3. Spieltag der Gruppenphase der UEFA Europa League, FK TSC Backa Topola gegen SC Freiburg

Donnerstag, 26. Oktober 2023, 18.45 Uhr *

TSC-Arena, Backa Topola *

FK TSC Backa Topola - SC Freiburg

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Serbien, wir kommen!

Mittwoch, 25. Oktober, fünf Wochen nach Athen/Piräus. Ich bin wieder über den Wolken: Zürich - Belgrad lautet der Flug. Start war planmäßig um 9.45 Uhr, faktisch ging es leicht verspätet, um kurz vor zehn, in die Luft. Heißt: Wecker in der Wohnung meines Sohnes Jérôme und seiner Lebensgefährtin Celine in Zürich City um 6.30 Uhr, Abfahrt zur Tiefgarage mit Shuttleservice zum Flughafen um 7 Uhr. Eine halbe Stunde  später traf ich ein, gleichzeitig mit einem anderen Freiburger Wagen - voll mit SC-Fans. Im Shuttlebus wurden die Jungs, die um 5 Uhr in Freiburg aufgebrochen waren, und ich in zehn, zwölf Minuten zum Airport gebracht. Alles sehr entspannt. Ich orientierte mich schnell, fand den Check-in-Schalter der Air Serbia und einiger anderer Gesellschaften, musste nicht einmal Schlangestehen, checkte ein - alles gut. Ich verließ den Schalter, schon stand ich meinen Spezis Andreas und Jörg gegenüber. Freudige Begrüßung, ein schnelles „bis gleich“ - die Jungs checkten ein und ich ging schon mal zur Sicherheitskontrolle.

Das dauert immer ein bisschen, wegen des Hörfunk-Materials. Auch diesmal wurde mein kleiner grüner Rollkoffer, nach der Durchleuchtung, aussortiert. Eine freundliche junge Dame fragte, ob sie den Koffer öffnen und kontrollieren dürfe. Ich stimmte zu und sie setzte schon bald ein breites Grinsen auf, war sie doch im Koffer auf einen kleinen Stapel meiner Autogrammkarten gestoßen. Da sah sie Übertragungsgerät, Mikro und Kabel gleich bei der Anwendung und wusste, dass ich kein Hamas-Jünger auf dem Kriegspfad bin. Fünf Minuten später saß ich mit Andreas und Jörg beim Frühstück.

Ich hatte daheim im Kleiderschrank 20 Fränkli gefunden, die wollte ich auf den Kopf hauen. Ein Omelette mit Schinken und Brötchen und ein Milchkaffee; dann ist in der Schweiz ein Zwani weg… Außerdem musste ich arbeiten… Gestern war ja Hauptproduktionstag für den ReblandKurier. Ich musste meinen eigentlichen Job plus eine Urlaubsvertretung stemmen.. die Ausgabe Markgräflerland (Müllheim / Neuenburg) habe ich diese Woche gebaut. Da es, wegen meiner Abwesenheit auch noch galt, zumindest einen einen groben Plan für die nächste Ausgabe vorzubereiten und ich zwischendurch noch in Freiburg die Autos tauschen musste, war ich bis 19.30 Uhr im Vollstress und habe glatt vergessen, vier oder fünf Schlagzeilen für jede der vier Ausgaben für die heutige Internetpräsentation zu schreiben und weiterzuleiten. Ich bestellte also noch gestern Abend spät aus Zürich per WhatsApp bei einem netten Kollegen aus dem Verlag die vier Titelseiten als pdf. Während des Frühstücks im Airport holte ich  mir da die Infos für zwei oder  drei  lokale Schlagzeilen.

Die Schlagzeilen drei und vier oder fünf konnte ich aus dem Kopf verfassen, hatte ich die Geschichten, die in allen Lokalausgaben, also in der Gesamtausgabe erschienen sind, doch selbst verfasst: Themen waren der SC Freiburg reist nach Serbien - wer, wo und wie ist TSC Bačka Topola? / HIEBER DRIVE eröffnet in Bad Krozingen - Digitales Einkaufen / Matze Knop tritt am Dienstag in Badenweiler auf.
Als die Mail für die Kollegin im Verlagshaus in Bad Krozingen fertig war, konnte ich den Rest vom Schinken-Omelette essen und ein Milchkaffee zu Ende schlürfen. Meine Begleiter waren feixend schon beim ersten Bier… 


