5. Spieltag der Fußball-Bundesliga, Eintracht Frankfurt gegen SC Freiburg

Sonntag, 24. September 2023, 17.30 Uhr *

Deutsche Bank Park, Frankfurt *

Eintracht Frankfurt - SC Freiburg *

Das Vorspiel

Tagebuchtechnisch sind Englische Wochen echter Stress... Aber ich erzähle es Euch, wie es ist: Sonntagmorgen, kurz vor elf in Bad Krozingen. Den baden.fm-Corolla habe ich nach der Flugreise via Zürich nach Piräus gleich behalten, um gleich zum Bundesligaspiel in Frankfurt zu fahren. Vermutlich wäre es gar nicht dumm gewesen, Piräus tatsächlich über den Flughafen Frankfurt abzuwickeln und so meinen Aufenthalt im warmen und sonnigen Griechenland noch etwas zu verlängern. Statt bei 30 Grad am Pool zu liegen, stand ich so gestern frierend im Nieselregen in Zähringen und habe verfolgt, wie die SG Freiburg Nord gegen die SG Markgräflerland mit meinem Filius Ben in der letzten Minute den 3:2-Siegestreffer erzielt hat. Da waren Ben und ich und alle anderen Krozinger in Zähringen erstmal bedient. 

Gestern Abend habe ich dann noch den Vorbericht für das Spiel der U23 , heute um 16.30 Uhr im Dreisamstadion, gegen Ingolstadt, mit O-Ton von Thomas Stamm, produziert und nach Freiburg gemailt - dann noch ein bisschen Netflix und gut war. Ich muss noch fehlenden  Schlaf aus Piräus nachholen, wo die Nächte ja -. bedingt durch die späte Anstoßzeit (22 Uhr) und andere kleine Besonderheiten zur Nachtschicht gerieten. Ich lege Euch in diesem Zusammenhang das sehr ausführliche Piräus-Tagebuch ans Herz.

Heute Morgen habe ich erstmal ausgeschlafen, dann gefrühstückt - ein zweites Käffchen aufm Sofa mit ein wenig Handy-Daddelei und dann war es auch schon Zeit, sich reisefertig für Frankfurt zu machen. Ich habe den Corolla beladen und vollgetankt und jetzt sitze ich in meinem Redaktionsbüro im WZO-Verlag und erzähle Euch das. Nein, so ausführlich wie auf den Piräus-Flügen hin und zurück, kann ich hier nicht werden - dazu fehlt mir die Zeit. Ich will gegen 14 Uhr im kultigen (oder auch heruntergekommenen - aber preiswerten) Hotel Angel im berüchtigten Frankfurter Bahnhofsviertel einchecken, auf dem iPad noch ein bisschen Fußball gucken und dann in aller Ruhe ins Stadion fahren. Die erstge Halbzeit des U23-Spiel gegen Inoglstadt werde ich mir zwar, ebenfalls auf dem iPad, aber schon im Deutsche Bank Park, anschauen - die aktuelle Berichterstattung für baden.fm übernimmt aber Benny im Studio - weil die Bundesligashow ja schon beginnt, wenn die Talente noch in der ersten Hälfte kicken. Man muss es ja nicht übertreiben. Ich konzentriere mich also kommentarmäßig ganz auf den Bundesliga-Kick der Profis bei der Eintracht.

Um die Bundesliga ging es auch im Schwerpunkt in meiner Zeitungskolumne vom vergangenen Mittwoch aus dem ReblandKurier. Da musste das Piräus-Spiel noch gespielt werden, deshalb nicht verunsichern lassen, wenn davon im Vorhinein die Rede ist. Im Wesentlichen geht es aber um die Bundesliga, da ich für die Europa League einen eigenen Kommentar geschrieben hatte. Hier also das klassische...

