23. Spieltag der 60. Saison der Fußball-Bundesliga, Borussia Mönchengladbach gegen SC Freiburg

Samstag, 4. März 2023, 15.30 Uhr *

Borussia-Park, Mönchengladbach *

Borussia Mönchengladbach - SC Freiburg *

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

(aus gutem Grund!)

Gestern war alles fertig. Also das „Nachspiel“ und so… Ich hatte aber direkt ins „back-end“ meines Internet-Auftritts geschrieben. Früher war das heikel, weil da immer nach einer Stunde Nutzung der Vorhang fiel und dann notfalls alles gelöscht war, wenn man es vorher nicht gespeichert hatte. Diese Ein-Stunden-Regel hat unser Techniker dann irgendwann mal rausgenommen, weshalb ich gelegentlich, statt in word vorzuschreiben, direkt ins System schreibe. Jetzt war also so ziemlich alles fertig und dann kam im Büro ein Anruf. Danach musste ich im Netz irgendwas gucken und als ich wieder zurück zum Tagebuch wollte – Pustekuchen. Ich hatte das Internet unbewusst zugemacht und damit war der fertige Text gelöscht.  Dann war ich erstmal einen Tag sauer. Jetzt ist schon Donnerstag und ich habe das Heimspiel gegen Leverkusen tagebuchtechnisch immer noch nicht abgeschlossen. Ich mache also aus der Not eine Tugend und mache aus dem Tagebuch ein Kapitel „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ – das heißt, der letzte Teil vom Leverkusen-Tagebuch ist identisch mit dem ersten Teil vom Mönchengladbach-Tagebuch…

Rückblende: Nach dem Abpfiff gegen Bayer 04, Endstand 1:1, dauerte das Abschiednehmen der Mannschaft von den Fans nicht so lange wie nach Siegen. Deshalb wurde ich mit meinem Fazit und der Notengebung für die Spieler, live bei baden.fm, gerade fertig, als die Helden schon quasi unter mir im Spielergang verschwanden. Ich beeilte mich also, in die Mixedzone zu kommen und erreichte sie gerade in dem Moment als sich die anderen Kollegen anschickten, „Chicco“ Höfler zu interviewen. Ich hätte jetzt zwar dazwischen preschen können und sagen „halt, halt, halt, das erste Interview kriege doch immer ich, weil wir Medienpartner sind und die Interviews auch für die HP vom SC selbst sind, doch ist das nicht meine Art, das passt nicht zu meinem Charakter, sag ich mal.

Marius Faller von der Presseabteilung des SC meinte dann auch, „Flecki“ und „Vince“ wären eh noch bei den TV-Anstalten und kämen dann noch zu mir. Außerdem unterhielt sich Michael Gregoritsch ganz in meiner Nähe gerade mit Bayer-Urgestein Stefan Kießling, weshalb ich dachte, den Österreicher vielleicht auch noch vor die „Flinte“, sprich vor mein Mikrofon zu bekommen. Dem war dann aber nicht so, „Gregerl“ wollte nicht. Ich gebe zu, er war zuletzt oft an der Reihe gewesen und wenn er diesmal keinen Bock hatte, okay – ich hatte Verständnis. Auch weil er bestimmt schon bessere Spiele für den SC gemacht hatte und ich ihn nicht wegen irgendwelcher Großtaten gegen Bayer befragen wollte, sondern nur weil er gerade in der Nähe stand. Großtaten hatte freilich Mark Flekken gegen Leverkusen gezeigt. Der Keeper gab mir dann auch bereitwillig Auskunft – genauso wie Vincenzo Grifo, der dieses wunderschöne Freistoßtor erzielt hatte. Die beiden auffälligsten Männer des Spiels hatte ich damit im Gespräch gehabt und Trainer Christian Streich kam nach der PK auch noch dazu. Dann war „Tutti“ und ich hatte Feierabend.

