4. Spieltag der Gruppe G der UEFA Europa League, FC Nantes gegen SC Freiburg

Donnerstag, 13. Oktober 2022, 18.45 Uhr *

Stade de la Beaujoire, Nantes *

FC Nantes - SC Freiburg *

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Abpfiff in Berlin. 2:2 unentschieden, kurzzeitig Tabellenführer, der SC spielt eine Ausnahme-Saison. Wir müssen uns hüten, über ein Auswärts- Remis in Berlin enttäuscht zu sein, denke ich bei mir und mache mir Gedanken, ob ich meine Technik abbaue, im neuen kleinen Rollkoffer verpacke und mitnimmt nehme oder ob ich alles so liegen lasse, wie es ist, um keine Zeit zu verlieren, zumal die Wege für Journalisten im Berliner Olympiastadion sehr weit und zeitraubend sind. Ich entschließe mich, die Technik erstmal an Ort und Stelle zu lassen und in die weit entfernt liegende Mixedzone zu eilen. Genau das ist der Moment, in dem ich völlig vergesse, dass ich noch die Analyse mit der Spielerbewertung live in der Bundesligashow zu machen habe, bevor ich die Interviews einfange. Ich renne also los und als Benny Resetz mich wenig später anmoderiert, kommt nichts. Man ist mir das peinlich…

Ich bin derweil unterwegs: Runter von der Pressetribüne auf den Aussenring. dort rechts halten, bis zum von einem Ordner bewachten Eingang zur „Pressetreppe“. Dann heißt es Treppen steigen. - immer tiefer in den Keller… ich komme am Niveau des Pressekonferenzraumes vorbei, frage kurz nach der Mixedzone und bekomme gedeutet: „Ganz nach unten“. Also weiter Treppen steigen, bis es nicht weiter runter geht. jetzt ist ein Presse-Tunnel ausgeschildert, eine Art Graben zwischen Spielfeld und Haupttribüne. Ich eile weiter und komme schließlich in der Mixedzone an, gerade früh genug, um noch Torwart Mark Flekken und Kapitän Christian Günter für ein Interview abzugreifen. Zwischen den beiden Talks fällt mir die Sache mit dem Analyse-Take ein, den ich vergessen hatte, der mich aber auch zu spät zur Mixedzone hätte kommen lassen. Ich will Benny informieren, sehe aber, dass er mir schon geschrieben hat: „Ist was passiert? Ist alles in Ordnung?“ er machte sich Sorgen… wie nett. Schnell informierte ich ihn über meinen Fauxpas, versprach ihm aber zeitnah zwei Interviews. als die im Kasten sind, schicke ich sie per E-Mail raus und Benny baut sie als anzuklickende Audio-Interviews in seinen Nachbericht auf der HP www.baden.fm ein. Dann steige ich die Treppen wieder hoch, bis zur PK-Ebene und stelle etwas verwundert fest, dass ich scheinbar der einzige mitgereiste Journalist aus Freiburg bin.

Nach der PK bitte ich Lars Vossler zum Interview und dann ist Feierabend.

Während ich die Anspannung der letzten Stunden verliere, gewissermaßen abschüttele, mache ich mir Gedanken, wie es passieren konnte, dass ich meine letzte Liveschalte vergessen konnte?

Was mich beruhigt: Ohne diesen Umstand hätte ich die Interviews mit „Flecki“ und „Günni“ sicher nicht mehr einholen können. Insofern war der Plan, möglichst schnell loszulaufen, durchaus sinnvoll. Dass sich den Schlusstake dabei verschnarcht habe, schiebe ich jetzt mal auf die besonderen Umstände des Tages: Wecker um fünf Uhr in der Frühe, lange Zugreise, dann in Berlin, kaum angekommen, das Spiel der U23 gegen Rot-Weiß Essen auf dem iPad im Stream von MagentaSport verfolgt und in ein paar Kurzeinblendungen, konkret: rückblickende frei gesprochene Nachrichtenaufsager, bei Baden.fm rausgehauen, sprich, über das Spiel, das überraschend 0:3 verloren ging, berichtet. Kaum war der Schlussbericht über den Sender gegangen, da saß ich schon im Taxi zum Olympiastadion. Kurz: Da war auch eine Menge Stress im Spiel…

