2. Spieltag der Gruppe G in der UEFA Europa League, Olympiacos Piräus gegen SC Freiburg

Donnerstag, 15. September 2022, 18.45 (MESZ), Ortszeit: 19.45 Uhr *

Georgios Karaiskakis Stadium, Piräus *

Olympiacos Piräus - SC Freiburg *

Das Vorspiel

 

Es ist Mittwoch, der 14. September 2022; mein 62. Geburtstag (ich fasse es nicht…) ich sitze in einem Flieger der griechischen Fluggesellschaft AEGEAN, der mich von Zürich nach Athen bringt. Um mich herum eine ganze Menge SC-Fans und weiter hinten im Airbus, Uwe und Wolfgang, zwei gute Freunde, die gestern um 18.30 Uhr mit mir in den Ford Kuga gestiegen und nach Zürich gefahren sind; im Gepäck: Eine Doppel-Magnum vom Fritz (Edel-Winzer Fritz Waßmer) und ein paar weitere Fläschchen, die die Jungs so mitgebracht haben. Es hatte nämlich eine Planänderung gegeben. Statt in der Calvados Bar wollten wir lieber bei Jérôme und Celine, meinem Sohn und seiner Auserwählten, Fußball gucken und in meinen Geburtstag hinein feiern. Thomas, mein langjähriger Freund und Schwager, der auch im Raum Zürich lebt, sowie Yves, ein Spezi von Jérome, kamen noch dazu und es war ein netter Abend in angenehmer Runde mit viel Cuvée Felix vom Fritz. Wir drei Piräus-Reisenden nächtigten bei meinem Junior, also alles völlig stressfrei. Auf den Abstecher ins Züricher Vergnügungsviertel rund um dieLangstraße verzichteten wir; aus Vernunft, schließlich stand am nächsten Morgen die Flugreise an, vielleicht auch weil ich 62 und nicht 31 geworden bin, wer weiß!?

Um acht Uhr klingelte der Wecker bzw. summte das iPhone. Da waren unsere beiden Gastgeber schon bei der Arbeit. Wir duschten, tranken gemeinsam einen oder zwei Kaffee und fuhren dann zum Flughafen Zürich-Kloten. Inzwischen hatte ich eine Unzahl von Glückwünschen erhalten; einige telefonisch, natürlich von meiner wunderbaren Frau Yoany, einige Anrufe auch aus der alten Heimat Bielefeld. Viele hundert gute Wünsche kamen über die diversen Netzwerke und Messenger-Dienste bei mir an. Ich nahm mir die Zeit und schaute jeden einzelnen Gruß an und war sehr gerührt. Dass ich nicht alle Absender persönlich kenne, vermutlich die wenigsten, liegt an der Rolle als Medienfigur. Ist aber doch toll, wenn auch wildfremde Menschen sich ein paar Gedanken zu ihrem Radioreporter machen und dann sogar zum Geburtstag gratulieren. Danke dafür!

Einige Geburtstagsgrüße fand ich dann schon besonders... Etwa den vom Chef eines Medienimperums, zu dem, als eher kleine Anstalt, auch Baden.fm gehört. Respekt,  Michael Oschmann, dass Sie mir persönlich gratuliert haben - damit konnte ich nicht rechnen. Sie hoffen,  mir möge in der Europa League ein langer Bart wachsen… Mein oberster Boss im Radiobusiness ist halt Fußballfreund (Club-Fan). Ich mache mir mal Gedanken.

Sehr habe ich mich auch über die Geburtstagsgrüße von Andreas Golombeck und Gerrit Meinke gefreut, meine / unsere Fussballhelden im Arminia-Trikot, als ich als junger Hüpfer in die Sportjournalisten-Branche eintauchte; oder über den Anruf von Kasi, Stadion-Caterer in Bielefeld, Paderborn und Braunschweig und mit seinem anderen Business zur Arminia-Zeit von Gerrit und „Golo“ Anzeigenkunde in „meiner“ Almpost, der seiner Zeit  von mir redaktionall gesteuerten Vereins- und Stadionzeitung von Arminias. Später, als ich längst in Freiburg war, ist Kasi auch zu einem privaten Freund geworden. Die Grüße aus der Vergangenheit mit Bezug zur Zukunft zeigen mir, dass ich in der alten Heimat keine verbrannte Erde hinterlassen habe, jene von den aktuellen Wegbegleitern, dass ich in Südbaden auch nicht alles falsch mache. Ich freue mich also sehr über das große Feedback.