Dumm, dass bei Sonntagsspielen gleich am nächsten Morgen wieder der Berufsalltag beginnt – die Zeitungsproduktion im WZO-Verlag. Immerhin zählt die SC-Kolumne „SC INTEAM“ montags stets zu meinen liebsten Aufgaben. Am gestrigen Mittwoch ist die Kolumne dann im ReblandKurier erschienen. Hier ist sie im Wortlaut:

 

SC INTEAM

Das Europa-Park Stadion wird  zur „Festung“: Wettbewerbsübergreifend ist der SC Freiburg  an seiner neuen Heimstätte seit 14 Spielen ungeschlagen; nimmt man nur die Bundesliga ins Visier, sind es stolze zehn Heimspiele ohne eine Niederlage. Die letzte Heimschlappe datiert vom 12. August, wobei das 1:3 gegen Borussia Dortmund keine logische Folge der gezeigten Leistungen war, sondern von unglücklichen Begleitumständen ermöglicht wurde: Ein Ausnahmefehler von Torhüter Mark Flekken, der sich, mit den Gedanken wohl schon beim nächsten eigenen Spielzug,  von einem harmlosen Distanzschuss der Dortmunder zum 1:1 übertölpeln ließ und vom Versagen des Videoassistenten, da der Treffer zum 1:3 der Dortmunder eindeutig irregulär war. Keine Frage, dass der Sport-Club zur Spitzengruppe der Bundesliga gehört, hängt eng mit seiner Heimstärke zusammen und der bereits angesprochene Mark Flekken zählt ganz fraglos zu den Besten seines Fachs. Das bewies der Niederländer am Sonntag, beim äußerst spannenden 1:1 gegen starke Leverkusener. Der Hinweis auf die Qualität des Auftritts der Gäste sei erlaubt, denn Bayer 04 war im bisherigen Saisonverlauf eine Mannschaft mit zwei Gesichtern. Beim Gastspiel in Freiburg zeigte sich die Millionenelf des Bayerkonzerns – die „Bayer 04 Leverkusen Fußball  GmbH“ ist eine hundertprozentige Tochter des Pharmariesen – von ihrer besten Seite. Torwart Mark Flekken und Freistoßkünstler Vincenzo Grifo ragten bei den Freiburgern heraus und ermöglichten die Punkteteilung. Am Samstag, 4. März, um 15.30 Uhr gastiert der SC, dann wieder mit dem gegen Leverkusen gesperrten Kapitän Christian Günter, bei Borussia Mönchengladbach (live bei Sky und baden.fm). Im Borussia-Park herrscht nach der 4:0-Schlappe in Mainz und angesichts des zehnten Tabellenplatzes Unzufriedenheit mit dem bisherigen Abschneiden, auch wenn es dem Team von Trainer Daniel Farke erst kürzlich gelungen ist, Bayern München im Borussia-Park zu schlagen. Das Spiel in Mönchengladbach ist für den SC Freiburg die Generalprobe vor dem Achtelfinale in der UEFA Europa League. Das Hinspiel, am Donnerstag, 9. März, um 21 Uhr im „Allianz Juventus Stadium“ in Turin entführt den Sport-Club in die große weite Welt des internationalen Fußballs. Das Spiel Juventus Turin gegen den SC Freiburg (live bei RTL+ und baden.fm) ist der vorläufige Höhepunkt einer rasanten Entwicklung, die der südbadische Proficlub in den letzten Jahren genommen hat; von der Fahrstuhlmannschaft zu einem Team mit internationalen Ansprüchen, eingebettet in eine unglaubliche  Begeisterung; die 2.000 Gästekarten in Turin reichen bei Weitem nicht, um das Interesse der weit reisenden SC-Fans zu befriedigen. (Zitatende)

 

Am Montagabend kommentierte ich dann – im homeoffice, auf Basis von Fernsehbildern – den 0:3-Auswärtssieg der U23 bei Viktoria Köln bei baden.fm. Die Jungs von Trainer Thomas Stamm haben mich wirklich beeindruckt. Ich freue mich, sie am morgigen Freitagabend live im Dreisamstadion zu sehen und das Spiel gegen die U23-Kollegen von Borussia Dortmund zu kommentieren.