Ich packte mein leuchtend grünes Köfferchen - die Alternative wäre rosa gewesen - und suchte den Ausgang… Problem: Die meisten Gittertore der Tribünenausgänge waren bereits zugezogen… erst beim dritten Versuch, sprich beim dritten Mal treppawärts… finde ich einen offenen Spalt im Gitter. Das wäre es noch, in diesem alten Nazi-Bau über Nacht eingeschlossen zu werden, denke ich und halte dann, nach Verlassen des Stadiongeländes Ausschau nach einem Taxi. Erst sehe ich keines, dann kommt aber eine freie Droschke, die mich, mit Zwischenstopp an einem Bankomaten zurück zum IntercityHotel am Hauptbahnhof fährt.

Im Bahnhof hole ich mir noch eine türkische Pizza und drei eisgekühlte und fertig gemixte Dosen Gin-Tonic. Damit bewaffnet ziehe ich mich in meine Gemächer zurück, produziere noch einen „Einminüter“ fürs Frühprogramm von Baden.fm und widme mich ansonsten meinem Hör-Krimi. irgendwie reizte mich Fernsehen an diesem Sonntagabend nicht, trotz Kommissarin Lindholm… Stattdessen verfolge ich im Ergebnisticker, den 0:1-Sieg von Union Berlin in Stuttgart und bin irgendwann müde genug, um wegzudämmern… Schließlich ist um 5.30 Uhr schon wieder die Nacht vorbei…

Es ist Montag, 11.28 Uhr, der ICE aus Berlin rollt grade in den Hauptbahnhof von Mannheim ein. Seit Kassel etwa schreibe ich - erst meine Zeitungskolumne für den ReblandKurier, dann das Tagebuch.

Apropos Zeitungskolumne, hier kommt sie:

 

SC INTEAM

 Dass zu einem Auswärtsspiel des SC Freiburg in Berlin über 40.0000 Zuschauer pilgern, darunter 2.000 SC-Anhänger, gehört ebenso zur neuen Freiburger Fußball-Normalität wie der Umstand, dass ein 2:2 bei Hertha BSC  keine grenzenlose Zufriedenheit mehr auslöst. Der Hinweis, dass die Berliner am Sonntag  ihre beste Saisonleistung gezeigt haben und der SC zum zehnten Mal  in Serie ungeschlagen geblieben ist, könnte zur richtigen Einordnung des 2:2  und der aktuellen Saisonphase hilfreich sein. Platz zwei nach neun Spieltagen ist ebenfalls außergewöhnlich. Wie nachhaltig der Freiburger Höhenflug  ist, muss sich noch zeigen. Unstrittig ist, dass die vier Neuzugänge Ginter, Doan, Kyereh und Gregoritsch das fußballerische Niveau des SC Freiburg  deutlich angehoben haben. Hinzu kommt,  dass  Kiliann Sildillia aus der Freiburger Fußballschule als rechter Verteidiger  etablierte Profis wie  Schmid und  Kübler verdrängt hat.  Somit ist die Hälfte der aktuellen Stammelf   neu. Mit dem Qualitätssprung hat sich der SC  vom ewigen Abstiegskandidaten zu einem - womöglich dauerhaften - Aspiranten für die europäischen Wettbewerbe entwickelt.  Zumal mit Platz sechs das internationale Parkett bekanntlich schon im vergangenen Jahr erreicht wurde.  Nach drei Siegen in drei Spielen der UEFA Europa League, kickt der Tabellenführer der Gruppe G am morgigen Donnerstag, 13. Oktober, um 18.45 Uhr beim FC Nantes (live bei RTL+ und baden.fm). Durch einen Erfolg im äußersten Westen  Frankreichs könnte der SC sicherstellen,  auch Anfang 2023 noch auf internationalem Parkett dabei zu sein. Zwar erreicht nur der Gruppensieger das Achtelfinale der Europa League,   durch einen Erfolg am Donnerstag könnte aber Platz zwei und damit die  Zwischenrunde, mit einem Spiel gegen einen der Gruppendritten der Champions League, vorzeitig fix gemacht werden.  Nantes und Piräus wären dann nicht mehr in der Lage, den SC in der Tabelle zu überholen. Schon bei einem Unentschieden wäre das erstmalige  „Überwintern in Europa“ gesichert, da auch die jeweiligen Dritten der Europa-League-Gruppen im internationalen Wettbewerb bleiben und 2023 in der UEFA Conference League weitermachen dürfen. Primärziel ist natürlich der Gruppensieg - es wäre ein Ereignis für die Geschichtsbücher des Freiburger Sports.  (Zitatende)

