28. Spieltag der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen Leipzig

Samstag, 6. April 2024, 15.30 Uhr *

Europa-Park Stadion, Freiburg *

SC Freiburg - Rasenballsport Leipzig *

Das Vorspiel

Das Vorspiel

Ich komme gerade von der PK mit Christian Streich. Zurück in der Redaktion, wurde mir im Internet ein BZ-online-Artikel empfohlen. Darin erklärt ein junger Kollege, Volontär im Hause, wie das mit der Europa-League-Teilnahme für den SC doch noch klappen könnte. Der junge Kollege hat aber einen Denk- oder Darstellungsfehler in seinem Text. Deshalb erkläre ich hier gerne mal meinerseits die Sache mit der Europa-Quali:

Stand heute kommen die ersten vier Teams der Bundesligatabelle in die Champions League. Der Fünfte und der DFB-Pokalsieger erreichen die Europa League und der Sechste der Bundesliga kommt in die Conference League.

Da Bayer Leverkusen gegen Zweitligist 1. FC Kaiserslautern im Pokalfinale steht, ist die Möglichkeit groß, dass Bayer den Pokal gewinnt und – da sowieso schon für die Champions League qualifiziert – ginge der Europa-League-Platz von Bayer an die Bundesliga. Gewinnt Leverkusen den Pokal, nehmen also der Fünfte und Sechste der Bundesliga an der Europa League teil, der Siebte spielt dann Conference League. Das ist, Stand heute, die wahrscheinlichste Konstellation.

Es könnte aber noch „wilder“ werden… Wir stellen uns mal vor, Bayern München setzt sich in der Champions League gegen Arsenal London durch und Bayer Leverkusen qualifiziert sich gegen West Ham United für die nächste Runde in der Europa League. Dann steigen die Chancen für Deutschland auf einen fünften Champions League Platz enorm - zumal sich Deutschland da gerade mit England in Konkurrenz befindet. Wenn es gut für "uns" läuft, könnte es im idealsten Fall so kommen, dass die ersten fünf Teams der Bundesliga in der Königsklasse spielen. Durch den wahrscheinlichen Pokalsieger Leverkusen dann die Mannschaften von Platz sechs und sieben in der Europa League und der Achte in der Conference League.

Wie es auch kommt, der SC ist noch in der Verlosung… Mit dem vermeintlich am meisten  Erfolg versprechenden aller Restprogramme aus dem Kreis der Teams ab Platz sechs – Frankfurt, Augsburg, Freiburg und Hoffenheim – hat der SC gute Chancen, ein drittes Mal in Folge die internationale Bühne zu erreichen.

Es gilt, fleißig die Hausaufgaben zu erledigen, also so oft wie möglich zu punkten. Womit wir beim bevorstehenden Heimspiel gegen „RasenBallsport“ Leipzig sind. Bei werden da  Emotionen geweckt… An das denkbar knapp – im Elfmeterschießen – verlorene Pokalfinale 2022 gegen das Konstrukt aus Sachsen; an das hoffnungsvoll angegangene und dann, nach einer enttäuschenden Leistung zurecht verlorene Halbfinale 2023; an Heimspiel der Vorsaison, das denkbar knapp mit 0:1 endete und an das Hinspiel in dieser Saison, als Merlin Röhl sein erstes Bundesligator zum zwischenzeitlichen 1:1 in Leipzig erzielte, der SC aber trotzdem knapp verlor, weil dem VAR ein Foul von Grifo im Strafraum aufgefallen ist, das Schiri Ittrich durchgerutscht war. So fiel der Leipziger Siegestreffer in der Schlussphase per Strafstoß.

Immerhin kam der SC in den beiden letzten Begegnungen zumindest auf Augenhöhe mit dem vom Dosenimperium fürstlich bezahlten Leipziger Starensemble. Der SC muss aber an seine Leistungsgrenzen gehen, um mit Leipzig mitzuhalten.

Meine persönliche Tippreihe im kicker-Tabellenrechner hatte in Mönchengladbach und gegen Leipzig jeweils einen Punkt vorgesehen. Durch das 0:3 im Borussia-Park sind jetzt schon drei Punkte im Sack, also mehr als nach den beiden Spielen bei Borussia und gegen „RasenBallsport“ von mir angenommen. Deshalb wäre der SC auch bei einer Niederlage noch gut im Rennen, ein Punkt oder gar drei – das wären Riesenschritte in Richtung Europa, zumal der SC bei meinen Berechnungen, selbst mit den Remis-Spielen in Gladbach und gegen Leipzig, am Ende auf Platz sechs landet…