Von der 3. Liga in die UEFA Europa League: Das Achtelfinallos des SC, Juventus Turin, ist natürlich der absolute Hammer… Unbestätigten Meldungen zufolge haben sich nicht weniger als 13.000 SC-Mitglieder (für 26.000 Tickets) bei der Auslosung angemeldet, in der heute ausgelost wurde, wer sich Karten für das Hinspiel am kommenden Donnerstag in Turin kaufen darf. 13.000… Bei meiner eigenen Registrierung – ich wollte halt Karten für meine Begleiter erstehen – ist irgendetwas schief gegangen. Ich lag also gar nicht im virtuellen Lostopf. Dafür sieben Freunde von mir… Sie alle erhielten heute eine Absage. Der bereits angemietete Kleinbus, die reservierten Zimmer – alles muss (wohl) storniert werden, wie es momentan aussieht. Wir werden am Mittwoch voraussichtlich als Kollegen und nur zu dritt im normalen Pkw  in einer Fahrgemeinschaft zu dem Spiel reisen. Andreas, der am liebsten den Fahrer gibt, für unseren ReblandKurier, Daniela für Kicker und Mittelbadische Presse und ich für baden.fm. Erster Termin: Mittwoch, 18.15 Uhr, die SC-Pressekonferenz im „Allianz Stadium“ von Juventus. Schade, wir wären bei diesem Spiel gerne mehr gewesen… Ich selbst muss mich aber glücklich schätzen, einmal mehr meine Passion im Beruf ausleben zu dürfen - welch ein Glück und welch ein Genuss.

Vor dem Turin-Abenteuer steht aber das nicht minder wichtige  Bundesliga-Auswärtsspiel in Mönchengladbach auf dem Spielplan. Das letzte Mal war ich am 5. Dezember 2021 im Borussia-Park – der SC siegte an diesem Ausnahmetag mit sage und schreibe 0:6. Das war der absolute Hammer - ich habe später im Hotel Maischeider Hof im Westerwald eine weinselige Ein-Mann-Party gefeiert.

Es folgten im April und September letzten Jahres die beiden Heim-Remis gegen Gladbach, 3:3 und 0:0, bevor es jetzt zu einer Borussia geht, bei der, nach der 4:0-Niederlage in Mainz, ein wenig der Baum brennt… Andererseits hatte BMG zuvor die Bayern besiegt und wie Christian Streich heute in Erinnerung rief, unter anderem auch das Heimspiel gegen Leipzig gewonnen. Will sagen: Borussia ist in jedem Fall heimstark! Selbst in Mainz seien sie nicht etwa so schwach gewesen, sondern Mainz so stark, ließ Streich heute in der Pressekonferenz wissen.

Mein Countdown für Gladbach hat mit der PK heute Mittag gewissermaßen begonnen. Heute Abend werde ich den Vorbericht für baden.fm produzieren, der morgen zwei Mal im Frühstücksclub unseres Senders laufen wird. Gegen 17 Uhr zeichnen wir im Funkhaus einen Talk für die Vorberichterstattung zum Turin-Spiel in der nächsten Woche auf, danach werde ich den obligatorischen Autotausch vornehmen und dann, mit dem baden.fm-Corolla, als erstes… zum Dreisamstadion fahren. Die U23 kickt gegen BVB II, also gegen die U23 von Borussia. Ich werde den "Talentenstadl" bei baden.fm kommentieren. Gerne erinnere ich das Hinspiel, das ich im vergangenen Sommer live im Signal-Iduna-Park verfolgt und natürlich auch kommentiert habe. Die SC-Talente haben damals mit 0:1 gewonnen und zurzeit sind die Jungs von Thomas Stamm in Topform; das 0:3 in Köln am Montag war eine einzige Machtdemonstration. Genial! Anstoß ist morgen Abend um 19 Uhr. Gegen 21.15 Uhr werde ich dann vom „Hof“ fahren, also von P1, dem Stadionparkplatz hinter der Haupttribüne, und Kurs auf Mönchengladbach (P3 ;-)) nehmen. Zum Übernachten mache ich Halt im Hotel „EasyLiving“ in Darmstadt. Es handelt sich um einen Erstbesuch in der Herberge. Mal gucken, wie es da so ist. Wenn es nicht zu spät wird, reicht es vielleicht noch für einen oder vier Whisky-Cola (Zero) mit meinem alten Spezi Michael. Wir waren als Jugendliche wie Pech und Schwefel… Später gingen unsere Lebenswege und -weisen irgendwie auseinander aber so ganz haben wir uns nie aus den Augen oder aus den Ohren verloren. Vielleicht klappt es ja morgen Abend mal wieder, denn der Junge lebt seit vielen Jahren in Darmstadt. Er weiß, dass ich am späten Abend komme…

