21. Spieltag der Fußball-Bundesliga, Borussia Dortmund gegen SC Freiburg

Freitag, 9. Februar 2024, 20.30 Uhr *

Signal-Iduna-Park, Dortmund *

Borussia Dortmund - SC Freiburg *

Das Vorspiel

Es ist Donnerstag, der 8. Februar, Tag meiner Abreise Auswärtsspiel in Dortmund.

Ein actionreiches Wochenende liegt vor mir: Die lange Fahrt nach Westfalen in zwei Etappen, das schwere Spiel beim BVB, die weite Rückfahrt in einem Zug, das Drittligaspiel der U23 im Dreisamstadion und dann… etwas Besonderes. Und das kam so:

Im Spätsommer 1993 hatte ich mich um die bundesweit ausgeschriebene Position als Sportchef von Radio Freiburg FR 1, dem heutigen baden.fm, beworben. An einem Donnerstag im November hatte ich ein klassisches Vorstellungsgespräch, am Freitag sollte ich mal einen Tag zur Probe mitarbeiten, dann stand fest, ich würde den ausgeschriebenen Job ab 1. Januar bekommen. Ich funkte nach Hause – „super, dass die neu gekaufte Küche heute installiert wurde, aber, Schatz, wir ziehen demnächst nach Freiburg“. Ich blieb noch einen Tag vor Ort, erlebte den SC-Heimsieg über Stuttgart – ein wahrer Triumph – und fuhr dann, glücklich über die erste Festanstellung in meinem Reporterleben zurück nach Bielefeld. Noch vor Weihnachten bezogen wir eine schöne Wohnung in der Gartenstraße in Riegel am Kaiserstuhl und im Januar ging alles los…

Für mein Dienstjubiläum und „30 Jahre SC live“ hat mich mein Sender im Januar in herzerwärmender Form öffentlich abgefeiert. Besonders toll und professionell perfekt gemacht, fand ich den Interviewpodcast mit Julica Goldschmidt und auch die Überraschung, die mir das Team in der Bundesligashow gegen Union Berlin, dem ersten Spiel des neuen Jahres, mit einem Zusammenschnitt von Torschreien, Glückwunschstatements etc. gemacht hat, habe ich als stilvolle und besonders würdige Anerkennung wahrgenommen, nicht zuletzt auch das „Weinpräsent + X“ von der Geschäftsleitung – ich hätte es mir nicht schöner vorstellen können; es war und ist ja nur ein Dienstjubiläum und ich bin nicht so wichtig, als dass noch mehr passieren müsste oder sollte. Manchem mag das, was war, schon zu viel erschienen sein.

Auf einem anderen Blatt steht, was so ein Meilenstein für mich ganz persönlich ist. 30 Jahre – ein halbes Leben – und ich durfte es mit meinem Traumberuf ausfüllen und gestalten. Natürlich berührt und beschäftigt mich das gedanklich; bin ich doch ein echter Glückspilz…

Also habe ich während dieser Tage im Januar zurückgedacht, wie das damals alles war – mein erstes Spiel in neuer Rolle, dieses 1:1 in Hamburg, die Elfmetertore von Martin Braun (8.) und Thomas von Heesen (88.) – und die beschwerliche Reise in diesem mini-mini-mini-Lancia. Ich habe es so gerne auf mich genommen und nur genossen. Dann die Rückkehr nach Riegel; in der Hauptstraße wurde ich angehalten. Ich solle doch mal die Scheibe runterdrehen (nix mit elektrisch, anno 94). Ich dachte, da habe mich vielleicht  jemand erkannt, wollte über den Auswärtspunkt des SC mit mir reden, oder mir erzählen, dass er mir am Samstag zugehört hatte, in der  FR 1-Bundesligshow. Also hielt ich an und öffnete die Seitenscheibe – und schon hatte ich eine Handvoll Konfetti im Gesicht; noch Jahre später fanden sich Spuren davon in diesem peinlich kleinen Lancia, der mich durch meine erste Bundesliga-Zeit begleitete; ein kleines Töff-Töff aus dem noch kleineren Fuhrpark von FR 1. Konfetti – weil, es war Fasnet in Südbaden. Narri, Narro! Oder – in Riegel - Ajo! Ajo! – Noch heute, nicht meins. Ich bin Ostwestfale. Da spielt Karneval, wie Fasnet da heißt, keine wirkliche Rolle.