Ich mag Leipzig nicht und daraus mache ich keinen Hehl. Deshalb wären mir Punkte gegen das Konstrukt besonders sympathisch. Das wird aber schwer, denn Leipzig steht in der Tabelle klar besser als Freiburg. Es ist der letzte Gegner in dieser Saison, für den das gilt. Entscheidend für die Qualifikation für höhere Aufgaben wird es daher sein, wie konsequent gegen die dann folgenden Gegner dreifach gepunktet wird: In Darmstadt, gegen Mainz, gegen Wolfsburg, in Köln, gegen Heidenheim und in Berlin. Da hat es der SC selbst in der Hand, sich eine internationale Zukunft und Christian Streich einen triumphalen Abschied zu bescheren, den der Coach aber ohnehin verdient hätte. Mit dem erneuten Erreichen des internationalen Geschäfts wäre das „Servus“ Mitte Mai aber besonders triumphal…

Der Spruch, das nächste Spiel sei immer das schwerste, stimmt in dieser Woche in doppelter Hinsicht. Ich bin mal gespannt, wie es der SC taktisch und personell angeht… „Matze“ Ginter ist verletzt und steht vor einer Operation. Auch Philipp Lienhart steht weiter auf der Verletztenliste, genauso wie die Talente Kenneth Schmidt und Noah Weißhaupt – und selbstverständlich wie der seit 14 Monaten auf Eis liegende Kofi Kyereh. Und trotzdem will und kann der SC auch gegen Leipzig bestehen. Davon bin ich überzeugt. Er muss allerdings an seine eigenen Grenzen kommen, um aus diesem schweren Spiel zählbaren Erfolg mitzunehmen. Und ich betone: Auch ein Remis wäre schon ein Erfolg und würde weiterhelfen.

Mein eigener Countdown für das Leipzig-Spiel hat mit dem Vorspiel im Tagebuch begonnen. Morgen habe ich nochmal einen terminreichen Arbeitstag im WZO-Verlag – danach wird das Wochenende eingeläutet; mit Drittligafußball bei Magenta Sport, denn mein Heimatverein Arminia Bielefeld spielt am Freitagabend in Ingolstadt. Ich habe sogar kurz darüber nachgedacht, dahin zu fahren, habe den Gedanken aber schnell wieder verworfen. Auf dem heimischen Sofa, im Kreise meiner Familie, das ist doch auch ein toller Rahmen für so ein Spiel, in dem sich „meine“ Arminia, im besten Fall, im Abstiegskampf der Dritten Liga ein bisschen befreien kann. Ich werde mitfiebern – versprochen!

Gegen 12.30 Uhr am Samstagmittag fahre ich dann schon zum Europa-Park Stadion. Mein Sohn Ben, für den ich heute noch online ein Ticket ergattern konnte, wird vermutlich erst später anreisen. Ich habe aber noch einen Job, bevor „Rasenballsport“ den SC testet: Um 14 Uhr kickt die U23 des SC, die gerade richtig gut in Form ist und zuletzt auch regelmäßig punkten konnte, beim FC Erzgebirge Aue. Im Europa-Park Stadion habe ich dann eine Stunde Zeit, mich auf meinen Job, die erste Halbzeit aus Aue, auf Basis von Fernsehbildern von meinem iPad, in Ausschnitten, live zu kommentieren, vorzubereiten. Von 14 Uhr bis 14.45 Uhr konzentriere ich mich dann total auf den Drittligakick, drehe mir diesbezüglich aber komplett den Saft ab, schließe das iPad und konzentriere mich nur noch auf das, was in der Bundesliga, beim Spiel SC Freiburg gegen Leipzig angesagt ist.  Die Berichterstattung aus Aue wird dann vom Sendestudio übernommen – Noah oder Stephi, ich weiß gar nicht, wer am Samstag an der Reihe ist.

Nach dem Spiel geht hoffentlich alles glatt und schnell mit den Interviews und der PK, denn zumindest vdie zweite Halbzeit zwischen Dortmund und Stuttgart interessiert mich dann auch noch auf dem heimischen TV. In aller Regel schaffe ich das. Von der Terminhatz und dem Fußball erholen kann ich mich dann am Samstagabend und am langen, verpflichtungsfreien Sonntag. Okay, am Sonntagabend kickt Ben mit seiner SG Markgräflerland gegen FR-Rieselfeld, aber das ist ja keine Belastung, sondern Spaß an der Freude und an meinem Junior.

