31. Spieltag der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen Borussia Mönchengladbach

Samstag, 23. April 2022, 15.30 Uhr *

Europa-Park Stadion, Freiburg *

SC Freiburg - Borussia Mönchengladbach *

 

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Es ist eine Englische Woche – bisher mit zwei Siegen – deshalb fungiert das „Nachspiel“ vom Hamburg-Tagebuch zugleich als „Vorspiel“ zum Gladbach-Text.

Rückblende: Nach dem Abpfiff im ausverkauften Volksparkstadion bediente ich, während die siegreiche Mannschaft von den Fans in der Kurve gefeiert wurde, baden.fm noch mit zwei weiteren Liveschalten – mit viel Emotionen natürlich, die auch über mich hereinbrachen, trotz einer gewissen Eingeschränktheit der Gefühle aufgrund eines immer deutlicher und heftiger werdenden grippalen Infektes, kein Corona, soviel stand bereits fest. Danach funkte ich mit der WZO-Redaktion, wo Kollege Michael Maier meinen Text in den Computer hämmerte. Die Bilder waren schon auf der Seite – danach ging das Ding, drei Stunden später als üblich, an die Druckerei nach Freiburg.

Jetzt packte ich meinen Kram zusammen und betrachtete das ans Herz gehende Schauspiel. Nie habe ich die Spieler des SC Freiburg so intensiv jubeln sehen. Es waren großartige Momente; Gänsehaut pur – und sicher nicht wegen des Infektes… Als sich das lang anhaltende und immer wieder neu aufflammende Jubelspektakel langsam legte, lief ich mich freundlich von Hamburger Kollegen und dem Personal verabschiedend durchs Pressezentrum zum Fahrstuhl und fuhr ganz alleine runter ins Erdgeschoss. Dort lief ich direkt zwei Herren in die Arme, die ich gut kenne: Ich gratulierte Christian Streich zum Sieg, sagte sowas wie „Wahnsinn“ und wir nahmen uns in den Arm – gleiches Spiel mit Sascha Glunk, dem Pressesprecher, der übrigens früher auch ein Kollege im Funkhaus Freiburg war. Wir umarmen uns trotzdem eher selten – es war halt ein besonderer Abend von sporthistorischer Bedeutung. Die beiden wollten zur digitalen Pressekonferenz, die für mich nicht mehr relevant war, da die Show zu Ende und die Möglichkeit für ein 1:1-Interview auch nicht gegeben war. Zwischen Tür und Angel wollte ich den Trainer auch nicht in ein Interview drängen. Eigentlich wollte ich nur noch genießen…

Ich lief etwa eine Viertelstunde durch den dichten Verkehr rund ums Stadion in dieser Hamburger Nacht, bis ich ein freies Taxi sah und anhielt. Ich ließ mich zum Hotel fahren, wo ich als einer der Ersten ankam. Nur mein Namensvetter war noch schneller gewesen… Später saßen wir bis kurz nach drei Uhr zusammen, meine Söhne, Freunde, darunter – das macht mich durchaus stolz – auch nicht wenig Bad Krozinger Lokalprominenz. Es war ein netter Abend mit zwei von drei Doppelmagnum-Flaschen Cuvée Felix vom Edel-Winzer Fritz Waßmer aus unserem Städtchen. Die Dritte ist dann fürs Finale oder so. Wir haben sie nicht mehr geköpft, weil es auch den einen oder anderen Biertrinker unter uns gab und die Damen langen ja auch nicht so hin wie siegestrunkene Männer. Kinder und Jugendliche schon gar nicht. Es war einfach eine große, nette Runde und die sechs Liter Edel-Wein mussten ja auch erstmal getrunken werden.

