Das Vorspiel
Der Full-Time-Job im Verlag, dazu die Fülle von Auswärtsspielen im In- und Ausland mit zeitraubenden Reisen - da kam ich den Notwendigkeiten für das Internet-Tagebuch einfach nicht mehr nach, Ich schreibe also, gut eine Woche nach den Geschehnissen eine Nacherzählung.
Am Dientag, 12. Dezember, hatte ich einen intensiven Arbeitstag im WZO-Verlag - neben meinem Job als Redaktionsleiter für das "Große Ganze" mit ein paar begleitenden Spezialaufgaben, stand eine Urlaubsvertretung auf dem Stundenplan. So lag die Produkion, sprich der Seitenbau, der Ausgaben 110 und 120, so nennen wir intern die Lokal-Ausgaben Kaiserstuhl und Tuniberg des ReblandKuriers. Ich war sehr zufrieden mit meinem Team und mir, denn gegen 19.30 Uhr waren wir "durch". Ich fuhr noch zum Abendessen im Familienkreis kurz nach Hause und dann ging es im baden.fm-Corolla, den ich seit dem Wolfsburg-Spiel vom Wochenende noch bei mir hatte, nach Zürich. Über den Dächern der Stadt bwohnt mein Sohn Jérôme dort mit seiner Partnerin Céline - und bald auch mit Ella (die Geburt steht unmittelbar bevor) eine geräumoige Wohnung. Hier verbrachte ich die Nacht. Als ich ankam, schliefen die beiden allerdings schon und ich war ja auch müde genug nach dem langen Arbeitstag und zog mich schnell zurück ins künftige Kinderzimmer; bis dato das Gästezimmer beim Junior.
Gegen halb zehn am nächsten Morgen brach ich dann auf in den Züricher Vorort Wallisellen - Tiefgarage mit Shuttleservice zum Flughagfen, wie schon bei den Flugreisen nach Athen/Piräus und Belgrad/Backa Topola. Außer mir und der temperamentvollen Fahrerin, Typ hübsche Kroatin, waren nur SC-Fans mit in dem Bulli zum Airport. Der Flub mit der Swiss nach London-Heathrow verlief unspektakulär. Der Airport Heathrow ist riesig und das Londoner Nahverkehrssystem komplett durchdigitalisiert und äußerst praktisch. Mit meinem digitalen Ticket für den Heathrow-Express ereichte ich Paddington am Rand des absoluten Stadtzentrums binnen 12 Minuten ohne Zwischenhalt. Bis zum online gebuchten Hotel "Avon" waren es zu Fuß keine zehn Minuten.
Das Hotel selbst, untergebracht ih einem typischen englischen Reihenhaus, war recht einfach. Mein Zimmer war ein schmales Wohnklo, wenn die U-Bahn drunterher fährt vibrieren die Wände. Für den Preis - knapp 100 Euro pro Nacht - bekommt man in Deutschland drei bis vier Sterne - in London drei bis vier Quadratmeter. Immerhin: sauber war's und zum Aufenthalt lud das Hotelfoyer mit einer netten Leder-Sitzgruppe und geschmücktem Weihnachtsbaum ein. Im Zimmer würde man auf Dauer depressiv...
Mit der "Elizabeth Line", einer Art S-Bahn, fuhr ich mit meiner Oyster-Card (Nahverkehrs-Netzkarte) binnen 20 Minuten nach Stanford. Kurz vor der Ankunft im Zielbahnhof erhaschte ich schon einen Blick auf das London Stadium vin West Ham United, das ehemalige Olympiastadion. Mitten durch ein ziemlich gigantisches und topmodernes Einkaufszentrum ging es dann per viertelstündigem Fußmarsch vom Bahnhof zum Stadion. Leider stellte sich heraus, dass der Presseeingang auf der anderen Seite des Stadions lag, was nochmal einige Rennerei mit sich brachte. Ich hatte aber Zeit - die PK mit Christian Streich und Michael Gregoritsch begann erst um 18.30 Uhr. Auch BZ-Sportchef René Kübler war früh vor Ort. Gemeinsam erkundeten wir die Pressetribüne. Technisch schien diese perfekt ausgerüstet zu sein. Nur für Strom brauchte man einen Adapter. So einen hatte ich aber schon im Hotel benötigt und deshalb beim Zimmerservice für fünf Pfund gekauft. Den würde ich am nächsten Tag also mitbringen müssen.
