34. Spieltag der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen 1. FC Nürnberg

Samstag, 17. Mai 2019, 15.30 Uhr

Schwarzwald-Stadion, Freiburg

SC Freiburg - 1. FC Nürnberg

Das Vorspiel

Wenn der Sport-Club morgen Nachmittag gegen den 1. FC Nürnberg gewinnt, hat er 36 Punkte auf dem Konto – exakt so viel wie im letzten Jahr nach Abschluss der Saison. Was war das 2018 für ein Freudenfest.

Obwohl der Klassenerhalt bereits drei Spieltage vor Saisonabschluss feststand, obwohl die Punktausbeute womöglich genauso gut sein wird wie im Vorjahr und obwohl die Mannschaft der aktuellen Saison fußballerisch mehr Glanz versprühte und über mehr Talent verfügt als ihre Vorgängerin, wirkt die Serie von acht sieglosen Spielen und vor allem der unerwartet schwache Auftritt in Hannover ein wenig als Stimmungskiller.

Wird das der Mannschaft und ihrer Saison gerecht? Der Mannschaft, die das Alleinstellungsmerkmal hat, von den übergroßen Bayern in zwei Versuchen nicht einmal geschlagen worden zu sein, der Mannschaft, die in Wolfsburg siegte, Gladbach und Leipzig im Schwarzwald-Stadion distanzierte und in manchem heißen Spiel, etwa in Bremen und Leipzig mehr verdient gehabt hätte als mit leeren Händen dazustehen? Wird das der Mannschaft gerecht, die in der Hinrunde 21 Punkte sammelte, bevor sie vom Verletzungspech gebeutelt wurde und zudem einmal mehr mit diesen ärgerlichen, den größeren Namen gewogenen Schiedsrichterentscheidungen zu kämpfen hatte?

Ich denke nicht.

Die Mannschaft, ihr Trainerteam, der Klassenerhalt und die nach wie vor blitzsaubere und angenehme Vereinsphilosophie des SC Freiburg verdienen am letzten Spieltag ein Fest; ein Freudenfest!

Ich weiß, dass die Mannschaft vor Ehrgeiz brennt, den Fans gegen Nürnberg noch einmal einen Sieg zu schenken. Andererseits ist der Club zwar abgestiegen aber auch nur, weil er drei Elfmeter vergeigt hat und so sechs Punkte verschenkt wurden. Sonst sähe die fränkische Fußballwelt morgen anders aus. Reichen die „Körner“ der Freiburger, um so einer Mannschaft wie Nürnberg Paroli bieten und sie schlagen zu können?

Christian Streich und seine Mitstreiter vom Trainerteam haben die Jungs akribisch auf den letzten Spieltag und den letzten Gegner vorbereitet. Der kolossale „Fehltritt“ von Hannover hat alle genervt. Jeder einzelne will morgen etwas gut machen.  Das kann funktionieren, es ist aber auch möglich, dass der Tank tatsächlich einfach leer ist und Nürnberg – statistisch der „Lieblingsgegner“ des SC Freiburg – im Schwarzwald-Stadion überrascht. Dann sind sie wieder gefragt... die „Zusammenhalter“ und all jene, die über den berühmten Tellerrand hinausschauen und nicht nur von Samstagmittag bis Samstagabend denken. Ich zähle mich dazu und ich weiß diese Saison, die morgen zu Ende geht, schon heute zu schätzen; ob mit 33, 34 oder 36 Punkten in der Endabrechnnung – der SC bleibt oben, spielt auch im nächsten Jahr, dem mutmaßlich letzten im Stadion an der Schwarzwaldstraße, in der Fußball-Bundesliga. Das ist grandios.

Ich werde morgen feiern! Erst am Mikrofon und später dann bei Post Jahn...

Vielleicht feiere ich auch schon heute Abend etwas... Heute, also am Freitag, 17. Mai, um 18.30 Uhr kickt die U11 des FC Bad Krozingen und streckt die Hand aus nach dem Staffelsieg...