 

Die nächste Dienstreise steht also schon wieder ins Haus: Am Mittwoch klingelt der Wecker im Hause Rischmüller bereits um 4.30 Uhr. das erinnert an alte Morningshow-Zeiten. In den Jahren als ich die Morning-Show „Hallo Wach!?“ bei FR 1 beziehungsweise nach der Umbenennung bei Antenne Südbaden, dem heutigen Baden.fm, moderiert habe, Ende der Neunziger, Anfang der 2000er Jahre, musste ich stets um 4 Uhr aufstehen. Lang, lang ist es her. jetzt also um 4.30 Uhr, denn um 5 Uhr holt mich mein Freund und Kollege Andreas ab, um mit mir zum EuroAirport Basel-Mulhouse-Freiburg zu fahren. Der Dritte im Bunde ist Uwe, der mich schon nach Piräus begleitet hatte. Wir fahren gemeinsam zum Airport, uwe fliegt aber etwas später als wir, weil er auch später und eine etwas teurere Flugverbindung gebucht hat. Immerhin fliegt Uwe, was logischer erscheint, mit Zwischenlandung in Paris. Andreas und ich fliegen, weil es preislich einfach viel billiger war, zunächst nach Edinburgh…. Da haben wir dann drei Stunden Aufenthalt und dann gehts weiter nach Nantes - in etwa zeitgleich mit Uwe, in der Mittagszeit, treffen wir dann an unserem gemeinsamen Hotel, fußläufig zehn Minuten vom Stadion La Beaujoire entfernt, ein. Ich glaube, danach werde ich erstmal ausschlafen…

Für 18.30 Uhr ist eine Pressekonferenz des SC im Stadion des FC Nantes angesetzt. Bei dieser Gelegenheit werde ich, ähnlich wie schon in Piräus, meine beziehungsweise die örtliche Technik checken. Ein bis zwei Interviews sind angefragt, also Trainer und/oder Spieler, beides für das aktuelle Abendprogramm von Baden.fm, für die Veröffentlichung auf der Homepage des Senders und als O-Ton-Material für die Nachrichten am Donnerstag, dem klassischen Europa-League-Spieltag.

Der FC Nantes befindet sich nach wie vor in einer sportlichen Abwärtsspirale. Am Sonntag, als der SC in Berlin unentschieden spielte, verlor der FCN das französische West-Derby in Rennes sang- und klanglos mit 3:0. die West-Franzosen werden jetzt auf eine Wende im eigenen Stadion hoffen, wo sie vor einigen Wochen, beim Last-Minute-Sieg (2:1) gegen Olympiakos Piräus, ihr letztes Erfolgserlebnis hatten.

Der SC hat am Donnerstag eine historische Chance. Mit dem vierten Sieg im vierten Spiel der Europa League Saison könnte der Sport-Club nicht nur dem Ziel Achtelfinale erheblich näher kommen, das „Überwintern in Europa“, das es in Freiburg bekanntlich noch nie gegeben hat, könnte schon eingetütet werden.