Durch die Erinnerung an die ernüchternde Erfahrung mit der Ladung Konfetti im Gesicht wurde mir aber klar – das erste Spiel, das ich 1994 in meiner neuen Rolle kommentiert habe, war recht spät im neuen Jahr – im Februar eben, wenn Südbaden Fasnet feiert. Ich sah genau nach – am zweiten Februar-Wochenende war es, genauer gesagt am 12. Februar. Ich weiß vieles noch, als sei es gestern gewesen, dabei ist es 30 Jahre her. Was geht denn beim SC 30 Jahre später am zweiten Februar-Wochenende, fragte ich mich im Januar und sah: Wieder auswärts, diesmal in Dortmund und am Freitagabend.

Ganz losgelöst von Jubiläum ist ein Bundesligaspiel am Freitagabend ein Hinweis für mich, gute Chancen zu haben, ein Spiel der U23 tatsächlich mal im Stadion und nicht auf Bildschirmbasis zu kommentieren. Also habe ich gleich nachgeschaut, wann und gegen wen denn die U23 kickt: Samstagnachmittag, 16.30 Uhr – das kann ich also von Dortmund kommend ganz gut schaffen – gegen… und dann war ich wie elektrisiert. Das gab es doch gar nicht! Fast auf den Tag genau 30 Jahre nach meinem ersten SC-Spiel in meiner neuen Rolle als Redakteur/Sportchef von Radio FR 1, dem heutigen baden.fm, spielt die U23 des SC gegen Arminia Bielefeld. Gegen die Arminia, ohne die es die „30 Jahre SC live“ nie gegeben hätte; die Arminia, die in mir als Kind die Leidenschaft für Fußball und für Fußball im Radio geweckt hatte, die Arminia bei der ich auf „Block 3“ in Trikot und mit Schal und Fahne hinter dem Tor von Gerd Siese, Dieter Burdenski, Ulli Stein und anderen gestanden hatte, später, als Wolfgang Kneib im Tor stand, auf der Gegengeraden, irgendwann auch mal mit Sitzplatz-Dauerkarte auf der Haupttribüne. Dieselbe Arminia, die mir 1989 ihre Vereinszeitung anvertraute und so die Basis für ein Berufsleben im (Sport-)Journalismus legte und dieselbe Arminia, deren Mitarbeiter Karl-Gerd Büttemeier bei einer Anfrage des neuen privaten Hörfunksenders Radio Bielefeld, mich als möglichen Kommentator der Arminia-Spiele empfohlen hatte. Nicht zuletzt die Arminia, an deren Seite ich mir zweieinhalb Jahre das Handwerkszeug eines Fußballkommentators durch „learning by doing“   heranschaffte, das mich für den Job, in dem gute Arbeitsproben wichtiger sind als irgendwelche Zeugnisse, qualifizierte. Noch heute werde ich extrem gastfreundlich „wie ein König“ behandelt, wenn ich Arminia-Spiele in Bielefeld besuche und ich habe die Mitgliedsnummer 7 bei meinem Heimatverein.