SC INTEAM

Die 2:4-Niederlage gegen Borussia Dortmund entsprach nicht dem tatsächlichen Kräfteverhältnis auf dem Platz. Nachdem Höler und Höfler die Dortmunder Führung noch vor der Pause „gedreht“ hatten, war der SC dem vorentscheidenden 3:1  sehr nahe, verpasste aber durch den ansonsten sehr starken Grifo eine gute Möglichkeit, das Spiel frühzeitig zu entscheiden. Nach dem Ausgleich des BVB sah es vor 35.000 Zuschauern im Europa-Park Stadion nach einem für die Gäste schmeichelhaften Remis aus, bis eine unnötige aber berechtigte Rote Karte gegen Höfler dem Spiel in der 83. Minute die entscheidende Wende gab. Weil Lienhart sich bei einem selbst verübten  Foul verletzt hatte und kurz behandelt wurde, musste der Innenverteidiger in der 88. Minute regelkonform erst kurz draußenbleiben. So standen elf Dortmunder gegen neun Freiburger auf dem Platz, als Reus die fällige Freistoßflanke ins Zentrum zirkelte, wo Schlotterbeck zum Kopfball kam und  der Ball  vor die Füße von Hummels fiel. Der Routinier stocherte ihn dann aus kurzer Distanz ins Netz – die Entscheidung. Dass Reus spät in der Nachspielzeit noch einen  Treffer drauflegte, hatte nur noch statistischen Wert. „Dieses Ergebnis trifft uns brutal“ fand  Christian Streich. Nicht nur der Trainer hatte einen leidenschaftlich kämpfenden und über weite Strecken gut spielenden SC gesehen, der für diesen Gesamtauftritt mindestens einen Punkt verdient gehabt hätte. Der Platzverweis war der Knackpunkt. Wieso Routinier Höfler sich, wie schon beim letzten Heimspiel der Vorsaison, zu einem unnötigen groben Foul im Mittelfeld hinreißen  ließ, das einen Platzverweis zur Folge hatte, muss intern besprochen und aufgearbeitet werden. Vor den beiden Auswärtsspielen, am Donnerstag  in der Europa League bei Olympiacos Piräus (siehe Kommentar auf der Seite  „Aus der Regio“) und in der Bundesliga am Sonntag um 17.30 Uhr  bei Eintracht Frankfurt (live bei DAZN und baden.fm), gilt es, nicht alleine das Ergebnis, sondern auch das Positive zu sehen.  Die gegen Dortmund gezeigte Leidenschaft und  auch die fußballerische Qualität machen den Fans  Hoffnung und geben dem Team in den bevorstehenden schweren Spielen Perspektiven, die auch wieder zählbaren Erfolg realistisch erscheinen lassen.  Geht es morgen in Piräus darum, dem aktuellen Spitzenreiter der griechischen Liga, der mit dem Team des Vorjahres nichts mehr gemein hat, Paroli zu bieten und mindestens einen Punkt abzuknöpfen, ist es nach den beiden Siegen zum Saisonstart und den dann erlittenen Niederlagen in Stuttgart und gegen Dortmund in der Bundesliga an der Zeit,  einen Abwärtstrend zu stoppen, bevor er als solcher auszumachen ist. Die Zeiten sind ernst, aber nicht hoffnungslos... (Zitatende)

Jetzt liegt also eine starke Leistung und eine unglückliche Niederlage genauso hinter uns, wie eine - bis auf ein paar Aussetzer - ansprechende Leistung und ein glücklicher Sieg in Piräus. Um in Frankfurt erfolgreich zu sein, muss über die Aussetzer gesprochen werden: Den Ballverlust von "Vince" am eigenen Fünfmeterraum, das Verschätzen von Atubolu beim Eckball von Piräus, der an die Latte klatschte, der verhungernde Rückpass von Schmidt, das Übersehen von Höler durch "Litz", als der SC eine "Hundertprozentige" verpasste, weil der Pass einfach nicht gespielt wird und das "Pennen" von "Vince" und Kenneth vor der Flanke, die zum 1:1 führen würde. Da gab und gibt es einiges aufzuarbeiten, um in Frankfurt nicht unter die Räder zu kommen. Nur gut, dass es in Piräus keine Punkte gekostet hat.