Weiter geht meine Tour am Samstagmorgen – Punkt 12 Uhr habe ich einen Termin zum Mittagessen in einem feinen Restaurant, in der Hennes-Weisweiler-Allee, ganz nahe am Borussia-Park, wo ich auch schon vor dem legendären 0:6 gespeist hatte. Mein rotarischer Freund Jörg aus Bad Krozingen, der zu einer Tagung in Düsseldorf ist, hat sich ein Ticket für den Gästeblock gekauft und wird mit mir die italienisch-mediterranen Köstlichkeiten von „La Cottoneria“ genießen. Italienische Köstlichkeiten wollen wir dann ja auch von Mittwoch bis Freitag in Turin gemeinsam genießen – mit dem Ticket für Jörg hat es aber bisher nicht geklappt. Das ist bitter... Gladbach ist aber eingetütet…

Um 15.30 Uhr ist Anstoß – und die Nacht nach dem Spiel werde ich (mal wieder) mit einer Flasche Wein im Gepäck im Hotel Maischeider Hof in Kleinmaischeid verbringen – knapp eineinhalb Stunden von Gladbsch entfernt, direkt an der A3, auf dem Weg Richtung Freiburg. Da, wo ich schon nach dem 0:6 im vergangenen Jahr und nach dem 0:2 in Bochum vor zwei Wochen genächtigt habe… Eigentlich ein gutes Omen…

Ich kommentiere das Bundesligaspiel Borussia Mönchengladbach gegen SC Freiburg am Samstag ab 15 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.086. SC-Livespiel am Radio-Mikrofon)

 

Ich sag es mal – leicht abgewandelt - mit einem alten Kalauer des geschätzten Kollegen Marcel Reiff: Wer dieses 0:0 atemberaubend fand, muss an einer Bronchitis leiden… Das torlose Remis vor gut 50.000 Zuschauern im Mönchengladbacher Borussia-Park riss jetzt wirklich niemanden vom Hocker. Doch kommen wir von der oberflächlichen Bewertung zu den harten Fakten: Beim SC saß Leistungsträger „Litz“ Doan, nach einem Infekt, noch geschwächt auf der Bank, ein anderer Hochkaräter, Mittelstürmer Michael Gregoritsch fehlte wegen eines akuten Infektes komplett im Kader für das anspruchsvolle Bundesligaspiel am Niederrhein. Hier, wo die Topmannschaften Bayern und Leipzig verloren hatten, sollte der SC trotzdem irgendwie bestehen, weshalb Christian Streich und seine Mittrainer auf den Gedanken gekommen waren, der intensiv analysierten Raumaufteilung des Gegners mit einer ungewohnten Grundformation zu begegnen: 3-5-2. In den ersten 45 Minuten ließ der SC drei Gladbacher Großchancen zu, die allesamt durch den besten Freiburger, Torwart Mark Flekken, vor den Augen zahlreicher Familienmitglieder aus den nahen Niederlanden, bravourös vereitelt wurden. Der Sport-Club seinerseits hatte zwar ein „Torschüsschen“ aus 18 Metern durch Höler zu verzeichnen, keine einzige veritable Torchance.

Wie sich nach der Pause zeigte, lag das Behäbige im SC-Spiel aber keinesfalls an der Grundformation: Fehlender Mut und mangelndes Tempo hatten die erste Hälfte zu einer der schwächeren in der laufenden Saison gemacht. So trug Christian Streich seinen Jungs für die zweite Halbzeit mehr Tempo und Mut zum Risiko auf und plötzlich dominierte der SC im Borussia-Park. Ein toller Schuss von Roland Sallai eröffnete den zweiten Durchgang in der 49. Minute – Gladbachs Reservetorhüter Sippel flog ins bedrohte Eck und verhinderte den plötzlich möglichen Führungstreffer der Gäste. In der 56. Minute konnte erneut der ungarische Nationalstürmer abziehen, diesmal zischte der Ball knapp am BMG-Gehäuse vorbei. Nach einem misslungenen Freistoß von Vincenzo Grifo aus aussichtsreicher Position meldet sich Gladbach wieder zurück. Ein Schuss von Pléa geht neben das Freiburger Tor, wenig später, in der 65. Minute, zieht Thuram zu einem Sololauf an und kommt im Strafraum zu Fall. Schiedsrichter Benjamin Brand zeigt sofort auf den Punkt, war aber auf eine waschechte Schwalbe des Franzosen hereingefallen. Einen Kontakt mit Nicolas Höfler hatte es jedenfalls nicht gegeben. Proteste der Freiburger Spieler, ein Hinweis vom VAR an den Schiri. Der schaut sich die Szene am Bildschirm an und korregiert seine Fehlentscheidung. Nur die fällige Gelbe Karte für Schauspieler Thuram lässt der Betriebswirt aus Bayern stecken. Stattdessen sieht Philipp Lienhart Gelb wegen Meckerns…