Beim Boarding traf ich den Vierten unserer kleinen Reisegruppe, David von der BZ. In der Wartehalle strotzte es nur so vor SC-Fans. Die Maschine der Air Serbia ist zwar nicht ganz voll geworden - aber die meisten sind dem Spiel in Bačka Topola zuzuordnen. Die Wenigsten wohnen aber auf dem platten Land in der Nähe des Spielortes. Viele residieren in Belgrad - andere, wie die Mannschaft und wir, in Novi Sad. Der SC, so hörte ich, soll von beiden Städten aus Bus-Shuttle zum Spielort organisiert haben. 
Ich selbst bin auF Dienstreise und habe einen Mietwagen bestellt. So geht es nach der Ankunft, so gegen 12 Uhr, mit dem Wagen von „Alamo“ nach Novi Sad. Da will ich erstmal etwas zur Ruhe kommen. Seit Montag war es echt stressig, bis hin zum Schlagzeilen-Frühstück im Airport von Zürich. Ich klage aber nicht - ich liebe meinen Job als Journalist und Kommentator in all seinen Ausprägungen. Aber manchmal muss man eine kleine Auszeit nehmen. Warum nicht in einem schönen Hotel in der Europäischem Kulturhauptstadt von 2022? 
Heute Abend geht es dann schon wieder los: Spätestens um 18 Uhr, Fahrt über 70 km zum Spielort. Technischer Arbeitsplatz-Check für morgen. Um 19.15 Uhr ist dann PK mit Trainer und einem Spieler, gefolgt vom Einzelinterviews, Vorbericht für die Morningshow, dann gehts zurück nach Novi Sad. 
Im Flieger ist schon wieder Anschnallen angesagt. Man liest und hört sich! Muss das iPad wegpacken…

 Auf geht’s, nach Serbien! Serbien ist der einzige und offizielle Rechtsnachfolger des ehemaligen Jugoslawiens. Es folgt noch ein ein bisschen mehr Streberwisse über das Gastgeberland und den Gegner unseres SC Freiburg, den FK TSC Backa Topola, der in Serbien einfach nur TSC genannt wird. Und dieser TSC ist Vizemeister seines Landes, landete zum Saisonende 2022/23 in der Super League auf Platz zwei hinter Roter Stern Belgrad. Die aktuelle Teilnahme an der UEFA Europa League ist, nach der im Sommer gegen Sporting Braga vergeigten Championsleague-Qualifikation, einerseits Trostpreis, andererseits eine Premiere: Der TSC aus Serbien kickt anno 2023 erstmals auf internationalem Parkett.

Schauen wir aber zunächst auf das Gastgeberland: Serbien hat 6,7 Millionen Einwohner und liegt im Zentrum der Balkanhalbinsel. Die bekanntesten Städte sind die Hauptstadt Belgrad und Novi Sad. Die Stadt an der Donau wurde im vergangenen Jahr von der EU zur Kulturhauptstadt Europas ernannt. Novi Sad liegt 60, 70 Kilometer vom Spielort auf dem platten Land entfernt und in Novi Sad, das übrigens 1999 im Kosovo-Krieg noch von der NATO bombadiert wurde(!), beziehen  sowohl der SC Freiburg als auch die meisten begleitenden Journalisten ihr Quartier.

Gegner TSC wiederum ist im ländlichen Raum, in der Kleinstadt Backa Topola zuhause.  Dort, in der Provinz,  gibt es ein kleines aber topmodernes Stadion, die TSC-Arena, mit 4.500 Sitzplätzen und ein Trainingszentrum mit  Jugendakademie. Finanziert wurde das alles mit viel Geld aus dem Nachbarland Ungarn, dessen Einfluss in der Region sehr groß ist. Der TSC gilt als einer jener (ausgerechnet) von Ungarns Staatschef Orban wohlgelittenen und geförderten Proficlubs in dieser Region Europas.

 Nach Jahrzehnten in der dritten und vierten Liga begann der Aufstieg des TSC erst vor sechs Jahren - mit viel Geld aus Ungarn eben. 2017 gelang erstmals der Aufstieg in die zweite Liga, 2019 dann der Sprung in die „Super League“, 2023 die Vizemeisterschaft und jetzt halt Europa. Orban sei Dank… Mit Geld von ganz rechts könnte man auch sagen.