Mir schwand im Laufe der Nacht die Stimme und der Infekt schlug am nächsten Morgen voll durch. Erst riss ich mich zusammen, verabschiedete Ben (13), der mit in meinem Zimmer geschlafen hatte, nach dem gemeinsamen Frühstück, zur Abfahrt im Pkw einer befreundeten Familie, heim nach Südbaden, dann legte ich mich wieder aufs Ohr und sagte für mich sämtliche touristischen Termine ab. Am Nachmittag wagte ich mich dann raus, trank vor dem Café May auf St. Pauli einen Milchkaffee und verfasste, begleitet von einem Foto vom angeschlagenen Frank mit seinem Milchkaffee folgenden post bei Facebook:

„Hallo SC-Fans, in jedem anderen Job hätte ich mich gestern krankgemeldet. Aber nicht, wenn der SC im Halbfinale steht und ich den Kick bei Baden.fm kommentieren darf… Also hab ich’s durchgezogen - und bis Samstag kommt bestimmt auch meine Stimme zurück…
Ich bin sehr glücklich, dabei gewesen zu sein, als der SC erstmals das DFB-Pokal-Finale erreicht hat. Stolz und glücklich bin ich auch, dass, neben vielen Freunden, meine beiden Söhne in dieser fantastischen rot-weißen Kurve dabei waren. Die SC-Fans haben sich gestern auch für das Finale qualifiziert…
Am Mikrofon habe ich mich zusammengerissen - mein persönliches Empfinden bei diesem Triumph war natürlich durch meinen Gesundheitszustand etwas getrübt. Ich lag auch schon gegen 3.30 Uhr im Hotelbett.
Deshalb habe ich mir vorgenommen, am Final-Wochenende in Berlin, 100 Prozent bei Kräften, umso mehr zu ESKALIEREN!!!
In diesem Sinne: Berlin, Berlin, wir… (Danke, SC!) – Zitatende

 

Auf dem Rückweg traf ich auf Andreas aus unserer Reisegruppe, der in einem rockigen Straßencafé direkt auf der Reeperbahn saß und die Menschen beobachtete, die vorbei liefen – und das ist wirklich ein Spektakel. Ich gesellte mich zu ihm und trank bei lauter Rockmusik – zunächst aus den Boxen, dann live von einem richtig guten Straßenmusiker interprätiert, zur Gaudi meines Spezis, zwei Erdbeertee; wegen meiner Medikamente (BoxaGrippal), ist doch klar. Er lachte trotzdem. Per WhatsApp verabredeten  wir ein gemeinsames Abendessen um 19 Uhr in einem Fischrestaurant.Danach wollten wir in einer Sportsbar das andere Halbfinale, Leipzig gegen Union sehen. Pustekuchen - ein mediterranes Essen im vermutlich angesagtesten Restaurant eines sehr attraktiven Gastro-Viertels unweit von St. Pauli - aber eben völlig anders - dauert eben länger als eineinhalb Stunden. Wir haben den Abend sehr genossen, feinstes Essen, Wein Bier, immer wieder Schnapsrunden aufs Haus, ein inbrünstiger Sänger mit Gitarre, ein Chefkoch, der später kam und in Konversation machte. Es war recht teuer, aber sehr schmackhaft, dazu unterhaltsam, etwas ungewohnt und langwierig - insgesamt fast unvergesslich... Vom zweiten Halbfinale haben wir noch die Schlussviertelstunde gesehen, in einer Spelunke mit Beamer. Anaschließend noch mal die Reeperbahn hoch und runter, ein paar aufsässige Mädels abwehren und dann ab ins Bett. Um 8.30 Uhr ging schließlich der Rückflug...

Jetzt ist es Samstagvormittag und das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach steht vor der Tür. Unvergessen ist das Hinspiel: 0:6 im Borussia-Park. Christian Streich sagt mit Recht, dass das heute keine Rolle mehr spielt. Für die Gäste vielleicht doch, denn die würden natürlich am liebsten Revanche nehmen für diese Schmach. Ob sie dazu in der Lage sind, hängt von mehreren Komponeneten ab:

1. Wie stabil ist BMG nach der Derbyniederlage? Die Gladbacher schienen endlich in die Spur gekommen zu sein und in einer ziemlich verhunzten Saison endlich erfolgreich zu kicken, als das Derby gegen Köln auf dem programm stand und die einstige Fohlenelf ein weiteres Mal im eigenen Stadion vorgeführt wurde; nicht 0:6 gegen Freiburg, aber 1:3 im Derby, keine Ahnung was in Mönchengladbach schwerer wiegt und für die Fans schlimmer ist. Ein Horde Wahnsinniger probte nach dem Spiel einen Kabinensturm, begleitet von dumpfen Gesängen, wie "Wir sind Gladbach und ihr nicht!" Wie sehr rüttelt so etwas am Selbstvertrauen einer Mannschaft? Wieviel Spaß macht es gerade, im BMG-Trikot zu kicken und vor dem Spiel in die Gästekurve zu grüßen? Also: Wie stabil ist Gladbach heute?

2. Wie stabil ist der SCF? Der Halbfinalsieg vor vollem Haus in Hamburg war sporthistoirisch bedeutsam und eine Zäsur. Die Spieler haben gejubelt wie noch nie und auch ein bisschen gefeiert. Diese besondere Zeit wird auch die Jungs nicht unberührt lassen - im Gegenteil, sie sind ja mittendrin. Wir gut können sie heute umschalten und sich auf die Bundesliga und Borussia Möcnhengladbach fokussieren? Kriegen sie Hamburg abgestreift und sind körperlich und mental zu einhundert Prozent bei der Sache? In der Bundesliga entscheiden Kleiniglkeiten über den Ausgang der Spiele. Ich bin gespannt, ob dieser besondere Spagat gelingt. Der vierte Pflichtspielsieg in Folge, der dritte Bundesliga-Dreier in Reihe und natürlich auch der dritte Erfolg innerhalb der englischen Woche  - das wäre eine unglaubliche Performance, wie man neudeutsch sagt; selbstverständlich ist das aber nicht. Unsere Kicker sind schließlich auch nur Menschen...

Menschen, wie auch ich. Und mir hängt Hamburg noch heftig nach - vor allem körperlich. Mich hatte ja ein Grippe-Anflug nach Norddeutschland begleitet - kein Corona, so viel steht fest. Es ist auch ein grippaler Infekt, den ich in seinem Verlauf schon kenne, weil ich ihn schon öfter erlitten habe. Ein zeitweises Verschwinden der Stimme gehört dazu, was in meinem Fall eher ungünstig ist, weil meine Stimme ja im Radio mein Kapital ist. Seit der Rückkehr am Donnerstag war ich praktisch stumm. Auch gestern hätte ich noch kein Fußballspiel kommentieren können. Ich spürte allerdings, dass sich die Situation stündlich verbesserte und jetzt glaube ich, ich kriege es hin. Ansonsten hänge ich ähnlich in der Uhr wie in Hamburg, aber das macht nichts. Fußball live ist für mich die beste Medizin. Dazu stets einen heißen Tee neben mir und häufig abhusten, dann wird es schon gehen.

Heute habe ich übrigens einen besonderen Gast als Zuschauerin meiner Arbeit dabei. Als wir uns zum ersten Mal zu einem Redalktionsgepräch im WZO-Verlag gegenübersaßen und ich die damalige Bürgermeisterin von Rheinfelden und Kandidatin im Wahlkreis Lörrach/Müllheim für die anstehende Bundestagswahl zum Fototermin bat, überraschte mich Diana Stöcker nicht schlecht als sie mich um ein Selfie bat - sie kannte eben nicht nur den Redaktionsleiter Rischmüller aus dem Zeitungsbereich, sondern auch die Radiofigur. Daraus entwickelte sich ein netter Plausch, indem sie mir gestand, dass sie unheimlich gerne mal bei so einem Radioeinsatz neben mir säße, um das alles mal hautnah ,mitziuerleben - das Spiel aber auch die Radioarbeit. "Jetzt machen wir folgendes", habe ich zu ihr gesagt. "Sie werden zunächstmal Abgeordnete des Deutschen Bundestages und wenn dann Corona halbwegs überstandem ist und wieder die Möglichkeit dazu besteht, lade ich Sie mal ein. Diana Ströcker gewann den Wahlkreis für sich und sitzt nun als Abgeordnete der CDU im Bundestag. Heute ist sie mein Gast im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach; wer weiß, vielleicht  uss sie ja sogar einspringen, wenn meine Stimme mitten im Spiel versagt, was vor über 25 Jahren, in einem Heimspiel gegen Dynamo Dresden, tatsächlich schon mal vorgekommen ist...

