31. Spieltag der Fußball-Bundesliga, VfL Wolfsburg - SC Freiburg

Samstag, 13. Juni 2020, 15.30 Uhr

Volkswagen-Arena, Wolfsburg

VfL Wolfsburg - SC Freiburg

 Das Vorspiel

Im Rahmen des Sonderspielbetriebs der Bundesliga hat sich der VfL Wolfsburg entschlossen, private Radiosender zu den Bundesligaspielen nicht ins Stadion zu lassen. Trotz des Drängens des SC Freiburg, baden.fm als Medienpartner des Vereins, zu akkreditieren, bestand der niedersächsische Bundesligist darauf, dass wir, wie die den VfL begleitenden Privatsender wohl schon seit Beginn des Sonderspielbetriebs, den Radiokommentar auf Basis von Fernsehbildern zu sprechen. Was für sehr viele Radiosender und Audioanbieter in Deutschland jetzt während der Corona-Pandemie aber auch außerhalb dieser Phase üblich ist, nämlich nicht aus dem eigentlichen Stadion, sondern aus dem virtuellen Stadion, sprich Studio und auf Basis von TV-Bildern zu berichten, war und wird für baden.fm nur ein absoluter Ausnahmefall sein und bleiben. Ich sag es mal so: Die Wolfsburger merke ich mir... (Wir haben uns bei baden.fm dazu entschlossen, die Umstände der Übertragung nicht an die große Glocke zu hängen; ich bitte um Verständnis. Hier im Tagebuch will ich aber nicht so tun, als sei ich nach Wolfsburg gereist.)

 

Das Fußballspiel

(Mein 977. SC-Livespiel am Radiomikrofon)

Da ich früher für den Fernsehsender Premiere Spiele der französischen ersten Liga aus einem Studio in München-Unterföhring statt aus Paris, Bastia oder Lyon auf Basis der TV-Bilder kommentiert habe, war es kein Problem für mich, dies auch im Radio zu stemmen. Wobei das Spiel in der gähnend leeren Volkswagen-Arena überaus aufrgegend war. Der SC begann äußerst unternehmungslustig und offensiv. Die Befreiung nach dem Überschreiten der magischen 40-Punkte-Grenze war den Jungs anzumerken. Völlig entgegen der ersten Eindrücke stand es aber plötzlich 2:0 für den VfL - und das kam so: Der SC verlor in der 14. Minute in der Vorwärtsbewegung im Mittelfeld den Ball, Arnold schickte Steffen rechts steil, der Schweizer legte von der Grundlinie in den Rücken der Freiburger Abwehr - und  Weghorst schoss den Ball trocken ins rechte Eck. Mit dem Rückenwind der Führung machte der VfL jetzt mächtig Druck. Dann gab es in der 27. Minute skurrile Szenen: Nach einem Eckball setzte Weghorst zum Flugkopfball an, der an die Unterkante der Latte prallte und dann von Ginczek aus kurzer Distanz "abgestaubt" wurde. Zeitgleich lag Weghorst blutend am Boden, hatte Höfler dem Stürmer doch beim Abwehrversuch des Flugkopfballs im Gesicht getroffen. Es war zeit für den VAR... Erste Feststellung: Ginczek stand bei seinem Abstaubertor im Abseits. Der Treffer konnte also nicht zählen. Zweite Feststellung, auch wenn Höfler den von hinten heranhechtenden Weghorst nicht sehen konnte, war das Bein des Freiburgers bei der Abwehraktion doch recht hoch - und das bedeutete: Elfmeter. Es dauerte minutenlang, bis das so weit geklärt war. Ich kann aber sagen: Alles korrekt gelöst! Weghorst, inzwischen medizinisch versorgt und mit Turban, trat an und traf. Es stand 2:0 und der SC schien auf der Verliererstraße zu sein; erst recht in der 28. Minute, als Ginczekt nach einem Wolfsburger Eckball das vermeintliche 3:0 erzielte. Ich war sauer, denn zur Ecke war es erst gekommen, weil die Unpartieischen aus meiner Sicht ein Toraus übersehen hatten. Heintz hatte den Ball mit seinem Körper sozusagen zugesperrt und war, nachedem dieser über die Linie gegangen war abgedreht. Die Wolfsburger aber machten einfach weiter, sodass der Ball in der nächsten Szene gerade noch zur Ecke abgewehrt werden konnte. Dann flog der Eckball in den Strafraum und Ginczek köpftge ihn rein. Wieder griff der VAR ein, denn - und das war wirklich schwer zu erkennen - der Ball hatte, nachdem er Ginczeks Stirn verlassen hatte noch dessen Fingerspitzen berührt und das beutet, nach aktueller Fußball-Rechtsprechung, wenn eine Hand im Spiel ist, darf der Treffer nicht zählen. Ich fand das nur gerecht, weil ich noch immer überzeugt bin, dass es den Eckball zuvor gar nicht hätte geben dürfen (s.o.)

