2. Spieltag der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen VfL Wolfsburg

Sonntag, 27. September 2020, 18 Uhr

Schwarzwald-Stadion, Freiburg

SC Freiburg - VfL Wolfsburg

Das Vorspiel

Wir nähern uns langsam, ganz langsam, dem ersten Heimspiel des SC Freiburg in der Bundesliga-Saison 20/21. Wir nähern uns deshalb so langsam, weil es das letzte Spiel des Gesamtspieltags wird und erst am Sonntag, 27. September, um 18 Uhr angepfiffen wird. Gegner ist der VfL Wolfsburg. Sportlich eine Herausforderung – emotional lässt mich Wolfsburg kalt wie ein Kühlschrank. Die Fußballabteilung ist eine Unterabteilung des VW-Konzerns; eine industrielle Organisation von Fußball, wie ich es nicht so schätze und liebe. Ein bisschen herzlicher wird es nur durch alte Weggefährten; etwa Jörg Schmadtke, der Sportdirektor des VfL. Als „Schmadti“ noch ein junger Mann mit voller Lockenpracht und schlank wie eine Gerte war, stand er einige Jahre beim SC im Tor. Ich war damals schon als Livereporter dabei und hatte ein nettes Verhältnis zu „Schmadti“, auch wenn wir heute zwischen den Spielen des SC gegen seine jeweiligen Clubs keinen Kontakt pflegen, ist es immer wieder ein nettes Begrüßen und sich erinnern – vermutlich auf beiden Seiten. Es ist zum Beispiel auch schon ewig lange her, da war „Schmadti“ Sportdirektor bei Alemannia Aachen. Der SC reiste zu einem Zweitligaspiel an und ich war in der Geschäftsstelle der Alemannen, um meine Akkreditierung abzuholen, glaube ich – in jedem Fall bekam ich plötzlich einen unerwarteten heftigen „Schulterklopfer“, sprich einen Schlag auf den Rücken, der mir fast das Kreuz brach. Mit einem breiten Grinsen stand „Schmadti“ hinter mir. So ist er halt…

Ein anderer alter Weggefährte bei Wolfsburg ist Admir Mehmedi. Wir hatten weniger persönlichen Kontakt, mal abgesehen von ein paar Interviews. Ich weiß aber, dass er sich mal eingehend in der Presseabteilung über mich erkundigt hat und die Kollegen ihm ein paar Torschreie von mir vorgespielt haben oder so. Admir soll beeindruckt gewesen sein. "Der gibt aber Vollgas", wird er zitiert.

Aber sonst… Wolfsburg… lässt mich kalt. Eiskalt.

Anders ist das bei der Perspektive „SC-Heimspiel“. Den idealen Start mit einem Auswärtssieg in Stuttgart könnten die Jungs im besten Fall durch einen Heimsieg gegen Wolfsburg "vergolden". Dieser Gedanke elektrisiert mich natürlich.

Bevor wir, eventuell morgen Nachmittag, nach der virtuellen Pressekonferenz mit Christian Streich zu konkreten sportlichen Einschätzung kommen, etwa zu der Frage, ob Rekordeinkauf Baptiste Santamaria im Kader oder gar in der Startelf stehen wird, berichte ich mal von meinem persönlichen Vorlauf auf die Partie:

Gewissermaßen begann dieser Vorlauf schon gestern, am Mittwoch. Um 15 Uhr fand in der Fußballschule das Nachholspiel der Regionalliga, SC II gegen FSV Frankfurt statt. Welch ein Niedergang für die Blau-Schwarzen – ich erinnere noch Pflichtspiele der SC-Profis gegen den FSV in der 2. Liga - ich bin ziemlich sicher, dass Vince und Nils damals schon dabei waren. Jetzt kickt der FSV also in der Regionalliga – und die Gäste verloren bei der Freiburger U23 mit 1:0...