Zu Übermut besteht freilich kein Grund, ist der Gegner FC Nantes doch im eigenen Stadion „La Beaujoire“ eine andere „Nummer“ als derzeit auf des Gegners Platz. Andererseits: Auch Bangemachen gilt nicht; Die vielen Spiele haben beide Kontrahenten in den Knochen - es wird schlicht um Qualität, Konzentration und Tagesform gehen. Ich freue mich auf das nächste internationale Abenteuer auf den Spuren des SC…

Ich kommentiere das Europa League Gruppenspiel der Gruppe G, FC Nantes - SC Freiburg am Donnerstag ab 18 Uhr bei baden.fm.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.068. SC-Livespiel am Radiomikrofon)

Die Fülle an Spielen und Reisen sowie einige technische Einschränkungen bei den Reisen – so ging etwa mein iPad auf der Rückreise von Berlin im ICE verloren – bin ich rein tagebuchtechnisch etwas ins Hintertreffen, sprich in zeitlichen Verzug geraten. Ich bitte um Verständnis…

Rückblende:  In Nantes trat der Sport-Club einmal mehr mit der zuletzt häufig praktizierten 4-2-3-1-Formation, aber mit vier personellen Änderungen in der Startelf an: Hinten rechts verteidigte Lukas Kübler für den französischen Youngster Kiliann Sildillia, dem ebenso eine Pause gegönnt wurde wie Maximilian Eggestein im defensiven zentralen Mittelfeld.  Der zuletzt so überragend auftretenden Daniel-Kofi Kyereh hatte amit muskulären Problemen zu kämpfen stand für das Europa League Spiel in Nantes gar nicht im Kader. Für den ghanaischen Nationalspieler spielte der südkoreanische Internationale im Team, Wooyeong Jeong, von Beginn an als „Neuneinhalber“, also als eine Art hängende Spitze, hinter dem Stoßstürmer ganz vorne, den in Westfrankreich zu Beginn des Spiels Nils Petersen geben durfte.

Mit diesen vier Änderungen im Team tat sich der SC anfangs etwas schwer, dem Gegner Einhalt zu gebieten, der erkennbar gewillt war, seine Negativ-Serie zu beenden und vor eigenem Publikum die Wende zu schaffen. Nantes spielte mit der „ersten Kapelle“ und verzichtete im Spiel gegen den SC auf die von einigen wenigen Fans in den sozialen Netzwerken angeregte Priorisierung des Abstiegskampfes in der Ligue 1, zumal am darauffolgenden Sonntag das Kellerduell gegen den Tabellenletzten Brest anstand.

Nantes wollte es also wissen und spielte höchst engagiert, wenngleich der SC in seiner Spielanlage auch in der Anfangsphase schon reifer und abgeklärter, irgendwie „erwachsener“ wirkte als die Gastgeber.

Bei Standards kann natürlich immer mal etwas „anbrennen“ und das war in der 12. Minute der Fall. Nach einem Eckball von der rechten Seite, setzt sich ex-Premier-League-Star Sissoko gegen Ginter durch und köpft aufs Tor. Glück für den Sport-Club, dass der Ball nur an die Querlatte und dann zurück ins Spielfeld prallt.

Obwohl es eigentlich ganz gut lief beim SC, war der FC Nantes zur Freude seiner temperamentvollen Fans in der ersten halben Stunde die weitaus torgefährlichere Mannschaft. In Minute 20 trafen die gelb gekleideten Franzosen schon wieder Alu: Außenverteidiger Corchia hatte von halbrechts aus etwa 18 Metern einfach mal draufgehalten und den rechten Pfosten getroffen. Nantes verspürte Rückenwind und ich spürte, dass ein Gegentreffer in dieser Phase dem Spiel eine unangenehme Richtung geben würde. Die Richtung gab dann aber doch der Sport-Club vor: In der 26. Minute flankte Kapitän Christian Günter von der linken Seite scharf vors Tor der Platzherren – Jung-Nationaltorwart und FCN-Kapitän Lafond ließ den Ball nach vorne abklatschen und Sekundenbruchteile später lag der SC in Führung: Lukas Kübler antizipierte die Situation am schnellsten, rannte dem Ball entschlossen entgegen und knallte ihn von der Strafraumgrenze einem Strahl gleich ins Dreieck oder zumindest in Richtung Dreieck. Der Ball war so platziert und so scharf geschossen , dass Lafont keine Abwehrchance hatte. Fortan hatte der SC das Spiel irgendwie im Griff. Unmittelbar vor der Pause hatte „Litz“ Doan die Vorentscheidung auf dem Fuß, als Vincenzo Grifo ihn mit einem Steilpass bediente und der Japaner alleine auf Torwart Lafont zulief. Statt den Keeper angesichts seines hohen Tempos einfach zu umspielen, sprich zu überlaufen, versuchte „Litz“ den Keeper zu tunneln, was dieser im letzten Moment bemerkte, den angebotenen Tunnel zumachte und so den Ball mit dem Knie abwehren konnte. Halbzeitstand: 0:1.