Wenn diese Arminia in Freiburg spielt, nach exakt 30 Jahren SC live, dann ich das mehr als ein Grund, ein Fass aufzumachen. Das gehört gefeiert – mit Wegbegleitern jener so erfüllenden Jahre; angefangen von jenem bereits erwähnten Karl-Gerd Büttemeier, der mich bei Radio Bielefeld empfohlen hatte und heute als Prokurist bei Arminia eine große Nummer im back-office ist, über Matze Knop, mit dem zusammen ich – lange vor seiner Comedian-Karriere – mein erstes wirklich großes Fußballspiel im Hörfunk kommentierte (Arminia gegen BVB im DFB-Pokal),  Volker Finke, den ich fast 14 Jahre als Reporter begleiten durfte, Martin Braun, der damals, vor genau 30 Jahren in Hamburg, das erste Tor erzielte, das ich für den SC bejubeln durfte und der später als Presseprecher des SC ein weiterer Berührungspunkt war und Tobias Willi, der als Kind der Region und heutiger „Macher“ der SC-Traditionself quasi als Stellvertreter der Spieler der frühen Phase meiner Freiburger Zeit steht bis hin zu vielen anderen Menschen, die mir lieb und wichtig sind. Dieter Salomon, der mir in seiner Rolle als Oberbürgermeister von Freiburg mal bei einem Konflikt mit einem kurzzeitigen Entscheider des Funkhauses den Allerwertesten und letztlich den Job gerettet hat und meine Freund von heute, etwa jene aus dem Rotary-Club Bad Krozingen, die mich zu allen Europa-League-Auswärtsspielen zu zweit, zu dritt bis hin zu einem halben Dutzend, begleiten und natürlich meine wichtigsten „Komplizen“ von baden.fm, Geschäftsführer, Programmchef, Sportredaktion – sie alle sollen dabei sein, wenn mein fußballaffinen Söhne Jérôme und Ben sowie ich selbst gemeinsam mit den Genannten anstoßen und feiern. Toll, dass sie alle kommen… In einem VIP-Raum im Dreisamstadion geht es nach dem Drittligaspiel SC U23 gegen Arminia los. Auch U23-Trainer Thomas Stamm, U23-Pressesprecherin Lydia Schoenbett und Uli Zwetz, mein direkter Nachfolger bei Radio Bielefeld, stoßen zu uns. Das ist großartig! Etwa 35 mir sehr wichtige Wegbegleiter kommen. Siggi Faller vom Fallerhof besorgt das Catering. Ich freue mich schon sehr auf den Abend. Zeitgleich flimmert Leverkusen gegen Bayern über die Bildschirme in unserem VIP-Raum.

Von der aktuellen Profimannschaft habe ich niemanden angesprochen. Alle kriegst Du nicht und das würde extrem den Rahmen meiner Möglichkeiten sprengen und einzelne auszuwählen, andere nicht, das geht nicht. Vielleicht ist auch die aktuelle sportliche Situation, nach zwei Niederlagen und einem extrem schweren Spiel in Dortmund vor der Brust, der falsche Zeitpunkt, einen Umtrunk zu thematisieren und dazu einzuladen; als begleitender Journalist. Angenommen in Dortmund geht sportlich was für die Jungs, dann frage ich vielleicht ganz spontan Christian Streich, ob er sich das U23-Spiel im Stadion anschaut und ob er danach nicht Lust hat, mit mir auf mein Jubiläum anzustoßen und ein paar alte Bekannte zu treffen. Ich mache das aber vom sportlichen Ausgang in Dortmund, von der Stimmung und der Gelegenheit abhängig. Ich will mich niemandem aufdrängen. Ich habe den Eindruck, dass die, die zugesagt haben, gerne kommen. 35 – das ist (fast) full-house – meine interne Höchstgrenze lag bei 40.