Der Sieg wurde durch ein Tor von Ex-Profi Johannes Flum in der Schlussviertelstunde sichergestellt. Heimkehrer "Flumi"  hat praktisch die Rolle des erfahrenen Leitwolfs der "Jungfüchse" von seinem Vorgänger Ivica Banovic übernommen – eine gute Konstellation. Der Sieg war übrigens hoch verdient, denn alleine in den ersten zehn Minuten hatte der SC drei Großchancen verpasst, in der Folgezeit kamen weitere Hochkaräter dazu, bis es den Gästen aus Hessen in der zweiten Halbzeit gelang, auf Augenhöhe Paroli zu bieten. Ausgerechnet in diese Phase hinein fiel dann das Flum-Tor nach einer Freistoßflanke von der rechten Seite.

Ich habe ein richtig gutes Regionalligaspiel gesehen, das den SC zumindest vorübergehend auf Platz 1 spülte. Meine heimliche Spekulation, eventuell ein einen Freiburg-Akklimatisierungs-Einsatz von Santamaria zu sehen wurde freilich nicht erfüllt. Keiner aus dem dem gestrigen Kader der U23 wird am Sonntag im Profikader stehen; aber der SC hat noch viele spannende Talente unter Vertrag, das wurde deutlich.

Mit dem Start ins Tagebuch geht mein persönlicher Vorlauf heute weiter; morgen ist dann – wie immer – zwischen 6 Uhr und 7 Uhr sowie zwischen 8 Uhr und 9 Uhr – Fußballtalk zum SC in der Morningshow von baden.fm. Um 14 Uhr ist die virtuelle Pressekonferenz und abends beginnt der Spieltag mit Hertha gegen Frankfurt. Das ist natürlich TV-Pflichtlektüre für einen wie mich. Samstagmorgen hat Ben ein weiteres Vorbereitungsspiel seiner D-Junioren-Bezirksligatruppe in Bollschweil. Zuletzt gab es nur Kantersiege der Krozinger Jungs zu beobachten. Mal gucken, wann sie „hochnäsig“ werden und unerwartet einen aufs Dach bekommen…

Am Samstagnachmittag schwanke ich noch zwischen Einzelspiel Arminia gegen Köln oder Sky-Konferenz. Abends folgt dann der „Keller-Knaller“ Schalke gegen Bremen – mit anderen Worten, ich bin gut mit Fußball versorgt, bevor es am Sonntagabend gegen Wolfsburg um Punkte für unseren SC geht. Letztes Jahr schaffte der Sport-Club nach fünf Spielen einen genialen Punkteschnitt von zwei Zählern pro Spiel. Auf dieser Erfolgswelle surften sie dann durch die ganze Saison. Ich erhoffe mir wieder eine gelungene Startphase der Saison, um dann später nie in den Keller abzurutschen. Da ich weiß, dass es am dritten Spieltag in Dortmund besonders schwer wird, setze ich auf die Heimspiele gegen Wolfsburg und Bremen sowie den Kick bei Union Berlin, um die nötigen Punkte einzufahren. Sieben braucht es noch, um den Schnitt vom vergangenen Jahr zu  erreichen.

Und dann war da noch mein Termin bei Herrn Späth, Geschäftsführer vom Intersport HAAF mit Geschäften in Breisach, Müllheim und Staufen.  Wir beide haben uns nach verschiedenen Kooperationen im Printbereich (ReblandKurier) und häufigem Mail-Austausch endlich persönlich kennengelernt. Ein Thema, das wir vor Wochen schon schriftlich erörtert hatten, haben wir nun in trockene Tücher gebracht…

Wer mich schon länger kennt, weiß, ich „häute“ mich gerne, wenn ich vom Redaktionsleiter eines mittelständischen Wochenzeitungsverlags zum Radio-Livereporter in der Fußball-Bundesliga oder auch zum Veranstaltungsmoderator im Sportbereich werde. Mit „häuten“ meine ich, ich verlasse nicht nur die bisherige Rolle, sondern dokumentiere das auch über meine Kleidung. Deshalb trage ich seit vielen Jahren schon Sportklamotten, wenn ich durch die Stadien pilgere. Ich bin dann ein anderer Typ als montags bis freitags im Verlag.