Bei West Ham United verlor TSC mit 3:1, im ersten Heimspiel gab es ein 2:2 gegen Olympiakos Piräus, die freilich in der TSC-Arena führten, als sie um die 70. Minute herum eine Rote Karte zu verdauen hatten und in Unterzahl in Minute 90+x doch noch den Ausgleich kassierten. Das 2:2 war aber gut für den SC. Der so alleiniger Tabellenzweiter blieb. Durch einen Sieg in Serbien will der Sport-Club den zweiten Platz zementieren, der zum antestrebten „Überwintern in Europa“, also dem erfolgreichen Überstehen der Gruppenphase, reicht.

 

Meine Reise-Pläne sehen wie folgt aus:

Am Dienstagabend, nach der Produktion des ReblandKuriers, fahre ich – so gegen 20 Uhr – gen Zürich. Ich übernachte bei meinem Sohn Jérôme und seiner Schweizer Lebensgefährtin Céline. Spätestens um 7 Uhr am Mittwochmorgen fahre ich den baden.fm-Corolla dann nach Wallisellen, einem Ort unweit des Flughafens, wo ich – wie schon bei der Reise nach Piräus – eine Parkhausunterbringung mit Shuttleservice gebucht habe. Gegen 8 Uhr, spätestens 8.30 Uhr, sollte ich dann im Flughafen sein, denn um 9.45 Uhr geht der Flieger nach Belgrad. Vorm Einstieg werde ich David von der BZ, meinen Freund und Kollegen Andreas vom ReblandKurier und unseren gemeinsamen Spezi Jörg, einen bekannten Arzt aus Bad Krozingen, treffen. Wir vier waren auch schon in Piräus zusammen unterwegs. Wir landen um 11.25 Uhr in Belgrad. Dann geht es mit dem Mietwagen eine gute Stunde nach Novi Sad. In der Europäischen Kulturhauptstadt von 2022 wohnt übrigens auch die Mannschaft des SC. Gegen Abend geht es dann die etwa 70 km über Land in die ländliche Provinz nach Backa Topola – Pressekonferenz. Ich habe baden.fm zwei Interviews angekündigt, die noch am Mittwoch im Abendprogramm ausgestrahlt, aber auch am Donnerstagmorgen und -vormittag ausgeschlachtet werden. Mit allem, was ich bis dahin weiß produziere ich dann auch noch den Vorbericht für die Morningshow „Frühstücksclub“ von baden.fm. Dann geht es zurück nach Novi Sad und erst dann ist Feierabend…

Ich glaube, die Stadt an der Donau hat einiges zu entdecken und zu erleben. Mal angefangen von gut essen gehen und so. Warum nicht ein „Serbisches Reisfleisch“ – ein Klassiker von unserem Koch Hans in „Biermanns Weinstuben“ in Bielefeld, wo ich 18-, 19-jährig als Kellner und Zapfer gejobbt habe. Wobei Weinstube ein großer Name ist – wir hatten genau einen Weißwein und einen Rotwein und wussten die zu unterscheiden; also optisch… Bielefeld halt – eine Biergegend (Herforder Pils). Ich verspreche mir jedenfalls einen erbaulichen Mittwochabend in Novi Sad. Am Donnerstagvormittag, wenn die anderen sicher auf Sightseeing gehen, werde ich – wie abgesprochen – zwei sogenannte bunte Beiträge aus Serbien produzieren, in denen es nicht primär um Fußball geht; der Kick am Abend ist da nur der Aufhänger.

Wir starten unsere Europa-League-Show mit Liveeinblendungen aus Backa Topola um 18 Uhr; zwei Stunden vorher will ich – das ist eiserne Disziplin – am Arbeitsplatz sein; sicher gehen, dass die Technik funktioniert, „Stallgeruch“ aufnehmen, mich konzentrieren – auf das Wesentliche meiner Reise, die Berichterstattung vom wichtigen zweiten Auswärtsspiel der Gruppenphase in der UEFA Europa League.

