26. Spieltag der 60. Saison der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen Hertha BSC

Samstag, 1. April, 2023, 15.30 Uhr *

Europa-Park Stadion, Freiburg *

SC Freiburg - Hertha BSC *

 

Das Vorspiel

Die Länderspielpause ist vorbei, ab sofort geht es wieder um den Vereinsfußball, genauer gesagt, ganz konkret um den SC Freiburg. Am Montag habe ich mich übrigens mithilfe der U23 schadlos gehalten. Für baden.fm habe ich – wenn auch nur in wenigen Einblendungen – das Heimspiel gegen den 1. FC Saarbrücken kommentiert. Etwa dreieinhalb tausend Zuschauer waren im Dreisamstadion dabei. Ich bin ja nach wie vor ein Gegner des VAR und in der 3. Liga spielt der keine Rolle. Das ist klasse – trotz der vielen Fehlentscheidungen, die ein VAR am Montag vermutlich korrigiert hätte: Es hätte (mindestens) zwei klare Elfmeter für die U23 geben müssen, die auf die U-Nationalspieler Atubolu, Schmidt, Wagner, Röhl, Weißhaupt und Baur verzichten musste; die vorzügliche Werder-Leihgabe Engelhardt fehlte Gelb-gesperrt. Trotzdem bot die U23 den zuletzt mit vier Siegen in vier Spielen erfolgreichen Saarländern grandios Paroli und hätte – ich komme zurück zum Thema – eigentlich zwei oder drei Elfmeter bekommen müssen. Der junge, forsche Schiri aus Hamburg, der bei seinem letzten Auftritt im Dreisamstadion zwei Spieler des Gegners vom Platz gestellt hatte, wollte oder konnte die klaren Vergehen aber nicht erkennen. Genauso wenig erkannte er, dass der ex-Freiburger Daniel Batz im Tor des 1. FC Saarbrücken den Ball in der ersten Minute der Nachspielzeit schon zwischen seinen Händen hielt, als Vermeij die Kugel mit dem Knie traf und zum umjubelten 1:1 über die Linie bugsierte. So gab es viele umstrittene Szenen, die von einem VAR vermutlich korrigiert worden wären, es gab am Schluss aber trotzdem ein absolut leistungsgerechtes Unentschieden.

Saarbrücken hatte die erste Halbzeit, in der die SC-Talente, vermutlich mit zu viel Respekt, sehr verhalten und keineswegs angriffsorientiert agierten, dominiert. Die saarländische 0:1-Führung zur Pause ging in Ordnung. Den ihr eigenen Zauber entfaltete die U23 des SC dann in Halbzeit zwei, mit erfrischendem Angriffsfußball, zahlreichen Chancen und dem späten aber hoch verdienten Ausgleich.

Dass ich, obwohl ich, lizenzbedingt, nur wenige kurze Einblendungen hatte, beide Tore live kommentieren konnte, machte mich froh; genauso wie die Tatsache, dass ich nicht jeden Torschrei wegen eines möglichen VAR-Eingriffs hinterfragen musste. Erfreulich war übrigens auch, dass die U15 der SG Markgräflerland, also mein Sohn Ben und seine Komplizen, komplett im Stadion waren und dieses tolle Erlebnis – übrigens zu einem Vorzugspreis auf der Haupttribüne (Danke, SC!) – mit mir und den 3.500 anderen Fußballfans im Stadion teilten. Für die Jungs war es gewissermaßen eine Belohnung... Ich muss das hier mal loswerden: Die C-Junioren der SG Markgräflerland (im Schwerpunkt FC Bad Krozingen) sind im vergangenen Jahr in die Landesliga aufgestiegen und derzeit die ranghöchste Mannschaft im Gesamtverein (FC Bad Krozingen). In der neuen Spielklasse war der Neuling anfangs sensationell Tabellenführer, rutschte aber irgendwann etwas ab und der SC-Ableger (Partnerverein in der Jugendförderung), SF Eintracht Freiburg U14, übernahm das Zepter. Die Eintracht hatte das Hinspiel in Bad Krozingen mit 1:2 gewonnen – es gab also nichts zu meckern. Nur, dass unsere Jungs verkrampft gekickt hatten. Pünktlich eine Woche vor dem Rückspiel zogen Ben und seine Jungs in der Tabelle wieder an den Freiburgern vorbei und standen vor dem Kick am vergangenen Samstag bei Eintracht einen Zähler vor den Gastgebern. Ein Sonntagsschuss brachte den gefühlten Favoriten mit 1:0 in Front. Danach drehten unsere Jungs aber dermaßen auf, dass sie am Ende mit 1:5 gewonnen hatten, jetzt mit vier Punkten Vorsprung die Landesliga anführen und von einem Durchmarsch in die Verbandsliga träumen dürfen. Vom Stadionsprecher im Dreisamstadion wurden die Jungs sogar als Gäste und als Landesliga-Tabellenführer begrüßt (großer Sport! - das hatte aber jemand anderes angeleiert, nicht ich) Ich halte Euch hier über den weiteren Saisonverlauf (noch sechs Spiele) auf dem Laufenden…