Nun habe ich es immer schon geschätzt, wenn ich diese Sportklamotten als Ausrüstung im Rahmen eines Werbedeals bekomme. In den vergangenen vier Jahren war die Firma Hummel, Ausrüster des SC Freiburg, mein Partner. Da wir uns zuletzt nicht mehr über die Konditionen einer Fortsetzung einigen konnten, gehen wir zum Start in die neue Saison im Guten auseinander. Stattdessen werde ich künftig von Intersport HAAF mit piekfeiner Sportswear meiner persönlichen Wunschmarke PUMA ausgerüstet. Die gebrandete Ware trifft in drei Wochen ein, es ist aber Ehrensache, dass ich bereits jetzt PUMA trage, wenn ich in der Bundesliga unterwegs bin, sprich am Sonntag gegen Wolfsburg und eine Woche später in Dortmund. Was ich an PUMA schätze ist nicht nur die Qualität, sondern auch der Umstand, dass die Größen ganz gut mit meinem etwas zu großzügigen Body harmonieren...

Der Chef von baden.fm, Christian Noll, hat zudem gesagt, dass es ihm ohnehin lieber sei, wenn der Reporter kleidertechnisch nicht so aussehe wie die Spieler oder die Offiziellen des Vereins, den wir als Medium immer konstruktiv aber gelegentlich halt auch mal kritisch begleiten. Jetzt mit PUMA entsteht optisch nicht der Eindruck, der baden.fm-Reporter sei vom SC Freiburg – was er ja auch nicht ist. Nochmal zur Klärung: „In der Beurteilung korrekt, in der Emotion grenzenlos parteiisch“ - das ist und bleibt meine Devise bei der Arbeit am Mikrofon. Damit fahre ich seit 27 Jahren in Freiburg und zuvor zweieinhalb Jahren in Bielefeld recht gut.

Freitag

Die Frage aller Fragen in der Pressekonferenz mit Christian Streich lautete: Spielt Baptiste Santamaria gegen Wolfsburg oder kommt er nach wenigen gemeinsamen Trainingseinheiten mit seinen neuen Kameraden vielleicht noch gar nicht in den Kader?

Dass der Franzose, der durch seine drei Einsätze in jüngster Zeit für den OSC Angers in der Ligue 1 athletisch „voll im Saft“ steht, am Sonntag im Kader fürs Wolfsburg-Spiel stehen wird, scheint nach den Statements von Christian Streich ziemlich sicher. Ob er auch in der Startelf steht, ließ der Trainer freilich offen. Meine öffentlich geäußerte Vermutung, dass der Trainer gegen Wolfsburg nicht, wie bei Aufsteiger Stuttgart, mit fünf nominell Offensiven beginnen, sondern vermutlich zu einer Formation mit einer Doppelsechs zurückkehre, beantwortete Streich lachend mit dem Hinweis, „Herr Rischmüller, Sie könnten überrascht werden“. Gut gekontert, Trainer, denn wenn er meine Frage nach der sogenannten Doppelsechs mit „ja“ beantwortet hätte, wäre natürlich die nächste Frage gewesen, wer denn – außer dem 10-Millionen-Einkauf Santamaria – für die Position neben Nicolas Höfler in Frage käme. Wir wären vermutlich bei Carlo Boukhalfa gelandet, dem Talent aus der Regionalliga-Truppe. Noch Fragen?

Meine Prognose: Der SC spielt gegen Wolfsburg mit einer Doppelsechs – und mit Santamaria in der Startelf. Natürlich wird der Franzose noch Defizite und Anpassungsprobleme haben, Spielpraxis in der Bundesliga kann er aber nur eben dort erhalten, denn die Saison hat ja bereits begonnen.

Not amused war Streich über eine Formulierung in der badischen Tagespresse, die Benjamin Uphoff im Kampf um die vorübergehende Nachfolge des schwer verletzten Mark „Flekki“ Flekken, als „Verlierer“ tituliert hatte. Ich finde, natürlich kann man das schreiben und natürlich kann man sich als SC-Trainer darüber ärgern. Ende aus. Mehr war ja nicht. Rechtfertigungsversuche des Kollegen wie auch Unterstützung vom Fachblatt-Korrespondenten waren redundant. Das Argument, Uphoff sei von der Position zwei auf Position drei abgerutscht sticht jedenfalls nicht, denn Florian Müller, der als neuer Stammtorwart gesetzt scheint, hat nur einen Leihvertrag bis Saisonende und „Flekki“ ist (leider) bis tief ins Jahr 2021 hinein aus dem Rennen. Die Diskussion war mithin überflüssig, wobei der BZ-Kollege absolut keinen Fehler gemacht hat. Ganz sicher hat sich Uphoff erst Hoffnungen gemacht und dann als Verlierer gefühlt, als Müller kam und aufgestellt wurde. Streich hat aber auch Recht: Uphoff wurde als Nummer zwei auf der Torwartposition geholt, um sich zu entwickeln und in dieser Position ist er auch nach dem ersten Spieltag noch. So what?