Die aufgeheizte Stimmung rund um die Schwalbe und den zurückgenommenen Elfmeter bringt Gladbach wieder auf Augenhöhe mit dem Sport-Club. Eine Viertelstunde vor Schluss verfehlt Pléa das Tor nur knapp und wenig später bremst Matthias Ginter Thuram aus. Der Ball springt zu Pléa, der ihn aber nicht sinnvoll verwerten kann.  

Zahlreiche Spielerwechsel prägen die Schlussphase der Partie. Der bedeutendste davon markiert das Bundesligadebüt von Merlin Röhl. Der frühere Ingolstädter, ein vielseitig einsetzbares Mittelfeldtalent, feiert eine starke Premiere – fast wäre ihm in der 89. Minute noch das goldene Tor für den SC gelungen: Christian Günter steckte durch für Nicolas Höfler, der scharf auf den zweiten Pfosten passt, wo Merlin Röhl einschussbereit wartet. Eine Grätsche des zurückgeeilten Stürmers Pléa verhindert in letzter Sekunde den Glücksmoment für Freiburgs Talent sowie Mannschaft, Fans und Reporter aus Südbaden…

Ein paar Minuten zuvor hatte Thuram doch noch Gelb gesehen – es wäre eigentlich Gelb/Rot gewesen, wenn Schiri Brand nach der Schwalbe korrekt reagiert hätte. Apropos Gelb/Rot: Einen Platzverweis gab es in der hektischen Schlussphase doch noch für Mönchengladbach, Bensabaini musste zwei Minuten vor Röhls Chance vom Platz: Nach einem Foulspiel von Kone hatte der Gladbacher Heißsporn den Ball weggeschossen. Die logische Gelbe Karte hatte er dann mit höhnischem Applaus in Empfang genommen. Die Folge: Gelb/Rot! Beim Verlassen des Platzes beschimpfte er den Schiedsrichter in französischer Sprache mit „fils de pûte“, zu Deutsch „Hurensohn“. Die Platzmikrofone fingen die Beleidigung auf – der DFB ermittelt inzwischen; eine längere Sperre scheint nicht ausgeschlossen.

Dann war das Spiel zu Ende und der SC nahm einen Punkt mit nach Hause.

 

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Wie (fast) immer in Englischen Wochen ist dieses Kapitel sowohl das „Nachspiel“ der vorangegangenen Begegnung, wie auch das „Vorspiel“ zum bevorstehenden Kick. Wir befinden uns also zwischen dem 0:0 im Bundesligaspiel in Mönchengladbach und dem Achtelfinal-Hinspiel der Europa League zwischen Juventus Turin und dem SC Freiburg.

In Gladbach ging alles recht flott – die Interviews mit „Chicco“ Höfler und „Flekki“ Flekken sowie – nach der PK – mit Christian Streich, dann ging es mit dem baden.fm-Corolla 150 km Richtung Heimat, bis nach Kleinmaischeid, wo ich ein Fläschchen guten Roten vom Fritz (Wassmer) wegflexte und übernachtete. Am Sonntagmorgen wachte ich auf, schaltete einen Podcast ein und… plötzlich lief da ein anderer Podcast. Schnell realisierte ich, dass ich ungewollt noch einmal eingeschlafen war und mich jetzt aber sputen musste… Schließlich wollte ich das Abstiegsduell der Zweiten Liga zwischen Braunschweig und „meiner“ Arminia live im Fernsehen verfolgen… Als ich erst nach zehn aus Kleinmaischeid wegkam – so ein Frühstück mit Spiegelei und Bacon lässt man sich ja nicht entgehen… - war klar, dass ich das Spiel zuerst nur im Radio hören konnte; über die Radio-Bielefeld-App versteht sich, mein direkter Nachfolger als Arminia-Reporter, Dr. Ulrich Zwetz, ist da noch immer am Rohr; genau so ausdauernd wie ich in Freiburg. So fuhr ich nach dem Autotausch am Funkhaus mit einem Lächeln nach Hause. Nicht nur, weil ich Radio Bielefeld hörte und so quasi in die eigene Vergangenheit eintauchte, sondern auch weil Arminia sehr schnell 1:0, 2:0 und dann sogar 3:0 in Braunschweig führte. Am Fernseher verfolgte ich dann wie die Eintracht zurückkam und das Spiel am Ende 3:3 endete – ein wenig enttäuschend nach einer so klaren Führung…

