25. Spieltag der Fußball-Bundesliga, VfL Bochum gegen SC Freiburg

Sonntag, 10. März 2024, 15.30 Uhr *

Vonovia Ruhrstadion, Bochum *

VfL Bochum - SC Freiburg *

 Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Der Sport-Club hat Großes vollbracht. Der Einsatz, das Zweikampfverhalten, die taktischen Maßnahmen – wenn Paqueta einen ausgespielt hatte, stürzte sich der Zweite auf ihn, dann der Dritte und in der Regel war spätestens jetzt Endstation – all das hatte wunderbar funktioniert. Deshalb holte ich mir drei defensive Heroen ans Mikrofon: Christian Günter, Matthias Ginter und Manuel Gulde – später dann noch, aus gegebenem Anlass, Noah Weißhaupt, der mit jugendlicher Frische seine Beteiligung am Tor des Tages und die aufregenden Momente ganz am Schluss kommentierte. Er habe zu keinem Zeitpunkt  Befürchtungen gehabt, es könne Elfmeter geben, verriet er mir. Mir war es auf der Pressetribüne anders gegangen; nicht weil ich das Handspiel als strafbar entfand, sondern, weil ich nicht glauben konnte, dass der SC tatsächlich West Ham ausbremst und schlägt. Da würde doch sicher so eine VAR-Nummer einen Strich durch die Rechnung machen… dachte ich. Nun, es war anders gekommen.

Die Jungs waren guter Dinge, dass der Sieg helfen würde, besonders schnell zu regenerieren und bis Sonntag, dem Spiel in Bochum, wieder fit zu werden. Das Flasche-leer-Erlebnis in Augsburg, drei Tage nach dem Lens-Spiel geisterte natürlich noch durch meinen Kopf. Und für das alltägliche Bundesligageschäft war das Sonntag-Spiel in Bochum von immenser Bedeutung. Die unbändige und ungläubige Freude über den Außenseiter-Sieg gegen West Ham und die Sorge um genügend „Körner“ für das Spiel in Bochum beschäftigten mich total. So sprach ich auch – es war schon nach Mitternacht – Christian Streich im Interview darauf an und der Trainer hielt drei bis fünf personelle Wechsel in der Startelf für wahrscheinlich… Der Schlingel… Aber dazu später mehr.

Zunächstmal ging ich den Spieler-Interviews , der PK und dem stets abschließenden Trainer-Interview zurück zu meinem Arbeitsplatz. Noch im Stadion zeichnete ich meine „Aufsager“ für das Frühprogramm von baden.fm auf: Die Zusammenfassung vom Euro-League-Spiel und den Vorbericht zum Bochum-Kick. Ich liquidierte meine Vorräte an „Gin Lossie“ aus Bielefeld, mischte gut ab mit Tonic-Water und ein paar Spritzern einer frischen Limone und trank mir das Adrenalin runter, während ich mir die Ausschnitte des Spiels bei RTL+ gönnte. Ich suchte bewusst Entspannung, denn ich wusste, ich befand mich in einer sehr intensiven Arbeitsphase…

Gegen 3 Uhr nachts suchte ich das Bett auf, schaffte am (eigentlich als Urlaubstag deklarierten) Freitag – bis zum Mittag - die präzise Planung der Ausgabe Markgräflerland des ReblandKuriers und widmete mich dann meinen Moderationskarten für den Abend. Die Stadt Müllheim im Markgräflerland hatte mich für die Moderation der abendlichen Sport-Gala gebucht. Als ich mit der Vorbereitung meiner Moderationskarten – immerhin 18 verschiedene – fertig war, blieb mir noch ein Stündchen Erholung auf dem Sofa. Ich spürte deutlich das späte Europa League Spiel und den allgemeinen Stresslevel.

Zum Glück wurde der Abend in Müllheim amüsant und unkompliziert. Das Publikum – immerhin 400 Leute im ausverkauften Bürgerhaus – ging gut mit, die Stimmung war blendend und gegen 22 Uhr war der offizielle Teil durch. Es gab noch Barbetrieb und Tanzmusik von einer Liveband, die Stadtoberen – mit dem Bürgermeister bin ich zudem befreundet – luden mich noch zu einem   Abendessen ein und ich war bestens gelaunt. Weil ich noch während der Veranstaltung für eine weitere Moderation angefragt wurde und weil ich vor meinen mich bezahlenden Auftraggebern um Autogramm und Selfie gebeten wurde. Das macht doch einen guten Eindruck, denke ich. Vielleicht werde ich ja nächstes Jahr wieder gebucht…