Gegner im Derby ist die U11 der SpVgg. Bollschweil-Sölden aus dem oberen Tabellenmittelfeld. Bei einem Sieg ist die Truppe vom FCK, in der auch mein Sohn Ben spielt, nicht mehr aufzuhalten, obwohl die Jungs in einer Wocher, am letzten Spieltag, spielfrei sind. Schon im Herbst war die U11 des FCK Staffelsieger. Im Frühjahr sind die Staffeln aber anspruchsvoller zusammengestellt, da dann die erfolgreichsten Mannschaften aus dem Herbst in den Staffeln zusammengefasst werden.

Die mögliche Meisterfeier ist eine Pizzaparty im Stadionrestaurant, gleich im Anschluss an das Spiel, wobei das Ganze natürlich als Saisonabschlussparty angesetzt ist. Diese könnte sich aber zur Meisterfeier mausern...

Und morgen dann das Fest im Schwarzwald-Stadion...

Ich übertrage das Spiel SC Freiburg gegen 1. FC Nürnberg morgen Nachmittag ab 15 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 944. SC-Livespiel)

 

 

Es war eine runde Sache – der gute Abschluss ist dem SC vollauf gelungen. Von Beginn an waren die Jungs gegen den 1. FC Nürnberg hellwach, sehr konzentriert und zielstrebig. Schon in der 7. Minute durfte gejubelt werden: Waldschmidt, diesmal genauso in der Startelf wie „Edelreservist“ Terrazzino, passte in der Zentrale auf Letzteren und der sah sich kurz vor der Strafraumgrenze gegen vier Nürnberger Abwehrspieler. Jetzt gelang es Terrazzino sich mit ein, zwei Körpertäuschungen, den Ball sehr eng am Fuß, durch diese Kette zu „wurschteln“ und in Schussposition zu kommen. Aus etwa 18 Metern ließ er dem Nürnberger Keeper Mathenia keine Chance – unten links schlug es ein und die Stimmung im ausverkauften Schwarzwald-Stadion schlug erste Wellen.

In der 34. Minute bewies der Vorbereiter des 1:0, Luca Waldschmidt, dass er auch selbst glänzende Abschlussqualitäten hat. Von Petersen in Szene gesetzt, nahm der frühere Hamburger den Ball an und drosch ihn aus der Luft aufs Tor. Mathenia verschätzte sich bei dem Flatterball und ließ ihn passieren – 2:0, der Halbzeitstand.

Nach dem Wechsel gab der SC noch mehr Gas, wirkte noch zielstrebiger als vor der Pause. Ein Doppelschlag von Petersen (54. / 56. Minute) sorgte auf den Rängen endgültig für Glückseligkeit. War beim ersten Treffer des erfolgreichsten Freiburger Torjägers der Saison (10 Treffer) noch Glück im Spiel, weil ein Abwehrspieler den Schuss von der Strafraumgrenze unhaltbar für Mathenia abfälschte, war Petersens Seitfallzieher zum 4:0 ein Treffer der Marke „Tor des Monats“. Und noch immer war der Torhunger der Platzherren nicht gestillt. In der 62. Minute kickte Grifo den Ball aus spitzem Winkel ins lange Eck – 5:0.

Danach wurde es etwas ruhiger. Mit einem Distanzschuss bewies Nürnbergs Spieler Löwen in der 70. Minute, dass die Franken auch noch da waren.