Wir waren inzwischen am Airport in Zürich angekommen - momentan setzt der Flieger gerade zum Landeanflug auf Athen an - hatten im Parkhaus 6, 7. Etage (das für mich als Memory) den Kuga abgestellt und waren zum Gate gewandert. Dort saß bereits die frei schaffende Kollegin Daniela Frahm (Nordbadische Presse, Kicker, Baden.fm), die sich uns in Griechenland, wo ich einen Van reserviert habe, anschließen wird.

Der Kollege von dpa habe Daniela nach einer voraussichtlichen Mannschaftsaufstellung gefragt, meinte sie und fragte nun mich nach meiner Einschätzung. Wir waren uns einig, dass es - wenn überhaupt - allenfalls zwei oder drei Wechsel in der Startelf geben wird. „Vielleicht Kübi, Wooyeong und Nils statt Kiliann, Kofi und Gregerl“ mutmaßte ich und wir waren uns einig. Das aber auch nur wegen der Belastungssteuerung - von der Leistung her gab es keinen Grund.

Da ich mein EarPods bei Jérôme vergessen hatte, trieb mich auf dem Flug nach Athen die Langeweile… ich hatte die Idee, das „Vorspiel“ zu schreiben - so geschehen - und wupps, schon sind wir am sonnigen Reiseziel. In zwei Minuten setzen wir auf…

 

Zeitsprung - ich berichte nun rückblickend; wieder im Flugzeug, aber diesmal auf dem Rückflug.

Um an den geplanten Mietwagen zu kommen, mussten wir auf einen Shuttlebus warten, der nach einer Viertelstunde am vereinbarten bzw. mir mitgeteilten Parkplatz eintraf. Der Fahrer fuhr uns irgendwo in die Walachei zur Firmenzentrale von „Carwiz“, der Autovermietungs-Firma. Nach den üblichen Formalitäten wurde mir ein Fiat Doblo vorgestellt, "F ehler I n A llen T eilen" und mit einer Unmenge von kleinen oder mittleren Beschädigungen. Ich haderte ein wenig, aber bei dem Mietpreis von 100 Euro für Mittwoch bis Freitag musste ich, der ich Fiat nicht so überzeugend findet, wohl damit leben, eoinen solchen durch Athen zu steuern. Zudem war ich schnell davon überzeugt, dass der Mietwagen die beste Lösung war, viel billiger als etwa Taxi, denn der Airport von Athen liegt eine halbe Autostunde von der Stadt entfernt. Und Athen, wo Begleiter des SC Freiburg, wegen gewaltbereiter Hools von Olympiacos, unbedingt wohnen sollten, so die dringende Empfehlung zur allgemeinen Sicherheit, war noch lange nicht Piräus - das waren noch einmal rund 20 Fiat-Minuten, wenn es gut lief und kein Stau war.

Wir kamen am Hotel an, das ich für mich und meine Dienstreise - und damit auch irgendwo für meine mich begleitenden Freunde ausgesucht hatte. Als wir in die abenteuerlich enge und offenbar sehr alte Tiefgarage einbogen, meinte Uwe so, er hätte unglaublich "beschissene" Bewertungen über unser Hotel gelesen. Nun ja, es war günstig, hatte offiziell vier Sterne und einen Pool auf der Dachterrasse - lassen wir uns überraschen, waren wir uns aber einig.

Rückblickend kann ich sagen: Wir haben alles richtig gemacht. Die Zimmer waren groß, hell, sauber und klimatisiert, das Frühstück war okay und die Dachterrasse mit Pool war ein  wahrer Traum…

Ich hatte zwischen der Ankunft und Abfahrt zur Pressekonferenz in Piräus 45 Minuten Zeit. Trotzdem schaffte ich es, von Wolfgang ein Dachgarten-Foto von mir mit der berühmten Akropolis im Rücken schießen zu lassen und dann den Pool zu testen. Ich hatte schließlich Geburtstag...

Dann ging es nach Piräus. Kollegin Daniela Frahm nahm ich mit - man ist ja Gentleman…

Mit dem Navi im Handy fanden wir Stadt und Stadion problemlos. Wir konnten uns am Stadion schon mal örtlich orientieren - wo sind die Pressetribüne, der PK-Raum, der Presse-Arbeitsraum und die Mixed-Zone? Wir machten uns schlau. Dann begann die Pressekonferenz mit Christian Streich und Christian Günter, die sich, wegen der notwendigen Übersetzungen für die griechischen Kollegen, etwas in die Länge zog.

