27. Spieltag der Fußball-Bundesliga, VfL Borussia Mönchengladbach gegen SC Freiburg

Ostersamstag, 3. April 2021, 20.30 Uhr (!!!)

Borussia-Park, Mönchengladbach

VfL Borussia Mönchengladbach - SC Freiburg

Das Vorspiel

Am Länderspielwochenende hat mir die Bundesliga gefehlt – selbst die der letzten Monate, ohne Fans, Stimmung und Beiprogramm. Vielleicht fange ich deshalb schon heute, am Dienstag, mit dem Tagebuch zum Gladbach-Spiel an. Ich starte einfach mal mit meiner Zeitungskolumne, die morgen im ReblandKurier erscheint:

 

SC INTEAM

Brdaric in Vllaznia

Von Frank Rischmüller

Die Bundesliga biegt am kommenden Wochenende in die Zielgerade ein. Im April und Mai entscheiden sich alle großen Fragen im Vereinsfußball – im deutschen Oberhaus geht es in der Spitze um die den Titel (Platz 1), die Teilnahme an der lukrativen Champions League (Plätze 1 bis 4), an der Europa League (Platz 5) und an der neuen Europa Conference League, einer Art 3. Liga auf europäischem Level (Platz 6). Sollte ein Bundesliga-Top-Team den DFB-Pokal gewinnen und so quasi ein doppeltes Recht auf einen Europäischen Wettbewerb erlangen, erhält die Liga einen zusätzlichen europäischen Platz, sodass auch der Siebtplatzierte noch durch Europa reisen dürfte und sich – zugegeben – eher mit unbekannten Vertretern kleinerer Fußballnationen messen müsste; Europa – egal ob Europa League oder Conference League – lautet nicht die Zielsetzung des SC Freiburg. Mannschaft und Trainerteam wollen jedes Spiel gewinnen und in der Tabelle so weit wie möglich oben stehen – danach folgt der Blick auf die Endabrechnung.  Vielleicht trifft man dann ja alte Bekannte wieder. Thomas Brdaric etwa, er spielte unter anderem für Bayer Leverkusen, den VfL Wolfsburg und die Nationalmannschaft, coachte später die TSG Neustrelitz, die im August 2013 im DFB-Pokal mit 0:2 gegen den SC Freiburg verlor. Zweifacher Torschütze war Hendrick Zuck. Damals schon dabei waren Christian Streich als Trainer und Jonathan Schmid als Spieler; sowie der Autor dieser Zeilen als Radiokommentator. Zumindest wir drei würden also unter Umständen Thomas Brdaric wiedertreffen, denn der ist zurzeit Trainer von KF Vllaznia, einer Spitzenmannschaft der albanischen Profiliga.  KF Vllaznia und der deutsche Trainer haben gute Karten, in der Europa Conference League dabei zu sein. Und der SC Freiburg?

Am Ostersamstag um 20.30 Uhr in Mönchengladbach oder am Freitag, 9. April, um 20.30 Uhr bei Arminia Bielefeld (beide Spiele live bei DAZN und baden.fm) könnte der SC die 40-Punkte-Schallmauer durchbrechen und dann tatsächlich die internationalen Plätze ins Visier nehmen. Die Zwischenbilanz ist viel versprechend:  Aus den ersten neun Rückrundenspielen holte der SC sechs Punkte mehr als in der Hinrunde. Fortan müssen sich die Jungs aber ranhalten, denn in den folgenden sechs Spielen gab es vor Weihnachten fünf Siege und ein Unentschieden. Und jetzt im Frühjahr? (Zitatende)

 

Die Europa-Diskussion führe ich jetzt und hier nicht weiter.  Erstmal 40 Punkte einfahren und dann auf Vllaznia hoffen (smile).

Der Sport-Club hat übrigens zwei Auswärtsspiele vor der Brust. Unterbrochen vom coronakonformen Eiersuchen geht es zunächst am Samstagabend zu Borussia Mönchengladbach und dann, sechs Tage später, zu meinem anderen Herzensverein, Arminia Bielefeld. Nachdem Corona meine Osterreisepläne komplett durcheinandergewirbelt hat, machen wir jetzt als Familie, wie ich denke, das Beste aus der Sache. Ursprünglich hatte ich am Ostermontag einen Flug nach Barcelona und dort einen Mietwagen gebucht. Ein „Apartemento Deluxe“ am Yachtfhafen von Cambrils hatte ich ebenfalls reserviert. Von da aus wollte ich ein Fußballturnier verfolgen, an dem die D1-Junioren des FC Bad Krozingen im Rahmen ihrer Saison-Abschlussreise teilnehmen wollte. Meinem Jungen und seinen Fußballkomplizen nahe sein, mit den anderen Müttern und Vätern den einen oder anderen Wein testen – alles für die Katz… Scheiß Corona…

Also habe ich alles storniert und wir planen alles anders – inklusive der beiden dienstlichen Verpflichtungen in Gladbach und Bielefeld.