Ich kommentiere das Bundesligaspiel SC Freiburg gegen Leipzig am Samstag ab 15 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.141. SC-Livespiel am Radiomikrofon)

Das 1:4 gegen Rasenballsport Leipzig schafft es in die Top-Twenty der enttäuschendsten Spiele der letzten 30 Jahre. Die "Helden" von Mönchengladbach durften ein zweites Mal ran, standen gegen die Leipziger aber neben sich - man könnte auch sagen, sie passten nicht zu dem herausfordernden Gegner. Leipzig war wacher, schneller, trickreicher und effizienter. Wie im letzten Heimspiel gegen Leverkusen begann die Partie mit einem frühen Gegentor. Haidara traf nach einer flachen Hereingabe des überragenden belgischen Internationalen Openda  (2.), der in der 18. Minute das 0:2 folgen ließ. Die Chance, zurück ins Spiel zu finden verpuffte in der 40. Minute, als es nach VAR-Eingriff Handelfmeter für Freiburg gab. In Abwesenheit von Vincenzo Grifo stellte sich Mit Lucas Höler der Schütze der Verantwortung, der im Pokal-Viertelfinale des Vorjahres bei Bayern München, in der Nachspielzeit angetreten war und keine Nerven gezeigt hatte. Eiskalt schlug der Ball in München knapp unter der Querlatte im Netz ein. Gegen Leipzig schoss "Lucky" ähnlich wie damals in München, hatte diesmal aber Pech, denn der Ball prallte an die Unterkante der Latte - es blieb beim 0:2 und wurde sogar noch schlimmer: In der 44. Minute versucht Keitel per Flugkopfball zu klären, was ihm komplett misslingt. Auch am Boden liegend, kann der Breisacher nicht mehr mit dem Fuß klären, Profiteur ist der bärenstarte Openda, der zum 0:3-Halbzeitstand einschießt.

Doppelwechsel nach der Pause: In der überforderten Defensive kommt Kiliann Sildillia für Lukas Kübler und offensiv ersetzt Vincenzo Grifo Michael Gregoritsch. Trotzdem spielt Leipzig zunächst weiter Katz und Maus mit dem SC und kommt in der 54. Minute zum 0:4. Henrichs auf Openda, der passt auf Sesko und der trifft zum 0:4. Wieder geht das viel zu leicht, wieder leistet die Freiburger Defensive nur Begleitschutz, statt aggressiv dazwischen zu gehen. 0:4, jetzt droht ein Debakel...

Letzteres bleibt zum Glück aus, weil Leipzig einen Gang zurückschaltet und der SC fortan besser spielt. Fünf Minuten nach dem vierten Treffer der Gäste zeigt Vincenzo Grifo ein gekonntes Dribbling an der Strafraumgrenze und trifft mit seinem Flachschuss zum 1:4 ins lange Eck. Eine Viertelstunde vor Schluss kommt Roland Sallai nach überstandener Verletzung für Lucas Höler ins Spiel und trifft mit seiner ersten Aktion per Kopf die Querlatte. Das Publikum nimmt die Freiburger Bemühungen trotz des klaren Rückstands wohlwollend auf und unterstützt die Mannschaft - keine Pfiffe, sondern  Aufmunterung; das ist Fußball-Freiburg!

Am Ende steht freilich eine deftige Niederlage - in der Gesamtgemengelage eine große Enttäuschung; einen Punkt hatten sich die SC-Fans im Vorhinein schon ausgerechnet.

 

Das Nachspiel

Wie immer nach heiklen Spielen stellt sich mit Maximilian Eggestein in der Mixedzone zum Interview - danach mit Vincenzo Grifo ein weiterer erfahrener Spieler. In der PK und auch in unserem obligatorischen Talk übernimmt Christian Streich die komplette Verantwortung für den schwachen Auftritt und die Niederlage. Ordnung und Personalauswahl seien rückblickend falsch gewesen. Ins Detail will der Trainer aber nicht gehen. Es geht dabei übrigens nicht um gut oder schlecht, sondern um die Frage, welche Spielertypen zum jeweiligen Gegner passen. In Mönchengladbach haben die Ordnung - 3-4-3 - und die Personalauswahl hundertprozentig gepasst. Gegen Leipzig aber hinten und vorne nicht. So ist Fußball...

Da ich ja auch schon die erste Halbzeit des U23-Spiels in Aue kommentiert hatte - die haben übrigens auch verloren - bin ich am Ende des Arbeitstages irgendwie leer und total kaputt. Eigentlich wollte ich mir ja am Abend auf dem Sofa Dortmund gegen Stuttgart reinziehen; das hatte ich ja auch im "Vorspiel" angekündigt. Da hatte ich schlicht verpennt, dass wir bei lieben Freunden zu einer Geburtstagesfeier eingeladen waren. So erholte ich mich in angenehmer Gesellschaft, viele Menschen meines engeren Freundeskreises waren unter den Gästen, mit einem italienischen Büffet und feinem Grauburgunder vom Fritz und zum Abschluss einen leckeren Obstbrand. Meine Frau Yoany hat schließlich auch einen Führerschein und ein Auto...

