28. Spieltag der Fußball-Bundesliga, Eintracht Frankfurt gegen SC Freiburg

Dienstag, 26. Mai 2020, 20.30 Uhr

Commerzbank-Arena, Frankfurt

Eintracht Frankfurt gegen SC Freiburg

Das Vorspiel als Nachspiel

 

Ich erzähle heute aus der Retrospektive, da Wochenzeitungsproduktion am Montag und Dienstag plus Auswärtsspiel in Frankfurt am Dienstagabend keine andere Vorgehensweise zuließen.

Da eine unserer Redakteurinnen kürzlich ihren verdienten Mutterschaftsurlaub angetreten hat und die Nachfolgerin erst Anfang Juni den Dienst antritt, musste ich Anfang der Woche in die Bresche springen und neben meinem normalen Job auch die Lokalausgabe Markgräflerland betreuen. Das sind manchmal nur zwei Lokalseiten, in dieser Woche aber wurden es, neben den landkreisweiten- und den Seiten für die ganze Regio schlanke fünf… Ich hatte also ganz schön was zu tun, bevor ich den Trip nach Frankfurt in Angriff nehmen konnte. Ich hatte aber Glück, die Arbeit ging mir diesmal leicht von der Hand – das ist längst nicht immer so – und am Dienstagmittag waren sowohl die von mir zu „bauenden“ Seiten, also die fürs Markgräflerland plus meine üblichen Texte und Seiten,  als auch die der Kollegen (fast) alle fertig und druckreif.  Die Seite „Aus der Regio“, die in allen elf Lokalausgaben von ReblandKurier und Wochenblatt erscheint, wollten wir zurückhalten, um am Abend noch einen kurzen aktuellen Bericht mit Bildern vom SC-Spiel in Frankfurt mitzunehmen.

So blieb am frühen Nachmittag noch etwas Zeit. Um an der Bürgerbroschüre Endingen zu stricken, bis es mich so um 15.15 Uhr aus dem Haus trieb…

Ich also rein ins Auto, rauf auf die A5, Tempomat auf 120 – später 140 und ab durch die Mitte. Ich war 45 Minuten eher losgefahren, weil baden.fm-Programmchef Reyk Heyer öffentlich angezweifelt hatte, dass ich, wenn ich um 16 Uhr losfahre, um 19 Uhr an der Commerzbank-Arena ankäme.   Er hielt das für einen verwegenen Plan. Jetzt bin ich also um 15.15 Uhr losgefahren und war um … 18.15 Uhr am Stadion. Du musst auf die alten, erfahrenen Piloten hören, Reyk (smile).

Ich war also etwas früh vor Ort, vor allem, weil ja bei Geisterspielen nichts passiert – kein presseaufenthaltsraum, kein Catering, nichts. Oder doch, aber halt anderes: Ich musste zunächst auf „P9“ der Commerzbank-Arena, wo mir gleich nach dem Einparken das Fieber gemessen wurde. Mit 36,9 Grad galt ich als ungefährlich und durfte weiter zum Schalter. Hier erhielt ich gegen Vorlage eines unterschriebenen Formulars, dass mich durch meine Unterschrift als gesund und kontaktfrei von Covid-19-Infizierten auswies und meinen gültigen Presseausweis ein Bändle mit Akkreditierungs-Ausweis erhielt. Aus dem vorherigen Mail-Austausch wusste ich, dass ich nun – was sonst bei Auswärtsspielen bei der Eintracht eher selten der Fall ist – direkt zur Tiefgarage unter der Arena fahren konnte. Hier war nichts los, ich fuhr hinein, kein Ordner weit und breit und suchte mir einen Platz in dem fast autoleeren Labyrinth, den ich nahe des Eingangs zur Haupttribüne wähnte. Das habe ich dann ganz gut hinbekommen und war zu Fuß schnell am Eingang zum Pressezentrum. Hier musste ich zunächst meine Hände desinfizieren, einer Ordnerin meine Akkreditierung zeigen und der Ausschilderung zur Pressetribüne folgen. Ich wusste, dass das mit viel Treppensteigen verbunden ist. Im Erdgeschoss, beim Eingang für Fußgänger, traf ich auf die nächste Ordnerin, die meine Vermutung bestätigte, dass sämtliche Aufenthaltsräume für Presse etc. geschlossen waren. Ich musste also direkt zum Arbeitsplatz, der auf meinem Ticket aber nicht näher bezeichnet war. Auf der vergleichsweise gigantischen Pressetribüne der Arena musste ich mich an Aufklebern mit Personen-Namen auf den Tischen orientieren. Ich suchte zunächst da, wo ich sonst immer sitze – nichts…

Ich wechselte auf die andere Seite und traf auf eine freundlich lächelnde Hostess, die – wohl durch das Branding meiner hummel-Klamotten auch schon wusste, wo genau ich sitzen wollte. Obwohl in den Mail immer steht, man solle sich etwas zum essen und trinken mitbringen, reichte die junge Dame mir ein Lunchpaket, das ich dankend annahm, obwohl ich mich auf einer Autobahn-Tanke noch reichlich versorgt hatte und meine Umhängetasche picke-packe-voll war.