Es folgte der obligatorische Sonntagsbesuch meiner meiner Mutter im Pflegeheim, die stets damit verbundene Erdung und Relativierung des „Fußball-Wahnsinns“ und dann war bald schon wieder Tatort-Zeit; der Münster-Tatort; ich war aber irgendwie abgelenkt und unkonzentriert.

Am Montag feierte meine liebe Frau, Yoany, ihren 50. Geburtstag. Mit ihr habe ich wirklich Glück gehabt. Ich gratulierte ihr herzlichst und fuhr zur Arbeit.

Hier entstand als erstes meine regelmäßige Kolumne:

 

SC INTEAM

Da an anderer Stelle in dieser Zeitung ausführlich auf das internationale Abenteuer des SC Freiburg und das morgige Europa League Spiel um 21 Uhr bei Juventus Turin (live bei RTL und baden.fm) eingegangen wird, konzentriert sich diese Kolumne auf das „Brot-und-Butter-Geschäft“ des SC, die Bundesliga.

Regelmäßige Beobachter des Sport-Clubs rieben sich in Mönchengladbach zunächst die Augen: Mit dem japanischen Internationalen „Litz“ Doan und dem österreichischen Nationalstürmer Michael Gregoritsch fehlten zwei Hochkaräter in der Startelf, „Gregerl“ hatte die Reise an den Niederrhein gar nicht erst angetreten. Während bei Doan die Kraft, nach einem Infekt, noch nicht für mehr als einen Kurzeinsatz reichte, kurierte Gregoritsch seinen Infekt in Freiburg aus, war aber am Wochenende schon wieder im Lauftraining. Die intensiv analysierte Raumaufteilung des Gegners hatten Christian Streich dazu veranlasst, im Borussia-Park mit einer ungewohnten 3-5-2-Formation aufzutreten. Die behäbige Spielweise der ersten 45 Minuten hatte aber nichts mit der Formation zu tun. Mut und Tempo fehlten, um Borussia vor der Pause zu gefährden. Bei Halbzeit wechselte Streich diese Tugenden per Ansage an seine Jungs quasi ein und so bestimmte der SC den Großteil der zweiten Halbzeit. Fast wäre dem Bundesliga-Debütanten Merlin Röhl kurz vor Schluss noch der Siegestreffer gelungen, doch  Plea grätschte in letzter Sekunde den Ball weg. So nahm der SC Freiburg „nur“ einen Punkt aus Mönchengladbach mit, eine Ausbeute, die Bayern München und Leipzig bei ihren Gastspielen im Borussia-Park übrigens versagt geblieben ist. Bester Freiburger in Mönchengladbach war Torhüter Mark Flekken, der in der mäßigen ersten Halbzeit bei drei Großchancen der Gladbacher seine Extraklasse bewiesen hatte.

Drei Tage nach dem außergewöhnlichen Gastspiel beim Weltverein Juventus Turin wartet das Heimspiel gegen den badischen Rivalen TSG 1899 Hoffenheim auf den SC. Anstoß gegen die abstiegsgefährdeten Kraichgauer ist am Sonntag, 12. März, um 15.30 Uhr (live bei DAZN und baden.fm). Trotz des Trainerwechsels – Pellegrino Matarazzo kam für André Breitenreiter – konnte der veritable Absturz der Hoffenheimer nicht aufgehalten werden; der „Dorf-Club“ aus dem Sinsheimer Vorort hat die letzten sieben Bundesligaspiele allesamt verloren, zuletzt mit 1:0 bei Mainz 05. Zwischen den beiden Kräftemessen mit Juventus Turin gilt es, Konzentration, Galligkeit und Spielfreude auch im Bundesliga-Alltag auf den Platz zu bringen, sonst droht gegen Hoffenheim womöglich eine böse Überraschung. Allerdings hat der SC schon in der EL-Gruppenphase bewiesen, dass er mit solchen Herausforderungen umgehen kann.  (Zitatende)