SC gegen Hertha ist unser wichtigstes Thema. Es ist der Start in eine außergewöhnliche Englische Woche. Am Dienstag folgt des DFB-Pokal-Viertelfinale beim nunmehr von Thomas Tuchel geformten FC Bayern, bevor es am Samstag derselben Woche im Europa-Park Stadion schon wieder gegen den Rekordmeister geht. Dass angesichts der Fülle an herausfordernden Aufgaben eine alte Fußballweisheit vor dem Hertha-Spiel weiterhelfen könnte, steht am Ende meiner Zeitungskolumne von dieser Woche, die sich ansonsten intensiv einem alten Weggefährten widmet:

 

SC INTEAM

Als der Verfasser dieser Zeilen  Ende 1993 erstmals ein SC-Spiel im Radio  kommentiert hat, es war ein Auswärtsspiel in Wattenscheid, traf er auch erstmals persönlich auf Volker Finke. Nach dem Spiel nötigte er den Fußballlehrer zu einem Liveinterview an einem öffentlichen Fernsprecher.  Das war der Start –  durchaus ungewöhnlich,  aber der Zweck heiligte die Mittel.  So begann eine Kooperation, die 13,5 Jahre andauern sollte. Die  gemeinsame Zeit – hier Finke als Trainer des SC, dort der Livereporter sämtlicher Spiele und spätere Zeitungskolumnist – war von gegenseitiger Wertschätzung, aber auch von kritischer Distanz geprägt; zu keinem Zeitpunkt  von Kumpanei. Es gab auch nie irgendwelche Hinterzimmergespräche, wie sie von Finke-Gegnern und Rischmüller-Kritikern  in der letzten Finke-Phase in Freiburg  unterstellt wurden. Der Sport-Club, wie er heute dasteht, ist ein Stück weit auch das Lebenswerk des etwas spröden Niedersachsen. Verein und Umfeld profitieren von Finkes Visionen; noch heute. Als der Trainer nach 16 Jahren gehen sollte, weil sein Team im Tabellenkeller der 2. Liga zu versinken drohte, geschahen wunderliche Dinge: Im ersten Spiel nach Bekanntwerden der geplanten Trennung schoss Roda Antar in Koblenz das Führungstor für den SC. Der Torschütze und die gesamte Mannschaft liefen spontan zum Trainer und klatschten mit ihm ab; ein Gänsehautmoment. Welch ein spektakuläres Zeichen der Solidarität!  Die Mannschaft siegte fortan und wäre fast noch aufgestiegen. Eine Fanbewegung nannte sich „Wir sind Finke“ und protestierte monatelang gegen die Entscheidung des Vorstands. Die Trennung fand trotzdem statt und sie hat – wie man heute weiß – den Verein nicht ins Verderben gestürzt. Auch das gehört zur Wahrheit. Weil das Wohl und Wehe eines Vereins niemals von einer Person abhängig sein sollte. Auch in Freiburg war das offensichtlich nicht der Fall.  Die Arbeit von Volker Finke und seinen Mitstreitern jener Zeit bildet aber ganz sicher das Fundament für den europäisch ambitionierten SC Freiburg der 20er Jahre dieses Jahrhunderts. Am vergangenen Freitag, 24. März, wurde Volker Finke 75 Jahre alt. Danke für die geleistete Pionierarbeit! Danke für die professionelle Zusammenarbeit – und Glückwunsch nachträglich, Trainer!

