7. Spieltag der Fußball-Bundesliga, Leipzig gegen SC Freiburg

Samstag, 7. November, 15.30 Uhr

Red-Bull-Arena, Leipzig

Leipzig - SC Freiburg

Das Vorspiel

In der vergangenen Saison hat sich in der Fußball-Bundesliga eine „Big 5“ herauskristallisiert – die Tabellenspitze, wenn man so will. Ganz oben stand Bayern, weit enteilt, die anderen vier standen relativ dicht beieinander. Zwischen dem unteren Ende dieser Gruppe und dem Rest vom Schützenfest klaffte eine Lücke von elf Punkten.

Eines der Probleme der Bundesliga ist, dass die beschriebene „Big 5“, bestehend aus Bayern, in der Abschlusstabelle, wie auch heute auf Platz 1, Dortmund (2/2), Leipzig (3/3), Leverkusen (4/5) und Mönchengladbach (5/4) nicht nur letzte Saison, sondern auch schon vor zwei Jahren so aussah und sich nun schon wieder in fast identischer Reihenfolge etabliert hat.

Für eine spannende, attraktive Liga spricht das nicht – wohl aber dafür, dass die „Big 5“ den Mächtigen der Bundesliga entspricht, ein Stück weit eine eigene Liga bildend. Natürlich muss man sich Gedanken über eine gerechtere Verteilung der Fernsehgelder und ähnliche Themen machen, will man die Attraktivität der Bundesliga auf Dauer erhalten beziehungsweise wiederherstellen. Aber das ist hier und heute nicht mein Thema…  

Es geht im SC-Tagebuch um den SC, logisch. Dieser ist in den ersten sechs Spielen schon auf zwei Teams der „Big 5“ getroffen und misst sich am Samstag in Leipzig mit dem dritten der fünf „Giganten“. Deshalb lässt mich die aktuelle Punktausbeute von sechs Zählern auch keineswegs die Alarmglocken läuten, zumal in den Remis-Heimspielen gegen die „normalen“ Gegner, Wolfsburg und Bremen, durchaus auch Siege drin waren. Dazu der Auswärtssieg in Stuttgart und er Auswärtspunkt bei Union – das passt schon.

Mittelfristig mache ich mir gar keine Sorgen um den SC, selbstverständlich auch nicht, wenn das Auswärtsspiel in Sachsen sozusagen programmgemäß mit einer Niederlage enden würde.

Das kann – muss aber nicht passieren.

Der Umstand, dass der SC bei seinem letzten Geisterspiel in der riesigen, gähnend leeren Leipziger Nussschale, kurz vor dem Sieg stand und beim 1:1 (0:1) immerhin einen verdienten Punkt „stehlen“ konnte, zeigt ja, dass etwas gehen kann in Sachsen. Der aufwendige Champions-League-Auftritt gegen Paris SG am späten Mittwochaben (2:1) und der Dauerstress des Nagelsmann-Teams durch nationale und internationale Aufgaben kommt hinzu. Wie sehr fokussieren sich die internationalen Stars aus Leipzig zwischen Paris und den bevorstehenden Länderspielreisen auf den SC Freiburg? Vielleicht gibt es ja tatsächlich eine kleine Chance, die Leipziger einmal mehr zu ärgern. Die hatten zuletzt im Bundesliga-Heimspiel durchaus Mühe, sich gegen eine leicht kriselnde Hertha mit 2:1 durchzusetzen und verloren in Mönchengladbach, gegen zugegeben derzeit sehr starke Borussen, mit 1:0.