Der SC spielt jetzt zwei Mal gegen die Serben. Am Donnerstag in Backa Topola, zwei Wochen später daheim, im Europa-Park Stadion. Vier bis sechs Punkte aus diesen beiden Spielen – dann könnte man dem Heimspiel gegen Piräus und der schweren Auswärtshürde, Mitte Dezember, in London gegen West Ham relativ entspannt entgegensehen. Zumindest Platz zwei sollte dann greifbar nahe sein. Verlieren sollten die Jungs freilich nicht bei den international noch unerfahrenen Serben, die man vor allem mit schnellen Kurzpässen im Angriff schnell in Not bringen kann, wie ich auf Videos vom Spiel der Serben gegen Braga in der CL-Quali (1:4 / 3:0) sehen konnte. West Ham wiederum war mit hohen Flanken gegen Backa Topola erfolgreich. Ich glaube, in der Defensive sind die Serben verwundbar.

Ich kommentiere das dritte Gruppenspiel der UEFA Europa League zwischen FK TSC Backa Topola und dem SC Freiburg am Donnerstag ab 18 Uhr live bei baden.fm.

 

Das Fußballspiel 

(Mein 1.113. SC-Livespiel am Radiomikrofon)

Christian Streich hatte sich für den Auswärtsauftritt in der nordserbischen Provinz für dieselbe Startelf entschieden wie beim vorangegangenen Heimsieg über den VfL Bochum. In Bačka Topola waren die Schwarzwälder von der „Papierform“ her genauso favorisiert, wie gegen die Westfalen. Gegen Bochum hatte die 3-4-3-Formation mit Weißhaupt und Sallai als Aussenbahnspieler mit viel Offensivdrang bestens funktioniert, folglich ein neuer Versuch mit gleichen Mitteln gegen den TSC. 550 mitgereiste Fans - fast alle in Weiß - prägten die Stimmung im kleinen, bei weitem nicht ausverkauften Stadion, der modernen TSC-Arena des Orban-Clubs. Bei aller Modernität der Arena hatte man LAN-Anschlussmöglichkeiten auf der Pressetribüne (eigentlich DFL- und auch UEFA-Standard) vergessen. Das angeblich stabile WLAN-Netz war so löcherig, dass bei meiner ersten Liveschalte Aussetzer entstanden. Aus dem Studio in Freiburg kam der Hinweis, wenn LAN (A-Lösung) nicht zur Verfügung steht und das WLAN (B-Lösung) zu löcherig ist, steigen wir um auf die C-Lösung, Telefonverbindung. Wie bei der B-Lösung (Stream via App), bin ich dann über ein Kupplungsgerät per Kabel mit Mikrofon und Kopfhörer mit meinem iPhone verbunden. Die Verbindung ins Studio wird aber nicht über das Internet hergestellt, sondern über GSM und Telefonnetz. Das ist eine sichere Sache, geht aber zu Lasten der Tonqualität. Andererseits habe ich die Spiele zehn, fünfzehn Jahre mit Hilfe dieses technischen Weges kommentiert. Das musste diesmal halt reichen.

Erwartet hatte ich solche Probleme eigentlich letztes Jahr im fernen Baku in Aserbaidschan, aber da war alles perfekt, eine LAN-Verbindung vom Feinsten und Anschlussbuchsen an allen Arbeitsplätzen der Pressetribüne des Alten Stadions - vorbildlich!

 

Zurück zum Spiel:

Der SC kontrollierte die Anfangsphase, fand aber keine Lücke in der Fünferkette der Serben. Bačka Topola näherte sich dem Freiburger Strafraum erstmals in der 13. Minute. Ein langer Tiefenpass erreichte den vermutlich besten Spieler der Gastgeber, Jovanovic, auf der rechten Angriffsseite in Strafraumhöhe. Manuel Gulde konnte den Stürmer nicht an einer gefühlvollen und platzierten Flanke hindern. Matthias Ginter hatte den aufgerückten Petcovic im Rücken nicht gesehen und der TSC-Verteidiger nahm den Ball per Direktabnahme, Noah Atubolu chancenlos ließ - 1:0, erster Nackenschlag für Freiburg in einer in der ersten Halbzeit sehr ungemütlichen Begegnung. Allerdings sah die Freiburger Abwehr bei diesem vermeidbaren Gegentreffer richtig schlecht aus.