Aber jetzt zur Hauptsache: Der SC in Dortmund…

(Fortsetzung nach der PK (13.45 Uhr))

Zurück von der PK  habe ich mäßig gute Nachrichten: Nach Philipp Lienhart (OP) fällt mit Matthias Ginter (Archillessehnenreizung) auch der zweite Innenverteidiger aus, den man auf Anhieb zur ersten Wahl zählen würde. Zudem fehlen mit den Talenten Kenneth Schmidt (OP) und Max Rosenfelder (nach langer Verletzung im Lauftraining) zwei junge Alternativen für die Positionen im Abwehrzentrum aus.Wer bleibt dann noch für - je nach taktischer Grundformation - zwei oder drei Innenverteidigerpositionen? Natürlich Manuel Gulde, der übrigens - das ist erfreulich - zu den zweikampfstärksten Defensivspielern der Bundesliga zählt, Neuzugang Attila Sallai, immerhin ungarischer Nationalverteidiger, der allerdings bei seinem Kurzeinsatz in Bremen einen denkbar ungüsntigen Start erlebte, Defensivallrounder Lukas Kübler und - ähnlich vielsietig - Kiliann Sildillia. Beiden behagt es freilich mehr, in einer Viererkette, auf der rechten Außenverteidgerposition zu spielen oder eben rechts im Dreierblock. Da die gegebene personelle Konstellation in der Abwehr nicht nur für Dortmund, sondern auch für die beiden Spiele in der Europa League gegen Lens und die nächsten drei, vier Bundesligaspiele besteht, muss der Trainer das Beste daraus machen. Attila Sallai so schnell wie möglich in Wettkampfform zu bringen, könnte dabei eine Überlegung sein. Wie erfolgreich die notwendigen Defensivexperimente in Dortmund sein können, bleibt abzuwarten. Ein Schuss Skepsis ist wahrscheinlich angebracht.

Auch weiter vorne gibt es personelle Turbulenzen: Merlin Röhl ist für das Auswärtsspiel in Dortmund und die Heimpartie gegen Frankfurt, nach seiner Roten Karte vom Stuttgart-Spiel, gesperrt. Im zentralen Mittelfeld sind Nicolas Höfler und Maximilian Eggestein also gewissermaßen gesetzt. Offensiv führt kein Weg an Vincenzo Grifo vorbei, der gegen den VfB wie ein großer Kapitän vorne und hinten zu finden war und vor allem in Unterzahl kämpfte, wie ein Löwe. Rechts dürfte "Litz" Doan, zurück von der Asien-Meisterschaft, erste Wahl sein.  Auch an Roland Sallai geht kein Weg vorbei. Der Ungar ist gut in Form. Seine Qualitäten im Spiel gegen den Ball sprechen für einen Einsatz von Lucas Höler im Sturmzentrum - anderersetis: Die Wucht und die Kopfballstärke lassen in einem Spiel gegen einen Gegner, gegen den auch mal hohe und lange Flugbälle ein passendes Mittel sein können, lassen Michael Gregoritsch für das Sturmzentrum prädestiniert erscheinen. Oder beide spielen, Höler rechts, "Gregerl" zentral und "Litz" kommt von der Bank; auch denkbar.

Die SC-Bilanz in Dortmund ist fürchterlich. Der letzte Sieg gelang vor 23 Jahren und jetzt fährt das Team mit einer 1B-Abwehr zu den Offensivkünstlern aus Westfalen. Schauen mer mal...

Ich selbst fahre schon heute Abend bis Mannheim, wo ich übernachte, um dann am Freitag ganz gemütlich die verbleibenden rund 300 km hinter mich zu bringen. Auch in Dortmund beziehe ich ein Hotel und kann mich am Nachmittag etwas ausruhen. Abends geht es dann ins Stadion, dann ins Hotel und am Samstag in aller Frühe und in einem Rutsch zurück nach Freiburg, zu einer Begegnung mit der eigenen Vergangenheit - und zu einem Festle im Dreisamstadion... 

Ich kommentiere das Bundesligaspiel Borussia Dortmund gegen SC Freiburg am Freitag ab 20 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.130. SC-Livespiel am Radiomikrofon)  

…the same procedure as every year, James… Freiburg hatte in Dortmund wieder nichts zu bestellen. Dabei täuscht das Ergebnis von 3:0 für den BVB darüber hinweg, dass der SC eigentlich vieles gut und richtig gemacht hat.