Ich genoss in der Pause die Vorzüge des französischen Journalistencaterings, das sich im Vergleich zu den besten Verpflegungserfahrungen aus der Bundesliga durch die dargebotene Käseplatte mit frischem Baguette und dem dazu angebotenen Rotwein unterschied. C’était excélent!

Das Spiel in Nantes stand auf hohem Niveau – nach anfänglichen Vorteilen für die Franzosen war der SC immer besser in die Partie hineingekommen und hatte sie schließlich ab dem Führungstreffer durch Kübler dominiert.

Nach der Pause gab es eine eindrucksvolle Drangperiode der Gastgeber, die mächtig Druck erzeugten, letztlich aber zu keinen wirklich aussichtsreichen Abschlüssen kamen. Nach einer Viertelstunde beruhigte sich die Szenerie rund um den Freiburger Strafraum wieder. Der SC ging wieder zum Angriff über: In der 64. Minute gelingt Christian Günter ein genialer Pass auf Nicolas Höfler, der aus acht Metern aufs Tor schießen kann – Girotto klärt kurz bevor der Ball die Torlinie überqueren kann. Dann wird gewechselt: Kevin Schade und Michael Gregoritsch kommen für Vincenzo Grifo und den fleißigen aber letztlich wirkungslosen Nils Petersen. Schon wenige Minuten später „klingelt“ es im Kasten der Franzosen: Christian Günter, in Nantes einer der auffälligsten Freiburger, nutzt den freien Raum auf der linken Seite und bedient Wooyeong Jeong im Strafraum mit einer Flanke. Der Südkoreaner, der nach anfänglichen Problemen immer besser in die Partie gekommen war und nun zu den Besten zählte, legte den Ball per Kopf vor die Füße von Michael Gregoritsch und der österreichische Nationalstürmer bleibt eiskalt und verwandelt aus der Drehung zum 0:2 (71.).

Doch damit nicht genug: Nachdem mit Noah Weißhaupt für „Litz“ Doan und Maximilian Eggestein für Yanik Keitel zwei weitere Wechsel vollzogen waren, ärgerte der nun dominante SC den Gegner weiter, dass es eine Freude war. Auch Nantes wechselt, unter anderem kommt in der 80. Minute Verteidiger Castelletto neu aufs Feld. Als der zwei Minuten später mit dem Ball am Fuß ins Straucheln kommt, reagiert Kevin Schade am schnellsten und angelt sich den Ball. Etwas verzögert schießt das Freiburger Talent aus etwas 16 Metern aufs Tor, Unglücksrabe Castelletto bekommt noch den Fuß in die Flugbahn des Balles und lenkt ihn, unhaltbar für Lafont, ins untere linke Eck. Für mich ein Treffer von Kevin Schade, offiziell wird das Tor aber wohl als Eigentor gewertet, obwohl es ein abgefälschter Schuss war. Das 0:3 fiel offiziell in der 82. Spielminute.

Die Moral der Franzosen war nun am Boden und auch die Konzentration. In der 87. Minute erobert Wooyeong Jeong im Mittelfeld einen Ball im Offensivpressing, bedient Michael Gregoritsch und der Schütze des zweiten Freiburger Tores schießt drauf – so stark und platziert, dass Torhüter Lafont den Ball wieder nur abwehren kann und – einmal mehr – nach vorne abklatschen lässt. Wooyeong Jeong war mitgelaufen, staubt ab und kommt so zu seinem ersten Europa-League-Tor. 0:4 – der (zweifellos etwas zu hohe) Endstand; dass der Sieg des SC Freiburg verdient war, steht aber außer Frage.

