34. Spieltag der Fußball-Bundesliga, Bayer 04 Leverkusen - SC Freiburg

Samstag, 14. Mai 2022, 15.30 Uhr

BayArena, Leverkusen

Bayer 04 Leverkusen - SC Freiburg

Das Vorspiel

Die Zeit rast…  Dieses Wochenende, Bundesliga-Finale mit dem Auswärtsspiel in Leverkusen – nächste Woche, das Final-Wochenende mit dem Sport-Club in Berlin, ein Traum wird wahr, zwischendurch viel TV-Fußball mit Eintracht Frankfurt im Finale von Sevilla und diversen Relegationsspielen – am Wochenende nach dem Pokalfinale ein längst überfälliger Besuch bei meiner Mutter im schönen Bielefeld, dann nach menschlichem Ermessen leider wieder Zweitligastadt, und eine Woche später geht es schon in den dann auch bitter nötigen Pfingsturlaub. So eine lange Saison hinterlässt auch beim einem alten Fußball-Schlachtschiff wie mir ihre Spuren. Weil das jetzt alles so geballt auf meine Familie und mich zukommt, habe ich heute Morgen mal ein wenig Struktur in die Planungen für die Urlaubsreise gebracht. Unser Flieger in die Karibik, die Heimat meiner lieben Frau Yoany, geht am Freitag, 3. Juni, um 11.40 Uhr ab Frankfurt-Flughafen. Als „Team Vorsicht“ habe ich die Anreise nach Frankfurt am Donnerstagabend geplant und heute Morgen ein erschwingliches Familienzimmer in einem Hotel nahe am Airport gebucht. Zug zum Flug oder Auto – da hat ein günstiges Angebot für 16 Tage parken mit Shuttleservice zu der Pkw-Entscheidung geführt. Dann sollte alles sehr entspannt ablaufen, selbst ein Mega-Stau auf dem Weg nach Frankfurt würde unsere Flugreise über den großen Teich nicht gefährden. Und nach der Rückkehr sind wir individuell flexibel und mobil. Check!

Auch die Reise nach Berlin ist für meine Begleiter und mich geklärt. Mein erwachsener Sohn Jérôme aus Zürich reist mit einem Schweizer Freund, direkt vom EL-Finale „seiner“ Eintracht in Sevilla, per Flieger nach Berlin. Ben kann im Auto eines guten Freundes mitfahren – Wolfgang, so heißt mein Spezi, war schon in Bochum und Hamburg mit dabei. Der Eishockey- und EHC-Fan hat offenbar Gefallen am Fußball und am SC gefunden. Super, dass er sich zur der Auto-Anreise und zur Mitnahme von Ben entschlossen hat, denn per Bahn sind alle Fahrten – vor allem die Rückfahrten am Sonntag – restlos ausgebucht und ohne Sitzplatzreservierung setze ich den 13-Jährigen natürlich nicht in einen ICE… Durch Wolfgangs Entscheidung spare ich mir die Stornierung meiner schon vor Monaten gebuchten Flugreise mit EasyJet. Die hätte ich nämlich gecancelt, um für Ben mit dem Auto zu fahren. Das entfällt jetzt und das ist gut so. Ich werde ganz entspannt am Freitagabend in den Flieger steigen und den versammelten Rest der Familie und Freunde am späteren Abend im Hotel treffen. Als Glücksbringer ist auch wieder eine Super-Magnum vom Fritz vor Ort – auch dafür ist Platz in Wolfgangs recht geräumigem Auto…

Direkt vor der Brust steht aber die Auswärtsreise zum letzten Bundesligaspiel in Leverkusen. Hätte der SC gegen Union Berlin gewonnen, wäre ich jetzt wahrscheinlich mega-nervös, denn ein Sieg bei Bayer 04 hätte für „meinen“ Sport-Club die Champions League zur Folge - aber in Leverkusen musst Du erstmal gewinnen… Durch die neue Situation ist das Nervenkostüm etwas entspannter. Die Champions League ist quasi nur noch eine theoretische Möglichkeit, denn Leipzig müsste bei einem SC-Sieg in Leverkusen auch noch in Bielefeld verlieren. Diesbezüglich kaut jetzt niemand in Freiburg auf den Fingernägeln. Auch Christian Streich war, auf die Tabellenkonstellation angesprochen, sehr bemüht, die mögliche (und sehr wahrscheinliche) Qualifikation für die Europa League zu fokussieren und zu gewichten; als Riesenerfolg nämlich – und der Trainer hat völlig recht! Ich argumentiere schon seit Wochen in diese Richtung: Champions League ist eine schöne Fantasie – die Europa League zu erreichen, wäre an diesem Standort ein Mega-Erfolg und dürfte auf keinen Fall als Enttäuschung wahrgenommen werden, weil dann ja die Champions League verpasst worden wäre. Ich würde am Samstagabend die Faust ballen und einen guten Tropfen auf den SC trinken, wenn tatsächlich der Sprung in die Gruppenphase der Europa League gelingt und danach sieht es – Stand heute – aus. Der Vorsprung gegenüber Köln beträgt drei Punkte und neun Tore. Den gilt es zu verteidigen. Der SC liegt vor dem letzten Spieltag als Tabellenfünfter zudem einen Punkt und acht Tore vor Union Berlin. Auch die Frage Platz fünf oder sechs ist zu klären – dabei geht es um die Zuweisung der Fernsehgelder; der Unterschied dürfte im siebenstelligen Bereich liegen… Es ist also durchaus Spannung drin, aber keine Spannung, die mich nicht mehr schlafen lässt. Alles ist gut, der SC beendet morgen eine grandiose Bundesligasaison, begleitet vom Einzug ins neue Stadion, der Rückkehr der Fans nach den diversen coronabedingten Lockdowns und dem bislang größten Erfolg der Vereinsgeschichte, dem Erreichen des DFB-Pokalfinales am 21. Mai in Berlin.