Ich freute mich auch, weil ich wusste, dass nach diesem angenehmen aber stressigen und aufregenden Job jetzt zwei Tage lang der Fußball und der SC Freiburg in den Mittelpunkt rückten. Am Samstag um 14 Uhr kickte die U23 des SC in der Dritten Liga gegen den VfB Lübeck. Freiburg II gewann das Kellerduell mit 3:0 – drei Mal Max Breunig – und ich wage die Prognose, wenn die eigentlich schon hoffnungslos abgeschlagenen SC-Talente auch am nächsten Spieltag, beim Kellerduell in Halle, bestehen und drei Punkte entführen (wie schon in Bielefeld, Lübeck und Ingolstadt im Laufe der Saison), dann wird es im Abstiegskampf der Dritten Liga nochmal richtig spannend. Dann geht noch was für unsere U23!

Nach Abpfiff und PK setzte ich mich in den zuvor ausgetauschten (Dienst-)Wagen von baden.fm und fuhr die erste Etappe Richtung Bochum. Ich übernachtete in Mannheim, sodass ich die letzten drei Stunden Fahrtzeit relativ stressfrei am Sonntagvormittag hinter mich bringen konnte. Schon auf der Teilstrecke Freiburg – Mannheim hatte ich, nach dem Abpfiff der Samstagspiele der Bundesliga begonnen, Nils Petersens Hörbuch „Bankgeheimnisse“,  gesprochen vom Autor, reinzuziehen. Gut geschrieben, gut gesprochen, viele Erinnerungen für einen wie mich, der die Stationen von Nils Petersen beim SC, vor allem alle Spiele live, aus der Nähe miterlebt hat, werden von dem Buch geweckt. Kurz bevor ich in Bochum eintraf, hatte Nils fertig. Ich kann das Buch bzw. das Hörbuch jedem SC-Fan empfehlen. Das lohnt sich!

Gegen 12.45 Uhr traf ich an Pressparkplatz und am Pressecounter in Bochum an. Gegen Vorlage meines Presseauseises erhielt ich den Parkschein und die Akkreditierungsunterlagen. Ich parkte den baden.fm-Corolla, holte meinen  hellgrünen Rollkoffer aus dem Kofferraum und lief erstmal – ein Klassiker in Bochum – ins Foyer des Hotels direkt neben dem Ruhrstadion. Hier wollte ich einen gemütlichen Milchkaffee trinken und etwas entspannen. Wie nicht anders zu erwarten, traf ich auf alte Bekannte: Ich fand mich dann an einem Tisch mit den Freiburger Gastronomen Bächle, Vater und Sohn, Noahs Vater Marco Weißhaupt und dem Vater der Schlotterbeck-Brothers wieder. Keven kickt ja beim VfL Bochum, weshalb ich seinem Papa auch den VfL-Schal nachsah. Wenn er Nico beim BVB zuschaut, wird er den vermutlich nicht tragen…

Um 13.30 Uhr war es dann Zeit für mich, zu gehen. Technik-Check stand auf dem Stundenplan. Es lief alles wie am Schnürchen. Der Stream nach Freiburg ins Studio stand alsbald und ich konnte in den Presseraum gehen und erneut alte Bekannte treffen. Neben Freiburger Kollegen etwa auch den WDR-Kollegen und Mitarbeiter der Redaktion von Arnd Zeiglers Wunderbarer Welt des Fußballs, Andreas Kramer – vor vielen, vielen Jahren als Jungspund bei Radio Bielefeld, ab und an in meinem Fahrwasser oder auch der Kollege Günter Pohl von Radio Bochum – seit 33 Jahren auf den Spuren seines VfL.

Dann gab es die Mannschaftsaufstellungen, ich sah schmunzelnd, dass Christian Streich mit Michael Gregoritsch für Lucas Höler, in der Startelf nur einen Wechsel vollzogen hatte. Teilweise aus freuen Stücken, teilweise sicher auch, weil Jordy Makengo erkrankt und Noah Weißhaupt leicht angeschlagen – und beide nicht im Kader waren.

Und dann hatte ich einen Job: Ich kommentierte das Bundesligaspiel VfL Bochum gegen SC Freiburg ab 15 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.137. SC-Livespiel am Radiomikrofon)

Ein Wechsel; das wars – Michael Gregoritsch als Zielspieler für Lucas Höler. Ansonsten die „Helden“ aus der Startelf vom West-Ham-Spiel. Der „Held“ vom Bochum-Spiel wurde dann ausgerechnet „Gregerl“, der schon gegen West Ham – da allerdings als Joker – geknipst hatte. Bei dem von langen Bällen und Kampf geprägten Spiel in Bochum köpfte der österreichische Nationalstürmer und Torjäger in der 36. Minute eine  Flanke von Kiliann Sildillia auf den am zweiten Pfosten gut postierten Maximilian Eggestein, der sich von Keven Schlotterbeck nicht stören ließ, sondern zum 0:1 für die Gäste einschoss. Es war zugleich der Halbzeitstand; verdient, weil Freiburg auf schwierigem Geläuf spielerisch eine Spur besser war als der engagierte, fußballerisch aber limitierte VfL.