Der nächste große emotionale Moment war in der 80. Minute gekommen, als Christian Streich der Halbjahres-Leihgabe Vincenzo Grifo durch seine Auswechselung die Möglichkeit zu einer individuellen Verabschiedung von den SC-Fans gab. Mit stehenden Ovationen bedankte sich die Kulisse für die Leistungen des Deutsch-Italieners aus Pforzheim in den wenigen Monaten seines Mitwirkens. Der Mann, der einst in Freiburg zum Bundesligastar reifte, dann aber in Mönchengladbach und Hoffenheim überwiegend glücklos blieb und mangels Einsatzmöglichkeiten im Kraichgau für die Rückrunde auf Leihbasis in seine Wohlfühloase Freiburg zurückgekehrt war, hat hier alle Erwartungen erfüllt und avancierte mehr denn je zum Liebling der Massen. Selbst ich erhob mich an meinem Arbeitsplatz auf der Pressetribüne zu Ehren von Grifo, dessen Rückkehr nach Hoffenheim als beschlossene Sache „verkauft“ wird, wobei ich noch immer Hoffnung hege, „Vince“ kommt – ähnlich wie einst Nils Petersen - irgendwie doch noch zurück zu seinem SC. Dass er möchte, stelle ich nicht in Frage – ob und zu welche Konditionen Hoffenheim ihn eventuell ziehen lässt, steht auf einem anderen Blatt. Alle Äußerungen, die zu diesem Thema von Offiziellen beider Seiten getroffen werden, halte ich zum jetzigen Zeitpunkt für „Pokern auf hohem Niveau“.

Im Spiel gegen Nürnberg war dann bald Schluss und Party…

 

Das Nachspiel

Während die Mannschaft auf dem Rasen ihre Ehrenrunden drehte, nahm ich mir die Zeit, meine komplette Technik abzustöpseln und zusammenzupacken, was ich sonst meistens erst nach der PK hinbekomme. Mit Sack und Pack fuhr ich im Lift runter zur Mixedzone, legte alles erstmal auf die Seite und wartete mit den Kollegen, die schon länger da standen auf Interviewpartner. Es dauerte noch ein bisschen, dann tauchte der Niederländer Marc Flekken auf. Freiburgs zweiter Torwart hatte gerade seine Bundesliga-Premiere erlebt, da er im letzten Saisonspiel an Stelle von Alexander Schwolow zwischen den Pfosten stehen durfte. Er hatte seine Sache gut gemacht und war entsprechend redselig. Der holländische Akzent ist witzig. Als zweiter Interviewpartner wurde uns Dominique Heintz zugeführt. Business as usual…

In der Pk gab es das übliche Interview mit Christian Streich, diesmal mit kurzem Saisonfazit, dann war die Spielzeit 18/19 Geschichte.

Ich fuhr mit dem Shuttlebus zum Presseparkplatz beim Schloss Ebnet, fuhr dann aber mit dem privaten Ford Kuga noch einmal zum Stadion zurück, fand einen Parkplatz und ging zum zum Dreisamblick, wo eine Mega-Fan-Party stattfand. Ich ging hinein, bestellte ein Cola-Weizen und schaute mir auf Großbild Ausschnitte von anderen Spielen an. Ich genoss meine Müdigkeit, das kühle Getränk, den Saisonabschluss. So richtig zur Ruhe kam ich allerdings, noch immer in voller Montur, mit hummel-Klamotten und baden.fm-Branding , nicht. Ein paar Dutzend Kurztalks und ein paar Selfies – die ich natürlich gerne mache – später kämpfte ich mich durch die Menschenmassen hindurch wieder nach draußen und beschloss nach Hause zu fahren, nicht ohne unterwegs noch ein bisschen Wein einzukaufen.

Am Sonntagvormittag schaute ich den Doppelpass, am Mittag ging ich ins Fitnessstudio, um selbst etwas zu trainieren und am Nachmittag gönnte ich mir Auf- und Abstiegskampf der zweiten Liga bei Sky. Auch wenn die Leistung in Dresden arg mäßig war und der SC Paderborn mit 1:3 verlor, freue ich mich, dass die Ostwestfalen den Aufstieg geschafft haben. Das garantiert mir nächste Saison eine Dienstreise in die Heimat.

Wenn in der Relegation jetzt noch Union Berlin den VfBäh weghaut, ist wirklich alles gut…

Am heutigen Montag war wieder Arbeitsalltag im WZO-Verlag angesagt. Meine Kolumne „SC INTEAM“ klingt in dieser Woche wie folgt:

 

SC INTEAM

Ende gut – alles gut? Im Grunde, ja! Eine Saison, die für den SC Freiburg mit dem Klassenerhalt in der Bundesliga  endet, ist immer als positiv zu bewerten. Dass durch den erfreulichen Auftritt am letzten Spieltag und durch das klare und verdiente 5:1 gegen den 1. FC Nürnberg  zudem ein positiver Schlusspunkt gesetzt wurde, der Mannschaft, Trainerteam und Fans in Feierlaune versetzte, sollte  jegliches Murren und die gedämpfte Stimmung, die nach acht sieglosen Spielen in Serie und dem ungewohnt schwachen Auftritt beim 0:3 in Hannover im Umfeld aufgekommen war, beenden.