Sei es drum - irgendwie muss ich mir ja Mut machen, vor einer langen und weiten Dienstreise von insgesamt knapp 1.400 Autobahn-Kilometern. Vergnügungssteuerpflichtig ist das sicher nicht, eine so weite Reise zu einem Geisterspiel in Ostdeutschland anzutreten; im „Lockdown light“…

Mein Reiseplan:

Um mich in der aktuellen Infektionslage optimal vor Ansteckung zu schützen, habe ich mich entschlossen, nicht wie in den Vorjahren nach Leipzig zu fliegen oder mit der Bahn zu fahren. Stattdessen werde ich am Freitag um 16 Uhr den baden.fm-Hybrid-Toyota vom Funkhaus abholen und individuell im Auto anreisen; morgen am Freitag erstmal bis Frankfurt. Dort hatte ich im Kopf, eventuell bei meiner Tochter Caroline und ihrem Partner Fabian zu übernachten – aber einerseits haben wir gerade das vergangene Wochenende zusammen verbracht und andererseits möchte ich den beiden nicht auf den Wecker fallen und sie nur als „Hotel“ gewisserweise „missbrauchen“. Wegen der Kosten habe ich diese Möglichkeit dann doch erwogen, bin aber bei booking.com auf ein so günstiges Angebot für zwei Nächte im Vier-Sterne-Hotel „Leonardo Royal“ gestoßen, dass ich nicht mehr gezögert habe. Ich fahre also am Freitag nach F-Sachsenhausen, übernachte und fahre den zweiten Streckenabschnitt am Samstagmorgen von Frankfurt bis nach Leipzig. Das „Leonardo Royal“ bietet Sky und freies W-LAN, so dass ich Freitagabend 2. Liga gucken kann; Bremen gegen Köln dann auf meinem DAZN-Account. Bingo!

Andere Vergnügungen sind ja im „Lockdown light“ verpönt. Vielleicht nehme ich wieder ein paar Dosen „Jacky/Cola“ mit ins Hotel – das hat sich in Berlin bewährt…

Nach dem Kick in Leipzig fahre ich wieder zurück und übernachte ein weiteres Mal in Frankfurt, bevor ich dann am Sonntagmorgen in aller Ruhe zurück nach Freiburg beziehungsweise Bad Krozingen düse.

Zum Zeitvertreib während der Stunden in Frankfurt nehme ich mir die Produktion des Rohmaterials für die Bundesligashow-Werbetrailer von baden.fm vor. Durch die schrittweise Terminierung muss das immer in gewissen Schüben geschehen. Bis einschließlich zum Mainz-Spiel (gleich nach der Länderspielpause) ist alles seit langem produziert. Jetzt folgt die Produktion der Spots für Augsburg – SC (Samstag, 28. November, 15.30 Uhr), SC – Mönchengladbach (Samstag, 5. Dezember, 15. 30 Uhr), SC – Arminia (Samstag, 12. Dezember, 15.30 Uhr) und Schalke – SC (Mittwoch, 16. Dezember, 18.30 Uhr). Der letzte Spieltag vor Weihnachten, ein Heimspiel gegen Hertha, ist bislang noch nicht exakt terminiert.

Bei diesen Trailern geht es darum, zwischen ein bereits existierendes Intro und Outro mit Nennung des Presenting-Sponsors der baden.fm-Bundesligashow, das ist nach wie vor die Brauerei Waldhaus, die wichtigen Informationen über Spielpaarung und Termin irgendwie unterhaltsam zu verpacken; mit meiner Stimme, die ja mit der Show verbunden ist. Fällt mir nichts Originelles ein, muss ich die Infos besonders dynamisch sprechen, gibt es etwas Witziges oder sonst etwas zu sagen, kann ich in der Spreche auch davon abweichen. Irgendein Produktionsstudio setzt die Elemente des sogenannten Donuts, also Intro – mein Take – Outro dann zusammen.

Ich bin jetzt schon gespannt, wie ich den Kick beziehungsweise die Sendung zum Kick des SC gegen Arminia Bielefeld ankündigen werde. Für Neu-Leser sei darauf hingewiesen, dass Arminia meine Jugendliebe ist; der Verein, der mich auch beruflich in die Spur brachte, bei dem ich auch heute noch die Mitgliedsnummer 7 habe und bei dem ich jedes Mal, wenn ich auf der Alm vorbeischaue, eine unglaubliche Gastfreundlichkeit genieße, obwohl ich dort doch schon fast 30 Jahre keine Rolle mehr spiele. Das ist toll. Das ist Heimat. Das ist Arminia.