Schade, dass "Chico" - also ich schreibe ihn bewusst nur mit einem c - wegen seiner Sperre heute fehlt. In Piräus zählte unser Routinier zu den Besten im Team. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Höfler heute durch Röhl ersetzt wird. In Hoffenheim hatte das ja schon ganz gut geklappt. Eine Alternative wäre auch der wieder genesene Keitel. Ich tippe aber mal auf Merlin. Vermutlich wird Christian Streich, wie gegen Dortmund, auf eine Dreierkette zurückgreifen - Gulde dürfte ja wieder mitwirken. Also "Gintes", Lienhart und Gulde oder "Kübi" vor Atubolu hinten drin. Rechts Kiliann, links ... hm; mal gucken. Zentral jedenfalls Eggestein und Röhl.  Und  die drei vorne - vielleicht Grifo links, Höler zentral und Sallai rechts. Oder wird Philipp mit einem Startelfeinsatz belohnt? Doan könnte ein Opfer der Taktik mit einem Offensiven weniger werden. Oder Streich wählt den mutigen Weg mit offensiven Außenbahnspielern also Atubolu - Kübler, Ginter, Lienhart - Weißhaupt, Eggestein, Röhl, Sallai - Grifo, Höler, Doan oder Philipp. Das wäre auch eine mögliche Startelf.

Abwarten! Ich werde ab 17 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow Näheres kundtun. Denn jetzt steige ich in den baden.fm-Corolla, fahre nach Frankfurt und kommentiere das Bundesligaspiel Eintracht Frankfurt gegen SC Freiburg am 17 Uhr live bei baden.fm. Nach dem Spiel übernachte ich in der Main-Metropole und fahre dann am Montag direkt zur Arbeit in den WZO-Verlag. Das scheint mir entspannter, als am Abend noch zurückzugurken. Leute - der Papa ist 63...

Das Fußballspiel

(Mein 1.108. SC-Livespiel am Radiomikrofon)

Am Ende des Spiels stand das erste 0:0 der Bundesligasaison 2023/2024. Für den SC Freiburg waren Spiel und Ergebnis ein Schritt nach vorne, immerhin hatte es in der Bundesliga zuletzt in zwei Spielen neun Gegentore gegeben – diesmal brannte hinten nichts an; weil Noah Atubolu ein paar Mal fantastisch reagierte und überhaupt eine große Ruhe und Souveränität von dem 21-Jährigen ausging, und weil die zehn Feldspieler vor ihm in beeindruckender Manier leidenschaftlich im Kollektiv verteidigten. Unter dem Strich hatte der SC, bei dem nach vorne nicht viel lief, weil das Hauptaugenmerk der defensiven Stabilität galt, trotz dieser Tatsache die besseren Chancen. Fast hätten die Jungs das Spiel sogar in letzter Sekunde gewonnen…

Der Spielfilm:

Beim Warmlaufen meldete sich Manuel Gulde, der als linkes Glied der Dreierkette vorgesehen war, mit Kreislaufbeschwerden krank. So rückte kurzfristig Kiliann Sildillia in die Startelf. Im 3-4-3 bot der SC einen Offensiven weniger auf  also bei der in Piräus praktizierten 4-4-2-Formation, in der die Außenspieler im Mittelfeld eher offensive als defensive Aufgaben ausfüllen. Die drei Offensivpositionen wurden in Frankfurt von Vincenzo Grifo (halblinks), Lucas Höler (zentral) und „Litz“ Doan (halbrechts) besetzt – alle drei halfen aber auch „gegen den Ball“ kräftig mit und waren oft am und im eigenen Strafraum zu finden.