Am Karfreitag geht es mit Familie, Sack und Pack zu meiner zwei Mal geimpften 86-jährigen Mutter nach Bielefeld. Die geltenden Kontaktregeln ermöglichen das, denn die Kinder sind unter 14 und zählen nicht. Am Samstagnachmittag höre ich mir dann die Bundesliga-Nachmittagsspiele im Autoradio an, während ich in ca. zweieinhalb Stunden von Ostwestfalen an den Niederrhein fahre. Vielleicht schaffe ich es auch in zwei Stunden. Frank Geideck, einstmals Arminia-Spieler, als auch bei mir medial alles begann, heute Co-Trainer bei Borussia Möchengladbach, fährt die Strecke ständig – dann werde ich es auch schaffen. Am Nachmittag hin und nachts wieder zurück. Das Spiel findet ja ausgerechnet am Ostersamstag abends um 20.30 Uhr statt. Von wegen DSDS-Finale (smile).

Ostern verbringe ich dann mit der Familie bei meiner Mutter. Und weil das nächste Spiel dann bereits am Freitag auf der Bielefelder Alm stattfindet, bleiben wir gerade vor Ort. Geplant sind ein paar Tagesausflüge in die Natur. Ich werde den Kindern zeigen, wo ich meine Jugendzeit verbracht habe: Dümmer See, Steinhuder Meer, Sauerland, Hücker Moor…

Am Freitag dann das Spiel bei Arminia, bevor wir am Samstagvormittag nach Frankfurt fahren werden und meine schwangere Tochter Caroline und ihren Lebensgefährten Fabian besuchen. Da Fabian Fußballfan ist und die beiden einen riesigen Fernseher nebst Sky-Abo haben, weiß ich, was wir bei Kaffee und Kuchen schauen werden… Aber das ist ja noch lange hin…

Zunächst rück Mönchengladbach in den sportlichen Fokus. Das Sorgenkind der vergangenen Wochen – sieben (oderwaren es sogar acht)  Pflichtspielniederlagen in Serie, bis der Auswärtskick auf Schalke kam. Da haben sie abgeliefert. Ob die Schwächephase damit beendet ist und die Diskussionen um den Trainerabschied – Marco Rose wechselt bekanntlich im Sommer zu Borussia Dortmund, was ihm vor allem die Gladbacher Fanszene sehr übel nimmt – keine Rolle mehr spielt, weiß vermutlich keiner. Der SC tut gut daran, mit einer starken Borussia zu rechnen, die dem Streich-Team alles abverlangen wird.

Im Grunde spekuliere ich auf einen Punkt. Das müsste zu schaffen sein, wenn der SC eine gute Tagesform an den Tag legt.

Im Testspiel gegen den FC Basel (2:0) kickte der Sport-Club im 3-4-3. War das ein Fingerzeig für die nächste Aufgabe im Ligabetrieb? Einer der positiv auffälligsten Spieler im Test gegen Basel war für mich Keven Schlotterbeck, der zentraler Mann in der Abwehrkette war. Derweil traf Roland Sallai, der ja schon beim Heimspiel des SC gegen Augsburg (2:0) für den SC getroffen hatte, in beiden Länderspielen, in denen er für seine ungarische Nationalmannschaft aufgelaufen war. Er ist gut in Form und dürfte im Angriff gesetzt sein.

In meinem Aufstellungspuzzle sieht es am Dienstagmittag also wie folgt aus: Müller – Lienhart, Schlotterbeck, Heintz (Gulde) – Schmid, Santamaria, Haberer (Keitel), Günter – Sallai, Höler (Demirovic), Grifo.

 

Mal schauen, wie sich das alles bis zum Spieltermin entwickelt.

Derweil bastelt der SC als Verein und Wirtschaftsunternehmen an der Zukunft. Konkret: Am Wechsel ins neue Stadion. Zwar ist der offizielle Umzugstermin noch immer nicht kommuniziert – ich denke aber, dass die Saison 21/22 im neuen Stadion beginnen wird. Meine kühne Prognose: Fans mit Impfausweis und Corona-Schutzimpfung dürfen dann ins Stadion. Apropos Stadion… man sucht ja noch nach einem Namen. Heute bekam ich eine Mail aus Fankreisen zum Thema des Stadionnamens. Angesichts der Millionensummen um die es beim sogenannten „naming-right“, sprich dem Namensrecht am Stadion, wäre es naiv anzunehmen, eine klassische Namensgebung, wie Achim-Stocker-Stadion, könnte einer verkaufbaren Version vorgezogen werden. Es ist Profifußball, es ist Corona-Krise. Jeder Euro zählt – oder zumindest jede Million.