Die kicken übrigens diese Woche bei Union Berlin - leider zeitgleich zum SC in Leipzig, sonst hätte ich die Reise in den Osten garantiert über Berlin abgewickelt (wenn es keinen Lockdown gäbe, versteht sich)

Im November 1993, vor 27 Jahren also, zog ich von Bielefeld nach Südbaden – von Radio Bielefeld zu Radio Freiburg FR 1, dem heutigen baden.fm – und eben von Arminia zum SC. Das zum „geschichtlichen“ Hintergrund.

Heute um 14 Uhr – etwas später als sonst - ist digitale Pressekonferenz mit Christian Streich. Mal hören, was es Neues gibt. Die wichtigsten Fakten werde ich dann hier niederschreiben und das „Vorspiel“ im Tagebuch zu Ende führen.

Nächste Station ist dann der Talk mit Früh-Moderator Markus Schäfer, morgen in der Morningshow von baden.fm – und dann geht es ja auch schon fast los…

Donnerstagnachmittag

In der Pressekonferenz lobte Christian Streich seinen Leipziger Kontrahenten Julian Nagelsmann. Die Personalsituation ist im Vergleich zum verlorenen Heimspiel gegen Leverkusen unverändert. Ich selbst sprach die offenssichtliche Formschwäche von "Chicco" Höfler an, verschwieg aber nicht, dass mir die Frage schwer fiele, angesichts der unappetitlichen Angriffe auf den verdienten SC-Recken im Internet. Der Trainer sieht den "Sechser" des Sport-Clubs ebenfalls in einem Leistungstief und bestätigte, dass "Chicco" an der Entstehung von drei Gegentoren gegen Bayer leider nicht unbeteiligt war. Ob Höfler in Leipzig weiter in der Startelf steht oder eventuell eine Pause bekommt, ließ der Trainer offen. Streich gab zu erkennen, dass der Misserfolg gegen Bayer 04 an der Stimmung nage und dass die Mannschaft natürlich alles versuchen werde, in Leipzig etwas Zählbares zu holen. Das sei freilich sehr aufwendig, es müsste an der Kraft gearbeitet werden, weshalb ein fußballerisches Integrieren eines neuen Spielers, wie etwa Guus Til, in dieser Phase schwierig sei. Die Berücksichtigung des Niederländers, der übrigens in Sambia geboren wurde und als Kleinkind in Mosambik aufwuchs, wo sein Vater als Entwicklungshelfer arbeitete, für das Spiel in Leipzig sei eher unwahrscheinlich. Da die U23 derzeit coronabedingt eine Spielpause einlegt, gibt es in der Regionalliga keine Möglichkeit für Guus, Spielpraxis zu sammeln. Dafür am kommenden Donnerstag, in einem Testspiel gegen den SV Sandhausen. Mit dabei sein werden dann auch die Talente Nishan Burkart, Marvin Pieringer und Kevin Schade, alle drei sind Angreifer der U23 des SC und sorgten zuletzt in der U23 für mächtig viel Wirbel. Ab Montag stoßen sie zum Kader der Profis. Bezüglich der taktischen Formation und Aufstellung für Leipzig hielt sich der Trainer gewohnt bedeckt. Ob Dreierkette, wie beim 1:1 im Mai oder Viererkette wie in den meisten Spielen der neuen Saison, ließ er offen, verwies aber auf "zu viele Chancen", die Leipzig beim Spiel im Mai verbuchen konnte. Mit dem personellen Experiment vom Leverkusen-Spiel - Kübler als rechter Verteidiger in der Startelf, Schmid im rechten Mittelfeld, Sallai zentral in der Doppelspitze und Petersen als Joker auf der Bank, ist Streich, unabhängig vom Ergebnis der Partie, ganz zufrieden. Ob er es in Leipzig wieder so machen will, ließ er offen.