Gleich in der vierten Minute machte der SC auch offensiv von sich reden: Roland Sallai flankte den Ball auf den Kopf des eher kleinen Japaners „Litz“ Doan und dessen Kopfball zwang Kevin Trapp zu einer Glanzparade – sonst hätte das Spiel früh eine andere Richtung aufgenommen…

In der 9. Minute rutscht Kiliann Sildillia unglücklich aus, wodurch Marmush den Außenbahnspieler Buta mit einem Pass erfolgversprechend auf die Reise schickt. Verfolgt von Lukas Kübler dringt Buta in den Strafraum ein und lässt sich nach einer Berührung theatralisch fallen. Die Fans fordern einen Elfmeter und viele Schiedsrichter hätten den vielleicht sogar gepfiffen. Es lag wohl eine Berührung, aber kein Foul vor. Felix Zwayer, der an diesem Tag insgesamt eine lange Leine lässt und das Spiel nicht sonderlich streng leitet, lässt hier weiterspielen. Ein Elfmeterpfiff hätte zwangsläufig eine Rote Karte gegen Lukas Kübler nach sich gezogen, was mutmaßlich das Spiel entschieden hätte und der Situation im Kontaktsport Fußball nicht gerecht geworden wäre. Die Eintracht-Fans protestieren – der VAR greift nicht ein. Das Spiel läuft weiter.

Danach kommt Eintracht zu ein paar Szenen, die aber nicht wirklich für Alarm beim Sport-Club sorgen; zu souverän und cool agiert Noah Atubolu, zu stark agieren die Freiburger insgesamt, wenn Eintracht angreift. In der 21. Minute köpft Matthias Ginter auf den Schädel von Lucas Höler, der versucht, per Kopf Roland Sallai in Position zu bringen - der Abschluss des Ungarn, ein fulminanter Schuss, geht aber am Tor vorbei. In der 37. Minute bremst „Litz“ Doan einen Frankfurter Gegenangriff aus, dribbelt und passt im Sechzehner auf Roland Sallai, dessen Grätsche misslingt irgendwie, der Ball landet aber als Abpraller bei Lukas Höler, der sich ein Herz nimmt und machtvoll abschließt… Der Ball wird abgefälscht und geht denkbar knapp am Tor vorbei.

In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit greift Eintracht an: Kiliann Sildillia kommt vor dem Frankfurter Ebimbe an den Ball. Der Eintrachtler setzt nach und trifft den Freiburger Franzosen mit der offenen Sohle oberhalb des Sprunggelenks. Eine Szene, die ein wenig an das Foul von Vincenzo Grifo vor einer Woche gegen Sabitzer erinnert. Wie eine Woche zuvor zieht der Schiri auf dem Platz die Gelbe Karte und wie beim Kick Freiburg gegen Dortmund schickt der VAR den Unparteiischen an den Bildschirm. Zwayer sieht sich die Szene lange an und macht dann deutlich – alles klar, es bleibt bei Gelb. Rot wäre wohl angebracht gewesen, aber Zwayer lässt am Sonntag vieles laufen und den Spielern die lange Leine (s.o.).  

Die zweite Halbzeit beginnt mit der besten Chance für die Eintracht: Chaibi passt nach einem Spurt zu Marmoush, der im Strafraum zu einem Schrägschuss ansetzt. Noah Atubolu pariert blitzschnell und Souveränität ausstrahlend. Das war Noahs beste Tat beim Kick im Deutsche Bank Park.

Ballbesitzphasen wechseln mal von Frankfurt zu Freiburg, dann wieder zurück. Klare, für Aufregung sorgende Abschlüsse bleiben aber hüben wie drüben aus. Für die letzte Viertelstunde kommen Philipp und Weißhaupt für Grifo und Doan. Eine Reaktion von Streich auf den Lauf des Spiels der vergangenen 20 Minuten, in denen die Eintracht das Zepter übernommen hatte.