Ich kommentiere das Bundesligaspiel SC Freiburg gegen Borussia Mönchengladbach ab 15 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.050. SC-Livespiel am Radio-Mikrofon)

Es war spannend, spektakulär, ungerecht und am Ende auch ein wenig unglücklich – das 3:3 zwischen dem Sport-Club und Borussia Mönchengladbach im ausverkauften Europa-Park Stadion riss alle mit und bot ein Unterhaltungspotenzial der allerersten Sorte. Das Spektakel begann mit einer krassen Fehlentscheidung: Ein Handelfmeter für Gladbach, der schlicht nicht hätte gegeben werden dürfen. Was war geschehen? Erster Angriff der Gäste in der ersten Minute, Verteidiger Nico Schlotterbeck wird von seinem Gegenspieler unterlaufen und kommt zu Fall. Das Spiel läuft etwas überraschend weiter, man hätte auch auf Stürmerfoul entscheiden können…  Im nächsten Moment grätscht  Nicolas Höfler im Strafraum, der Ball prallt ab, berührt auf seinem Weg den am Boden liegenden sogenannten Stützarm des grätschenden Spielers. Keine Absicht, keine unnatürliche Armhaltung, keine Vergrößerung der Körperfläche – nichts. Der Schiedsrichter, Benjamin Brand aus Unterspiesheim, hat auch nicht gepfiffen, doch der VAR, Robert Schröder aus Hannover, sah sich veranlasst, einzugreifen, dem Spielleiter also eine grobe Fehlentscheidung zu unterstellen. Das ist angesichts der jüngsten Diskussionen, Vorgaben und Üblichkeiten in der Bundesliga geradezu grotesk. Fakt ist, Schiri Brand begutachtete die Szene am Bildschirm und kam dann – warum auch immer – zu seiner Bewertung, die da lautete: Elfmeter! Bensebaini nahm das Geschenk dankend an und brachte Borussia vom Punkt aus mit 0:1 in Front. Es lief gerade die dritte Spielminute…

Schon zehn Minuten später steht es 0:2 – es hat gerade den Anschein, als drehe BMG den Spieß nach dem 0:6 im Herbst, diesmal um.  Bei einem Konter der „Fohlen“ hatte Embolo Nico Schlotterbeck schlecht aussehen lassen und eingeschossen.

Der SC fängt sich aber, ist trotz des Rückstands bald schon die bessere Mannschaft, scheitert aber bei zwei, drei aussichtstreichen Versuchen an Sommer oder an fehlender Genauigkeit im Abschluss – der ersehnte Anschlusstreffer vor der Pause bleibt aus.