Ich gebe zu, sehr viel schlauer war ich nach der PK nicht. 

Ich übertrage das Bundesligaspiel Leipzig gegen SC Freiburg am Samstag ab 15 Uhr live in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 988. SC-Livespiel am Radio-Mikrofon)

In der Innenstadt von Leipzig drängelten sich Tausende sogenannte Querdenker und Rechtsradikale, meist ohne Maske und Abstand, auf einer später in Gewaltszenen eskalierenden Demonstration gegen die von der Politik angeordneten Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie.  In der riesigen Nussschale „Red-Bull-Arena“, die ins einstige Zentralstadion hineingebaut wurde, hingegen gähnende Leere – die wenigen Journalisten, aus Freiburg war ich der einzige Medienvertreter vor Ort – sowie Ordner und Offizielle trugen durch die Bank Maske. Was ich an der Demo in puncto Infektionsschutz kritikwürdig finde (von allem anderen ganz zu schweigen) finde ich an der Symbolpolitik, für die der Profifußball ein Stück weit herhalten muss, genauso verwerflich. Ich saß alleine in meiner mit großzügigen Tischen ausgestatteten Sitzreihe; draußen;  weit und breit niemand in Hörweite. Trotzdem musste ich während des kompletten Aufenthalts im Stadion die Maske tragen, auch beim Kommentieren. Diese Verhaltensregel ist – mit Verlaub – lächerlich, gerad in einer so riesigen Arena wie in Leipzig…

Riesig wie die Arena war auch der Qualitätsunterschied zwischen den beiden Mannschaften in der ersten Halbzeit. Die betont defensiv aufgestellte Freiburger Mannschaft, mit Fünferkette, Doppelsechs, Talent Lino Tempelmann als „Zehner“ und der Doppelspitze, gebildet aus Lucas Höler und Roland Sallai als Anspielstationen für Angriffssituationen und potenzielle Vollstrecker, ging zunächst nicht auf. Leipzig schien drückend überlegen – hatte zunächst aber kaum erwähnenswerte Torchancen. Der SC konnte vor der Pause nur sehr vereinzelte Nadelstiche setzen. Das war zu wenig, um gegen spielfreudige Sachsen zum Torerfolg zu kommen. In der 26. Minute fiel die verdiente Führung für Leipzig: Es gab einen Freistoß für die Gastgeber im Halbfeld: Nkunku kickt den Ball kurz zu Sabitzer, der schlägt eine hohe Flanke Richtung zweiter Pfosten. Mukiele war in den freien Raum gestartet und köpfte den Ball unbedrängt ins Zentrum, wo Konaté mit einer Direktabnahme erfolgreich abschließt. Florian Müller im Tor der Gäste war machtlos. Nach der Führung drängte Leipzig den SC bis zum Halbzeitpfiff von Felix Zwayer noch vehementer als zuvor in die eigene Hälfte und an den eigenen Strafraum. Die 1:0-Halbzeitführung der Gastgeber war hoch verdient und ich war schlecht gelaunt, denn allzu viel Hoffnung auf eine Ergebniskorrektur hatte der SC in der ersten Hälfte nicht versprüht.