Der Sport-Club sammelte in der Saison 2018/2019 insgesamt 36 Punkte. Das ist die gleiche Ausbeute wie im Vorjahr. Da die Mannschaft objektiv mehr Talent aufweist und besseren Fußball zu bieten im Stande war als ihre Vorgängerin, mag das Ergebnis überraschen. Dass mehr Qualität nicht zu mehr Punkten geführt hat, erklärt sich durch das große Verletzungspech, dass die Mannschaft die ganze Saison lang begleitete. Stammspieler und Leistungsträger wie Gulde, Koch, Kübler und Lienhart – alle vier sind Abwehrspieler – die Mittelfeldstrategen Abrashi,   Frantz, Höfler, Kath und Sallai sowie  die Stürmer Kleindienst, Niederlechner und Petersen fielen im Laufe der Saison unter die Kategorie „Langzeitverletzte“, mussten meistens nicht nur ein paar Wochen, sondern sogar einige Monate aussetzen. Erst beim Zusammenstellen der Liste, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, fällt auf, wie gravierend die personellen Ausfälle waren. Umso mehr verdient der Umstand Anerkennung, dass die Mannschaft während der gesamten Saison nicht ein einziges Mal ernsthaft in Abstiegsgefahr geraten ist. Höhepunkte waren fraglos – von den Leistungen und den Ergebnissen her – in chronologischer Reihenfolge der 3:1-Auswärtssieg in Wolfsburg, das 3:1 gegen Mönchengladbach und das 3:0 gegen Leipzig. Aus der Rückrunde bleiben die beiden 5:1-Kantersiege gegen Augsburg und Nürnberg in besonders guter Erinnerung. Klasse ist auch, dass es Rekordmeister Bayern München in zwei Versuchen (jeweils 1:1) nicht einmal gelungen ist, den SC Freiburg zu schlagen. Kein anderer Bundesligist ging in dieser Saison aus zwei Duellen mit den Bayern ungeschlagen hervor. Was am Ende hängen bleibt ist, dass bei weniger Verletzungspech vielleicht noch mehr möglich gewesen wäre als „nur“ Platz 13 und der Klassenerhalt. Zu einem einstelligen Tabellenplatz, wären allerdings 15 Punkte mehr nötig gewesen, insofern scheint es sinnvoller, sich über den Verbleib in der Bundesliga zu freuen, als sich über viele Verletzte und ein paar knapp verpasste Punkte zu grämen. Das Ziel für die neue Saison ist schon klar: Es lautet Klassenerhalt. Für Freiburg ist das stets wie ein Titelgewinn. (Zitatende)

 

Tja, liebe Gemeinde, das war es mal wieder für eine ganze Saison; oder fast. Wie im letzten Jahr habe ich noch einen „Bonustrack“ für die Tagebuchleser, denn – wie im letzten Jahr – werde ich am Mittwoch wieder im Rahmen eines Vortrags beim Rotary Club Bad Krozingen auf die zurückliegende Bundesligasaison zurückblicken. Was ich hier jetzt via „copy and paste“ vorveröffentliche ist noch nicht die Endversion meines Vortrags, aber es ist nahe dran.  Vielleicht gibt es ja auch von Seiten der Lesergemeinde noch einen Tipp oder einen inhaltlichen Korrekturhinweis…

Hier mein ganz frisches Werk:

 

Rotary Club Bad Krozingen

22. Mai 2019

Frank Rischmüller:

Die Lehren der 56. Saison der Fußball-Bundesliga

 

Der Fußball verändert sich und die Entwicklung wird immer rasanter. In den beiden Finals der Europäischen Clubwettbewerbe, UEFA Champions League und UEFA Europa League, stehen ausschließlich Clubs aus der englischen Premier League. Das ist die Liga, in der  am meisten Geld fließt, finanziert durch arabische Scheichtümer oder russische Oligarchen, freilich auch durch deutlich höhere Einnahmen aus Fernsehgeldern.