Wenige Minuten nach Wiederbeginn brachte Michael Gregoritsch seine Farben endgültig auf die Siegerstraße: „Litz“ Doan schlug fast ungestört die butterweiche Flanke, „Gregerl“ nickte ebenso unbedrängt aus vier Metern Torentfernung ein. 0:2 – die Vorentscheidung(?)

Bochum gab sich nicht geschlagen, sondern setzte alles auf die Karte Angriff; selbst Torhüter Riemann war dauernd in der Freiburger Hälfte zu finden, erstrecht nachdem dem Ukrainer Ordets in der 62. Minute nach einer der zahlreichen von Stöger geschlagenen Ecken der Anschlusstreffer gelungen war. Der Sturmlauf der Gastgeber blieb aber ohne Lohn, weil der SC im Kollektiv gut verteidigte. Bei einigen schnellen Gegenangriffen, insbesondere wenn Riemann sein Tor verlassen hatte, hätte ich mir mehr Übersicht und Mut zum Abschluss aus großer Distanz beziehungsweise mehr Fortune dabei gewünscht. Der eine oder andere Treffer des späteren Siegers hätte dann durchaus noch fallen können.

Die Bochumer Fans sahen im Schiedsrichtergespann inklusive VAR die Schuldigen für die Heimniederlage. Besonders eine Szene aus der frühen Phase des Spiels hatte sie in Harnisch gebracht: Kurz nach dem Freiburger Führungstor gerieten der VfL-Angreifer Broschinski und „Matze“ Ginter aneinander. Zunächst unmittelbar vor der Strafraumgrenze, wo Ginter, den Arm über die Schulter des Bochumers gelehnt, durchaus gezogen hat. Als sich beide im 16er befanden, lockerte „Gintes“ seinen Griff aber spürbar, während sich Broschinski theatralisch in den Freiburger Verteidiger heinein fallen ließ. Ginters rechtzeitiges Abbrechen des Ziehens und die deutliche Theatralik, mit der sich der Bochumer in Ginter hineinfallen ließ waren sicher entscheidend für den ausbleibenden Elfmeterpfiff. Glück haben die Freiburger in dieser Situation trotzdem gehabt – ebenso wie Bochum in einigen anderen Szenen. Bernardo zum Beispiel hätte mit Doppel-Gelb vom Platz fliegen müssen und auch ein Foul an dem aufs Tor zu sprintenden Röhl wurde nicht gepfiffen. Insofern abhaken. Unter dem Strich war der Freiburger Sieg in Bochum verdient.

 

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Die Geschichte mit dem Zuführen der Spieler zu den Interviews war, auch aufgrund der Lage der Mixedzone in Bochum, suboptimal. Maxi Eggestein, Torschütze und stets ein interessanter Auskunftgeber wurde den beiden Freiburger Reportern zwar zugeführt, als Zweiter und/oder Dritter sollten Manuel Gulde und Christian Günter herhalten, die allerdings erstmal zur Dopingprobe mussten. Ich wartete und wartete, ging nicht einmal zur PK, sondern bat darum, den Trainer nachher in der Mixedzone „vernehmen“ zu können, was auch geschah. Doch während wir sprachen huschte „Günni“ an uns vorbei in die Kabine und Manuel Gulde… konnte wohl nicht Wasser lassen. Irgendwann entschloss ich mich dann, es diesmal – erstmals in all den Jahren – bei einem Spielerinterview zu belassen. Ich musste schließlich auch noch weiter…

Genauer gesagt nach Frankfurt, zur Zwischenübernachtung. Ich packte also auf der Pressetribüne meinen Kram zusammen und als ich zurück in die längst abgebaute Mixedzone kam, erzählte mir eine Ordnerin, die noch Wache hielt, der Freiburger Spieler aus der Dopingprobe sei gerade in der Kabine verschwunden. Also lief ich zum baden.fm-Corolla und fuhr gen Frankfurt. Dort gönnte ich mir noch ein paar Drinks und schlief der nächsten Zeitungsproduktion entgegen. Direkt von Frankfurt aus fuhr ich – unterbrochen von einem kurzen Fahrzeugtausch am Funkhaus – in die WZO-Redaktion. Da sitze ich übrigens noch immer. Es ist Dienstag gleich halb acht und die Zeitungsseiten sind gerade belichtet, bis auf eine oder zwei. Auch meine SC-Kolumne ist schon im Druck:

SC INTEAM

Hut ab vor diesem SC Freiburg, der drei Tage nach dem 1:0-Heimsieg auf europäischer Bühne gegen West Ham United  beim heimstarken und stets energiegeladenen  VfL Bochum mit 1:2 einen wichtigen Auswärtserfolg landen konnte. Wichtig, weil die Mannschaft in der Bundesliga seit Wochen nicht gewonnen hatte – der letzte Sieg datierte vom 20. Januar, ein 3:2 gegen Hoffenheim. Von Bedeutung war der „Dreier“ aber auch für das Ranking in der Bundesliga: Hätte der SC das Auswärtsspiel in Bochum verloren, würden ihn heute nur noch zwei Zähler vom VfL „vonne Catroper“ trennen; und Bochum war und ist 15ter ... Mit den drei Punkten aus dem Vonovia Ruhrstadion grüßt der Sport-Club von Platz acht, hat die europäischen Qualifikationsränge neun Spieltage vor der Endabrechnung in Schlagdistanz und kann vergleichsweise unbeschwert die London-Reise zum Achtelfinal-Rückspiel der UEFA Europa League antreten.

Am Donnerstag, 14. März, um 18.45 Uhr MEZ – in England wird es dann 17.45 Uhr sein – treten die Freiburger im „London Stadium“ im Ortsteil Stratford, nahe  West Ham, an. Gegner ist, wie eine Woche zuvor im Europa-Park Stadion, der West Ham United FC, genannt „The Hammers“ aus der englischen Premier League (live gegen Gebühr bei RTL+ und im Radio bei  baden.fm). West Ham, zumal im eigenen Stadion, wird eine harte Nuss für den Sport-Club, der im Dezember an gleicher Stätte, im Rahmen der Gruppenphase,  relativ chancenlos mit 2:0 verloren hat. Durch den 1:0-Erfolg im Hinspiel haben sich allerdings die Vorzeichen ein wenig geändert. Freiburg weiß, wie man dem mit Topstars gespickten Kader aus dem Londoner Westen beikommen kann. Nach der Niederlage in Freiburg bekleckerte sich United im nationalen Wettbewerb übrigens nicht mit Ruhm. Fast hätte der abgeschlagene Abstiegskandidat FC Burnley die Londoner am Sonntag, als Freiburg in Bochum siegte, böse überrascht. Zur Pause führte der Außenseiter  im „London Stadium“ mit 0:2, wobei Abwehrspieler  Mavropanos ein Eigentor unterlief. Der brasilianischen Superstar Paqueta schaffte unmittelbar nach dem Wechsel den Anschluss, bevor der eingewechselte Stürmer Ings, als Joker, in der Nachspielzeit noch den Ausgleich schaffte. Die Punkteteilung mit Burnley war für West Ham freilich eine Enttäuschung. Fazit: Eine erstmalige Qualifikation des SC Freiburg fürs Viertelfinale eines europäischen Wettbewerbs wäre angesichts des Gegners eine Sensation. Nach dem Sieg im Hinspiel ist der SC aber nicht chancenlos.

Am Sonntag, 17. März, um 15.30 Uhr kommt dann der ungeschlagene Spitzenreiter Bayer Leverkusen zum Bundesligaduell nach Freiburg (live bei DAZN und baden.fm). Toi, toi, toi, SC! (Zitatende)

 

Ich verabschiede mich  gleich vom Verlagshaus, denn nach einem kurzen Gruß bei der Familie, einem gemeinsamen Abendbrot vielleicht, geht es los nach Zürich. Ich besuche meinen Sohn Jérôme, seine Partnerin Céline und ihr gemeinsames Töchterchen Ella, meine zweite Enkelin. Darauf freue ich mich sehr. Ich habe die kleine ja noch nicht so oft gesehen… Sicher wird Ella schon schlafen, wenn ich ankomme, aber sehen kann sich ja trotzdem und morgen Früh gibt es auch noch eine Chance… Um 9.30 Uhr muss ich freilich in Wallisellen beim Shuttle-Parkplatz sein. Dann werde ich zum Airport gebracht und fliege um 12.10 Uhr nach London. London calling…

 

Ich kommentiere das Achtelfinal-Rückspiel der Europa League zwischen West Ham United und dem SC Freiburg am Donnerstag ab 18 Uhr MEZ live bei baden.fm. Bitte schreibt Geschichte, Jungs!