Zu meiner positiven Überraschung änderte sich das nach dem Wechsel. Ursache war vermutlich, dass der SC von zwei „Sechsern“ und einem „Zehner“ auf einen „Sechser“ und zwei „Achter“ umschaltete und so mutiger nach vorne spielte und plötzlich auf Augenhöhe mit dem virtuellen Tabellenführer in der Blitztabelle agierte. Eine von Roland Sallai knapp verpasste Hereingabe und ein aussichtsreicher aber etwas zu zaghafter Kopfball des aufgerückten Lukas Kübler waren kleine Höhepunkte in einer nun offenen Partie zwischen Leipzig und Freiburg. Plötzlich schien wieder alles möglich…

Zumindest bis zur 67. Minute. Ein ganz normaler Angriff der Leipziger an dessen Ende Nkunku im Strafraum den sterbenden Schwan mimt. Kontakt ja – aber Foul?  Ich denke, es gibt in dieser Szene nicht viele Schiedsrichter, die auf Elfmeter entscheiden. Felix Zwayer macht das aber ohne zu zögern. Im Kölner Keller wird die Szene überprüft, offenbar reichen die Eindrücke am Bildschirm nicht aus, um von einer krassen Fehlentscheidung zu sprechen und den Elfmeter zu revidieren oder Zwayer zu einer erneuten Ansicht am Bildschirm zu bewegen. So wurde das zarte Pflänzchen Hoffnung, dass durch den Spielverlauf der zweiten Halbzeit genährt worden war, von einer fragwürdigen Schiedsrichterentscheidung niedergetrampelt. Denn Sabitzer lässt sich die Chance nicht entgehen und trifft vom Punkt. 2:0 – die Entscheidung im ungleichen Duell.

Dass Angelino in der 89. Minute noch mit einem direkten Freistoß aus 25 Metern zum 3:0 in den Winkel trifft hatte eigentlich nur noch statistischen Wert. Die Schlüsselszene der Begegnung war der Kontakt, den der bis dahin einwandfrei spielende Nicolas Höfler mit Nkunku hatte und dass dieser umfiel. Wenn so etwas jetzt immer Elfmeter gibt, bekommen wir Spaß in der Bundesliga – oder auch nicht.

Natürlich ist der Leipziger Sieg angesichts der überlegen gestalteten ersten Hälfte verdient. Die Spielentwicklung in Leipzig vermittelte dann aber die Hoffnung auf ein besseres Ende, vielleicht einen Punktgewinn für den SC, bis diese harte Elfmeterentscheidung kam.

Es bleibt dabei: Um gegen eines der fünf Top-Teams der Liga zu bestehen, bedarf es gewisser Rahmenbedingungen: Eine Top-Leistung des SC, einen schwachen Tag des Gegners, Effizienz vor des Gegners Tor und etwas Spielglück – auch bei engen Schiedsrichterentscheidungen. Der SC spielte in Leipzig ordentlich aber nicht auf seinem Topniveau, Leipzig hatte trotz der Doppelbelastung durch Bundesliga und Champions League einen ganz guten Tag, die Effizienz vor des Gegners Tor war beim SC nicht vorhanden und Glück hatten sie auch nicht, schon gar nicht bei Schiedsrichterentscheidungen. So endet ein Spiel, in dem der SC tatsächlich nicht enttäuscht hat, 3:0 für den Favoriten.

 