3.200 Zuschauer kommen am Sonntag ins Stadion. Ein kleiner Schritt in Richtung Normalität, wie ich finde - auch wenn die Infektionszahlen in aller Welt leider für die nächsten Wochen womöglich erneute Geisterspiele erahnen lassen. Shit happens...

Last but not least:

Gestern Abend waren Panikminister Lauterbach und Elke Heidenreich bei Lanz. Lauterbach, das ist der SPD-Heini, der das inzwischen weltweit anerkannte und kopierte DFL-Konzept zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs verhindern wollte und in jeder denkbaren Talkshow dagegen agitiert hatte. (Übrigens Herr Lauberbach, durch den Spielbetrieb hat es nachweislich keine einzige Infektion unter den Beteiligten gegeben) Elke Heidenreich ist eine … warte mal, ich google mal… und finde: „Elke Helene Heidenreich ist eine deutsche Schriftstellerin, Literaturkritikerin, Kabarettistin, Moderatorin, Journalistin und Opern-Librettistin“. Also die halt. Es ging mal wieder um Corona und die Heidenreich blaffte, um Zustimmung von Lauterbach heischend, „und wir reden über volle Bundesligastadien“, das müsse doch wohl hinten anstehen. Danach erzählte Frau Heidenreich, wie sie nach Lesungen, bei denen viele Plätze wegen der Corona-Regeln frei bleiben mussten, heulend im Hotel saß.

Ich glaube, Frau Heidenreich, der Fußball hat zunächst ohne Zuschauer gespielt, ohne zu heulen. Jetzt dürfen im besten Fall 20 Prozent des Sitzplatz-Fassungsvermögens eines  Stadions hinein – das sind prozentual sicher weniger als bei ihren Lesungen dabei sein durften. Bei manchen Spielen darf auch gar keiner dabei sein oder verschwindend wenige. Keiner heult, außer vielleicht traurige Fans, die zuhause bleiben müssen. Kurz: Halten Sie einfach ihren Literatenmund, wenn es um Themen geht, von denen Sie keine Ahnung haben. Das habe ich gestern gedacht und jetzt mal geschrieben; im Vorspiel meines Tagebuchs zum ersten Heimspiel des SC in der neuen Saison.

Ich übertrage das Bundesligaspiel des SC Freiburg gegen den VfL Wolfsburg am Sonntag ab 18 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 983. SC-Livespiel am Radiomikrofon)

Das erste Heimspiel der Saison 20/21 in Freiburg war etwas Besonderes: Erstmals seit dem Heimsieg am 7. März gegen Union Berlin wurde wieder mit Zuschauern gespielt. Wenn es auch nur 3.200 Fans waren, die diszipliniert und mit Abstand auf den Sitzplätzen das Spiel verfolgten, die Anwesenden machten akustisch mächtig viel „Alarm“ und gaben dem Bundesligaabend am Sonntag einen würdigen Rahmen.

Der SC hatte auch etwas Besonderes dabei: Wie im „Vorspiel“ dieser Tagebuchfolge prognostiziert, feierte Rekord-Einkauf Baptiste Santamaria seine Startelf-Premiere im Freiburger Team und deutete dabei bereits an, welch eine bedeutende Verstärkung er im Mittelfeld des Sport-Clubs werden kann.