Kaum läuft das Spiel wieder, steht Schiedsrichter Brand auch schon wieder vor dem Bildschirm: Es hatte im Mönchengladbacher Strafraum einen Kontakt der Füße von Lainer und Nicolas Höfler gegeben, der dadurch ins Straucheln und zu Fall kommt. Wieder hat Brand nichts gesehen, wieder greift der VAR ein – und wieder entscheidet Brand auf Strafstoß. Es war ein Kann-, kein Muss-Elfmeter, insofern erscheint das Eingreifen des VAR auch in dieser Situation als unnötig und unüblich. Vielleicht eine Konzessionsentscheidung… In jedem Fall knallt Vincenzo Grifo den Ball mit Verve in den Winkel: Das 1:2 in der 48. Minute. In der Folgezeit bietet der SC dem Publikum, vier Tage nach dem kräftezehrenden Halbfinale von Hamburg, ein wahres Fußballfest, stürmt Mönchengladbach gefühlt in Grund und Boden. Die Folge: Der Ausgleich durch einen platzierten Flachschuss von Kapitän Christian Günter aus 20 Metern in der 61. Minute. Das Stadion tobt, ich schreie mir meine Stimme, die seit Hamburg ohnehin nur noch krächzen kann, aus dem Leib. Der Sport-Club will mehr und stürmt weiter. In der 80. Minute köpft Philipp Lienhart einen Ecke von Christian Günter zum verdienten 3:2 ins Netz – das Europa-Park Stadion im Delirium… Dann sind 90 Minuten um, doch es gibt vier Minuten Nachspielzeit. Ich gebe es zu, ich hatte ein schlechtes Gefühl. Zwar hatten die Gäste vom Niederrhein in der zweiten Hälfte nichts mehr zu Wege gebracht, hatten aber mit Stindl einen abgezockten alten Fuchs eingewechselt, der weiß, wo die Tore auf einem Fußballplatz stehen und auch schon oft gegen Freiburg getroffen hat. Es kam, wie es scheinbar kommen musste: In der dritten Minute der Nachspielzeit: Der eingewechselte Herrmann hat viel Zeit zum Flanken, Keven Schlotterbeck macht einen falschen Schritt vom Gegner weg und so kommt Stindl frei zum Kopfball. Mark Flekken ist machtlos, Das 3:3, ganz kurz vor Schluss. Gladbachs Begleiter – Fans schreibe ich nicht – die sich im Clinch mit den Profis befinden, weil die das Derby gegen Köln verloren haben, jubeln nur verhalten oder gar nicht. Für Freiburgs Himmelsstürmer fühlt sich der späte Ausgleich allerdings an wie eine Niederlage. Trotzdem werden die Jungs vom Publikum getröstet und gefeiert. Das, liebe Gladbacher, sind Fans.

 

Das Nachspiel

Für meine Stimme bin ich sowas von froh, dass es vorbei ist… Das ging gerade noch mal gut. Den Kollegen Noah Schönberger, der zuletzt zweimal in coronabedingter Vertretung als Moderator bei SC-Spielen eingesprungen war, hatte ich angeschrieben, damit er als backup da ist, wenn die Stimme gänzlich streiken würde, doch der war gerade im Phantasialand bei Köln, als ich ihn kontaktierte. Also versetzte ich die langjährige Kollegin Daniela Frahm, die als Freelancerin für eine Zeitung im Stadion war, in Alarmbereitschaft. Außerdem entschied ich aus dem Bauch heraus, meine eigentlich nur zuschauende Begleiterin, die Bundestagsabgeordnete Diana Stöcker, häufiger in meine Livetakes einzubauen, damit ich mich zwischendurch mal räuspern oder abhusten konnte und in Summe etwas weniger Text hatte. Irgendwie habe ich alles überstanden…

Ärger über das Ergebnis, Betroffenheit über die schwere Schulterverletzung, die sich Top-Talent Noah Weißhaupt gleich nach seiner Einwechslung zu Beginn der zweiten Halbzeit zugezogen hatte und die das vorzeitige Saisonaus bedeutet und den jungen Mann auch die aktive Finalteilnahme in Berlin kosten wird, wie am Samstagabend zu befürchten war. Trotzdem bin ich irgendwie froh; froh, dass ich stimmlich irgendwie durchgehalten habe und froh, dass  wir in Freiburg mittlerweile – völlig zurecht – so hohe Ansprüche entwickelt haben, dass wir ein 3:3 nach 0:2-Rückstand gegen Gladbach ganz schlimm finden… Klar, wäre der letzte Treffer nicht mehr gefallen, der SC wäre jetzt punktgleich mit Leipzig auf Platz vier und den ganz großen Geldkoffern sehr nahe; ganz ohne Investor…