Am Sonntag ließ ich es dann ganz ruhig angehen, genoss bei sommerlichen Temperaturen die nun wieder möglichen Gartenfreuden, kümmerte mich um meine greise Mutter und besuchte am frühen Abend das B-Juniorenspiel von Ben und seinen Komplizen der SG Markgräflerland gegen SvO Rieselfeld aus Freiburg. Unsere Jungs siegten verdient mit 4:1 und ich konnte zufrieden zum Angrillen schreiten... Nach dem Essen schrieb und produzierte ich den SC-Nachbericht, der Montagmorgen in der Morningshow von baden.fm laufen würde. Gegen später zogen wir uns noch aus der ARD-Mediathek den Tatort vom selben Abend rein. Dann war Nachtruhe. 

Am Montagmorgen, da sind wir gerade immer noch, verfasste ich als erstes meine Zeitungskolumne für den ReblandKurier von kommendem Mittwoch:

 

SC INTEAM

Dieselbe Mannschaft, die eine Woche zuvor mit einem 0:3-Auswärtssieg in Mönchengladbach Begeisterung ausgelöst hatte, war in der ersten Halbzeit des Heimspiels gegen  Leipzig hoffnungslos unterlegen. Taktische Grundordnung und Personalauswahl seien gegen die pfeilschnellen und trickreichen Champions-League -Aspiranten die falsche Wahl gewesen, übernahm Trainer Christian Streich nach dem Abpfiff  die Verantwortung für den sportlichen Tiefschlag. Fehlende Konzentration, falsche Entscheidungen und auch ein bisschen Pech schon gleich  zu Beginn der Partie: Openda, früher übrigens  beim RC Lens unter Vertrag, hatte auf der rechten Seite freie Bahn, konnte ungestört flach ins Zentrum passen, wo Haidara den Ball weitgehend ungestört  Richtung Tor verlängern konnte. Atubolu hechtete zwar ins richtige Eck, der Ball rutschte dem jungen Keeper aber über den Unterarm hinweg ins Netz. Das frühe 0:1 erinnerte  fatal an den Fehlstart  drei Wochen zuvor   gegen  Leverkusen. Frühe Gegentore bleiben bei der Analyse Freiburger Niederlagen ein wiederkehrendes Muster. In der 18. Minute erläuft der überragende Openda einen Steilpass, obwohl Kübler den kürzeren Weg zum Ball hat. Am Strafraum tanzt der Belgier den Freiburger  Verteidiger zudem aus und schießt zum 0:2 ein. Der SC hätte vielleicht ins Spiel zurückfinden können, wenn Höler in der 40. Minute den vom VAR angezeigten und von Schiedsrichter Siebert bestätigten Handelfmeter nicht an die Lattenunterkante, sondern ins Tor geschossen hätte – das war Pech. Kurz vor der Pause fällt gar das 0:3 für Leipzig, als ein langer Flugball in den Strafraum schwebt, Atubolu auf der Linie kleben bleibt und der Versuch von Keitel, per Hechtkopfball zu klären, misslingt. Openda nutzt die Slapstick-Situation und trifft zur Vorentscheidung. Nach dem Wechsel läuft es nach einigen personellen Wechseln besser beim SC. Zwar kann  sich Leipzig vor dem 0:4 von Sesko einmal mehr viel zu unbedrängt durch die Freiburger Reihen kombinieren, immerhin gelingt dem eingewechselten Grifo aber ein schönes Tor zum 1:4 und Sallai trifft kurz nach seiner Einwechslung per Kopf die Latte. Fakt ist: Am Ende stand völlig verdient eine deftige Niederlage. Sie wird den SC  nicht aus der Bahn werfen. Wie im Vorjahr, nach der ähnlich demoralisierenden 1:5-Niederlage im DFB-Pokal-Halbfinale gegen denselben Gegner, hat Freiburg in der Rest-Saison die Chance, sich in der Liga erneut für einen europäischen Wettbewerb zu qualifizieren. Von allen Konkurrenten um die Plätze 6 und 7 – auch Platz 8 könnte eventuell noch interessant werden – hat der derzeitige Neunte, SC Freiburg, das mutmaßlich  leichteste Programm. (Zitatende)

Ab sofort stürze ich mich in die Produktion des ReblandKuriers, Ausgabe 15. Habe einiges zu tun, verschiedene größere Berichte übernommen. Wenn alles fertig ist, spielt Bayern bei Arsenal und ich werde ausnahmsweise mal für die Münchener sein, wekil es für den fünften Champions League Platz von Bedeutung wäre, wenn sich die Krisen-Bayern gegen die Londoner durchsetzen. Fünfter CL-Platz hieße ja auch Platz 6 (vermutlich auch 7, abhängig vom Ausgang des Pokalfinales) bedeutet Europa League, Platz acht Conference League. Der SC ist derzeit Neunter. Da geht noch was...