8. Spieltag der 60. Saison der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen FSV Mainz 05

Samstag, 1. Oktober 2022, 15.30 Uhr *

Europa-Park Stadion, Freiburg *

SC Freiburg - FSV Mainz 05 *

 

Vor Mainz und Marathon

Mit dem Heimspiel zur klassischen Bundesliga-Anstoßzeit am Samstag um 15.30 Uhr gegen den FSV Mainz 05 beginnt für den SC Freiburg und auch für mich als begleitenden Reporter eine extrem intensive Phase mit Spielen beziehungsweise Liveübertragungen in einem ungewohnt engen Rhythmus: Sechs Englische Wochen am Stück.

Hintergrund dieses Fußball-Marathons sind die Bundesliga mit ihrer wegen der Winter-WM in Katar vorgezogenen Winterpause, verbunden mit einer dem Bundesligabetrieb geschuldeten Englischen Woche ganz am Schluss, Mitte November, der zweiten Hauptrunde im DFB-Pokal mit dem Heimspiel am Mittwoch, 19. Oktober, gegen den Zweitligisten FC St. Pauli und natürlich die Teilnahme an der Gruppenphase der UEFA Europa League mit vier noch ausstehenden Spielen in den nächsten sechs Wochen.

Mit Europa möchte ich heute beginnen, denn am kommenden Mittwoch, 28. September, halte ich im Rotary Club Bad Krozingen mal wieder einen Fußball-Vortrag. Titel:

Eine Reise durch Europa – der SC Freiburg in einer neuen Dimension.

 

Für meine hoch geschätzte Tagebuch-Leserschaft, über die ich in der Tat recht wenig weiß. Die mich aber durch Rückmeldungen – zum Beispiel aus der ganzen Welte und Bielefeld – immer wieder überrascht und erfreut, halte ich hier und heute eine Vorveröffentlichung meines Vortragstextes bereit. Ich hoffe, sie bereitet ein wenig Freude. Ich bitte um Verständnis, dass ich ab und an auf gesellschaftliche Themen, auch außerhalb des Fußballs, und/oder auf persönliche Freunde aus dem Rotary Club eingehe. Das sollte Euch nicht stören!

 

Hier also mein Rotary-Vortrag:

 

Der SC Freiburg spielt international; das ist er Anlass und das Motiv für meinen heutigen Vortrag. Der Umstand ist etwas Besonderes für alle, die den Fußball lieben und dem SC Freiburg in irgendeiner Form nahestehen.

Mein kommunikatives Ziel ist es, das aktuelle sportliche Geschehen in einen vereinshistorischen Kontext zu stellen und das aktuelle Mitwirken des Sport-Clubs auf der internationalen Bühne für jeden verständlich als „neue Dimension“ einzuordnen, wie es in der Subline meines Titels heißt.

Gemeint ist eine neue Dimension relativ zu den früheren internationalen Ausflügen dieses stetig wachsenden und an Qualität gewinnenden Vereins in einem sich auf unschöne Weise verändernden sportlichen Umfeld.

Starten wir mit der noch kurzen und überschaubaren – aber existenten – internationalen sportlichen Historie. Anno 2022 ist es nämlich bereits das fünfte Mal, dass der SC Freiburg versucht, in der internationalen Fußballwelt, Spuren zu hinterlassen. Bislang ist es freilich nicht wirklich oder nicht nachhaltig gelungen.

Rückblende:

In der Saison 1993/94, in deren Verlauf ich als begleitender Radiokommentator sämtlicher SC-Spiele dazustieß, kickte der SC erstmals national auf höchstem Niveau, in der Bundesliga. Es gab ein nervenaufreibendes Fotofinish um den Klassenerhalt, das erst am letzten Spieltag denkbar knapp zugunsten des Frischlings SC Freiburg entschieden wurde.

Wer als Mannschaft so etwas erlebt, spielt häufig im Folgejahr befreiter auf und kickt auf einem höheren Level. Das ist nicht Freiburg-spezifisch, sondern lässt sich immer wieder mal beobachten und war auch schon Thema in einem meiner früheren Vorträge.

So kam es, dass der SC 1994/95 in ganz neue Dimensionen vordrang, die Bundesliga sensationell als Tabellendritter abschloss und erstmals in seiner Geschichte einen internationalen Wettbewerb erreichte, den damaligen UEFA-Cup.

