6. Spieltag der Fußball-Bundesliga, FC Augsburg gegen SC Freiburg

Sonntag, 30. September 2018, 18 Uhr *

WWK-Arena, Augsburg *

FC Augsburg - SC Freiburg *

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

 

…das gilt insbesondere in einer Englischen Woche. Du schwebst noch auf der Glückswolke vom Vizemeister-Besieger-Match, schon steht die fußballerisch meistens recht karge Auswärtsaufgabe in Augsburg an. Deshalb fungiert dieser Text hier auch wieder mal als Nachspiel für Schalke und Vorspiel für Augsburg.

Am Tag nach dem 1:0 über die Königsblauen, einem Mittwoch, saß ich schon wieder auf einem Fußballplatz. Auf der wunderschön gelegenen Sportanlage in Obermünstertal – man glaubt sich fast im Hochgebirge – hatten die „Golden Boys“, also die spielstarke E1-Jugend des FC Bad Krozingen die Generalprobe vor dem Staffelstart. Nach zwei gewonnenen Vorbereitungsturnieren siegten die Jungs gegen die SG Münstertal mit 7:0. Kleiner Wermutstropfen: Mein Sohn Ben verletzte sich gegen Ende des Spiels, bei einer Notbremse vom gegnerischen Torwart schlicht umgetreten. Es gab ein paar Tränen… Im Erwachsenenfußball wäre es auch ohne Videobeweis „Dunkelrot“ gewesen, bei den Kleinen gabs Freistoß und ein paar Tränen beim Opfer – in diesem Fall mein Kleiner, der ja – wegen seiner jüngere Schwester Amelie – unser Großer ist. Ich tröstete Ben mit einem Kinderschnitzel in der ausgezeichneten Obermünstertäler Sportplatz-Gastronomie. Dann tat es auch schon nicht mehr so weh.

Der Donnerstag war sehr arbeitsreich. In Schopfheim hatte ich, mit zwei Kollegen, einen Interviewmarathon mit den vier Bürgermeisterkandidaten zu bewältigen. Während der Gespräche erreichte mich die Whatsapp-Nachricht, dass der Staffelstart der „Golden Boys“ gegen Sulzburg am Freitagabend ausfallen würde – der Gegner hat sein Team zurückgezogen, was ich bei meinem letzten Termin des Donnerstags, scherzhaft vorwurfsvoll dem Sulzburger Bürgermeister Dirk Blens erzählte, den ich in Neuenburg, bei einer Gala anlässlich „55 Jahre Hekatron“ traf. Hekatron ist ein bedeutendes Unternehmen im Erscheinungsgebiet unserer Wochenzeitungen – eigentlich sind es mit „Brandschutz“ einerseits und als „ESM-Dienstleister“ andererseits sogar zwei Unternehmen – die Chefs, Michael Roth und Peter Ohmberger sind rotarische Freunde in unserem Bad Krozinger Club und nicht zuletzt war Hekatron drei Jahre lang Presenting-Sponsor der baden.fm-Bundesligashow. Klar, dass ich dem Unternehmen beim kleinen Jubiläum die Ehre erwies.

Wegen des Feiertags in der 40. Kalenderwoche (Tag der Deutschen Einheit am Mittwoch) erscheinen unsere Wochenzeitungen bereits am Dienstag. Uns bleibt also nur der Montag für die Zeitungsproduktion, für die wir sonst montags und dienstags jeweils zwei Doppelschichten benötigen. Also wurde schon am Freitag kräftig in die Hände gespuckt und auch am Samstag saß ich in der Zeitungsredaktion. An das Fußball-Tagebuch war da nicht zu denken…

Das Auswärtsspiel in Augsburg wurde erst am Sonntag für mich relevant. Mittagessen gab es, vorgezogen, bereits um 11.30 Uhr. Dann fuhr ich mit dem baden.fm-Toyota los. Erst nach Friedrichshafen am Bodensee, wo ich um 14 Uhr schon mal mein Zimmer für die nächste Nacht bezog, um dann, in noch einmal knapp zwei Stunden Fahrt, Augsburg anzusteuern. Im Stadion angekommen, schloss ich als Erstes die Technik an – die Leitung ins Studio nach Freiburg stand sofort. Mit dem Moderator Robert Wolf verabredete ich, dass ich ab 17.30 Uhr am Reporterplatz sein würde. Dann ging ich mich im Presseraum der WWK-Arena stärken. Und das war rückblickend auch nötig…

 

Das Fußballspiel

(Mein 915. SC-Livespiel im Radio)

 