Das Nachspiel

In der Mixedone geht es relativ eng zu. Weshalb ich mich entschließe, nach einem kurzen Talk mit Nicolas Höfler, weitere Spielerinterviews erst nach der PK mit Christian Streich einzusammeln. Da kam auch schon das Signal, die deutsche PK ginge gleich los. Ich eile in den PK-Raum, verfolge die PK mit einem total sympathischen, fachlich aber leicht überforderten Dolmetscher und verständige mich dann mit Sascha Glunk darauf, den Trainer noch im Presseraum zu interviewen, um etwas mehr Ruhe zu haben als in der turbulenten Mixedzone. Nach der zweiten Frage missfällt das offenbar den französischen Kollegen oder wem auch immer, in jedem Fall kommt der Dolmetscher und bittet uns mitten im Talk, das Feld zu räumen. Ich erkläre das während der laufenden Aufnahme nach dem Motto „live is live“ und rede in einem Flur neben dem PK-Raum mit Streich weiter. Der Trainer gibt mir ausführlich Auskunft. Als wir fertig sind, stellten wir beide fest, dass die PK von Christian Streichs französischem Kollegen Antoine Kombouaré noch immer nicht begonnen hat. Warum wir also Minuten vorher schon aus dem Presseraum gewiesen wurden, erschließt sich mir nicht wirklich…  Vielleicht der Frust ob der klaren Niederlage…

Ich begebe mich in die Mixedzone und bekomme noch Interviews mit Philipp Lienhart und dem Premieren-Torschützen Lukas Kübler. Wooyeong Jeong, der ja fließend deutsch spricht, will sich nicht äußern, winkt einfach nur ab – ohne Erklärung. Schade eigentlich.

Dann ist der Job, soweit es das Stadion betrifft, erledigt. Ich suche meine Begleiter und bekomme per Whatsapp Nachricht, dass sie mit französischen Fans in einem Fressgässle am „fraternisieren“ sind. Ich finde zwar das Fressgässle, nicht aber meine gut gelaunten Mitreisenden. Da ich noch diverse Aufnahmen im Hotel zu realisieren habe, einigen wir uns fernmündlich, dass ich schon einmal fahre und sie noch bleiben. Per Smartphone ordere ich einen Uber-Fahrer heran und lasse mich für elf Euro zum Hotel chauffieren. Hier arbeite ich bis gegen Mitternacht, es geht um den Nachbericht für die Morningshow, den Vorbericht zum Bayern-Spiel, der am  Samstag laufen soll, genauso wie der Vorbericht zum Spiel der U23 gegen Mannheim – dann beeile ich mich, in den Schlaf zu finden, denn für 4.30 Uhr ist ein Uber-Fahrer für die Fahrt zum Flughafen bestellt. Um 4 Uhr summt mich der Smartphone-Wecker aus dem Schlaf. Duschen, Zähne putzen, anziehen, Köfferchen schließen und raus aus dem kleinen Studio. Am Eingangstor treffe ich Uwe, der genau wie ich, an der Rezeption den Schlüssel in den Briefkasten geschmissen hatte. Dumm: Wir wären gar nicht vom verschlossenen Parkplatz gekommen, wenn nicht drei oder vier SC-Fans, die in der selben Hotel-Anlage gebucht hatten, gerade vom Feiern aus der Stadt gekommen wären und die Tür mit ihrem Schlüssel von außen geöffnet hätten… Der Uber-Fahrer wartete schon. Pünktlich um 4.30 Uhr war auch Andreas zur Stelle und wir wurden zum kleinen aber sehr lebendigen Flughafen von Nantes gebracht. Nur gut, dass wir so früh waren, denn Schlange stehen ist angesagt. Es läuft aber alles glatt und mit dem geplanten Umstieg in Paris sind wir noch am Vormittag wieder in der Heimat. Nantes war eine Reise wert – in jeder Beziehung!