 

Beim SC lief es in dieser Phase des Spiels allgemein nicht rund, Bačka Topola verteidigte kantig und rustikal. Hinzu gesellte sich großes Verletzungspech: Matthias Ginter musste mehrfach außerhalb des Spielfelds behandelt werden, hatte eine blutende Kopfwunde davongetragen und spielte schließlich mit einer Art Stirnband-Turban weiter. Nach einer knappen halben Stunde schlug Vincenzo Grifo einen Freistoß aus dem rechten Halbfeld Richtung zweiter Pfosten. Roland Sallai sprintete heran, verfehlte das Tor per Kopf aber knapp und blieb dann hinter der Torauslinie liegen - Zerrung oder Muskelfaserriss lautete die Ferndiagnose. Der Ungar wurde, unweit der eigenen Heimat, gehen „Lucky“ Höler ausgewechselt. Schon wenig später konnte der SC-Profi, der aus dem Raum Bremen stammt, zumindest kurz jubeln. Über mehrere Stationen, darunter Vincenzo Grifo, war der Ball bei Noah Weißhaupt gelandet, dessen Flanke von „Lucky“ mit der Hacke ins Tor verlängert wurde. Es dauerte ein wenig, der Ball lag schon auf dem Mittelpunkt, doch der Schiedsrichter aus Aserbaidschan verweigerte den Anpfiff. Das Tor, das ich im Radio schon abgefeiert hatte, wurde gecheckt. Der VAR hatte bemerkt, dass Vincenuo Grifo, vor seiner Ballweiterleitung per Kopf im Abseits angespielt worden war. Pustekuchen! Der Treffer zählte letztlich nicht.

Es war wie verhext…

Dann die Nachspielzeit der ersten Halbzeit: Maximilian Philipp kommt nach einem rüden Kopfballduell im Halbfeld ungünstig mit der Schulter auf. Er wird behandelt, will weitermachen, steht auf - und muss doch aufgeben. Die Schulter ist kaputt - Michael Gregoritsch ersetzt den zweiten verletzten Freiburger Stürmer noch vor der Pause. Halbzeitstand: 1:0 für die kantigen Serben - und zwei verletzte Freiburger.

 

Ich stelle mir vor, wie traurig die geplante Jubelfeier mit Andreas und Jörg auf der Partymeile von Novi Sad werden würde, wenn es so weiter ginge… Zum Glück ging es nicht so weiter - „erste Halbzeit Stückwerk, zweite Halbzeit Feuerwerk“ sollte ich später am Mikrofon formulieren. Noch später erfuhr ich, dass die Freiburger in der Halbzeitpause videogestützt Fehleranalyse betrieben und ein paar Veränderungen im Positionsspiel vorgenommen haben.

Fakt ist: Mit Wiederbeginn war es ein anderes Spiel. Der SC spielte jetzt mutig, offensiv und gefährlich. Kurz nach Wiederbeginn flankte Vincenzo Grifo den dritten Freiburger Eckball ins Zentrum. Bačka-Star Jovanovic bearbeitete Matthias Ginter mit ausgestreckten Armen. Der Ball fiel auf einen dieser ausgestreckten Arme - keine Frage, Elfmeter! Vincenzo Grifo, der Standard-Spezialist, nimmt sich den Ball, legt ihn auf den Punkt und versenkt ihn cool zum 1:1.

Der Sport-Club blieb jetzt dran, dominierte Bačka Topola klar. Der vermeintliche Führungstreffer von Michael Gregoritsch, nach Flanke von Noah Weißhaupt, wurde aber zurückgepfiffen - der stark aufspielende Flankengeber hatte beim Abspiel im Abseits gestanden. Freiburgs zweites Abseitstor des Abends… irgendwie war aber das Vertrauen da, dass der SC die Partie jetzt rocken würde. So stark trumpfte der SC jetzt auf dem Spielfeld auf. Dann gab es mal wieder Freistoß für den SC - wie schon beim Elfmeter ging ein Handspiel der Serben voraus. Die Position: 25 Meter vor dem Tor, halbrechts abgesetzt. Bis dahin hatte der SC, sei es durch „Litz“ Doan oder durch Vincenzo Grifo, in ähnlichen Situationen immer geflankt. Auch deshalb ist mächtig viel Bewegung im 16er. Der Schiedsrichter nimmt die Ballfreigabe zurück und ermahnt Verteidiger und Angreifer.