Der Sport-Club bekam in der ersten Halbzeit gegen die wuchtigen Augsburger kein Bein an den Boden. Stark ersatzgeschwächt – die beiden Rechtsverteidiger Stenzel und Kübler fielen ebenso aus wie Haberer und vor allem Tausendsassa Petersen – war der SC klar schlechter als die Augsburger. Das Experiment mit Innenverteidiger Lienhart rechts in der Viererkette funktionierte nicht, insgesamt holte der SC kaum „zweite Bälle“, ließ sich da total den Schneid abkaufen und die Doppelspitze, bestehend aus Terrazzino und Niederlechner fand nicht statt; Nils fehlte an allen Ecken und Enden. Weil Schwolow ganz gut drauf war, hieß es zur Pause „nur“ 2:0 für den FCA. Zudem war die Stimmung im Stadion am Nullpunkt, weil der Gastgeber die Zuschauer via Twitter darauf aufmerksam gemacht hatte, dass auf der Hintertortribüne, unweit des Gästeblocks, ein Fan mit Herzstillstand notärztlich versorgt wurde. Dass es Wichtigeres gibt als Fußball und sich alle Fans im Stadion darüber einig waren und sich angemessen verhielten ist das Eine, dass es der Patient, um dessen Leben hinter einer großen Plane gekämpft wurde, am Ende nicht geschafft hat, wie man heute weiß, ist die andere Wahrheit – eine traurige. Ruhe in Frieden!

Das Fußballspiel ging natürlich weiter. Zwar startete Augsburg mit einer Großchance in die zweite Hälfte, danach aber nahm der SC das Zepter in die Hand. Gondorf und Waldschmidt waren für Lienhart und Terrazzino gekommen, in der Defensive hatte der SC auf eine flexible Dreier-/Fünferkette umgestellt und berannte fortan das Augsburger Tor. Schon kurz nach Wiederbeginn unterlief dem ex-Freiburger „Jonny“ Schmid ein kurioses Eigentor. Nun war der SC drauf und dran das Spiel zu drehen, ein Angriff nach dem anderen rollte Richtung Augsburger Strafraum, alleine fehlte die Konsequenz, meistens ja personifiziert in Torjäger Petersen, der in Augsburg bekanntlich verletzt aussetzen musste. Es gab noch satt Restspielzeit und Freiburg gab den Ton an, deshalb war mir eigentlich um den Spielausgang nicht (mehr) bange – bis zur 68. Minute. Alfred Finnbogason, der schon beim letzten Gastspiel des SC in Augsburg (3:3) drei Treffer für den FCA erzielt hatte, und auch am Sonntag mit einem feinen Hackentrick bereits zum zwischenzeitlichen 2:0 erfolgreich gewesen war, holte gegen Dominique Heintz auf geschickte Art und Weise einen Elfmeter heraus, den er höchst selbst zum 3:1 verwandelte. Das war die Entscheidung. In der 83. Minute ließ der Held des Spiels, der sich bei der WM, wo er für Island gespielt und sich verletzt hatte und jetzt erstmals wieder Bundesliga spielte, ein drittes Mal feiern. 4:1 – für uns Südbadener ein Abend zum vergessen.

 

Das Nachspiel

 

In Augsburg stören mich eigentlich nur die Pfeiler auf der Haupttribüne, die ein wenig die Sicht versperren, und das spartanisch Catering. Ansonsten ist das Stadion sehr praktisch. Im Untergeschoss liegen Medien-Aufenthaltsraum, Pressekonferenzraum und Mixedzone ganz eng beieinander. Zwischen diesem Bereich und der Pressetribüne hoch unter dem Stadiondach pendelt ein Aufzug. Problemlos bekam ich in der Mixedzone meine Interviews mit den leicht angefressenen Dominique Heintz und Florian Niederlechner, obwohl ich, bevor ich runterfuhr noch meine Spielerbewertungen live in der baden.fm-Bundesligashow durchgegeben hatten und einen „Nachdreh“ für das Frühprogramm hatte aufzeichnen lassen. Nach der PK gab mir Christian Streich das obligatorische Interview. Wie immer nach Niederlagen, wurde eher wenig gelacht. Noch vor der PK hatten mich die Fragen erreicht, die mir Landei Reyk Heyer im Fußballtalk der Morningshow zwischen 8 Uhr und 9 Uhr zu stellen gedachte.

Dann saß ich wieder im Toyota und fuhr durch den dunklen bayerischen Abend Richtung Friedrichshafen. Zwei Bier noch in der Zeppelinstadt, ein bisschen gucken ob keiner guckt (guckte keiner), dann hieß es Nachtruhe, denn ein arbeitsreicher Montag lag schließlich vor mir. Um sechs Uhr war die Nacht vorbei. Um 7 Uhr war ich auf der Autobahn und um kurz nach halb zehn am Arbeitsplatz im WZO-Verlagshaus.