Danach kam der Trainer des SC und gab mir für Baden.fm das vereinbarte Interview. Ganz am Schluss kam Pressesprecher Sascha Glunk noch zu mir, nahm mich freundschaftlich-herzlich in den Arm und gratulierte mir, wie vorher schon seine Kollegen vom personell gewachsenen Presseteam des SC, zum Geburtstag; ein netter Zug. Daniela ging dann in den Presse-Arbeitsraum und ich ging, begleitet von einem netten Kollegen von der Presseabteilung des Rekordmeisters Olympiacos, zu meinem Arbeitsplatz für das Spiel. Auffällig war, neben der Freundlichkeit des griechischen Kollegen, die Position der Pressetribüne; nicht mittig, sondern in Höhe des von der Haupttribüne aus linken Strafraums, fast schon in der gefürchteten Kurve der Olympiacos-Ultras. Auffällig war aber auch, wie reibungslos die Digitaltechnik im Stadion funktionierte, wie sich schnell herausstellte. Mir fiel ein Stein vom Herzen und ich konnte mich endlich auf meinen Geburtstag und La Dolce Vita konzentrieren. Feierabend gewissermaßen. Erst gegen 21.30 Uhr stand der Fiat Doblo wieder in der legendären Tiefgarage und Daniela und ich legen zu dem nahen Restaurant, wo meine Freunde auf uns warteten. Uwe und Wolfgang luden mich anlässlich meines Geburtstags zum Essen und Trinken ein, womit ich wirklich nicht gerechnet hatte. Ein netter Zug… Freunde halt.

Die junge, attraktive Bedienung, Ellen, wie wir später erfahren sollten, sei zickig und wortkarg, berichteten meine beiden Spezis. Verblüfft waren beide, als mich die Schöne ständig anlächelte und äußerst freundlich zu mir war. Als Ellen mir irgendwann im Gespräch beiläufig die Hand auf die Schulter legte, dachte ich, "was geht denn hier ab…?"  Wenn ich das hier im Flugzeug sitzend schreibe, frage ich mich, ob die auffällige freundliche Zuwendung der hübschen jungen Kellnerin vielleicht auch eine (scherzhafte, bestellte) Geburtstagsüberraschung meiner Spezis, in Absprache mit Ellen, war, eine Eulenspiegelei sozusagen. Ich weiß es nicht, war aber - in allen Ehren und ohne jede unkeusche Absichten (die ich zugeben würde) - richtig gut drauf. So, wie das an einem 62. Geburtstag auch sein sollte.

Der Spieltag verlief für uns drei Herren touristisch unterschiedlich. Uwe und Wolfgang gingen auf Sightseeing-Tour. Da ich als Student jahrelang Fremdenführer für Touristen war, stehe ich nicht mehr wirklich auf Besichtigungstouren. Ich genoss stattdessen ausgiebig die Sonne über Athen und den Pool mit seinen Relax-Liegen sowie die Gastronomie der Roof-Top-Bar auf dem tollen Dachgarten. Morgens hatte ich mir extra noch in einer benachbarten Apotheke eine Flasche Sonnencreme besorgt, was mir sicher einen furchtbaren Sonnenbrand erspart hat, so wurde es nur ein überschaubarer...

Am Mittag gesellten sich Uwe und Wolfgang zu mir und wir hatten einen stimmungsvollen Nachmittag mit diversen Bädern im Pool.

Gegen 17 Uhr Ortszeit, 16 Uhr in Deutschland, fuhren wir im Doblo Richtung Piräus. Dank der guten Erklärung des Pressekollegen von Olympiacos und des Handy-Navis fanden wir den geschützten offiziellen Parkplatz für akkreditierte Gäste der UEFA problemlos. Mein Name stand, wie angekündigt, auf der Liste des Parkwächters - alles super. Übrigens: Um eher für Touristen als für Fußballfans aus Deutschland gehalten zu werden, hatten wir eine Frau, Daniela, auf dem Beifahrersitz platziert. Sie war hinterher auch die einzige akkreditierte Journalistin im Stadion. In Griechenland ist Fußball ein reiner Männer-Sport, scheint mir.