Ich war erst gestern Abend mit einem Vertreter der Vermarktungsagentur Infront zusammen im Aufnahmestudio von baden.fm. Wir haben 18 Torschreie aufgezeichnet, mit denen ich einen Treffer zum 1:0 durch Petersen gegen den VfB Stuttgart bejubelt habe – jeweils aus einem anderen Stadion bzw. aus demselben Stadion mit jeweils einem anderen Namen. Die Beispiele sollen helfen, die Entscheider zu überzeugen, wie geil es sich anhört, wenn ihr Unternehmen das naming-right für das neue Freiburger Stadion für einige Jahre mietet. Bezüglich der in Frage kommenden Unternehmen bzw. Stadionnamen bin ich natürlich Geheimnisträger. Da mir der SC am Herzen liegt, hoffe ich, dass dem Verein und Wirtschaftsunternehmen ein richtig guter Deal gelingt. Ich finde, das sollten alle Fans so sehen, anstatt ein Thema aufzumachen, dass im modernen Profisport einfach keinen Platz mehr hat.

Ich fände es aber gut und wichtig, dass eine lange Kooperation entsteht, damit wir uns nicht alle paar Jahre an einen neuen Stadionnamen erinnern müssen.

 

Da wir noch früh in der Woche sind, nehme ich mir vor, hier am Donnerstagnachmittag weiterzumachen. Dann war ja auch schon die digitale Pressekonferenz mit Christian Streich.

 

Gründonnerstag:

Die Presserunde mit Christian Streich verlief unspektakulär; natürlich legte er sich nicht öffentlich fest, ob er mit einer Dreier- oder Viererkette antreten wird, bestätigte mir aber auf Nachfrage, dass Keven Schlotterbeck bei einer Dreierkette als zentraler Mann wohl gesetzt wäre. Auch wen er für den gesperrten (10. Gelbe Karte) Nicolas Höfler ins Rennen schickt, ließ Streich offen. Man wolle alles dafür tun, um bei den Gladbachern, die um die Teilnahme an internationalen Wettbewerben fürchten müssen, eine gute Leistung zu bringen - "ergebnisunabhängig", wie der Coach betonte. Ein starker Auftritt sei ohnehin die Voraussetzung, um ein erfreuliches Ergebnis zu erzielen. 

Ich selbst hatte schon ein paar Stunden zuvor, im Radio-Talk in der baden.fm-Morningshow, geunkt, dass der SC im Rahmen seiner Möglichkeiten eine richtig gute Lesitung bringen und an die Grenzen gehen müsse, um sich Hoffnungen auf Punkte aus dem Borussia-Park machen zu können. Danach hängt dann viel von der Tagesform der Borussia ab, die in den letzten beiden Monaten sehr unterschiedlich war - und die Ergebnisse relativ erfolglos. Aber, wer weiß, vielleicht war der Sieg auf Schalke die Wende und der SC trifft auf eine Borussia "at its best..." Dann wirds richtig schwer....

Ich übertrage das Bundesligaspiel Borussia Mönchenglandbach gegen SC Freiburg am Ostersamstag ab 20 Uhr live in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1009. SC-Pflichtspiel am Radio-Mikrofon)

 

Wegen meiner Reiseaktivitäten inklusive Osterurlaub in Bielefeld, Heimatstadt und Spielort für das folgende Auswärtsspiel, gibt es den (Kurz-)Bericht arg verspätet und sehr kompakt:

Der SC bot in Gladbach, in einer 3-4-3-Formation angetreten, in der ersten Halbzeit seine vielleicht beste Saisonleistung. Freiburg war der offenbar überforderten Fohlenelf haushoch überlegen und spielte sich vor der Pause sechs hochkarätige Torschancen heraus, kam aber nur zu einem Treffer: Nach Vorarbeit von Kapitän Christian Günter und Ermedin Demirovic brachte  Roland Sallai den SC in der 10. Minute in Front. Die anderen Großchancen blieben leider ungenutzt. Halbzeitstand 0:1 und das hochverdient...

Nach dem Wechsel änderte Gladbach sein System, spiegelte im 3-4-3 die Freiburger Formation und hatte zudem mehr Glück. Am Ende einer Freiburger Fehlerkette kam Thuram zum Schuss, traf den Körper von Baptiste Santamaria, der den Ball unglücklich abfälschte und unhaltbar für Keeper Florian Müller machte - der Ausgleich in der 53. Minute. Doch damit nicht genug, in der 60. Minute lief der flinke Franzose seinem Bewacher Philipp Lienhart schlicht davon, umkurvte den zu zögerlich agierenden Florian Müller und schob zum 2:1 ein. Drei Minuten später vergab Thuram eine dritte gute Möglichkeit und verpasste den klassischen Hattrick. Trotzdem zappelte der Ballin der 68. Minute erneut im Freiburger Netz - Eigentor Baptiste Santamaria, so schien es, dem Treffer wurde aber zurecht die  Anerkennung verweigert, da Lainer bei der Balleroberung dem Freiburger Manuel Gulde im Mittelfeld auf den Fuß gestiegen war - ein klares Foulspiel. Wie der Kicker am Folgetag auf die Idee kam, es sei kein Foul gewesen, bleibt dahin gestellt. Ein (zudem schmerzhafter) Tritt auf den Fuß des Gegenspielers ist - ob Absicht oder nicht - immer ein Foul.