Das Nachspiel

Nach dem Abpfiff und meiner Analyse nebst Notengebung in der baden.fm Bundesligashow packte ich meine sieben Sachen und stellte Internetkontakt zum Pressegespräch mit den Trainern her. Auf dem Bildschirm neben mir verfolgte ich ein langes Interview mit Julian Nagelsmann – erst ARD, dann ZDF. Dann fiel mir auf, dass Sascha Glunk von der SC-Presseabteilung zusammen mit Christian Streich quer über den grünen Rasen schritt. Mir wurde klar, Streich würde jetzt auch noch die diversen Sendeanstalten mit Einzelinterviews versorgen, bevor die PK beginnen würde. Also ergriff ich meine Sachen und machte mich auf den Weg zum baden.fm-Toyota vor dem Stadion. Auch als ich den Kofferraum beladen und die dicke Jacke auf dem Rücksitz abgelegt hatte, lief die PK noch nicht. Stattdessen konnte ich in diesem virtuellen Raum mit dem Kollegen David Weigand schwätzen, der von der BZ-Redaktion in Freiburg zugeschaltet war. Wir unterhielten uns technisch einwandfrei. Irgendwann begann dann die PK und ich konnte von Christian Streichs Statement nichts verstehen, konnte den SC-Coach auch nur verschwommen sehen. Mit der zeit merkte ich, dass ein Kollege nach dem anderen die virtuelle PK verließ – denen ging es scheinbar genauso wie mir. Ich meldete mich ab, gab mein Hotel in Frankfurt/Main ins Navi ein und sah, dass ich in drei Stunden und 40 Minuten ankommen sollte. Ich gebe zu, motivierend ist das nicht, nachdem ich dieselbe Strecke ja schon am Morgen zurückgelegt hatte. Ich versuchte mich aber auf die Lieferando-Pizza und ein oder zwei Gläser Wein am späteren Abend im Hotelzimmer zu freuen und harrte dem Beginn des Spitzenspiels Dortmund gegen Bayern bei den Kollegen von Amazon Prime. Es kam aber, wie es kommen musste – ein Einzelspiel - zwei Mal 45 Minuten am Stück - als Audio-Übertragung, ohne Musikunterbrechung, das geht (mir) irgendwann auf die Nerven – ich wechselte zum Hörbuch.

Jena, Weimar, Erfurt, Eisenach – ich glitt mit 140 durch die Nacht, zumindest optisch, weil es halt dunkel war. Um viertel vor zehn am Abend fuhr ich wieder auf den sündhaft teuren Parkplatz des Leonardo Royal Hotels in Frankfurt-Sachsenhausen. Da die Zimmer vergleichsweise günstig waren (Ein Hunni für zwei Übernachtungen mit Frühstück im Vier-Sterne-Haus) akzeptierte ich die hohen Parkgebühren (24 Euro pro Nacht), weil draußen herum alles zugeparkt war. Ich fuhr mit dem Fahrstuhl in den 19. Stock des Hochhauses, meldete meiner Frau telefonisch die gute Ankunft am Ziel, bestellte beim Lieferservice eine reich belegte Pizza sowie – ganz verwegen – hausgemachtes Tiramisu und genoss noch etwas den Ausblick von da oben auf die Frankfurter Skyline. Mit dem Hotel und dem Drumherum hatte ich es diesmal reichlich besser getroffen als vor 14 Tagen in Berlin. Ich fühlte mich sehr wohl.

Übrigens war ich schon vor dem Trip nach Leipzig, im Frühstückssaal, trotz Maske, erkannt und angesprochen worden. Wie sich herausstellte, handelte es sich um einen Facebook-Freund, der durch das knallige Blau meiner PUMA-Sportswear, mit der ich mich anlässlich des Berlinspiels ein paar Mal bei Facebook abgebildet hatte, auf mich aufmerksam geworden und mich erkannt hatte. Nach einem Schwätzchen zum Frühstück ging er in Frankfurt seinem Job nach und ich meinem in Leipzig. Ich hoffe, Michael Zähringer, so hieß der Mann, war in seinem Job erfolgreicher als ich. Wobei ich ja unterscheiden muss: Die baden.fm-Bundesligashow war im Prinzip gut gelaufen – nur das sportliche Ergebnis hat nicht gepasst.

 Am Sonntag schlief ich aus und aalte mich dann erstmal in der Badewanne meines Hotelzimmers. Als ich zum Frühstück kam, war meine Facebook-Bekanntschaft schon weg, kam aber später nochmal, um sich zu verabschieden. Nett, was man so alles in der Fremde erlebt. Zähringer stammt aus Lahr und  ist Immobilienkaufmann in Luzern. Das habe ich seinem Facebook-Profil entnommen. Dass er überzeugter Fan des 1. FC Köln ist, Fan-Club-Vorsitzender, das hat er mir in Frankfurt erzählt - man sieht es aber auch an seinem FB-Profil…. .