Trainer Christian Streich sprach nach dem ungemütlichen  1:4 gegen Union Berlin, das unabhängig vom schlechten Ergebnis, wenn man genau hinschaut, gar nicht so desaströs war, wie es auf den ersten Blick scheint, unter anderem von einer gewissen körperlichen und mentalen Müdigkeit am Ende einer langen Saison. Die spüre natürlich auch ich als reportierender und kommentierender Begleiter bei sämtlichen Spielen, in Addition zur Alltagsarbeit im WZO-Verlag. Das ist übrigens altersunabhängig und war bei mir immer so am Ende einer langen Saison. Spätestens nach zwei, drei Wochen Sommerpause fiebere ich dem Neustart entgegen und pilgere, wenn es trainingstechnisch wieder losgeht zu jedem für mich erreichbaren Testspiel. So bin ich halt. Aber jetzt freue ich mich dann doch ein bisschen auf den Karibik-Urlaub und die Fußball-Pause im Juni.

Um den letzten Spieltag möglichst entspannt zu erleben, fahre ich schon heute los. Um 17 Uhr hole ich am Funkhaus den neuen baden.fm-Corolla ab und fahre in den Westerwald. Etwa eine Autobahnstunde vor der BayArena, im beschaulichen Kleinmaischeid, mache ich Station. Im Maischeider Hof bin ich schon oft abgestiegen, etwa auch beim Gastspiel in Mönchengladbach, das mit diesem genialen 0:6 für unseren SC endete. Die Wirtsleute kennen mich seit Jahren und ich erhalte für einen äußerst fairen Preis immer ein besonders schönes Zimmer – meist eines mit einem eigenen kleinen Wohnzimmer mit Sitzgruppe und so. Da habe ich damals das 0:6 gefeiert und ich habe auch diesmal wieder einen guten Tropfen an Bord. Der „Fumé Blanc“, ein ganz besonderer Sauvignon aus dem Weingut Franz Herbster hat mich unlängst in seinen Bann gezogen. Ein fantastischer Tropfen. Der begleitet mich zum letzten Bundesligaspieltag. Wegen der angesprochenen Müdigkeit, einer gewissen Erschöpfung – manche nennen es schlicht urlaubsreif – gönne ich mir nämlich zwei Nächte in Kleinmaischeid: eine vor und eine nach dem Kick. Der Samstag hat dann nur einen Höhepunkt: Die baden.fm-Bundesligashow und der letzte Bundesligakick des Jahres für unseren SC.   Ein Stündchen hin, ein Stündchen zurück – der Rest ist Bundesligashow und Genuss; so oder so. Champions League oder Europa League – beides wäre ein großartiges Abschlusszeugnis in der Liga.

Am Sonntagvormittag komme ich dann bestens ausgeruht und entspannt wieder zu meiner Familie nach Bad Krozingen zurück. Und ab Montag läuft dann der Countdown zum Pokalfinale.

Alle, die dem SC nahe stehen, erleben gerade einen Traum – übrigens ganz unabhängig vom sportlichen Ausgang; auch das ist Entspannung pur.

Ich kommentiere das Bundesligaspiel Bayer 04 Leverkusen gegen SC Freiburg am Samstag ab 15 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow,

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.053. SC-Livespiel am Radio-Mikrofon)

 Der Kampf um die mögliche Champions League Teilnahme endete mit einem Herzschlag-Finale; leider zu Ungunsten des SC Freiburg – ein Triumph aber blieb unangefochen: Das Erreichen der Gruppenphase in der UEFA Europa League. Das ist ein riesiger Erfolg des Freiburger Fußballs, der nur ganz kurz und in der Intensität begrenzt Raum für Enttäuschung über das Verpassen der Champions-League-Qualifikation, die – wer hätte das gedacht – plötzlich ganz nah und realistisch schien.

Nach einem Stellungsfehler von Philipp Lienhart und einem schwachen Tackling von Nico Schlotterbeck in einer der ganz wenigen schwachen Szenen der Freiburger Defensive waren Schick und Alario nach der torlosen ersten Hälfte in Minute 54 plötzlich alleine vor dem Tor. Der in München als möglicher Lewandowski- und in Dortmund als eventueller Haaland-Nachfolger gehandelte Leverkusener Torjäger Schick bediente den etwas besser postierten Alario und der schob zum 1:0 ein.

