7. Spieltag der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen Borussia Dortmund

Samstag, 5. Oktober 2019, 15.30 Uhr

Schwarzwald-Stadion, Freiburg

SC Freiburg - Borussia Dortmund

Das Vorspiel

Ich saß mitten in der Pressekonferenz von Christian Streich, als meine Frau versuchte, mich telefonisch zu erreichen. Auch wenn ich wusste, dass das „Alarm“ bedeutete, drückte ich den Anruf weg und schickte eine vertröstende sms. Nach der PK rief ich dann zurück und erfuhr, dass unser Sohn Ben beim Spielen in unserem Haus unglücklich in einen Blumentrog gestürzt war und sich heftige Schnittwunden am Knie zugezogen hatte. Er war gerade in der Beckerklinik, die er wohl zusammengeschrien hatte vor Angst und Schmerzen. Die Wunde am Knie musste mit zehn Stichen genäht werden. Nichts war es mit dem ersten Heimspiel in der D-Junioren-Staffel gegen Breisach, nichts mit dem Pokalspiel der Jungs in Emmendingen und wegen der Krücken und Schmerzen war natürlich auch das Bundesliga-Heimspiel des SC gegen Dortmund nur ein TV-Ereignis für meinen Junior. Der Bursche tat mir leid…

Die etwas gedrückte Stimmung in der Familie übertrug sich etwas auf meine Erwartungshaltung für Samstagnachmittag. Vielleicht hatte das Herunterfahren meiner Erwartungen an das Spiel gegen den BVB aber auch gar nichts mit Ben und seiner erzwungenen und zum Glück nur vorübergehenden Fußballpause zu tun. Eigentlich bin ich vor Spielen gegen die „Granden“ der Liga immer ohne irgendwelche Erwartungen an das Ergebnis. Ich hoffe dann immer auf ein halbwegs unterhaltsames und nicht zu einseitiges Spiel und fertig. So schütze ich mich vor emotionalen Enttäuschungen und werde zudem den sachlich gegebenen gigantischen Unterschieden im finanziellen und personellen Bereich gerecht. Gegen Bayern, Dortmund, Leipzig und Co. ist Freiburg immer Außenseiter. Punkte sind dann die Ausnahme. Einen Anspruch auf zählbare Erfolge kann es in solchen Spielen vernünftiger Weise nicht geben.

 

Das Fußballspiel

(Mein 952. SC-Livespiel im Radio)

In der ersten Halbzeit spielte Borussia Dortmund, wie man es von dem Star-Ensemble aus Westfalen erwartet: dominant, mit viel direktem Spiel und gefühlt klar überlegen. Bilanziert man die erste Halbzeit kommt man auf einen hohen Dortmunder Ballbesitzanteil, auf ein mächtiges Eckballverhältnis zu Gunsten der Gäste – ich glaube 9:0 oder so – und nach Toren auf eine 0:1-Führung; erzielt nach einem dieser Eckbälle, es war glaube ich der fünfte, als Witsel von seinen Mitspielern geschickt freigeblockt worden war, Kübler ihn nicht stören konnte. Herausgespielte Chancen gab es eine, als Brand einen Kopfball freistehend über die Latte nickte. Der Sport-Club war zwar optisch unterlegen, hatte aber drei gute, herausgespielte Torchancen für sich verbucht: Zwei Mal hatte Waldschmidt, der diesmal in der Startelf stand, den Kasten knapp verfehlt, einmal hatte sich Günter versucht und ebenso knapp danebengeschossen.

In der zweiten Halbzeit wirkte der SC frischer als der BVB, der womöglich noch das Champions League Spiel aus Prag in den Knochen hatte. Freiburg war mindestens auf Augenhöhe mit den ruhmreichen Gästen und kam verdientermaßen zum Ausgleich. In der 55. Minute war es, als der auffälligste Freiburger Offensivspieler, Luca Waldschmidt, das 1:1 erzielte, das stark an Waldschmidts tolles Tor von einer Woche zuvor in Düsseldorf erinnerte. Der SC machte weiter Druck und Borussia wankte, drohte sogar umzufallen. Dann aber, völlig gegen den Lauf und die Logik des Spiels, die erneute Gästeführung: Hakimi war auf dem rechten Flügel freigespielt worden und seine scharfe Hereingabe prallte von Küblers Unterschenkel ins eigene Tor.

Christian Streich setzte nun alles auf eine Karte, brachte nach Sallai – kurz vor dem 1:2 eingewechselt – nun auch Grifo und Petersen als frische Offensivkräfte. Und der Sport-Club strahlte ganz klar aus: Wir wollen mehr, hier geht noch was, wir schaffen das!

Die Minuten gingen dahin, doch in der letzten Minute der regulären Spielzeit folgte doch noch das Happy-End: Sallai flankte auf Grifo, der den Ball kurz vor der Grundlinie stoppt und flach scharf nach innen tritt. Von Akanjis Bein prallt der Ball ins Tor – fast eine Blaupause zum Dortmunder Führungstreffer. Aber welch ein Jubel! 2:2 gegen Borussia Dortmund. Es wird gefeiert wie ein Sieg.

 

Das Nachspiel

Eigentlich war der SC gegen Borussia Dortmund so stark, dass die Unterbrechung des Bundesligabetriebs durch die Länderspielpause für den SC nicht wirklich gelegen kam. Dennoch erlebten dann ja Luca Waldschmidt und – für viele etwas unerwartet- auch Abwehrstratege Robin Koch ihr Debüt im Trikot der deutschen A-Nationalmannschaft. Die beiden Vize-Europameister der deutschen U21 machten ihre Sache gegen Argentinien – beide in der Startelf und 90 Minuten plus Nachspielzeit dabei – und in Estland – hier stand nur Luca in der Startelf, Robin blieb auf der Bank – durchaus ansprechend.

Derweil übten die Daheimgebliebenen im französischen Colmar. Trotz der vielen Abstellungen für internationale Aufgaben, stand im schmucken kleinen Stadion des französischen Kooperationsvereins immer noch eine veritable Bundesligamannschaft auf dem Platz. Nach müder und torloser erster Halbzeit, wurde der Klassenunterschied nach dem Wechsel deutlich. In der zweiten Hälfte stürmte nur noch der SC. Ein Kopfballtor von Höler, nach Flanke von Petersen, blieb aber der einzige Treffer, auch weil Terrazzino mit einem herrlichen Schuss nur  die Querlatte traf. Der KSC kam dem Ausgleich zu keinem Zeitpunkt nahe, auch nicht, als der SC Freiburg die letzten 20 Minuten mit fünf Regionalligaspielern aus der U23 bestritt. Unter dem Strich, war es ein gelungener Test der Daheimgebliebenen. Nicht mit dabei war Pechvogel  Lukas Kübler, der mit einer Knieverletzung lange ausfallen wird. „Chico“ Höfler zog sich, wie man heute weiß, weine Zehenverletzung zu, die ihn aber nicht länger aus dem Rennen nahm.

Dieses, wegen viel Arbeit im Verlag, mit großer Verspätung nachgeschobene „Nachspiel“ zum Dortmund-Kick ist zugleich der Anfang des Vorspiels für die Auswärtspartie beim 1. FC Union Berlin.