Die Nachfolger von Finkes „Breisgaubrasilianern“ treffen am Samstag, 1. April, um 15.30 Uhr auf Hertha BSC. Am Dienstag, 4. April, um 20.45 Uhr folgt das DFB-Pokal-Viertelfinale beim FC Bayern (beide Spiele live bei Sky und baden.fm). Hoffentlich erinnern sich die Jungs vom SC an eine Fußballweisheit, die schon zu Finkes Zeiten galt: Das schwerste Spiel ist immer das nächste. Deshalb volle Konzentration auf drei Punkte gegen Hertha! (Zitatende)

Es ist Donnerstag, 30. März, 15.30 Uhr. In 48 Stunden steigt das Match gegen Hertha. Heute war Pressekonferenz beim SC und Trainer Christian Streich rief ein Thema, das ich etwas verdrängt hatte, schmerzhaft in die Erinnerung zurück: Wegen seiner Gelb-Sperre ist Torjäger Michael Gregoritsch am Samstag nicht mit von der Partie. Außerdem beklagte der Trainer die schwierige Vorbereitung auf den so eminent wichtigen Kick gegen die Berliner: „Wir haben seit zwei Wochen nicht vernünftig zusammen trainiert“, so Streich. Hintergrund: 14 Kicker aus den beiden Profiteams des SC weilten zu Spielen bei ihren Nationalteams. Am Montag, Dienstag und Mittwoch  hätten verbleibende Kicker der Drittligamannschaft  den Trainingskader des Bundesligakaders  auffüllen können, aber Montag hatte die U23 ihr Drittligaspiel gegen Saarbrücken, am Dienstag war Regeneration und am Mittwoch der übliche freie Tag, zwei Tage nach einem Pflichtspiel.  „Wir haben mit sechs oder acht Spielern trainiert“, zuckte Streich die Achseln, zumal natürlich bei den in Frage kommenden Jungs auch mal ein kleiner Infekt oder ein Wehwehchen das Training verhinderte. Das sei also keine optimale Vorbereitung gewesen. Jetzt seien die Nationalspieler zwar alles in allem gesund zurück, manche hätten aber noch lange Flüge und teilweise auch Jetlags zu verkraften, womit vermutlich zu allererst „Litz“ Doan und Wooyeong Jeong gemeint waren. Jetzt werde morgen noch ein paar Minuten miteinander trainiert, ein paar Abläufe würden dabei einstudiert, zum Glück gäbe es eine Art Vorbildung, sprich, die Jungs kennen die Spielweise ihrer Mannschaft und die Erwartungen an jede einzelne Position. Der Einsatz von Philipp Lienhart sei nach seiner Muskelverletzung höchst fraglich, ließ der Trainer auf Nachfrage wissen.

Personell gibt es beim SC also einige Fragezeichen. Dass Nils Petersen diese Woche sein Karriereende zum Saisonabschluss angekündigt hat war ebenfalls Thema in der PK. Ich habe dann mal angefragt, ob der „Fußballgott“ ein Thema als Gregoritsch-Ersatz sei, was Streich bestätigte. Formstärkster Stürmer ist zurzeit fraglos „Lucki“ Höler, sodass ich in jedem Fall mit ihm in der Startelf rechne. Dann käme Nils für die Startelf vermutlich nur bei einer 4-4-2-Formation in Frage oder in einer Variante davon, dem 4-2-3-1 mit Nils ganz vorne, „Lucki“ als zentralem Mann der vorderen Dreierkette, „Litz“ Doan oder Roland Sallai rechts und Vincenzo Grifo links. Erfahren werden wir das alles erst am Samstag, etwa eine Stunde vor dem Anpfiff.