Diesmal gab es auch kein Gegentor in der ersten Viertelstunde – dafür in Minute 16… Sabitzer hatte sich nach einem erfolgreich vom SC abgewehrten BVB-Angriff im Mittelfeld erneut den Ball erkämpft- Füllkrug bekam den Ball und kickt ihn, mit dem Rücken zum Tor stehend, per Kurzpass auf den besser postierten Malen, dessen Schuss, trotz zweier Gegenspieler, die sich dem Niederländer entgegenstellen, im rechten oberen Winkel einschlägt. Schade, denn der SC hatte bis zur Dortmunder Führung und vor 81.365 zahlenden Zuschauern im ausverkauften Signal-Iduna-Park sogar die besseren Szenen gehabt und bei mir Hoffnung geweckt auf ein Ende der ewigen Misserfolgsserie an gleicher Stätte geweckt.

Irgendwann folgre dann die obligatorische Unterbrechung durch Tennisbälle auf dem Platz – in der Sache bin ich bei den Fans, insbesondere wegen der ins Auge gefassten Blutgeld-Investoren und der durch das Verhalten des Funktionärs Kind aus Hannover unter Missachtung der „50+1-Prämissen“ (fast schon) betrügerisch zustande gekommenen Abstimmungsergebnisses „pro Investoreneinstieg“ bei der DFL. Als Radioreporter und für eine Bundesligashow im Radio sind solche Spielunterbrechungen natürlich eher nervig. Das Anliegen der Fans ist aber wichtiger als der Sendeplan einer Radioshow, finde sogar ich.

Wegen der Unterbrechung gab es in Dortmund 12 Minuten Nachspielzeit und in Minute 45.+11 durfte Borussia ein zweites Mal jubeln: Wieder war es Malen, der getroffen hatte. Es war ein klassisches Kontertor, bei dem ganz am Schluss der ansonsten einwandfrei spielende Jordy Makengo im eigenen Rücken den späteren Torschützen aus den Augenverliert und dadurch den Schusskanal für Malen öffnet, als dieser angespielt wird. Mit 2:0 für den BVB war der Halbzeitstand etwas schmeichelhaft für die Borussen. Ein Tor hätte auch gereicht. Einziger Vorwurf bis dahin: Die Offensive blieb etwas stumpf; der SC entwickelte trotz guten Spiels zu wenig Torgefahr.

In der zweiten Halbzeit steigert sich Borussia Dortmund mit der 2:0-Führung im Rücken zu einer ihrer besten Saisonleistungen, doch mehrfach ein glänzend aufgelegter Noah Atubolu und einmal das Alu des linken Pfostens verhindern eine vorzeitige Entscheidung zu Gunsten der Borussen. In der Folge einer bereits abgewehrten Ecke gelingt Maatsen in der 88.Minute eine gefühlvolle Flanke Richtung zweiter Pfosten. Blitzschnell entwischt Füllkrug seinem ansonsten erfreulich gut mitspielenden Bewacher Szalai, der früh für den verletzten Gulde (Knie) eingewechselt worden war, und köpft zum 3:0 Endstand ein. Fazit: Keine Punkte, ein fünfter verletzter Innenverteidiger und ein enttäuschendes Ergebnis, das verschleiert, dass nicht alles Kokolores war, was der SC Freiburg in Dortmund auf den Platz brachte.

 

Das Nachspiel

Ich packte in aller Eile mein hellgrünes Rollköfferchen und machte mich auf die Suche nach der in Dortmund etwas ungewöhnlich platzierten Mixedzone, die eigentlich den Namen nicht verdient. Neben dem geparkten Mannschaftsbus sieht sie nicht wirklich aus wie eine Mixedzone und wird auch von den Spielern nicht als solche wahrgenommen. Die Bereitschaft, ein Statement zu bekommen ist nach einer klaren Niederlage, der dritten in Serie, auch deshalb nicht besonders groß. Mit „Lucki“ Höler und „Chico“ Höfler finden sich dann doch zwei erfahrene Jungs, der zunächst meinen Versicherungen glauben, dass es sich bei dem Fleck hinter dem Bus tatsächlich um die Mixedzone handelt und die mir dann auch freundlich auf meine Interviewfragen antworten. Der eine vor-, der andere nach der PK im Pressezentrum.