Inzwischen ist es Montag geworden und ich sitze in der WZO-Redaktion. Hier entstand heute meine allwöchentliche Zeitungskolumne „SC INTEAM“. Erscheinen wird sie am Mittwoch in unseren Wochenzeitungen – Tagebuch-Leser sind also im Vorteil (smile)

 

SC INTEAM

Sieben Spieltage sind in der Fußball-Bundesliga absolviert. Mit sechs Punkten fällt die Zwischenbilanz des SC Freiburg ernüchternd aus. Auch wenn der personelle Aderlass in der kurzen Sommerpause – anders als im Jahr zuvor – beträchtlich war, sind die Probleme des Sport-Clubs nicht wirklich  fehlender Qualität geschuldet. Die Freiburger haben bislang noch kein Spiel gegen eine Mannschaft verloren, die in etwa der „Kragenweite“ des Sport-Clubs entspricht. In drei Spielen blieb der SC punktlos – jeweils gegen Gegner,  die der  seit drei Jahren fest etablierten Spitzengruppe der Liga  angehören: 0:4 in Dortmund, 2:4 gegen Leverkusen und zuletzt 0:3 in Leipzig. Angesichts einer wirtschaftlich und in der Folge sportlich immer weiter auseinandergehenden Schere zwischen dem Spitzenfeld und dem Rest der Liga,  bedarf es seltener und besonderer Konstellationen, um in solchen ungleichen Duellen Punkte zu entführen. Zu solchen Konstellationen ist es bislang nicht gekommen.

Doch auch in den vier Spielen gegen „normale“ Gegner, bekam es der SC nicht etwa mit „Laufkundschaft“ zu tun. Es fällt auf: Sämtliche sieben Gegner, die dem SC Freiburg bis heute gegenüberstanden, befinden sich aktuell in der oberen Tabellenhälfte. Fehlendes Spielglück in den Remis-Heimspielen gegen Wolfsburg und Bremen entlarven die aktuelle Situation des SC Freiburg als Ergebniskrise. Die gebotenen Leistungen waren nie desolat. Das als erwartbar hingenommene Remis beim 1. FC Union Berlin wird rückblickend aufgewertet, wenn man betrachtet, dass die „Eisernen“  in ihren Heimspielen gegen Mainz mit 4:0 und Bielefeld mit 5:0 klar und deutlich als Sieger hervorgingen.

In Summe wäre es falsch, angesichts nicht zufriedenstellender Ergebnisse in der ersten Saisonphase, in Fußball-Freiburg Trübsal zu blasen. Genauso falsch wäre es freilich anzunehmen, die Spiele gegen die Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte würden nun zu „Selbstgängern“. Nach der Länderspielpause geht es am Sonntag, 22. November, um 15.30 Uhr gegen das sieglose  Schlusslicht Mainz 05. Das wird mit Sicherheit ein Spiel, das nicht nur auf dem Platz, sondern  auch in den Köpfen entschieden wird. Wer  die Bereitschaft mitbringt, kämpferisch alles zu geben, zudem aber jede Art von Verkrampfung vermeidet und einen Schuss Leichtigkeit bewahrt, Spielfreude zeigt, hat die besten Chancen, als Sieger aus der Partie hervorzugehen.

Überzogene Kritik aus dem Umfeld und   das Bashing einzelner Akteure in sozialen   Netzwerken hilft dem Sport-Club sicher nicht, seine Ergebniskrise zu meistern. Genau das muss aber das Ziel der Freiburger  sein. Ein Heimsieg gegen Mainz würde aufkommende Wogen glätten. Er wäre Nervenbalsam für das dann anstehende Auswärtsspiel in Augsburg, wo der SC im besten Fall weiteren Boden gutmachen könnte. Gelassenheit scheint angeraten – der Sport-Club wird das „rocken“. Die Qualität dafür hat er im Kader; ohne wenn und aber. (Zitatende)

 

Was ich noch sagen wollte:

Alles wird gut! Und schöne Länderspielpause…