Dann werde ich schon einen Kick gesehen haben: Um 11.45 Uhr kickt die U15 der SG Markgräflerland gegen „Kellerkind“ JFV Dreisamtal. In der Vorrunde wurden gegen diesen Gegner ohne Not zwei Punkte verschenkt. Ich hoffe, die Jungs sind gewarnt, denn von der Pole-Position aus ist jetzt jedes der letzten sechs Spiele wie ein Endspiel zu betrachten. Eintracht, Lahr und Sinzheim, die drei Verfolger, lauern nur auf Ausrutscher der Bad Krozinger Truppe… Doch zurück zum Profigeschäft:

Ich kommentiere das Bundesligaspiel SC Freiburg gegen Hertha BSC am Samstag ab 15 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.091. SC-Livespiel am Radiomikrofon)

"Scheiße" und "zum Kotzen" waren verbriefte Reaktionen von Trainer Christian Streich nach dem 1:1 gegen Hertha BSC. Der Grund dafür: Der SC hatte eigentlich eine gute Partie geboten gegen die Berliner, war mit zunehmender Spielzeit dominanter geworden, war nach torloser erster Halbzeit durch Vincenzo Grifo  mit 1:0 in Führung gegangen und wähnte sich - nicht zu unrecht - auf der Siegerstraße, bis dem eingewechselten und ansonsten ansprechend kickenden Edelreservisten der letzten Monate, Jonathan Schmid, in der 77. Minute ein Missgeschick unterlief, eine Unkonzentriertheit vielleicht, in jedem Fall traf "Jonny", von hinten attackiert durch Herthas bissigen deutschen U21- Nationalstürmer Ngancam, eine falsche Entscheidung und setzte diese dann mangelhaft um. Der geplante Rückpass verhungerte und der Hertha-Stürmer  bezwang Mark Flekken zum 1:1. Das war es dann auch schon. Unterm Strich hatte der SC in der zweiten Hälfte, neben dem feinen Standardtor von "Vince" noch zwei Großchancen durch "Lucky" Höler nach Vorlage des starken Maxi Eggestein und durch "Litz" Doan nach Flanke von "Jonny" Schmid. Da hatten sie zwei Mal Pech. Hertha hatte schon vor dem unerwarteten Ausgleich eine Großchance, als Mark Flekken alleine gegen Lukebakio das Duell für sich entschied. Am Ende wirkte das Remis auf viele Freiburger wie eine Niederlage. Wie schon gegen Mainz hatte es der SC nicht geschafft, eine verdiente 1:0-Führung über die Zeit zu bringen. Ärgerlich oder auch "scheiße" und "zum Kotzen"... 

Das Nachspiel

Wegen der Englischen Woche (und der Enttäuschung nach dem Remis gegen Berlin) halte ich mich heute extem kurz. Ich will nur schnell erzählen, dass ich vor dem Bundesligakick  zumindest eine Halbzeit lang bei Ben und seinen Komplizen war. Die Jungs haben ihr Spiel gegen das Dreisamtal mit 8:0 gewonnen und führen die Landesliga nun mit sieben Punkten Vorsprung an. Die erste Halbzeit der U23 in Essen habe ich auf iPad-Basis - also vom Bildschirm aus - auch noch fürs Radio kommentiert, bevor Benny, der Moderator der Bundesligashow, übernommen hat und ich mich auf SC gegen Hertha konzentriert habe. Am Sonntag musste ich auch am Mikrofon arbeiten - durfte die Autoschau auf dem Bahnhofsplatz in Bad Krozingen moderieren; das ist spaßig aber anstrengend. Zum Glück hat meine angeschlagene Stimme gehalten und ist weiter fit, so dass meinem Einsatz beim Pokal-Viertelfinale in München nichts entgegensteht.