Scheichtümer und Oligarchen spielen in der Bundesliga noch keine Rolle, vor allem deshalb nicht, weil es hier die im vergangenen Jahr an dieser Stelle ausführlich vorgestellte „50 + 1“- Regel gibt, die besagt, dass unabhängig von der Höhe der Anteile, die Investoren an den vielfach aus den Clubs ausgegliederten Kapitalgesellschaften haben, 50 plus ein Prozent der Stimmrechte immer beim ursprünglichen e.V. verbleiben.

Sonst darf man halt in der Bundesliga nicht mitspielen, es sei denn, es gibt Ausnahmeregelungen, wie man sie zum Beispiel von Bayer Leverkusen und VfL Wolfsburg kennt, beides sind einhundertprozentige Konzerntöchter von Bayer bzw. VW. Und weil das seit vielen Jahrzehnten so ist, gibt es für sie diese Ausnahmeregelungen.

Besonders erfolgreich sind die konzerngesteuerten Bundesligateilnehmer aber bislang nicht. Anders ist das bei RB Leipzig, das von dem Konzern Red Bull gesteuert wird. Ich hatte im letzten Jahr bereits darauf hingewiesen, dass Leipzig die „50 + 1“-Regel umgeht, indem die Mitgliedschaft im e.V. besonders schwergemacht wird und praktisch nur Red-Bull-Führungsleute Mitglieder sind und dadurch natürlich ausschließlich im Konzerninteresse Entscheidungen gefunden und getroffen werden.

In diesem Jahr ist das erst seit 10 Jahren existierende, von Konzernmillionen alimentierte Kunstprodukt zur Nummer drei in Deutschland aufgestiegen.

RB Leipzig hat die Bundesligasaison hinter den Traditionsvereinen Bayern München und Borussia Dortmund als Dritter abgeschlossen und steht am Wochenende im Pokalfinale gegen den alten und neuen Deutschen Meister Bayern München. Wenn ich Bayern und BVB vorhin Traditionsvereine genannt habe, soll das aber auch nicht vernebeln, dass die ausgegliederten Profiabteilungen beider Vereine als Aktiengesellschaften unterwegs sind.

Die Romantik geht so ein bisschen verloren, wenn man das alles sieht und zum Beispiel dreistellige Millionensummen als Ablösepreise für einzelne Spitzenspieler wahrnimmt.

Wir beobachten also – auch in der Bundesliga – eine inflationäre Entwicklung bei Ablösesummen und mutmaßlich auch bei Gehältern.

Wir beobachten national, wie international, dass Geld halt doch Tore schießt…

Die mit Fantasiesummen aus Scheichtümern und von Oligarchen finanzierten Clubs der englischen Premier League dominieren in diesem Jahr die Europäischen Wettbewerbe. Auch in der Bundesliga reüssiert inzwischen auch der nicht von den klassischen Einnahmen aus TV-Geldern, Zuschauereinnahmen, Merchandising und Werbung  finanzierte Fußball; etwa ein Modell wie Leipzig mit vielen Millionen aus der Investorenschatulle.

 

Dass der SC Freiburg in diesem Haifischbecken des Großkaptals auch in diesem Jahr wieder als e.V. und mit der Prämisse, nicht mehr Geld auszugeben als man zuvor eingenommen hat, überlebt hat, erfüllt mich persönlich einmal mehr mit Freude und Befriedigung.  Zur sportlichen Bilanz des SC komme ich gleich, zuvor möchte ich aber noch auf andere Verschiebungen und Veränderungen im Welt- und im Bundesligafußball zu sprechen kommen. Es hat sich nämlich auch die Art und Weise verändert, Fußball zu spielen.