Sechs Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit kommt mit Junior Adamu für Lucas Höler ein weiterer frischer SC-Stürmer aufs Spielfeld -außerdem ersetzt Kenneth Schmidt jetzt Lukas Kübler defensiv. Aufregung in der 85. Minute – der frühere Freiburger Robin Koch, Abwehrchef der Eintracht – trifft Junior Adamu im Mittelfeld voll mit der Hand im Gesicht. Der Österreicher geht zu Boden und windet sich. In langen Schritten kommt Trapp über den halben Platz aus seinem Kasten gerannt, wohl um Adamu der Schauspielerei zu bezichtigen. In der Wiederholung auf dem Bildschirm sehe ich – Koch hat den Österreicher volle Lotte ins Gesicht getroffen – das war Rot! Die Rudelbildung nach dem Spurt von Trapp an den Tatort verdrängt aber offenbar den Ursprung des Ganzen aus der Wahrnehmung von Schiedsrichter und VAR. Es gibt Gelb gegen Trapp und Eggestein, die im Rudel aneinandergeraten waren. Am Ende gibt es Gelb für Koch und auch für Trapp und Eggestein. Zum zweiten Mal kommt Eintracht knapp an einem Platzverweis vorbei…

Fünf Minuten Nachspielzeit sind angezeigt. Ich begleite sie live bei baden.fm – Sekunden vor dem Ende flankt Roland Sallai auf den Kopf von Junior Adamu und der bringt die Kugel im Netz unter und dreht jubelnd ab. Mein Torschrei erstickt mir fast im Hals, denn im Augenwinkel habe ich wahrgenommen, dass der Schiedsrichterassistent die Fahne gehoben hat. Abseits? Im Kölner Keller muss die kalibrierte Linie ran; das dauert… Auf meinem iPad-Bildschirm sehe ich die Szene mit Standbild; sieht ganz knapp nach Abseits aus – wenig später ist es Fakt. Der Treffer zählt nicht – Adamu stand einen Hauch im Abseits.

Kurz darauf ist das Spiel vorbei. „Ein Punkt ist ein Punkt, ist ein Punkt“ sage ich ins Mikrofon, erwähne Noah Atubolu, Kiliann Sildillia und Yannick Keitel, Freiburgs Jungspunde, wegen ihrer ausgezeichneten Leistung und bin eigentlich ganz zufrieden mit dem Auswärtspunkt.

 

Das Nachspiel

Das Treppensteigen in Frankfurt ist nervig. Oben angekommen muss ich immer erstmal durchschnauben und eine kleine Pause einlegen. Trotzdem lasse ich meine komplette Übertragungstechnik zum späteren Abholen da oben unter dem Tribünendach und eile die Treppen abwärts in die Mixedzone. Der Kollege Wolf von der BILD hat, wegen der komischen räumlichen Anordnung der Mixezone für Presse und privaten Hörfunk in Frankfurt bei der Presseabteilung des SC uzm die Entsendung von Spielern gebeten. Gerade unterhalte ich mich mit dem Kollegen über die tolle Leistung von Yannick Keitel, als der gebürtige Breisacher um die Ecke kommt und mir ein unaufgeregtes und cooles Interview gibt. Obwohl noch einer käme, fragen wir uns. Ich schaue in den Erstverwerter-Bereich hinüber und sehe „Vince“ und „Lucki“ im freundschaftlichen Talk mit Robin Koch. Ich mache freundlich auf mich und uns aufmerksam und „Lucki“, einfach ein Netter, kommt dann auch zu uns ins „Kabuff“, wie ich mal die Frankfurter Mixedzone bezeichnen würde. Nachdem das Gespräch mit Höler im Kasten ist, ahne ich, dass jetzt keiner mehr kommen wird und verlege meinen Standort in den Pressekonferenzraum. Bald darauf kommen die Trainer zu den Statements und um Fragen der Journalisten zu beantworten – dann, längts Routine geworden, folgt noch das 1:1-Interview mit Christian Streich.