 

Und damit war der Gladbach-Kick für mich abgeschlossen. Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Der Sport-Club kickt bei Juve; Wahnsinn! Dieses außergewöhnliche Spiel ist Anlass genug, den „Kommentar zum Weltgeschehen“ im ReblandKurier morgen ausnahmsweise dem Fußball zu widmen. Hier ist der Text, voller unvergesslicher Erinnerungen…

 

Der Kommentar

Der SC auf großer Bühne

Von Frank Rischmüller

Das Abenteuer Europapokal begann für den SC Freiburg im Jahr 1995 mit zwei Spielen gegen Slavia Prag. Es war ein kurzes Abenteuer, denn  nach Hin- und Rückspiel (1:2/0:0) war „Feierabend“ für den damals international komplett  unerfahrenen Sport-Club.

Einen zweiten Ausflug auf das internationale Parkett durfte  der SC  im Jahr 2001 wagen. Beim nicht sonderlich prominenten slowakischen Vertreter  Matador Puchov gab es am 11. September – an jenem 11. September, an dem die Welt den Atem anhielt –  ein 0:0. Im Rückspiel qualifizierte sich der SC durch einen 2:1-Sieg für die zweite Runde, in der es eher nachbarschaftlich zuging: Gegner war der FC St. Gallen aus der Schweiz. Nach dem 0:1 im Dreisamstadion erlebten 15.000 mitgereiste SC-Fans einen grandiosen 4:1-Sieg in Zürich, wohin das Spiel aus St. Gallen verlegt worden  war. Jetzt stand, in Runde drei,  erstmals ein großer Name ins Haus: Der SC kickte – zunächst auswärts – bei Feyenoord Rotterdam und verlor  im Stadion „De Kuip“ denkbar knapp mit 1:0. Erstmals hatte man das Gefühl, der SC drehe mit  an einem ganz großen Rad. Beim Rückspiel in Freiburg kam der Sport-Club aber gegen den späteren UEFA-Cup-Sieger Feyenoord nicht über ein 2:2-Remis hinaus und schied aus. Rückblickend  war das Duell  ein erstmaliger Kontakt zum wirklich  großen europäischen Fußball. Erst 2013 durfte der SC Freiburg international wieder mitmischen. In der Gruppenphase der neuen Europa League, mit Slovan Liberec aus Tschechien, Estoril Praya aus Portugal und dem FC Sevilla, wurde Freiburg Dritter und schied aus. Das stand aber erst nach dem 0:2 im letzten Heimspiel gegen den späteren Sieger dieser  Gruppe und der Europa League insgesamt, FC Sevilla, fest. Die Spanier sind von der Prominenz her in etwa  mit Feyenoord zu vergleichen, das Aufeinandertreffen kann also als ein zweiter internationaler  Markstein in der Freiburger Vereinsgeschichte gelten.

Im August 2017 verpasste der SC gegen den namenlosen slowenischen Vertreter NK Domzale   die Qualifikation zur Europa League, um dann, 2022, den großen Wurf zu landen: Gegen Olympiacos Piräus aus Griechenland, den FC Nantes aus Frankreich und Qarabag FK aus Aserbaidschan gelang – ohne eine einzige Niederlage – der Gruppensieg und erstmals die Qualifikation für die k.o.-Runde.

Jetzt steht ein Vergleich an, der die Spiele gegen Feyenoord Rotterdam (2001) und  FC Sevilla (2013) noch einmal deutlich in den Schatten stellt: Am morgigen Donnerstag, 9. März 2023, trifft der SC Freiburg im Achtelfinal-Hinspiel der UEFA Europa League in Turin auf die „Alte Dame“ des europäischen Spitzenfußballs, Juventus FC. International ist das der vorläufige sportliche Höhepunkt in der  119-jährigen Vereinsgeschichte, gefühlt auf einer Höhe stehend mit dem bisherigen nationalen Höhepunkt, der  Teilnahme am DFB-Pokalfinale im letzten Jahr.  28.000 SC-Fans wollten nach Turin reisen – nur 2.100 bekamen reguläre Gäste-Tickets. Für alle anderen wird es ein mediales Ereignis von bisher noch nicht erlebter  sportlicher Bedeutung.