 

Von Ticki-Tacki zum schnellen Umschaltspiel

Vor einigen Jahren galt der vor allem von Spanien aus geprägte sogenannte Ticki-Tacki-Fußball als das Non-plus-ultra. Ticki-Tacki-Fußball meint ein dominantes, auf Ballbesitz ausgerichtetes Agieren, häufig mit sehr sehr vielen direkt gespielten Kurzpässen (ticki-tacki-ticki-tacki, ticki-tacki eben).

Der FC Barcelona unter Pep Guardiola und die spanische Nationalmannschaft, die seiner Zeit alle Titel einsammelte, waren Paradebeispiele für diese Spielweise, die dann auch in der Bundesliga eine Rolle spielte. Pep Guardiola, einer der Vordenker im Weltfußball, kam dann ja auch irgendwann zu Bayern. Inzwischen ist er bei Manchester City, dem Meister der mit Geld überschwemmten Premier League.

Besonders erfolgreich waren und sind solche auf Dominanzfußball ausgerichtete Mannschaften, die es zudem verstehen und verstanden haben, bei eventuellen Ballverlusten, sofort und unmittelbar umzuschalten, zu attackieren und sich den Ball zurückzuholen. 

Auf diese spezielle Besonderheit aufbauend, hat sich in der Folge ein Gegenmodell zum Dominanzfußball entwickelt:

Ich habe den Ball, werde kollektiv vom Gegner attackiert – gepresst, wie es neudeutsch heißt - und verliere eventuell den Ball. Jetzt geht es darum, sofort ins Gegenpressing zu kommen und den Ball zurückzuholen, während sich der Gegner übrigens gerade für seinen Angriff formiert.

Wenn mir das Gegenpressing gelingt und ich den Ball zurückerobere, ergeben sich gegen einen gerade offensiv formierten Gegner, Räume, die ich nutzen kann; durch schnelles Spiel, schnelle Pässe und schnelle Spieler, die die Situation gedanklich schnell erfassen und körperlich schnell umsetzen können.

Das ist das sogenannte schnelle Umschaltspiel – also zum Beispiel schnell umschalten bei Ballverlust, Ball zurückerobern und dann schnell umschalten und einen Konter fahren, wie man früher gesagt hätte, also in eventuell frei gewordene Räume vorstoßen und diese schnell überbrücken.

Wer das auf professioneller Ebene annähernd perfekt beherrscht, der kann sogar auf den extensiven Ballbesitz drumherum verzichten. Du überlässt dem Gegner den Ball und spezialisierst dich auf schnelles Umschaltspiel und hast trotzdem eine gute sportliche Chance.

Richtig ist:

Die beiden Mannschaften, die am meisten Ballbesitz haben in der Bundesliga sind Bayern München und Borussia Dortmund, die auch in der Tabelle auf Platz 1 und 2 stehen.

Aber schon der Dritte in der Tabelle, Leipzig, überlässt dem Gegner am liebsten den Ball und sucht vom Grundkonzept her seine Chancen über schnelles Umschaltspiel.

Auch viele andere Mannschaften sind auf dieses Rezept gestoßen und setzen es um.

Die beiden Mannschaften mit dem wenigsten Ballbesitz sind in der Saison 18/19 auch absolut nicht die Absteiger Hannover oder Nürnberg. Es sind Freiburg und Düsseldorf, denen jeder eine gute Saison assistieren würde und die mit vergleichsweise geringem finanziellen Aufwand arbeiten.

Das schnelle Umschaltspiel erlaubt kleineren „Nummern“ gegen größere „Nummern“ zu bestehen. Als Beispiel nenne ich jetzt einfach mal die beiden Remis, die der kleine SC Freiburg in dieser Saison gegen den großen FC Bayern erreicht hat.

Außer den ganz großen Topvereinen, die mit unfassbar viel fußballerischer Qualität ausgestattet sind, trauen sich nur wenige Teams an den dominanten Ballbesitzfußball heran.

Mit weniger Qualität im Kader als der jeweilige Gegner, kann eine taktisch hervorragend geschulte Mannschaft schließlich durch schnelles Umschaltspiel trotzdem erfolgreich sein.