Ich stelle fest, dass die Kollegen der Presseabteilung offenbar mein Internet-Tagebuch lesen, denn irgendwie wissen alle, dass ich in Frankfurt übernachten werde. Und dass hatte ich – außer im Tagebuch – niemandem erzählt. (Grüß Euch!)

Ich bin auch froh, dass ich in der Main-Metropole bleiben konnte. Die Piräus-Reise nebst „Nachtschicht“ hatte ich noch in den Knochen, dann die dreistündige Anreise, die Radioshow in Frankfurt, die Interviews, zwischendurch die Info über ein (wirkliches) Familiendrama im engeren Freundeskreis – ich war wie gerädert und war froh, als ich einen Parkplatz direkt gegenüber vom Hotel Angel fand. Ich bezog mein Zimmer, produzierte noch den Nachbericht für die Morningshow von baden.fm, telefonierte mit meiner Frau und machte eine Runde durch den Sündenpfuhl.  In zwei Nepper-Schlepper-Bars wurde ich zu einem Jacky-Cola eingeladen, jeweils in der Hoffnung der Türsteher, die Animiermädchen würden mich dann schon zu Investitionen animieren – zwei Mal vergeblich. Einen dritten Jacky-Cola holte ich für kleines Geld in einer Dose an einem Kiosk. Der Türsteher einer dritten Bar, meinte, den Drink könne ich gerne in seinem Landen austrinken – ich müsse ja nichts bestellen, „nur mal gucken“. Hab geguckt, meinen Drink sogar im Glas beendet … und keine sinnlosen Ausgaben gemacht. Es war ein günstiger Abend. Die Barszenerie im Frankfurter Bahnhofsviertel kenne ich seit 40 Jahren. Für die bin ich ein zu harter Knochen. Ich sage denen das auch jedesmal – dass ich dreimal chemisch gereinigt bin und die Läden alle seit zig Jahren kenne und dass ich kein Geld dalassen würde. Sie versuchen es trotzdem mit Gratisdrinks und den immer gleichen Versprechen der Mädchen. Irgendwann war ich dann bettschwer und begab mich auf mein Zimmer im Angel. Um sechs Uhr früh ging der Wecker. Um halb sieben saß ich im Corolla, holte mir an der Tanke noch einen großen Milchkaffee „to go“ und fuhr auf die A5. Um 10.30 Uhr war ein Dienstgespräch mit einer Redakteurin und einer Kandidatin für eine freie Mitarbeit im Verlag angesetzt. Ich gab Gas, war um zehn vor zehn am Funkhaus, tauschte die Autos und kam pünktlich am WZO-Verlag an. Hier stellte ich erstens fest, dass ich den Schlüssel vom baden.fm-Corolla noch in der Tasche hatte, folglich irgendwann noch einmal nach Freiburg fahren musste und zweitens, dass die Kandidatin das anberaumte Gespräch kurzfristig abgesagt hatte. So ein Mist – den Montagvormittag hätte ich auch viel entspannter erleben können; ausschlafen, stressfreie Autofahrt und so weiter.

Also setzte ich mich an meine Zeitungskolumne für den kommenden Mittwoch:

 

SC INTEAM

Eine erfolgreiche Woche liegt hinter dem SC Freiburg, zwei Pflichtspiele, die Hoffnung machen auf eine erfolgreiche Saison:

Zunächst konnte der Sport-Club mit etwas Glück das Schlüsselspiel der Europa League Gruppe A, beim griechischen Rekordmeister und Tabellenführer Olympiakos Piräus, mit 2:3 gewinnen. Für die im Vergleich zum Vorjahr deutlich besseren Griechen war die Europa-League-Niederlage gegen Freiburg, nach neun unbesiegten Auftritten, unerwartet und bitter. So sehr hatte sich Olympiakos die Revanche für die 0:3-Niederlage aus dem Vorjahr gewünscht, wie aufgepeitscht war das heißblütige  Publikum, doch das Glück war nicht auf Seiten der Platzherren. Eine „Hundertprozentige“ der Griechen, nach Ballverlust von Grifo am eigenen Fünfmeterraum, vereitelte Ginter auf der Linie, der freche  aber fast perfekte Versuch, einen Eckball direkt zu verwandeln,  klatschte hinter SC-Keeper Atubolu an die Querlatte und als ein Rückpass von Schmidt zum Torhüter zu kurz geriet und ein Grieche sich den Ball schnappte und alleine vor Atubolu abschloss, machte sich die 21-jährige Nr. 1 des Sport-Clubs ganz breit und verhinderte mit einem Reflex einen Treffer für Piräus. Am Ende stand aber nicht nur der 2:3-Sieg der Freiburger durch Tore von Sallai, Grifo (FE) und „Joker“ Philipp, sondern auch die Erkenntnis, dass die Fehlerquote beim SC in Piräus vergleichsweise hoch lag und für künftige Spiele die defensive Stabilität in den Fokus zu nehmen wäre. Die erste Nagelprobe bestand der Sport-Club am Sonntag in Frankfurt, wo die Freiburger nach fünf Gegentoren in Stuttgart, vier gegen Dortmund und – mit Glück – nur zwei in Piräus, endlich einmal ohne Gegentore blieben.

Für das zweite „zu-Null-Spiel“ der Saison, nach dem 1:0 gegen Bremen, sorgten tolle Paraden von Atubolu und – bei den zehn vor dem Keeper positionierten Feldspielern – leidenschaftliche Abwehrarbeit im Kollektiv. Dabei fiel die außerordentliche Disziplin von Sallai genauso auf wie die gute Leistung von Sildillia, der kurzfristig für den beim Warmlaufen über Kreislaufprobleme klagenden Gulde, in die Startelf gerutscht war  und der couragierte Auftritt von Höfler-Vertreter Keitel im zentralen Mittelfeld.  Obwohl nach vorne ziemlich wenig gelang, hätte der SC beinahe gewonnen, doch der eingewechselte Adamu stand bei seinem Treffer in letzter Sekunde hauchdünn im Abseits.

Am kommenden Sonntag, 1. Oktober, um 17.30 Uhr kickt der SC im Europa-Park Stadion gegen den FC Augsburg (live bei DAZN und baden.fm). Am selben Tag findet die Auslosung für die zweite Hauptrunde im DFB-Pokal statt, einem Wettbewerb, dem in Freiburg seit der Finalteilnahme 2022 eine besondere Bedeutung beigemessen wird. (Zitatende)

 

„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ hatte mein Freund Jörg nach der Rückkehr aus Piräus gesimst und dafür geworben, dass wir in Serbien, statt auf dem platten Land in einer Herberge abzusteigen, in der europäischen Kulturhauptstadt Novi Sad vor Anker gehen sollten. Er hatte gleich einen Hotelvorschlag mitgeschickt. Ich stornierte mein Zimmer auf dem platten Land und buchte mich in Novi Sad ein – „bebucht“, simste ich zurück; Jörg und Andreas haben inzwischen nachgezogen. Für David von der BZ, den ich auch informiert hatte, gab es dann kein Zimmer mehr, er wohnt aber ein paar Häuser weiter. Also ist die Erfolgcrew von Piräus in einem Monat in Serbien auch wieder am Start. Das sind doch schöne Aussichten…

Und jetzt mache ich eine kleine Fußballpause bis Samstag – U23 in Mannheim – und Sonntag, SC gegen Augsburg – beides mit den PKs und Vorberichten im Vorfeld; aber ich mache das ja gerne. Ganz ehrlich: Ich lebe einen Traum…