 

Frank Rischmüller ist Print- und Hörfunkjournalist. Seit 16 Jahren ist der 62-Jährige Redaktionsleiter im WZO- Verlag. Schon im 30. Jahr in Serie begleitet er den SC Freiburg als Hörfunkreporter zu allen Spielen. (Zitatende)

 

Heute ging über die Ticker, dass das italienische Innenministerium verfügt habe, dass zum CL-Rückspiel SSC Neapel gegen Eintracht Frankfurt keine Eintracht-Fans kommen dürften - also keine Gästetickets für SGE-Anhänger. Keine Ahnung, was da in Italien los ist; auch beim Freiburger Spiel in Turin ist etwas gründlich schief gegangen… 14.000 SC-Fans hatten sich um 28.000 Karten für Turin beworben. 2.100 Karten gab Juve – analog zum UEFA-Reglement – heraus. Rund 1.500 weitere findige SC-Anhänger nutzten nun die Vorverkaufsphase, die Dauerkarteninhabern und Juve-Fans vorbehalten ist und den Umstand, dass der Fußball-Hype in Italien nicht so groß ist wie in Deutschland. Sie traten Juventus als Mitglied bei (eine „Light-Mitgliedschaft“ für 40 Euro) und kauften dann ganz normal ihr Ticket; Recherchen der Badischen Zeitung brachten das Ergebnis, dass alles korrekt abgelaufen sei und die deutschen Fans als Juve-Mitglied akzeptiert würden. Montag dann die Wende: Wegen Sicherheitsbedenken der Behörden würden alle diese Mitglieder-Tickets, die in Deutschland gekauft worden seien, storniert hieß es. Rechtlich fragwürdig, vermute ich mal, emotional natürlich eine eiskalte Dusche für die Fans, die natürlich Reisen und Hotels gebucht haben etc. und sich vor allem wie Bolle auf das Spiel gefreut haben. Jetzt kann man nur hoffen, dass es ruhig bleibt in der Stadt, denn viele, viele werden anreisen – auch ohne Karte; da bin ich sicher. Da das Stadion nicht ausverkauft ist (bzw. war), hätte man sicher Lösungen finden können, um die neuen Juve-Mitglieder aus Südbaden in einem Block unterzubringen, wobei die meisten sowieso die Karten im Nachbarblock des Gästeblocks gekauft hatten, wenn ich den Netzwerk-Einträgen folge. Unschön, unschön. Juve zahlt zwar den Ticketpreis zurück, heißt es – 60.000 Euro Mitgliedsbeitrag aber vermutlich nicht…

 

Ich selbst habe diese Karten-Sorgen zum Glück nicht. Ich fahre beruflich nach Turin, genau wie meine Begleiter Daniela (Kicker / Mittelbadische Presse) und Andreas (ReblandKurier). Vierter Mann im Bunde ist Jörg, der ohne Karte anreist. Er geht davon aus, das Spiel mit anderen kartenlosen SC-Fans in irgendeiner Kneipe zu schauen. Nachdem er sich die drei Tage beruflich freigeschaufelt hatte, wollte er mit, auch wenn er und sämtliche Freunde bei der Verlosung des SC leer ausgegangen waren.

Um 9 Uhr morgen früh geht es los. Mit einer Stunde Mittagspause auf halbem Weg sollten wir um 16 Uhr am Hotel sein (Best Quality Hotel Politechnico). Um 18.15 Uhr ist im Allianz Juventus Stadium Pressekonferenz des SC Freiburg mit Christian Streich und Vincenzo Grifo. Einzelinterviews mit den beiden sind angefragt und zugesagt. Ausstrahlung voraussichtlich im Abendprogramm von baden.fm und online bei www.baden.fm.

Außerdem muss ich dringend die Technik auf der Pressetribüne checken – der Pressemann von Juventus konnte mit meiner LAN-Anforderung nichts anfangen. Ich vermute, es handelt sich um ein sprachliches Problem, denn immerhin gibt es auf jedem Reporterplatz in der Bundesliga und gab es in Piräus, Nantes und Baku einwandfrei funktionierende LAN-Verbindungen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in Turin anders ist. Für alle Fälle habe ich neulich beim Spiel der Freiburger U23 gegen jene des BVB schon mal die Probe aufs Exempel gemacht und habe das Drittligaspiel mit der B-Lösung übertragen; auf Basis von W-LAN – und WiFi wurde von den Italienern garantiert. Es wird schon klappen… so oder so.