Der erste Anruf, der mich erreichte kam von der Technik, wann denn die SC-Kolumne fertig sei, die müsse ja alsbald an die in Emmendingen produzierten Wochenzeitungen für das nördliche Erscheinungsgebiet geschickt werden. Ich versprach mich zu sputen und gab ein Stündchen später folgenden Text frei:

 

SC INTEAM

Hätte der Autor dieser Kolumne dem SC Freiburg vor der Englischen Woche mit zwei Auswärtsspielen und der Heimpartie gegen Vizemeister Schalke sechs  Punkte prognostiziert, er wäre wohl ausgelacht und als unrealistischer Optimist abgestempelt worden. Dennoch hält sich die Freude im Lager des Sportclubs über die   Englische Woche in Grenzen, was mit der zeitlichen Nähe zum misslungenen dritten Akt der Trilogie zu begründen ist. Nach dem großartigen Auftreten, verbunden mit einem 3:1-Auswärtssieg in Wolfsburg und dem glücklichen 1:0 gegen Schalke, holte sich der Sport-Club in Augsburg mit 1:4 eine sprichwörtlich blutige  Nase. Die Augsburger Wucht, getragen von der Euphorie des Punktgewinns des FCA  in München, war das Eine, Verletzungspech und misslungene Lösungsansätze das Andere. So mussten Christian Streich und sein Trainerteam personell und taktisch den Ausfall beider nomineller Rechtsverteidiger versuchen zu kompensieren, obendrein – und das wog rückblickend noch schwerer – den Ausfall von Dauerläufer und Torjäger Nils Petersen verdauen. Zwar ist der Kader des SC Freiburg in der Breite recht stark und es ist, wie die bisherigen Spiele gezeigt haben – unerheblich, ob zum Beispiel Pascal Stenzel oder Lukas Kübler als Rechtsverteidiger aufläuft; wie löst man aber das Problem, wenn beide Spezialisten ausfallen? In Augsburg versuchte sich in der ersten Halbzeit mit Philipp Lienhart ein nomineller Innenverteidiger auf der vakanten Position als rechtes Glied der Viererkette. Das war keine optimale Lösung. Als der SC nach dem Wechsel personell reagiert- und taktisch auf Dreier-/Fünferkette umgebaut hatte, lief es deutlich besser. Aber da lag der Sportclub bereits mit 2:0 zurück. 

Der Angriff, ohne den laufstarken und ballsicheren Petersen, hatte vor der Pause nicht stattgefunden. Nach dem Wechsel, den angesprochenen Umstellungen und dem schnellen Anschlusstreffer zum 2:1, wäre das  Spiel beinahe zugunsten des SC gekippt. Eine Großchance zum Ausgleich blieb aber ungenutzt –  das 3:1 durch einen   Foulelfmeter brach dem bis dahin berechtigt hoffenden und druckvoll stürmenden SC in der 68. Minute sportlich das Genick. Das 4:1 (83.) durch den Mann des Tages, den, wie beim 3:3 in der Vorsaison, dreifachen Torschützen Finnbogason, war nur noch Ergebniskosmetik. Insgesamt war der Sieg der Augsburger verdient, fiel aber um ein Tor zu hoch aus. Zwischen der 46. und der 68. Minute hatte der Sport-Club die Chance, dem Spiel eine andere Wendung zu geben – das gelang leider nicht.

 Dennoch stehen sechs Punkte aus der Englischen Woche zu Buche und es gibt vor dem Gastspiel von Leverkusen am kommenden Sonntag (Anstoß: 13.30 Uhr) keinen Grund für Schwarzmalerei.  (Zitatende)

 

Heute ist Dienstag, es ist ruhig im Verlag. Zeit für Dinge, wie das Reportertagebuch zum Beispiel. Morgen ist Feiertag – da spielt Verbandsligist FC Auggen gegen den FFC. Der Sieger ist dann alleiniger Tabellenführer. Ich glaube, da gehe ich hin. Das finde ich weitaus interessanter als die ganze Champions League Mischpoke, heute und morgen. Heute Abend gucke ich eh die „Höhle der Löwen“ – schon aus Rücksicht auf meine Frau. Wen interessiert schon Hoffenheim? Bayern gegen Ajax? Na ja, vielleicht auf dem Tablet nebenbei…

Am Sonntag zum Mittagessen kommt Bayer Leverkusen. Man hört und liest sich!