Wie durch eine enge Schleuse wurden wir beiden Journalisten nach ausführlichem Studium unserer Pressekarten und Rückfragen bei der Presseabteilung von Olympiacos ins Allerheiligste gelassen - das Stadiongelände; noch vor der offiziellen Stadionöffnung.

Die Internetverbindung zum Sendestudio in Freiburg war kein Problem. Um 17.15 Uhr deutscher Zeit meldete ich mich erstmals aus dem legendären Stadion in Piräus live bei Baden.fm. Es ging um den Rahmen des Ganzen, die Atmosphäre im Stadion, die gefürchteten Olympiacos-Ultras und solche Dinge.

Eine Stunde später, 18.15 Uhr deutscher Zeit, eine halbe Stunde vor dem Anpfiff, präsentierte ich den Baden.fm-Hörern die Mannschaftsaufstellung des SC - tupfengleich dieselbe, wie beim 0:0 gegen Mönchengladbach, fünf Tage zuvor.

Nach dem Serciceblock um 18.30 Uhr (MESZ) präsentierte und analysierte ich die Aufstellung der Griechen mit fünf Neuzugängen. Der große Personalwechsel im Sommer, der noch immer fortschreitet, hat zu Defiziten in der Harmonie und letztlich in der Leistung des griechischen Rekordmeisters geführt - daher Platz drei in der nationalen Liga und eine Niederlage in Nantes, beim EL-Auftakt. Ich prognostizierte den baden.fm-Hörern daher gute Chancen für den SC…

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.063. SC-Livespiel am Radiomikrofon)

 

Der SC begann extrem hoch stehend und unerwartet dominant. Freiburg war klar besser, das wurde schon in den Anfangsminuten klar. Und in der sechsten Minute zappelte der Ball auch schon im Netz. Nach einem Foul gegen „Litz“ Doan im rechten Halbfeld Gag es Freistoß für den SC. Ich war gerade live drauf bei Baden.fm und sagte sinngemäß, man wisse ja um die Stärken des SC bei Standards, wir bleiben mal drauf, obwohl die üblichen zwei, zweieinhalb Minuten einer Einblendung eigentlich abgelaufen waren. Und dann das: Ein kleiner Trick bei der Ausführung des Freistoßes durch Vincenzo Grifo, ein Kopfball - das Tor. Welch ein Jubel bei den 750 Fans in der Gästekurve und bei mir am Mikrofon…

Bei aller Euphorie, ausgelöst durch den Treffer, hatte ich ein Problem: Ich saß vergleichsweise weit weg vom Tor, denn die Pressetribüne in Piräus war auf Strafraumhöhe in der anderen Spielhälfte, es ging extrem schnell – Teil des einstudierten Freistoßtricks – und in der Luft hingen immer noch Rauchschwaden vom „Pyrowahnsinn“ der Griechen. Kurz: ich hatte nicht genau gesehen, wer seinen Kopf in die Flugbahn des Balles bewegt hatte und urteilte aufgrund des Jubelverhaltens. So feierte ich zunächst Michael Gregoritsch am Mikrofon, was ich in meiner nächsten Einblendung natürlich korrigierte; und „Gregerl“ sollte ich ja noch genug feiern dürfen an diesem denkwürdigen Sommerabend in Griechenland.

In der 25. Minute war es so weit: Der starke Daniel Kofi Kyereh erhielt einen langen Ball, wäre aber beim Dribbling fast mit Michael Gregoritsch zusammengestoßen, der passiv im Abseits stand und sich sehr geschickt und demonstrativ aus der Szene heraushielt und den Ball nicht berührte. Im nächsten Moment aber startete der Österreicher ins Zentrum, erhielt den Rückpass von Kyereh und besorgte in  Goalgetter-Manier das 0:2. Der VAR prüfte Abseits bei der Entstehung, doch „Gregerl“ hatte den Ball nicht berüht und auch niemanden – außer vielleicht ungewollt ein Sekündchen lang den eigenen Mitspieler – behindert, also kein Abseits… Das Tor zählte. Der bestechend dominante SC führte mit 0:2, die Fans feierten und das Spiel verflachte ein wenig. Bis zur Pause gab es zwar noch die eine oder andere Einschussmöglichkeit für den klar überlegenen Gast, aber der tschechische Torhüter von Olympiacos, Vaclik, parierte einmal gegen „Litz“ Doan bravourös und wurde einmal, ich glaube von Kofi Kyereh, aus kurzer Distanz angeschossen. Die Griechen konnten zur Pause von Glück reden, dass sie „nur“ mit 0:2 zurücklagen. Das war auch die Einschätzung der wenigen deutschen Pressevertreter im Medien-Block, mit denen ich mich kurz austauschte.