Auf dem Platz bot der SC zumindest phasenweise fußballerisch Anspruchsvolles. Beflügelt durch die frühe Führung hatte der SC den VfL Wolfsburg, der nach dem Aufwärmen Torhüter Casteels durch Pervan ersetzen musste, eigentlich gut im Griff. In der 11. Spielminute hatte der SC einmal mehr seine besondere Qualität bei ruhenden Bällen unter Beweis gestellt: Nils Petersen hatte den von Vincenzo Grifo geschlagene Eckball aus spitzem Winkel ins kurze Eck geköpft – ein „schlaues Tor“ (Glasner) und die 1:0-Führung für die Hausherren. Vor dem Tor von Florian Müller passierte hingegen recht wenig. Die Abwehr hatte den VfL gut im Griff; bis zur 42. Minute, als Nicolas Höfler den Wolfsburger Arnold zentral kurz vor der Strafraumgrenze zu Fall brachte. Den fälligen Freistoß knallte Brekalo mit Wucht in die Mauer, wo der Ball von Roland Sallai gegen die Bewegungsrichtung von Florian Müller abgefälscht wurde, an die Unterkante der Latte und dann ins Tor prallte. Es war ein Ausgleich, der aus dem Nichts kam – aber 1:1 zur Pause. In der ersten Halbzeit hatte Wolfsburg drei Gelbe Karten gesehen, zwei davon nach Fouls gegen den nimmermüden Dauerläufer Lucas Höler.

Nach dem Wechsel gab der SC über weite Strecken den Ton an, fuhr zahlreiche Angriffe auf das Wolfsburger Tor. In der 57. Minute zog Roland Sallai gefährlich ab, Pervan rettet nach einer Glanzparade mit den Fingerspitzen. Den Abpraller nimmt Lucas Höler auf und schießt zum vermeintlichen 2:1 ein – allerdings hatte der Stürmer bei Sallais Schuss im Abseits gestanden, was weder dem Assistenten an der Seitenlinie noch Videoassistent Günter Perl im Kölner Keller entgangen war; der Treffer zählte nicht. Schade! Ich hatte prächtig gejubelt am Radio-Mikrofon…

Der Druck der Freiburger nahm weiter zu, ein Schussversuch von Lucas Höler wird in der 64. Minute noch abgeblockt, der Ball springt aber vor die Füße von Baptiste Santamaria, der aus der Distanz sofort abzieht. Pervan kommt mit den Fingerspitzen noch an den Ball und lenkt ihn so an den Innenpfosten – sonst wäre es eine noch denkwürdigere Premiere des Franzosen im SC-Trikot geworden…

Das Führungstor schien in dieser Phase nur noch eine Frage der Zeit zu sein. In der 69. Minute frohlockte das Publikum, denn der SC bekam einen Freistoß an der Strafraumgrenze; Jonathan Schmid, der in der vergangenen Saison gegen denselben Gegner durch einen solchen Freistoß das Siegestor zum 1:0 erzielt hatte, zirkelt den Ball dieses Mal aber am Tor vorbei.

Wolfsburg-Trainer Glasner begegnet der Einseitigkeit der Begegnung durch zahlreiche Wechsel, bringt unter anderen Mehmedi und Weghorst in der Offensive ins Spiel. Und dennoch: Der aufgerückte Dominique Heintz zwingt Pervan zu einer weiteren Parade (74.) und Baptiste Santamaria schießt den auf dem Weg des Balles Richtung Tor im Strafraum stehenden Otavio in den technischen k.o. – der Wolfsburger muss, im Gesicht getroffen, ausgewechselt werden.

Insgesamt fünf frische, neue Spieler bringen den VfL in der Schlussviertelstunde zurück ins Spiel. Jetzt reagiert Christian Streich und bringt die beiden Südkoreaner Chang-Hoon Kwon und Wooyeong Jeong für die müde gelaufenen Vincenzo Grifo und Roland Sallai ins Spiel.

Die Partie gerät in den Schlussminuten zu einem offenen Schlagabtausch.