Als alles aufgenommen und versendet ist, laufe ich – wie schon so oft in Dortmund - mit Koffer aber trotzdem mit leeren Händen zum Presseparkplatz „C2“. Das Navi leitet mich in wenigen Minuten zum Hotel, in dem die kleine Bar gut besucht ist: BVB-Fans, SC-Fans und ein sehr mitteilungsfreudiges betrunkenes älteres Paar machen ganz schön „Alarm“. Ich schaue und höre mir das ein Glas Rotwein lang an. Dann gehe ich auf mein Zimmer. Ich muss schließlich früh raus…

Um acht Uhr am nächsten Morgen starte ich die Heimfahrt – in einem durch bis Freiburg, dort Autotausch, kurzer Aufenthalt daheim in Bad Krozingen, dann ging es weiter zum Dreisamstadion. Die U23 kickt gegen Arminia Bielefeld. Fast 1.000 Schlachtenbummler aus meiner Heimatstadt machen dort mächtig Lärm. Beim rhythmischen „Bielefeld, Bielefeld, Bielefeld“, einem bis dahin nicht existenten Schlachtruf, den ich anno 1976, im Fan-Sonderzug nach München mal kreiert und populär gemacht hatte, verschafft mir immer noch eine Gänsehaut. Arminia spielte effektiver als die U23, die – ähnlich wie die SC-Profis – vor des Gegners Tor zu harmlos waren, keinen „Killerinstinkt“ zeigten – trotz zwischenzeitlich 10:0 Ecken für Freiburg, gewann Arminia mit 3:0. Die hatten nur eine Ecke, kamen dadurch aber zum dritten Treffer… So läuft es manchmal. Da in Bielefeld der Baum brennt – ein dritter Abstieg in Folge würde die Existenz meines Heimatvereins gefährden – wird sich niemand wundern, dass ich mit dem Spielausgang leben konnte…

Nach dem Spiel war im „Rettig-Tower“ (O-Ton Volker Finke), dem Glasturm neben der Nordtribüne, mein kleiner privater Empfang – ein Umtrunk mit Canapés anlässlich meines Dienstjubiläums „30 Jahre SC live“ und des Umstands (fast) auf den Tag genau, 30 Jahre nach meinem ersten SC-Spiel, meiner Vergangenheit in Gestalt von Arminia zu begegnen. Alle, die dabei waren, haben mir mit ihrer Teilnahme an meinem kleinen Fest eine riesige Freude bereitet. Die Medienszene mit Wegbegleitern aus meiner Anfangszeit, über zwei Generationen BZ-Sport und die Kollegen von baden.fm, sowie mein Nachfolger bei Radio Bielefeld waren ebenso zugegen, wie Vertreter  der Fußballszene, Wegbegleiter wie Volker Finke, Martin Braun und Tobias Willi und, neben meinen Söhnen Jérôme und Ben, mein engster persönlicher Freundeskreis. Es war fantastisch – ich werde lange von dem Abend zehren und auch ein paar bleibende Geschenke, also solche, die man nicht wegtrinken kann (special thanks to Lydia Schönbett und Thomas Stamm), werden mich immer daran erinnern – und daran, dass ich ein Glückspilz bin, der seinen Traum leben darf.

Nach dem offiziellen Teil trieb es ein harter Kern von uns noch recht lange und wild im Fasnet-Partytrubel der Freiburger Innenstadt. Insgesamt war es ein unvergesslicher Abend für mich.

Derweil werfen große Ereignisse bereits ihre Schatten voraus…