Da in Stuttgart nichts auf einen hohen Sieg der Kölner hindeutete, blieb ich in Sachen Europa League ganz cool. Da Union gegen Bochum auf der Siegerstraße war, drohte ein Abrutschen auf Platz sechs – das kostete (Fernseh-)Geld, war aber erträglich. Dann lag Leipzig plötztlich in Bielefeld zurück und dem SC gelang durch Haberer in der 88. Minute der verdiente Ausgleich… Trotzdem rutscht der SC Freiburg in der Blitztabelle von Platz fünf auf Platz sechs, denn Union Berlin schießt  praktisch zeitgleich das 3:2 gegen Bochum, das zwischenzeitlich ausgeglichen hatte und zieht dadurch am SC vorbei. Für die Freiburger bietet sich allerdings noch eine ganz außergewöhnliche Chance: Durch ein zweites Tor würde die Streich-Elf nicht nur an Union Berlin vorbeiziehen, sondern auch Leipzig übertrumpfen, denn die Sachsen liegen in Bielefeld noch immer mit  1:0 zurück. Die Champions League ist nahe. 

Das ist auch nach Ablauf der regulären Spielzeit in allen Stadien noch so. In Leverkusen werden fünf Minuten Nachspielzeit angezeigt.  Fünf Minuten plus X Zeit für ein Tor – womöglich ein Tor für die Ewigkeit … Freiburg stürmt mit Mann und Maus, setzt alles auf eine Karte.

Was kaum einer wahrnimmt auf der SC-Bank: In der dritten Minute der Nachspielzeit in Bielefeld hat Leipzig  den Ausgleich erzielt und damit die Champions League gesichert …  In Leverkusen läuft das Spiel noch. Dank moderner Technik bin ich immer auf dem Laufenden und informiere die baden.fm-Hörer über den Stand der Dinge. Gelänge dem SC jetzt ein Treffer, bliebe die Champions-League-Teilnahme zwar ein schöner Traum, der SC würde sich aber wieder an Union Berlin vorbeischieben – bei der Auszahlung der Fernsehgelder entspräche diese Verbesserung einem siebenstelligen Betrag. Die fünfte Minute der Nachspielzeit – Freistoß aus 22 Metern für den SC; die mutmaßlich letzte Aktion. Die Freiburger Bank beordert deshalb auch Torwart Mark Flekken nach vorne. Der Sieg soll notfalls erzwungen werden. Es geht aber schief. Der Freistoß verpufft und Leverkusen nutzt im Gegenzug die besondere Situation und trifft aus großer Distanz ins verlassene Freiburger Tor. 2:1, Abpfiff. In diesem Herzschlagfinale des SC haben die Freiburger zwar das Spiel verloren, ob Unentschieden oder Niederlage – für die Tabelle hat das an diesem Tag keine Bedeutung. Den späten Gegentreffer konnten die Freiburger also tabellarisch schadlos wegstecken. Sie beenden die Bundesligasaison als Tabellensechster. Zum zweiten Mal in 14 Jahren Europa League erreicht der SC die Gruppenphase dieses Wettbewerbs. Zwischen September und November wird die Freiburger Mannschaft sechs internationale Pflichtspiele bestreiten. Das ist großartig! Glückwunsch! Und nun alle Konzentration auf das Pokalfinale – damit diese Saison tatsächlich unvergesslich wird!

 

Das Nachspiel

Mit gemischten Gefühlen beobachte ich die Rudi-Jubelarien auf dem Platz und sehe enttäuschte Freiburger Jungs. Die sollten das schnell wegstecken denke ich. Europa League Gruppenphase – das DFB-Pokalfinale, das sind doch fantastische Aussichten. Ich gehe runter ins Pressezentrum, gönne mir eine Tasse Milchkaffee und ein kleines Stück Pflaumenkuchen. Mit den Kollegen tausche ich mich über ein Gerücht aus, das mir zu Ohren gekommen ist, das ich aber kaum glauben kann. Der Basler Embolo, bei Borussia Mönchengladbach unter Vertrag, könnte zum Sport-Club kommen, heißt es. Keine Ahnung, wie heiß das Gerücht ist, vielleicht ja auch nur heiße Luft. Der Informant war aber eher seriös. Die Kollegen wissen von nichts, können es sich kaum vorstellen, allenfalls wegen der Nähe Freiburgs zu Embolos Heimat, dem Großraum Basel. Abwarten.

Irgendwann kommen die Trainer, geben ihre Statements ab und ich schnappe mir, bevor er wieder verschwinden kann, Christian Streich zum Audio-Interview. Ich gratuliere ihm zur Euro-League und bedanke mich für eine der besten Saisons, die ich in 28 Jahren an der Seite des Sport-Clubs begleiten durfte. Das ganze Gespräch finden interessierte Leser auf der HP  www.baden.fm, aals Link unter dem geschrieben Text über das Spiel in Leverkusen. Dann steige ich in den neuen baden.fm-Corolla und fahre in mein Landhotel im Westerwald. Die Bundesliga-Saison ist zu Ende. Die Fußballsaison freilich noch nicht - da kommt noch etwas gigantisch Großes auf uns zu...