Pech für den SC hingegen in der fünften und letzten Minute der Nachspielzeit: Nach einer schönen, fußballerisch hochwertigen Kombination über zahlreiche Stationen hämmerte Keven Schlotterbeck den Ball zum vermeintlichen Ausgleich in den Winkel. Doch auch dieser Treffer wurde nicht anerkannt. Bei einem der zahlreichen Flachpässe, konkret fünf Pässe vor dem Torschuss, hatte sich ein Freiburger um Haaresbreite in Abseitsstellung befunden, wie der VAR offenbarte. So ging das Spiel unglücklich mit 1:2 verloren.

 

Das Nachspiel

Es war der späte Abend des Ostersamstag. Ich war enttäuscht und schlich zu meinem Auto vor dem Borussia-Park. Ich pfiff auf die Pressekonferenz, da ich ohnehin bis nach Ostern keine aktuelle Veröffentlichung mehr haben würde, klinkte mich in irgendeinen spannenden Raum bei "Clubhouse" ein, dem noch relativ neuen Audionetzwerk, und fuhr zurück nach Bielefeld, wo ich mit Familie den Osterurlaub in meinem Elternhaus verbringen wollte. 

Trotz des Urlaubs verfasste ich in den folgenden Tagen natürlich meine Kolumne für den ReblandKurier vom Mittwoch nach Ostern. Hier ist der Text im Wortlaut:

SC INTEAM

 

Die 40-Punkte-Marke

Von Frank Rischmüller

Die bundesweite Medienlandschaft hat dem SC nach der denkbar knappen 1:2-Niederlage in Mönchengladbach bescheinigt, „den Zug nach Europa verpasst“ zu haben. Nun hatte nie einer der Freiburger Entscheider ein Ticket für diesen Zug gebucht oder etwa geäußert, Europa sei ein Ziel der allwöchentlichen Bemühungen auf dem Fußballplatz. Wie der eine oder andere Leser schon in der Kolumne „SC INTEAM“ der vergangenen Woche zwischen den Zeilen gelesen haben mag, ist es auch nicht zwingend reizvoll, zusätzlich zu den Herausforderungen im Bundesligabetrieb und im nationalen Pokalwettbewerb, in der neu geschaffenen Conference League donnerstags die Klingen mit namenlosen Vertretern kleiner Fußballnationen zu kreuzen. Wenn es doch so käme, weil der SC zum Beispiel, analog zur Hinrunde, die nächsten fünf Spiele gegen Bielefeld, Schalke, Hoffenheim, Hertha und Köln gewinnt, dann wäre das halt so und würde als Herausforderung angenommen. Ein Ziel ist es aber nicht. Das eigentliche Saisonziel des SC Freiburg liegt noch drei Punkte entfernt. 40 Punkte - seit Einführung der Drei-Punkte-Regel Sinnbild des sicheren Klassenerhalts - könnten am Freitagabend geknackt werden. Es wäre - so früh in der Saison - eine großartige Etappe; ein Quell der Freude. Nimmt man fußballerisch die erste Halbzeit von Mönchengladbach zum Maßstab, muss sich Arminia Bielefeld am Freitag warm anziehen. Andererseits trifft der Sport-Club auf eine Mannschaft, die mit dem Rücken zur Wand im Abstiegskampf steht und zuletzt in Leverkusen erfolgreich war, gegen Leipzig stark spielte und nur knapp mit 0:1 verlor und am Samstag einen Punkt aus Mainz entführte, was dem SC vor wenigen Wochen versagt blieb. Taktisch wird es ein völlig anderes Spiel als jenes in Mönchengladbach, auch das ist klar. Wegen Gelbsperren muss der SC, bei dem Nicolas Höfler zurückkehrt, Lucas Höler und Ermedin Demirovic ersetzen. Vincenzo Grifo ist in Quarantäne. Die drei bereits im Vorfeld feststehenden Ausfälle betreffen alle die Offensive, die auf der legendären Bielefelder Alm beweisen muss, dass sie breit aufgestellt ist. Gelingt dieser Beweis, könnte die 40-Punkte-Marke im zweiten Versuch geknackt werden. (Zitatende)