An Wert gewonnen haben in Zeiten des schnellen Umschaltspiels übrigens Spieler mit hoher individueller Geschwindigkeit. Die sind gerade sehr, sehr gefragt auf dem Spielermarkt.

Ein kleines Beispiel: Neulich ging ein unbekannter Drittliga-Spieler namens Johannes Dörfler vom KFC Uerdingen als möglicher Neuzugang für den SC Freiburg oder auch für den SC Paderborn durch die Gerüchteküche. Ich habe mir dann mal die Werte angeschaut und gesehen, der ist noch sehr jung, ist  aber nicht mal Stammspieler bei Drittligist Uerdingen. Trotzdem: Alle Trainer, die sich öffentlich über den jungen Mann äußern, sagen: Der hat eine Riesenkarriere vor sich, der ist so dermaßen schnell…

Ich habe kürzlich Christian Streich gefragt, ob individuelle Geschwindigkeit aufgrund der Entwicklung des Fußballs an Bedeutung gewonnen habe und er hat es gerade heraus bestätigt. Wer richtig schnell ist, hat gerade richtig gute Karten im Spitzenfußball.

Ob Johannes Dörfler aus Uerdingen wirklich kommt, weiß ich aber nicht… Vermutlich wollen andere den dann ja auch und die meisten anderen in dem Konzert geben mehr Geld für Spieler aus, als der SC Freiburg.

 

Die Saison des SC Freiburg

Aber jetzt sind wir auch schon beim Sport-Club Freiburg, der – und das ist immer das allerwichtigste – sein Saisonziel, den Klassenerhalt, einmal mehr erreicht hat.

Der Sport-Club sammelte in der Saison 2018/2019 insgesamt 36 Punkte. Das ist die gleiche Ausbeute wie im Vorjahr. Da die Mannschaft objektiv mehr Talent aufweist und besseren Fußball zu bieten im Stande war als ihre Vorgängerin, mag das gleichlautende Ergebnis überraschen. Dass mehr Qualität nicht zu mehr Punkten geführt hat, erklärt sich durch das große Verletzungspech, dass die Mannschaft die ganze Saison lang begleitete.

Stammspieler und Leistungsträger wie Gulde, Koch, Kübler und Lienhart – alle vier sind Abwehrspieler – die fünf Mittelfeldstrategen Abrashi, Frantz, Höfler, Kath und Sallai sowie die drei Stürmer Kleindienst, Niederlechner und Petersen fielen im Laufe der Saison unter die Kategorie „Langzeitverletzte“, mussten meistens nicht nur ein paar Wochen, sondern sogar einige Monate aussetzen.

Erst beim Zusammenstellen der Liste, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, ist mir aufgefallen, wie gravierend die personellen Ausfälle in der Tat waren. Umso mehr verdient der Umstand Anerkennung, dass die Mannschaft während der gesamten Saison nicht ein einziges Mal ernsthaft in Abstiegsgefahr geraten ist.

Höhepunkte waren fraglos – von den Leistungen und von den Ergebnissen her – in chronologischer Reihenfolge der 3:1-Auswärtssieg in Wolfsburg, das 3:1 daheim gegen Mönchengladbach und das 3:0 gegen Leipzig. Aus der Rückrunde bleiben die beiden 5:1-Kantersiege gegen Augsburg und Nürnberg in besonders guter Erinnerung.

Klasse ist auch, dass es Rekordmeister Bayern München in zwei Versuchen (jeweils 1:1) nicht einmal gelungen ist, den SC Freiburg zu schlagen. Kein anderer Bundesligist ist in dieser Saison aus zwei Duellen mit den Bayern gänzlich ungeschlagen hervorgegangen. Nur der SC Freiburg.

Was am Ende hängen bleibt ist, dass bei weniger Verletzungspech vielleicht noch mehr möglich gewesen wäre als „nur“ Platz 13 und der Klassenerhalt.