Nach der PK und den beiden Interviews fürs baden.fm-Programm machte ich mich wieder auf den Weg zum Bahnhof von Stanford und per Elzabeth Line nach Paddington. Kollege René hatte ein Hotel in Stadionnähe - irgendeine der üblichen Ketten - in jedem Fall etwa doppelt so teuer wie meine Unterkunft. Dann soll es doch ab und zu mal vibrieren, habe ich mir da gesagt... Auf dem kurzen Fußweg vom Bahnhof Paddington zum Hotel, der optisch ein wenig an den Film "Notting Hill" erinnert, blieb ich in einem Pub hängen. Irgendein Pub, irgendwo in London - wer war drin? SC-Fans! Zqwei Pärchen waren es in diesem Fall. Sie sprachen mich auf meine Werbung an und ich gab mich zu erkennen - jetzt gab es ein großes "Hallo!" - meine Stimme würde man natzürlich kennen und so weiter. Eine nette Begegnung in jedem Fall. Ich fand ein Tischchen, bestellte ein Chicken-Steak mit Beilage und ... ja, ich geb's zu - eine Flache Pinot Noir. Ich hatte ja Zeit. Als die Flasche gerade zur Neige ging, trafen vier Freunde von mir ein, die im selben Hotel abgestiegen waren und nicht schlecht über das "Avon" ablästerten. Ich erklärte ihnen noch einmal, dass ich nicht zum Vergnügen in London sei und meinem Auftraggeber, der Funkhaus Freiburg GmbH & Co. KG, grundsätzlich versprochen hatte, bei den Auslandsreisen in der Europa League kostenbewusst zu verfahren. Die Jungs, Andreas, Hansjörg, Jörg und Uwe hatten Verständnis, fanden zudem auch, dass es zumindest sehr sauber war in unserem Hotel. Uwe, der im Kellergeschoss wohnte, meinte allerdings, dass er direkt neben der U-Bahn seine Bettstatt hätte.
Der Spieltag begann für unser Quintett mit einem Englischen Früstück. Danach erkundeten wir die Londoner City per Bus, mit der Möglichkeit auszusteigen und besondere Bereiche, in unserem Fall etwa den Piccadilly Circus, zu Fuß zu erkunden und später wieder zuzusteigen. Im Rock Café am Piccadilly Circus kaufte ich zwei Strampler für meine werdende Enkelin Ella in Zürich. Wir liefen weiter zum Trafalgar Square und ich gab eine Runde Glühwein aus. Und immer und überall ... erwartungsfrohe SC-Fans. Einige baten um ein Foto, ein Wunsch, dem ich natürlich gerne nachkam.
Ein paar Sehenswürdigkeiten tat ich mir mit unserer Buslinie noch an - dann verabschiedete ich mich von den Jungs, um mich geistig-seelisch auf meinen abendlichen Job vorzubereiten. Ein bisschen Ruhe im Hotel bzw. im Foyer des Hotels, wo kostenlos Nespresso-Kaffee serviert wurde. Nach den Erfahrungen aus Serbien wollte ich unbedingt drei Stunden vor Spielbeginn vor Ort sein, um die Technik zu checken und alles vorzubereiten. Und es war gut so... Ich hatte zwar den Stromadapter und ein passendes Kabel für die vermeintliche LAN-Verbindung lag bereit, mein Musiktaxi meldete aber "no cable". Es stellte sich heraus, dass der Standard für englische Radiosender (noch immer) ISDN ist und dass die eben nicht über LAN streamen, wie der Rest Europas. Ein hilfsbereiter Kollege informierte die Stadiontechnik und die änderten die Verbindung im Schalterraum - irgendwann stand der Stream zwischen Funkhaus Freiburg und London Stadium. Der hilfsbereite Kollege fragte mich noch, ob er mich eventuell interviewen könne - so kam ich doch tatsächlich als Interviewgast bei "BBC Radio London" zu Wort, wurde zu meinen 30 Jahren als begleitender Radioreporter des SC Freiburg und ganz konkret zum Spiel des Abends befragt. Ich glaube, ich habe mich mit meinem Schulenglisch, 45 Jahre nach dem Abitur, ganz gut geschlagen...
Und dann war Anpfiff.