Es ist ein Stück weit Fußball-Psychologie aber die Aberkennung des Tores, das Gefühl, doch nicht 0:3 hinten zu liegen und quasi aus dem Spiel zu sein, sondern bei 0:2 noch eine gewisse Chance zu haben, gab dem SC Auftrieb. Plötzlich war das leistungsmäßige Zwischentief vorbei und der SC griff wieder beherzt an. besonders beherzt in der 32. Minute, als der starke Sallai aus kurzer Distanz zum Schuss kam, in VfL-Keeper Casteels aber seinen Meister fand. Kurz vor der Pause fiel dann dennoch der verdiente Anschlusstreffer: Eine gefühlvolle Flanke von Grifo beförderte Höler per Hechtkopfball ins Tor - der SC war wieder im Spiel. Kaum war die zweite Halbzeit angepfiffen, die VfL-Abwehr befand sich offenbar gedanklich noch in der Pause, war Höler frei durch, scheiterte aber am fantastisch aufgelegten Casteels. Der vom Belgier bravourös abgewehrte Ball sprang Richtung Kopf von Sallai, dem nun ein kleines Kunststück gelang: Vom Kopf des Ungarn nahm der Ball eine besondere Flugkurve, düpierte einer Bogenlampe gleich sowohl Casteels als auch einen Abwehrspieler, der auf der Linie lauerte und landete im Netz: 2:2, der Ausgleich, geil...

Jetzt übernahm vorübergehend wieder der VfL das Kommando. Ein Flachschuss von Brekalo strich aber hauchdünn am SC-Tor vorbei (52.). Nach einer guten Stunde hatte der SC dann die ganz große Chance auf den Sieg: Der blendend aufgelegte Grifo zeigte ein geniales Solo in dessen Anschluss drei Freiburger frei vor dem Tor standen. Mit Lienhart nahm ausgerechnet ein Innenverteidiger den Ball auf und schoss ihn aufs Tor, bekam das Leder aber nicht am Wolfsburger Mbabu vorbei, der kurz vor der Linie rettete. 

So war das 2:2 unter dem Strich und am Ende eines wilden Spiels verdient.

 

Das Nachspiel

Nur eine kurze Schmunzette noch aus meinem virtuellen Stadion in Bad Krozingen. Als am Donnerstag/Freitag endgültig feststand, dass ich nicht nach Wolfsburg reisen würde, machte ich mir Gedanken um den Wetterbericht. Dieser sagte für Samstag und Südbaden kräftige Gewitter voraus. Bei Gewitter fällt bei uns leider schon mal der TV-Empfang aus. Ich entschloss mich also, noch einen zweiten Empfangsweg zu sichern und nahm den Laptop meines Sohnes in Beschlag, über den ich über das Internet "Sky go" empfangen konnte. Da das Wetter aber besser war als angekündigt, ließ ich das Gerät erst ungenutzt. Im Lauf der zweiten Halbzeit hatte ich aber das Gefühl sich ändernder Lichtverhältnisse draußen, schaltete die Online-Übertragung ein und ... fünf Minuten später viel der Fernsehempfang aus. Ich saß dann da wirklich eine Liveschalte lang mit dem Laptop auf den Knien und kommentierte mittelprächtig gute gestreamte Bilder. Dann kam der TV-Empfang zurück...

Ach ja, nur zur Beruhigung: In München, beim nächsten Auswärtsspiel, bin ich akkreditiert....