„Schlitzohr“ Vincenzo Grifo lässt „Gregerl“ und die anderen im Strafraum für Unruhe sorgen, wählt aber den direkten Weg und schiesst den Ball aufs Tor Der Italiener düpiert damit den jungen Torjüter Ilic, der offenbar fest mit einer Flanke gerechnet hatte und versenkt die Kugel zur längst verdienten 2:1 Führung. Die Minute weiß ich nicht mehr - im Netz nachschauen kann ich gerade nicht, denn ich sitze im Flieger… Landeanflug auf Zürich.

Jetzt sieht es jedenfalls nach einem Freiburger Sieg aus - bis die Platzherren plötzlich doch nochmal mit einem Konter durchkommen. Allein auf weiter Flur sprintet der Serbe (Name ???) Richtung Tor des SC Freiburg, zieht aus halblinker Position ab und trifft … das Außennetz. Glück gehabt, SC!

Auf der anderen Seite macht Vincenzo Grifo, der Mann des Spiels, dann alles klar. Nach einer Flanke von „Litz“ Doan nimmt „Vince“ den Ball an und lässt Ilic keine Chance. 1:3 - die Entscheidung!

Es folgen Personalwechsel auf beiden Seiten, aber es passiert nichts mehr.

 

 

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Abpfiff - ich bin happy über das 1:3; die Verletzungen von Roland Sallai und „Milli“ Philipp trüben die Freude etwas. Immerhin: Der geplante Festabend auf der Partymeile von Novi Sad ist gerettet. Aber vorher gibts noch viel Arbeit…

Als ich nach „SC Freiburg vor“ im Radio meinem Schlussbericht mit Fazit bei Baden.fm abgesetzt habe, hilft mir Andreas beim Kofferpacken, behält das grüne Köfferchen bei sich und begibt sich in den PK-Raum.

Ich laufe mit iPhone und Ploppschutz (Schaumgummi-„Überzieher“ fürs iPhone für bessere Tonqualität ohne Plopp- und Zischlaut) in die Mixedzone. Eigentlich dauert es immer ewig, bis die schreitenden Kollegen und ich zu den Spielern vorgelassen werden - in dem kleinen Stadion in Serbien ist alles anders: Als ich ankomme, ist „Chico“ Höfler schon im Gespräch mit David von der BZ und Carsten vom Kicker. „Chico“ versichert mir, dass er mir für ein Audio-Interview zur Verfügung steht, wenn die Drei fertig sind. So kommt es dann auch. Als nächstes kommt der Mann des Spiels zu uns - der dreifache Torschütze, „Vince“ Grifo. Der Talk gerät locker-flockig und gut gelaunt, genau wie der mit „Chico“ zuvor. Etwas ernster geht es im Gespräch mit Roland Sallai zu - der ungarische Internationale teilt mit, dass er zu MRT-Untersuchungen nach Hause fliegen wird. Eher als geplant nach Hause geht es auch für „Milli“ Philipp. „In meiner Schulter steht etwas ab“, sagt er mir im Interview… (Schultereckgelenksprengung wird am nächsten Tag festgestellt)

 

Nach den Talk mit Philipp gehe auch ich in den PK-Raum, wo - komplett auf serbisch - die TSC-PK noch läuft. Dann kommt die Freiburger Delegation, gefolgt von der SC-PK mit Übersetzerin und meinem Interview mit Christian Streich.

Da ich gerade im Flow bin und noch voller Adrenalin von unserer Radioshow, beschließe ich, meine sogenannten Aufsager nicht etwa nach der Rückkehr im Hotel, sondern jetzt und hier, im Presseraum der TSC-Arena zu schreiben und zu produzieren. Dass ich dabei von deutschen und serbischen Kollegen umgeben bin, spornt mich eher an, als dass es mich stört. Sowohl der Nachbericht vom Europa-League-Spiel als auch die Vorschau auf das Sonntag-Spiel in Leverkusen gelingen mir auf Anhieb und im ersten Versuch. Das hat Eindruck gemacht - es gibt Komplimente der Sorte „da hört man den Profi“ von den deutschen Kollegen. Ich bin zufrieden und breche mit David auf. Vor der Tür treffen wir auf Andreas und Jörg, der im Fan-Block dabei war und ganz heiser ist. Vor Verlassen des Provinznestes Bačka Topola machen wir Halt an einer Tanke - BZ-David will eine Runde Drinks ausgeben. Coke Zero für mich natürlich- ist doch klar. Nach einer knappen Stunde parke ich in der Hotelgarage in Novi Sad ein. Weiter geht es mit einem Taxi zur Partymeile im Zentrum. David verabschiedet sich aber vorher. Das Krozinger Trio bestellt sich erstmal zwei Döner und einen Hamburger - jeweils mit Salat und Pommes. Dazu eine Dose serbisches Bier für jeden. Auch hier sind einige SC-Fans unterwegs. Die Stimmung ist aufgekratzt.

