Bettruhe.

Heute ist Montag und ich habe bereits meine Zeitungskolumne für den ReblandKurier vom nächsten Mittwoch verfasst. Klar, wenn bis morgen noch eine Transfermeldung vom SC reinschneit, kann und werde ich an dem Text noch etwas schrauben. Ansonsten lautet er wie folgt:

 

SC INTEAM

Die laufende 35. Kalenderwoche  ist von großer Bedeutung für die nähere Zukunft des SC Freiburg. So endet am Freitag, 1. September, zum Beispiel das Transferfenster und die Frage, ob der Sport-Club sich personell noch verstärken wird, erhält eine finale Antwort. Die erneute Verletzung von Kapitän Christian Günter könnte zu einer Verpflichtung eines Spielers für den Arbeitsbereich des Routiniers führen, um auf der linken Schiene im Defensivbereich mehr Möglichkeiten zu haben. Auch für eine weitere Verstärkung im Offensivbereich sind die Mittel vorhanden. Am Samstag, beim Spiel gegen Bremen, fiel auf, dass es dem Sport-Club aufgrund einiger verletzter Spieler nicht möglich war, die Ersatzbank komplett zu füllen – statt einen Zwanzigerkader bot der SC lediglich einen Kader mit 19 Profis auf. Vor dem Hintergrund der drei zu bestehenden Wettbewerbe drängen sich weitere Verstärkungen des Kaders förmlich auf.

Der kommende Freitag, 1. September, bringt auch in einem ganz anderen Bereich Klärung: Um 13 Uhr wird im Grimaldi Forum in Monaco die Gruppenphase der UEFA Europa League ausgelost,  insgesamt 32 Teams kämpfen  vom 21. September bis 14. Dezember  in acht Gruppen  um den Einzug ins Sechzehntelfinale des Wettbewerbs. Nach der Auslosung steht fest, mit wem sich der SC diesmal international auseinanderzusetzen hat. Der Spielplan der UEFA Europa League Gruppenphase wird erfahrungsgemäß am folgenden Samstagvormittag, 2. September, kundgetan.

Am selben Tag steht für den SC Freiburg in Stuttgart das dritte Spiel in der Bundesliga auf dem Programm. In den bisherigen drei Pflichtspielen, gegen den Oberligisten SV Oberachern im DFB-Pokal (2:0) sowie in der Bundesliga bei 1899 Hoffenheim (1:2) und gegen Werder Bremen (1:0) konnte der SC jeweils Siege einfahren. In allen drei Fällen waren es keine Erfolge, die von Glanz und Gloria begleitet wurden, alle drei Siege waren aber mit Fug und Recht verdient. Auch das 1:0 durch das „Last-Minute-Tor“ von Heimkehrer Maximilian „Milli“ Philipp gegen Werder Bremen. Vor dem Treffer, der den Freiburger Erfolg extrem spät sicherstellte, hatte Bremens tschechischer Torhüter Jiri Pavlenka hochkarätige Möglichkeiten von Sallai (2), Grifo und Höler mit Weltklassereflexen verhindert. Das Tor der schwer zu bespielenden Bremer schien wie zugenagelt, bis, nach fünf Minuten in der Nachspielzeit ausgerechnet der eingewechselte Maximilian Philipp –  erst Tage vorher nach sechs Jahren in Dortmund, Moskau, Wolfsburg und Bremen zum SC Freiburg zurückgekehrt –  per Direktabnahme traf.  Durch einen Erfolg ab 15.30 Uhr in Stuttgart (live bei Sky und baden.fm) könnte der Sport-Club seinen Saisonstart vergolden. (Zitatende)

 

Für den SC ist diese 35. KW also eine besonders wichtige. Für mich persönlich auch. Der eine oder andere Würfel fällt in dieser Woche auch für mich in die eine oder die andere Richtung. Über alles kann ich öffentlich nicht schreiben aber klar ist: Am Mittwoch gehen unsere beiden Ford-Automobile zwecks Inzahlungnahme nach Emmendingen, am Donnerstag holen Yoany und ich die dann auf uns zugelassenen Toyotas im Autohaus Bohny ab. Am Freitag schaue ich genauso gespannt auf die Europa-League-Auslosung in Monaco, wie der Sport-Club selbst, denn sportlich und reisetechnisch klärt sich dann ja einiges. Am Freitagabend fahre ich nach Stuttgart  von wo aus ich mit Bekanntwerden des Europa-League-Spielplans meine Reisen buchen werde – der frühe Vogel, Ihr wisst schon… Samstagnachmittag kommentiere ich dann zunächst die erste Halbzeit vom Spiel der U23 gegen Rot-Weiß Essen, danach übernimmt das Studio und ich widme mich konzentriert dem Bundesliga-Derby VfB Stuttgart gegen SC Freiburg. Nach dem Spiel, den Interviews und der PK geht es dann wieder heim und am Sonntagmorgen – mit neuem Privatwagen – mit der Familie nach Südfrankreich; wir nutzen die letzte Schulferien-Woche und das Länderspielwochenende zu einem Kurzurlaub in Palavas bei Montpellier, meiner zweiten Heimat in unserem Nachbarland. Das wäre doch super, wenn der SC zu dem Zeitpunkt 9 Punkte auf dem Konto hätte, oder? Man liest und hört sich!