Ich hatte schon geahnt, dass ich einen Arbeitstisch ohne LAN-Verbindung bekommen würde. Die lächelnde junge Dame telefonierte aber jemanden von der Stadiontechnik herbei, der über mehrere Meter ein Kabel zog und mich technisch versorgte. So war dann zu einem sehr frühen Zeitpunkt alles gerichtet und ich konnte froh sein, dass auf dem Monitor an meinem Arbeitstisch und auch über die Videowand des Stadionwürfels über dem Mittelkreis Dortmund gegen Bayern gezeigt wurde. (Sonst hätte ich mich über meine zu frühe Anwesenheit im öden, weil leeren Stadion sehr geärgert, Reyk…)

Die Mannschaften kamen, schauten sich den Platz an, einige begrüßten sich. Ich dachte noch aus der Ferne, dass der Frankfurter US-Amerikaner Timothy Chandler den Eindruck erweckt, als könne er vor Kraft nicht laufen, als er vor dem Spiel über den Platz schlich und Kollegen begrüßte. Später bewies er, dass er doch laufen kann, aber das kommt dann im Spielbericht.

 

Das Fußballspiel

(Mein 974. SC-Livespiel am Radio-Mikrofon)

 

Ich fange mal nach dem Spiel an, denn dann musste ich noch schnell einen zusammenfassenden Bericht an die WZO-Redaktion schicken.  Hier kommt er:

Bundesliga aktuell: SC Freiburg spielt unentschieden in Frankfurt

Ein temperamentvolles Bundesligaspiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem SC Freiburg endete mit einem torreichen 3:3-Unentschieden. Trotz leichter Vorteile von Eintracht Frankfurt in der gähnend leeren Commerzbank-Arena (rechtes Foto) ging der SC Freiburg in der 28. Minute mit 0:1 in Führung. Waldschmidt, der Petersen in der Startelf ersetzt hatte, passte zu Grifo, der den Ball nach einem feinen Dribbling im Strafraum zwischen Touré und Hasebe hindurch ins Netz knallte. Da der Japaner den Ball noch leicht abfälschte, war Trapp chancenlos. Der für die Eintracht verdiente Ausgleich fiel in der 35. Minute: Der Portugiese Silva staubte per Kopf ab, nachdem Schwolow einen Schuss von Kamada, der Abrashi düpiert hatte, abklatschen ließ. Nach einem Doppelschlag von „Joker“ Petersen (67. Min.) und Höler (69. Min.) wähnte sich der SC auf der Siegerstraße, wurde aber von Eintracht wieder eingefangen: Kamada (79.), nach Fehler von Koch, und Chandler (82.) stellten den letztlich korrekten 3:3-Endstand her. Bester Mann im Team von Christian Streich (linkes Foto) war Torwart Alexander Schwolow. (Zitatende)

So, die Fotos sieht man natürlich nur in der gedruckten Ausgabe. Aber letztlich ist das Spiel so am besten beschrieben. Die Unkonzentriertheiten in der Abwehr hatten den Traum vom Sieg, der nach dem tollen Konter zum zwischenzeitlichen 1:3 natürlich aufgekommen war, zunichte gemacht. Andererseits – ohne einen Schwolow in Gala-Form hätte der SC an diesem Abend in Frankfurt klar verloren.

 

Das Nachspiel (als Vorspiel)

Mit dem Abpfiff, meiner Spielanalyse im Radio, der Aufzeichnung des Nachberichtes für den nächsten Morgen und das Verfassen des WZO-Artikels war der Job in Frankfurt für mich erledigt. Die PKs laufen ja jetzt über digitale Kanäle, Interviews durch Journalisten (außer TV und auf Abstand) sind verpönt. Ich konnte also meinen Kram packen, nutzte für den Rückweg den sonst für uns gesperrten VIP-Fahrstuhl bis hinunter ins Parkhaus und genoss zumindest ein bisschen meinen Job, den ich trotz aller Einschränkungen, auch in Corona-Zeiten gerne und mit viel Freude mache.

Ich hatte jetzt zwei Möglichkeiten: In Frankfurt bleiben und in der Wohnung meiner Tochter Caroline und ihres Lebensgefährten Fabian nächtigen, oder den Ritt auf der A5 Richtung (Wahl-)Heimat. Ich rief Fabian an (Caro war sowieso verreist) und erklärte wahrheitsgetreu, dass ich durch das Spiel so aufgekratzt sei, dass ich mir die Heimfahrt problemlos zutraute. Das hatte sich der Junge Mann schon gedacht, er ist schließlich auch SC-Fan, und er wünschte mir eine gute Fahrt. Ich stellte den Tempomat bis Darmstadt auf 120, dann auf 140 und ab Karlsruhe auf 160. Wie schnell ich zu Hause war, möchte ich dem Reyk jetzt nicht verraten…

Also Jungs, noch sechs Mal diese atmosphärisch elenden Corona-Kicks, dann ist Sommerpause – und dann schauen wir mal, wie es weitergeht.

 

Aus praktischen Gründen – Englische Woche und so – ist das Nachspiel aus Frankfurt zugleich der Anfang meines Vorspiels zum Leverkusen-Kick am Freitagabend; morgen also.