Die Nachspielzeit dieser aufregenden und unterhaltsamen Begegnung beginnt. Der eingewechselte Stürmer Weghorst will den Ball von der Mittellinie zurück zu seinem Torwart passen, übersieht aber Lucas Höler , der sich unversehens in einer Eins-gege-Eins-Situation mit Torwart  Pervan befindet, zögert, nochmal zögert und dann von heranpreschenden Verteidigern abgedrängt wird. In dieser Situation hätte der Blondschopf, der eine der prägenden Spieler der Partie war, seine Energieleistung krönen können, doch fehlten offenbar Kraft und Konzentration, um den Siegestreffer nach extrem laufintensiven 90 Minuten cool herbeizuführen.

Dass Lucas vom Fachmagazin „Kicker“ mit der Note 4 versehen wurde, mag für die 91. Minute gelten – keinesfalls für die vorherigen 90 Minuten.

Dann war das Spiel vorbei – 1:1 – der SC verabschiedete sich mit einer Ehrenrunde von seinen 3.200 Zuschauern und wurde von diesen gefeiert – und das völlig zurecht. Die Leistung gegen Wolfsburg war mehr als nur in Ordnung.

 

Das Nachspiel

Ohne selbst einzugreifen verfolgte ich auf meinem I-Phone die virtuelle Pressekonferenz nach dem Spiel. Glasner lobte sein Team, das sich einen Punkt in Freiburg erkämpft hätte – Christian Streich fand lobende Worte für seine Mannschaft, war mit der Leistung äußerst zufrieden, nicht aber mit dem Ergebnis. Achselzuckend verwies der Trainer darauf, dass seine Jungs in Stuttgart „mit etwas Glück“ die drei Punkte mitgenommen hatten und gegen Wolfsburg mit etwas Pech zwei Zähler liegen gelassen hatten. Kein Zetern, kein Bedauern und kein Vorwurf an Lucas Höler, wie Streich auf ausdrückliche Nachfrage betonte. Das Debüt von Santamaria fand der Trainer in Ordnung, er verwies auf die vielen Informationen, die der Neuzugang binnen weniger Tage zu verarbeiten hatte, um die taktische Herangehens- und Spielweise des SC zu verstehen und sich einzubinden. Es sei gelungen, die Informationen in angemessener Weise zu dosieren, damit der Rucksack nicht zu voll und zu schwer würde.

Zu Lobeshymnen auf seinen Rekordeinkauf aus Frankreich ließ sich der Freiburger Trainer nicht verleiten. Ich als Reporter darf das ja: Es war beeindruckend, wie sich Baptiste nach nur wenigen Trainingseinheiten mit seiner neuen Mannschaft einbrachte. Es war zu sehen, dass er eine enorme Verstärkung im defensiven Mittelfeld ist und vermutlich eine noch größere Verstärkung sein wird, wenn er erstmal voll akklimatisiert und mit allen taktischen Informationen versorgt ist. Rückblickend war es ganz sicher richtig, den neuen Mann so schnell schon in die Startelf zu nehmen – je eher wird er seine ganze Qualität auf den Platz bringen können. Um ihm die Eingewöhnung zu erleichtern und taktisch voranzukommen habe man für die Länderspielpause eigens ein Freundschaftsspiel initiiert, ließ Streich erkennen.

Zuvor wartet allerdings die schwere Aufgabe bei Borussia Dortmund, das nach der überraschenden Niederlage in Augsburg gegen den SC unter Zugzwang stehen wird – das könnte ein ganz heißes Spiel werden…

Mit dem Ende der PK war auch mein Arbeitstag gelaufen. Ich schlenderte zu meinem Wagen, der mangels VIP-Besucher in der Corona-Zeit hinter der Haupttribüne geparkt werden darf und fuhr heim.

 

Am Montagmorgen stand als erstes mein Kollegengespräch mit Früh-Moderator Markus Schäfer in der Morningshow von baden.fm auf dem Programm, gefolgt von der Zeitungskolumne, die am Mittwoch im ReblandKurier und im Wochenblatt erscheinen wird. Hier ist sie – vorab – im Tagebuch:

 