Zu einem einstelligen Tabellenplatz, wären allerdings 15 Punkte mehr nötig gewesen. Das ist viel. Um sich für einen europäischen Wettbewerb zu qualifizieren hätte es 18 bzw. 19 Punkte mehr bedurft. Das wäre auch in Bestbesetzung schwer geworden.

 insofern scheint es sinnvoller, sich über den Verbleib in der Bundesliga zu freuen, als sich über viele Verletzte und ein paar knapp verpasste Punkte zu grämen.

Das ganz große Ziel des SC Freiburg ist es nun, den Klassenerhalt auch in der nächsten Saison zu schaffen, denn das erste Spiel der übernächsten Saison soll dann im neuen Stadion stattfinden.

Zwischen Messe, Flugplatz, Uni und dem Wohngebiet Wolfswinkel wird seit einigen Wochen bereits gebaut. (Bild 1 und 2)

 Bislang ist alles im Zeitplan und auch von Gericht droht voraussichtlich kein Ungemach mehr. Die Flieger vom Flugplatz, die das Stadion ablehnen, haben ihre Klage zurückgezogen, ein Eilantrag einiger Stadiongegner aus dem Wohngebiet Wolfswinkel, die einen Baustopp erreichen wollten,  wurde letzte Woche vom Verwaltungsgericht abgewiesen.

Jetzt steigt bei den Verantwortlichen und den Fans die Vorfreude. (Bild 3)

Die Eckdaten des neuen Stadions:

34.700 Plätze  (Bild 4)

20.000 Sitzplätze für SC-Fans  

10.800 Stehplätze für SC-Fans

130 Rollstuhlplätze in dem von drei Seiten her barrierefrei zu erreichenden Stadion  (Bild 5)

2.200 Sitzplätze für Gästefans  

1.300 Stehplätze für Gästefans   

Wichtig für die Finanzen:

Es gibt drei Dutzend Logen und großzügige Hospitalitybereiche für Businesskunden, sprich für die die ganz großen, die großen und die mittleren Sponsoren. (Bild 6)

Logen und Business-Bereich im Stadion, das ist die Mehreinnahmemöglichkeit auf die man ganz besonders schaut und die noch deutlich lukrativer ist als die reine Erhöhung der Kapazität. (Bild 7 und 8)

------- Film -------

 

Trotzdem wird das neue Stadion aus dem kleinen Bundesligisten SC Freiburg nicht den großen Bundesligisten SC Freiburg machen. Konkurrenten auf Augenhöhe, wie der FC Augsburg oder Mainz 05 haben diesen Schritt ja längst vollzogen und spielen seit ein paar Jahren in modernen Stadien – letztlich geht es also darum, nicht von den anderen Kleinen, wie Mainz, Augsburg und ähnlichen Kalibern auch noch abgehängt zu werden.

Fast jedes Spiel in der Bundesliga mit Freiburger Beteiligung wird auch künftig ein David-gegen-Goliath-Spiel sein; jede Saison ist ein „Ritt auf der Rasierklinge“, wie Trainer Christian Streich es neulich formuliert hat, als der SC, mit ein paar Prozent weniger Input, gegen Absteiger Hannover sang- und klanglos mit 0:3 verloren hatte.

Eine neue Runde wartet ab August, das Saisonziel wird wieder heißen: Klassenerhalt. Alles andere wäre aufgrund der Rahmenbedingungen illusorisch. Das Erreichen eines internationalen Wettbewerbs, wie schon drei Mal erlebt, war jeweils ein „Unfall nach oben“. Planbar ist das in Freiburg nach meiner Überzeugung nicht.

Meine persönliche Perspektive: Eine Saison ohne Abstiegskampf und mit dem sicheren Klassenerhalt in der Saison 19/20. Dann  gibt ein neues Stadion in der Saison 20/21 – in der ich dann, wenn ich gesund und munter bleibe – im neuen Zuhause des Clubs – bei baden.fm mein 1.000 Livespiel vom SC Freiburg übertragen würde.

 

Ist only soccer but I like it –

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

 

 

Pssssst, Tagebuchleser: Ich wünsche eine schöne Sommerpause!!!