Das Fußballspiel
(Mein 1.123. SC-Livespiel am Radiomikrofon)
Das mit großer Vorfreude und Spannung erwartete Spiel wurde dann zu einer großen Enttäuschung. West Ham United erwischte drei Tage nach der 0:5-Schlappe in Fullham einen richtig guten Tag und war dem SC deutlich spürbar überlegen. Um eine so exzellent besetzte Elf wie West Ham in Schwierigkeiten zu bringen, muss beim SC im Kollektiv alles rund laufen und du brauchst einen Ausnahmetag. Den hatte der SC in London leider nicht. So machten die - geschätzt - 5.000 SC-Fans im Stadion zwar mächtig Alarm und einen ausgezeichneten Eindruck - die Mannschaft aber blieb vieles schuldig. Schon vor der Pause netzten die "Hammers" zwei Mal ein: Kudus (14.) und Alvarez (42.) brachten die überlegenen Gastgeber auf die Siegerstraße. Polemisch könnte man sagen: Sportlich war es ein Trauerspiel.
Das Nachspiel
Nach dem Spiel lief alles sehr professionell ab, auch wenn die Enttäuschung bei allen Freiburgern entsprechend groß war. Niemand verweigerte sich etwa meinen Interviewwünschen Ich lieferte Talks mit Streich, Höfler, Gregoritsch und Grifo nach Deutschland. Dann ging ich wieder ins Pressezentrum, schrieb einen Nachbericht, zeichnete ihn auf und schickte ih an das Morning-Show-Team von baden.fm. Dann schrieb ich einen Vorbericht zum nächdsten Bundelsiga-Kick gegen den 1. FC Köln, zeichnete auch den auf und verschickte auch den - die Bundesligavorschau läuft bei uns halt auch am Freitagmorgen...
Dann war ich mit allem durch; traurig über das sportliche Ergebnis aber zufrieden mit mir und meiner Arbeit. Es war halb eins in England, halb zwei in Deutschland. Feierabend! Ich hatte absolut keinen Bock darauf, jetzt alleine 20 Minuten durch die Londoner Nacht zur S-Bahnstation zu laufen und checkte einen Uber-Transport. Die App habe ich wegen meiner häufigen Zürich-Aufenthalte im Handy. Und in England gibt es Uber... Für 24 Pfund (Danke, Funkhaus!) fuhr mich irgendein Mohammed (so hieß der wirklich) quer durch das nächtliche London zum Hotel zurück. Auf der Fahrt hlörte ich mir die Interviews an, die ich zwar produziert und verchickt, aber noch gar nicht angehört hatte.
Den Rückflug bestritt ich im selben Flieger wie meine Spezies. Da unser Flug aber erst am Abend ging hatten wir noch einen ganzen Tag London vor uns. Die Jungs wollten wieder Sightseeing ansetzen - ich blieb zunäcst mal, ein Hörbuch verschlingend im Hotel-Foyer. Dann zog ich los, zunächst zu Fuß, dann mit meiner Oyster-Card, mit einem Stadtbus. Es zog mich wieder zum Piccadilly Circus - hier pulsiert London. Ich gönnte mir ganz in der Nähe eine Pizza und ein Viertel Wein - 40 Pfund... ganz schön happig. Danach schaute ich mir Soho an, das Vergnügungsviertel von London. In einem Straßencafé sitzend nahm ich an der digitalen PK von Thomas Stamm vor dem Spiel der U23 bei Viktoria Köln teil. Irgendwann war es dann Zeit, mit der U-Bahn nach Paddington, zum Hotel zurückzukehren und dem Heimflug entgegenzusehen. Im Hotel stand mein Gepäck und das der vier Spezies. Sie kamen kurz nach mir an. Wir liefen dann zwar gemeinsam zum Bahnhof, ich hatte aber im Gegensatz zu den Jungs ein digitales Ticket für den Heathrow-Express, die Direktverbindung ohne Zwischenhalt zum Airport. So sahen wir uns erst später im Flieger wieder, der mit etwa einer Stunde Verspätung startete - aber immerhin, er startete. Wegen der Verspätung und des Nachtflugverbotes in Zürich wären wir fast nicht mehr zurückgekommen. So aber war ich irgendwann um 0.15 Uhr wieder in der Wohnung von Jérôme und Céline in Zürich. Ella ließ noch immer auf sich warten...
Am Samstag um 11 Uhr ließ ich meinen Jugendfreund Thomas aus Zürich am Landesmuseum zusteigen und wir fuhren nach Bad Krozingen. Die jüngste europäische Dienstreise war um 13 Uhr beendet.