SC INTEAM

Nach der Heimspielpremiere der Saison 20/21 gegen den VfL Wolfsburg überwog im Lager des SC Freiburg und seiner Fans die Zufriedenheit, auch wenn das 1:1 Remis keiner angemessenen Belohnung für die dargebotene Leistung entsprach. In Freiburg hat es Tradition, zunächst die Leistung zu bewerten – dann das Ergebnis. Deshalb hatte es eine Wochen zuvor, nach dem knappen aber etwas glücklichen Auswärtssieg in Stuttgart,  kein badisches Triumph-Geheul gegeben und deshalb gab es am Sonntagabend kein Gezeter; schade, dass es kein Sieg geworden ist – die Möglichkeiten waren da – aber schön, dass der SC so früh in der Saison schon so gut kicken kann. „Mund abputzen, weitermachen“ ist die Devise. Und wenn man schon ergebnisbezogen argumentiert, dann doch vielleicht mit dem Hinweis auf den Umstand, dass der SC Freiburg nach drei Pflichtspielen noch ungeschlagen ist. Wichtiger scheinen freilich konkrete Beobachtungen vom grünen Rasen: Gegen den Europa-League-Qualifikanten VfL Wolfsburg und sein hochwertiges Ensemble von Spitzenspielern zeigte der SC Freiburg stellenweise in der ersten Hälfte und 25 Minuten am Stück in der zweiten Halbzeit durchaus anspruchsvolle Fußballkost; erfolgreiche Zweikämpfe, schöne Kombinationen, öffnende Diagonalpässe. Das sah richtig nach Bundesligafußball aus und machte den 3.200 Zuschauern (unter Coronabedingungen „ausverkauft“) hörbar Freude.

Wie von den meisten Experten und Medienbegleitern erwartet, entschied sich Trainer Christian Streich gegen Wolfsburg – anders als in Stuttgart – für zwei Spieler im zentralen defensiven Mittelfeld, also für die „Doppelsechs“. Dies eröffnete dem französischen Neuzugang Baptiste Santamaria bereits nach wenigen gemeinsamen Trainingseinheiten mit seinen neuen Teamkollegen die Möglichkeit zu einem Startelfeinsatz. Auch wenn dem 25-Jährigen die taktischen Besonderheiten des Freiburger Spiels in Gänze noch  nicht bekannt sein konnten, verlief die Bundesligapremiere von Santamaria vielversprechend. In der 64. Minute hätte das Mittelfeldas aus Angers seine starke Debüt-Leistung fast mit dem Siegestreffer gekrönt, der wuchtige Distanzschuss des Neuzugangs knallte aber an den Pfosten. Dennoch war der SC dem Sieg greifbar nahe: In der Nachspielzeit misslang dem eingewechselten Wolfsburger Weghorst ein Rückpass, sodass Lucas Höler alleine auf das Gästetor zulaufen konnte. Jetzt fehlten dem Dauerläufer und Kämpfer offenbar Kraft und Konzentration, um das Werk zu vollenden. Höler, der oft gefoult worden war und so drei Gelbe Karten gegen Wolfsburg provoziert hatte, zögerte zu lange und schon war die Chance verpufft. Vorwürfe gab es keine – zu eindrucksvoll war die Energieleistung des Spielers in den vorangegangenen 90 Minuten.

Auf geht’s, nach Dortmund! (Zitatende)

 

Damit ist der zweite Bundesligaspieltag für mich abgeschlossen. Im „Vorspiel“ hatte ich vom letzten Testspiel der FCK-D-Junioren in Bollschweil erzählt. Die befürchtete Schlappe blieb aus – es war aber bei kühlen Temperaturen und Regen eine zähe Angelegenheit gegen überraschend starke Jungs der Spvg. Bollschweil-Sölden. Am Ende siegte Bezirksliga-Aufsteiger FC Bad Krozingen mit 1:0. Nächsten Samstag, wenn ich in Dortmund bin, startet die neue Saison der Jungs mit dem Heimspiel gegen den FC Denzlingen. Ich werde im fernen Westfalen die Daumen drücken…

Bens Truppe hat gewonnen, Arminia hat Köln mit 1:0 weggehauen, da hätte mir ein SC-Sieg gegen Wolfsburg durchaus ins fußballtechnisch perfekte Wochenende gepasst. Die starke Vorstellung insgesamt aber macht mir Hoffnung auf eine relativ entspannte Saison des SC. Da ist viel Qualität im Team…

 

Wir Sehen / hören / lesen uns!