Die Suche nach einer gemütlichen Kneipe, um eine Flasche Rotwein zu köpfen, gestaltet sich schwierig. Alle Lokale sind knallvoll und megalaut. Irgendwann geben wir auf und sind schon gegen Mitternacht wieder am Hotel. Dann halt nicht…

Ich trinke noch ein Bierchen aus der Minibar und ziehe mir zum Runterkommen, auf dem Bett liegend, den Podcast Zeigler & Köster rein. Gegen Ende des stets sehr humorvollen Dialogs über Fußball, Fans, Gott und die Welt falle ich fast aus dem Bett. Philipp Köster, Herausgeber und Chef von „11 Freunde“ erzählt doch tatsächlich im Podcast, dass Ernst Middendorp bei dem“alten Bielefelder Kollegen Frank Rischmüller in Freiburg“ war. Fakt ist: Der 11-Freude-Philipp ist, genau wie ich, aus dem Arminia-Umfeld hervorgegangen. Wir haben uns bislang aber nie persönlich kennengelernt. Ich glaube, als ich die Almpost gemacht habe, hat Philipp ein Fanzine gemacht. Er ist jünger als ich - war noch mittendrin in der Fanszene, als ich schon Medienprofi war. Klar kennt er mich, da ich ja damals alle Spiele unserer Arminia im Radio kommentiert habe - aber zu einem persönlichen Austausch istxes noch nie gekommen. Dass Philipp Köster mich in seinem Podcast mit Arnd Zeigler namentlich nennt, ehrt mich, finde ich. Danke, Kollege!

 

So schlafe ich irgendwie zufrieden mit mir und dem Sport-Club selig ein.

Freitagmorgen: Um 8.45 Uhr checke ich aus und gehe frühstücken. Bald kommen Andreas und Jörg dazu. Punkt 9.30 Uhr verlassen wir die Hotel-Tiefgarage und fahren nach Belgrad. Eine Stunde später gebe ich den Mietwagen wieder ab. Ein roter Alfa Romeo. Wir hatten eine gute Zeit…

Im Airport geht beim Sicherheitscheck kurzfristig meine Boarding-Cars verloren sie findet sich aber schnell wieder - war wohl runtergefallen oder in einer Wanne liegengeblieben. Mit meinem Rest an Dinar kaufe ich im Duty free Shop eine große Flasche Whisky. Während des Fluges schreibe ich im Tagebuch (Kapitel: Das Fußballspiel).

Zurück in Zürich läuft alles glatt - Shuttleservice, Fahrzeugübernahme, fahrt nach Bad Krozingen. Am Abend schaue ich Bochum gegen Mainz, bin bei Halbzeit aber so müde, dass ich ins Bett gehe und einschlafe.

Am Samstag verbringe ich den Vormittag im WZO-Verlagshaus - Vorproduktion ReblandKurier. Unter anderem verfasse ich die nächste SC-Kolumne, die das Leverkusen-Spiel außen vorlässt; genht nicht anders. Am Montag wird keine Zeit für Fußball und Kolumne sein...