Als Michael Gregoritsch acht Minuten nach Wiederbeginn einen Kopfball von Matthias Ginter annahm , einen Bogen schlug und dann einnetzte, dass es eine Freude war – ein Tor, dass in Grundzügen an jenes in Augsburg erinnerte (langer Ball auf den Kopf des aufgerückten Ginter, Kopfballablage ins Zentrum, Gregoritsch vollstreckt) – war der Käs‘ gegessen.

Zahlreiche Personalwechsel auf beiden Seiten waren der Dynamik des Spiels in der Folgezeit nicht unbedingt förderlich. Dennoch hätte der SC seine Führung sehr gut ausbauen können: In der 82. Minute schlägt Christian Günter einen Eckball von der linken Seite – jetzt saß ich in der Tat ganz nah dran – ins Zentrum, wo der eingewechselte Yannick Keitel zum Kopfball hochstieg und Richtung langes Eck verlängerte. Nur um wenige Zentimeter verfehlte der Ball das gegnerische Tor.  Dann war Abpfiff und ein grandioser SC-Sieg beim griechischen Rekordmeister in einem legendären Stadion war in trockenen Tüchern.

 

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Wie auf „Wolke 7“ räumte ich nach dem 0:3-Sieg meinen Technikkram in den Rollkoffer und begab ich zur Mixedzone; die ist in Piräus so angelegt, dass man die Spieler erst nach dem Duschen und Umziehen auf dem Weg zum Bus abgreifen kann. Als ich das geschnallt hatte, ging ich zu den - im  Europapokal üblich – getrennten PKs der Trainer. Zuerst sollte eigentlich Christian Streich an die Reihe kommen, hieß es, dann kam aber doch zunächst der Trainer der Griechen, ein nach der Niederlage enorm unter Druck stehender Spanier. Gleich zwei Dolmetscher mussten ran: Eine Dame übersetzte Griechisch-Spanisch-Griechisch, gefolgt von dem Griechisch-Deutsch-Übersetzer. Fragen von deutschen Journalisten an den Olympiacos-Trainer gab es allerdings nicht. Mein Eindruck: Die Luft wird dünn für den Übungsleiter in Piräus… Wegen der Mehrfachübersetzungen zog sich die PK lange hin, dann kam Christian Streich. Es ging deutlich flotter. Sascha Glunk deutete mir, dass wir das übliche Interview in der Mixedzone machen würden. "Weniger Protokoll, weniger UEFA-Kontrolle wegen Maskenpflicht" dachte ich mir und signalisierte Zustimmung. So geschah es dann auch – der Trainer kam in die Mixedzone, stand Rede und Antwort und auch sämtliche Spieler mussten noch durch diese Schleuse, wegen der aktiven Regeneration waren alle noch in der Kabine. So bekam ich auch noch Philipp Lienhart, Vincenzo Grifo und den Doppeltorschützen Michael Gregoritsch vor die „Flinte“.

Ich schickte alle Talks eilig nach Freiburg, wo Moderator Noah Schönberger sie als Audio-Beigabe zu seinem schriftlichen Artikel vom Spiel unter www.baden.fm anfügte und wo sie auch heute noch zu hören sind. Außerdem konnte die Nachrichtenredaktion am nächsten Tag die O-Töne ausschlachten. Dann fuhren wir ins Hotel nach Athen. Ich produzierte noch einen sogenannten Aufsager mit einer wertenden Spielzusammenfassung für die Morningshow und schickte sie an die entsprechenden Empfänger im Funkhaus, dann trotteten wir zu Ellen – also in das nette griechische Restaurant vom Vorabend. Es war noch Betrieb! Und tatsächlich versprach man uns, trotz der vorgerückten Stunde – 23.30 Uhr Ortszeit – noch zu bedienen. Ich orderte als erstes einen Liter Rotwein für uns drei, ansonsten gab es diesmal für alle drei das Gleiche zu essen – original in Griechenland – Gyros. Sehr lecker… Wir genossen den Sieg und den wunderschönen Tag in Athen und Piräus.