In der Pressekonferenz interviewe ich trotz der angeschlagenen Stimme Christian Streich, Frau Stöcker macht Erinnerungsfotos und -videos, dann fahren wir zum Abschluss auf ein Weinfest – Abstand gewinnen von einem dramatischen Fußballspiel mit unglücklichem Ausgang. Am Abend erreicht  ich eine Whatsapp-Nachricht von meiner Hausärztin Elena. „Ich habe Dich im Radio gehört, Du brauchst unbedingt ein Antibiotikum, sonst machts Du noch lange rum mit Deinen Stimmproblemen“, teilt sie mir mit. Es folgt ein kurzer Austausch und schon am Sonntagmorgen stehe ich vor ihrer Haustür und bekomme das benötigte Medikament. Der Rest-Sonntag gehört der Erholung, sowie der Stimm- und Körperpflege…

Am Montag geht’s mir schon besser, auch meiner Stimme. Im WZO-Verlag wartet viel Arbeit und dazu gehört auch die Zeitungskolumne für den ReblandKurier – hier als Vor-Veröffentlichung:

 

SC INTEAM

Nach dem souveränen 1:3-Halbfinalsieg im Hamburger Volksparkstadion, stand in Frage, wie frisch und wie konzentriert der SC Freiburg in der Bundesliga gegen Borussia Mönchengladbach auftreten würde. Bevor wir das beleuchten, ist noch einmal Einhalt geboten; man kneift sich, um sicher zu gehen, dass man nicht träumt und stellt fest – es stimmt wirklich: Der SC Freiburg steht am Samstag, 21. Mai, um 20 Uhr im Berliner Olympiastadion im Finale um den DFB-Pokal. Alleine das ist  so großartig, dass sich bei jedem, dem der SC am Herzen liegt, beim Gedanken daran, eine Gänsehaut einstellt.

Nun kamen die Pokal-Helden also aus Hamburg zurück und sollten auch im Bundesliga-Alltag funktionieren, wobei der „Alltag“ in dieser bemerkenswerten Saison vier Szenarios offenhält: Teilnahme des SC Freiburg an der Champions League, an der Europa League, an der Conference League der kommenden Saison, oder eben nichts von alldem. Es stand (und steht) also mächtig etwas auf dem Spiel – viel Ruhm und viel Geld. Lapidar formuliert könnte man sagen, „die Jungs haben es gegen Gladbach einigermaßen gewuppt, hatten aber ein bisschen Pech.“ Das wird der gebotenen Leistung und dem herausragenden Spektakel des Spiels aber nicht gerecht. Für neutrale Besucher war das Spiel ein absolutes Highlight, das in seinem Glanz lediglich von zwei fragwürdigen Schiedsrichterentscheidungen, jeweils nach Eingriff des VAR, getrübt wurde. Eine glatte Fehlentscheidung war der Handelfmeter, der die Gladbacher gleich zu Beginn mit 0:1 in Führung brachte. Wie energiegeladen und fußballerisch stark, der SC, vier Tage nach dem Halbfinale von Hamburg, den Widrigkeiten trotzte und in der zweiten Hälfte einen 0:2-Rückstand in eine 3:2-Führung drehte, war Fußballkrimi und Märchen in einem. Der späte Ausgleich in der dritten Minute der Nachspielzeit, nach einem kleinen individuellen Fehler, war Teil des sportlichen Dramas. Fest steht: An Unterhaltungswert war das Spiel kaum zu überbieten. Da die Verfolger Union Berlin und 1. FC Köln ihre Spiele gewannen, steht der SC im Kampf um die Europacup-Plätze in der Bundesliga, in den verbleibenden drei Spielen stets unter Zugzwang; auch am Samstag, 30. April, um 18.30 Uhr bei 1899 Hoffenheim (live bei Sky und baden.fm). Es gilt jetzt stabil und unter Spannung zu bleiben – bis zum 21. Mai! (Zitatende)

So, Freunde, man liest sich wieder zum Hoffenheim-Spiel!