 

SC INTEAM

 Wegen der feiertagsbedingt vorgezogenen Produktion dieser 44. RK-Ausgabe  und der dadurch  verkürzten Produktionsphase der  kostenlosen lokalen Wochenzeitung,  entstand diese Kolumne „SC INTEAM“ zwischen dem verdienten 1:3-Auswärtssieg im nordserbischen Backa Topola und dem schweren Auswärtsspiel in Leverkusen; inhaltlich kann der neunte Bundesligaspieltag nicht berücksichtigt  werden, dafür rücken die beiden anderen Wettbewerbe in den Fokus: In der Europa League spielt der SC eine richtig gute Rolle. Mit dem Erfolg in Serbien, dem zweiten Auswärtssieg im zweiten Match auf fremdem Platz in der laufenden Europa-League-Saison, konnte der Sport-Club nach Punkten mit Gruppenfavorit West Ham United gleichziehen. Nach klassischer  Wertung haben die Freiburger, trotz der gleichen Tordifferenz wie die Engländer (+2)   das bessere Torverhältnis, da der SC ein Tor mehr erzielt hat. Die UEFA-Wertung priorisiert bei Punktgleichheit aber den  direkten Vergleich, weshalb in vielen computerbasierten Tabellen der Gruppe A der SC Freiburg als Tabellenführer geführt wird, in der offiziellen UEFA-Tabelle aber West Ham die Nase vorne hat. Grund ist der Sieg der Engländer im direkten Vergleich. Einfach nicht verwirren lassen …  Der SC steht in der Gruppe A  sehr gut da und hat jetzt zwei Heimspiele gegen TSC Backa Topola und Olympiakos Piräus vor der Brust. Um sich, nach der Saison 22/23  zum  zweiten Mal in der Vereinsgeschichte, für eine Fortsetzung des internationalen Wettbewerbs nach Weihnachten zu qualifizieren können im Europa-Park Stadion die entscheidenden Punkte eingefahren werden; nicht unwahrscheinlich, dass es am 14. Dezember in London zu einem „Endspiel“ um den Gruppensieg zwischen West Ham United und dem SC Freiburg kommt. Der Gruppensieger rückt direkt ins Achtelfinale der Europa League vor – der Tabellenzweite bekommt es 2024 in einer Zwischenrunde  zunächst mit einem der Tabellendritten aus der Königsklasse, also einem „Absteiger“ aus der Champions League zu tun.
Am morgigen Mittwoch, 1. November, kickt der SC   im DFB-Pokal. Das Heimspiel gegen den SC Paderborn, Anstoß im Europa-Park Stadion ist um 18 Uhr (live bei Sky und baden.fm) erinnert an das Vorjahr, als  Freiburg auch im Terminstress war und es in der zweiten DFB-Pokal-Hauptrunde  ebenfalls mit einem Zweitligisten  zu tun bekam. Unvergessen ist die Spannung und anschließende Erlösung, als der SC die Führung des Außenseiters erst in  Minute 90.+3 durch Ginter ausgleichen konnte und in der Verlängerung durch ein spätes Tor von Gregoritsch (119.) vor einem Elfmeterschießen bewahrt wurde. Gegen Paderborn könnte es ähnlich spannend werden. (Zitatende)

 

Sonntagmorgen. Gestern, nach der Arbeit im WZO-Verlag, habe ich um 14 Uhr den grandiosen Arminia-Sieg gegen Ingolstadt verfolgt; die Mannschaft scheint sich endlich zu finden. Das macht Freude. Nach der Übertragung von Magenta-Sport noch etwas Sky-Bundesligakonferenz, dann Live-Fußball: SG Markgräflerland U17 gegen die Kollegen von Bahlinger SC II in der Bezirksliga Freiburg. Ich vermisse etwas den wirklich besseren Fußball der U15-Zeit, als Ben und seine Komplizen als Landesligameister in die Verbandsliga aufgestiegen sind. Andererseits ist die Tabellenspitze auch nach dem gestrigen 2:2 gegen die Kaiserstühler noch nicht außer Sichtweite. Vielleicht gelingt ja doch noch "on the long run" der Sprung an die Spitze. Nach drei Aufstiegen in den letzten drei Jahren bin ich als Papa ntürlich verwöhnt. Abwarten...

Jetzt gehts erstmal nach Leverkusen. Der baden.fm-Corolla ist vollgetankt und in wsenigen Minuten beginnt die Reise. Alles andere als eine klare Niederlage wäre top. Daumen drücken!

Ich kommentiere das Bundesligaspiel Bayer 04 Leverkusen gegen SC Freiburg ab 17 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.114. SC-Livespiel am Radiomikrofon)

 

Fortsetzung folgt...