Wolfgang machte irgendwann schlapp, war müde vom Sightseeing und vom vierstündigen Stehen in der Gästekurve, wo die Sitzplätze von den Fans zu Stehplätzen umfunktioniert worden waren. Ich war voll Adrenalin vom Reportereinsatz und musste erstmal runterkommen. Uwe ließ sich nicht lumpen, orderte einen weiteren halben Liter Rotwein für uns zwei. Wir – beide Jahrgang 60 – genossen das Erlebnis „Europa League mit dem SC in Griechenland“ besonders. Wir wissen es glaube ich besonders Wert zu schätzen. „Das war wohl der beste Auswärtsauftritt auf internationaler Bühne in all den Jahren“, formulierte ich irgendwie glücklich, als Kommentator dabei gewesen zu sein, es erlebt zu haben. Sicher werde ich noch lange davon zehren und später mal meinen Enkeln davon erzählen; zumindest meiner Enkelin Lara, die es ja schon gibt…

Nach dem Frühstück am Freitag ging es zum Autovermieter und dann im Shuttle zum Flughafen. Uwe flog mit Swiss eine Stunde vor uns anderen, fand aber nette Gesellschaft von anderen Fans aus Deutschland, gut befreundete Geschäftsleute, die wir im Flughafen trafen.

Wolfgang und ich hatten jetzt viel Zeit aber mein junger Freund (35) besitzt eine American Express Platin Card, die ihm und einem Gast, in diesem Fall mir, Zutritt zu einer Lounge im Flughafen verschafft, in der man konstenlos Häppchen und Drinks genießen konnte und irgendwie ganz edel und in gemütlichen Sesseln und Sitzgruppen seine Wartezeit verbringen konnte. „Nicht schlecht, der Specht“, dachte ich.

Am frühen Abend, so gegen 18.30 Uhr MESZ waren wir wieder in Zürich. Ich staunte nicht schlecht über die Parkgebühren im abgelegensten Parkhaus P6 – 115 Euro; teurer als der drei Tage Fiat Doblo in Athen… Die Schweizer sind wahnsinnig, dachte ich.

Wir fuhren noch kurz an der Wohnung meines Sohnes Jérôme vorbei, wo ich am Mittwoch meine EarPods  vergessen hatte, ohne die ich mich irgendwie aufgeschmissen fühle, weil ich mit ihnen, ohne andere zu stören, Musik oder – meistens – Podcasts oder Hörbücher genießen kann; etwa, wenn die Familie etwas im Fernsehen schaut, das mich weniger interessiert, oder wenn meine Frau neben mir schläft.

Gegen 21 Uhr am Freitagabend war die Dienstreise nach Piräus abgeschlossen und ich wieder zu Hause; wohl wissend, dass übermorgen bereits der Kick in Hoffenheim auf die Jungs und auch auf mich warten würde.

Am Samstag war bei Familie Rischmüller auch Fußball angesagt: Saisonstart für Ben und seine Komplizen von der SG Markgräflerland in der C-Junioren-Landesliga. Gegner war der SC Lahr und der Aufsteiger aus Bad Krozingen schlug sich prima und den Gegner mit 3:0.

Ich spürte die ganze Zeit die Reisestrapazen in meinen Knochen und hoffte, dass das mit dem Alter zusammenhängt und dass die SC-Kicker am Sonntag frischer sein würden als der SC-Reporter von baden.fm…

Ich hatte mir für den Sonntag allerdings auch einiges vorgenommen, den „Doppel-Whopper“ sozusagen. Um 13 Uhr besuchte ich zunächst den Drittliga-Kick der U23 im Dreisamstadion gegen den VfL Osnabrück. Ich kommentierte das 1:1 in einem produzierten Vorbericht mit Trainer-O-Ton von Thomas Stamm und vier kurzen Liveeinblendungen während der spannenden 90 Minuten.

Danach musste ich mich sputen und düste in knapp zwei Stunden zur PreZero-Arena nach Sinsheim. Ich war gespannt, wie intensiv Christian Streich am Ende der zweiten Englischen Woche und nach zwei Spielen – gegen Gladbach am Sonntag und in Piräus am Donnerstag – in Sinsheim personell rotieren würde. Da ich frühzeitig vor Ort war und die Technik auf Anhieb funktionierte, hatte ich Zeit und Muße für ein gutes Abendessen im Presseraum. Dan ging ich auf meinen Arbeitsplatz und staunte, dort angekommen, nicht schlecht, als die Mannschaftsaufstellungen verteilt wurden: Es war zum dritten Mal in Folge die gleiche Startelf…