Der UEFA-Cup ist der Vorläufer der heutigen UEFA Europa League. Wichtigster Unterschied: In der heutigen Europa League gibt es zum Start eine Gruppenphase mit sechs gesicherten Spielen für jeden Teilnehmer am Wettbewerb. Der UEFA-Cup war von Beginn an ein „k.o.-Wettbewerb“. Es wurde ausgelost, wer gegen wen spielt, dann gab es Hin- und Rückspiel, der Gewinner kam weiter, der Verlierer war draußen.

1995 holte sich der SC als Novize auf internationalem Parkett in der ersten Runde des UEFA-Cups eine blutige Nase. 

Der 1:2-Heimniederlage gegen Slavia Prag folgte im Rückspiel ein 0:0, damit war der europäische Traum der Freiburger ganz schnell ausgeträumt.

Bundeskanzler war in jener Zeit Helmut Kohl, wir bezahlten in D-Mark und mussten für die Radioübertragung aus Prag für viel Geld eine Leitung mieten und freischalten lassen, um das Rückspiel überhaupt im Radio übertragen zu können. (Heute wird online gestreamt. Ein Knopfdruck und die Verbindung steht).

Prag war zu jener Zeit für Besucher aus dem Westen ein günstiges Pflaster – zudem war es für allein reisende Männer aus dem Westen fast unmöglich der überall in der Stadt auswuchernden Prostitution zu entgehen. Ich bin wirklich nicht prüde, aber was ich damals erlebt habe – was uns – (wir waren ein Zweiterteam vom Privatradio, heue aus Kostengründen unvorstellbar) 1995 in Prag - in den Discos, in den Kneipen, auf dem Wenzelsplatz, in den Straßen, diesbezüglich begegnete, war wirklich schlimm. Ich spüre heute noch das befreiende Gefühl, als wir endlich im Taxi saßen und heraus waren aus diesem Moloch. Das war wirklich eine heftige Erfahrung.

Dann kamen wir an unserem Fünf-Sterne-Hotel an mit dem Taxi, der livrierte Empfangschef lief uns entgegen mit den Worten „Wollen Sie Sex? Ich habe da einen Katalog…“ und blätterte vor uns durch bunte Bilder mit (halb-)nackten Damen, abgeheftet in einem Leitz-Ordner.

Und nicht nur das: Freiburgs damaliger Cheftrainer Volker Finke war außer sich! Es ging um den Schiedsrichter-Betreuer von Slavia Prag. (Zur Info: Die gastgebenden Vereine tragen immer und überall Verantwortung für die Betreuung der Schiedsrichterteams. Sie stellen also jemanden ab, der die Unparteiischen betreut, mit ihnen essen geht, sie vom Hotel zum Stadion und zurückbringt und im besten Sinne jeden Wunsch von den Lippen abliest.) Freiburgs Trainer Finke war damals absolut not amused, dass es sich bei dem Schiedstrichterbetreuer von Slavia Prag um drei junge Damen im Minirock handelte. Ich zitiere Volker Finke damals, der mir völlig aufgebracht sagte: „Herr Rischmüller, das ist eindeutig Gewerbe! Eindeutig! Es ist nicht zu fassen.“

Diese real erlebten Geschichten nur als kleinen Hinweis auf gesellschaftliche Realitäten, die mir damals begegnet sind und die ein Schlaglicht auf die Welt von vor knapp 30 Jahren werfen. 

Die Schiedsrichterleistung in Prag war übrigens okay, sportlich war es aber kein Bringer – ich erinnere: 1:2 im Hinspiel in Freiburg – jetzt folgte ein 0:0 in Prag, die erste Europa-Reise des Sport-Clubs war schnell beendet.

 

Beim zweiten Mal hielt sich der SC länger auf internationalem Parkett:

2001 spielte Freiburg am 11. September – ja, an jenem 11. September, an dem Fußball nur eine Nebenrolle spielen sollte – in der Slowakei, in Puchov, ähnlich wie sechs Jahre zuvor in Prag 0:0. Ich war als Radio-Reporter mehrere Tage vor Ort und saß am Vorabend des Spiels als Gast der Führungsriege des gastgebenden Vereins Matador Puchov, benannt nach und finanziert von einer Autoreifen-Firma, in einer fröhlichen Runde mit viel Slivovitz.

Mit dabei waren natürlich die Spitzen des SC aber auch zum Beispiel ZDF-Reporter Bela Rethy, es war also ein richtig illustrer Kreis und ich sicherlich der Unbe-deutendste unter den Anwesenden. Nach dem zweiten Slivovitz sagte ich, nein – sorry – mehr nicht. Mein Hotel ist fünf km entfernt und ich habe einen Mietwagen vor der Tür. Dann ging es hin und her zwischen den Mächtigen von Matador und den Dolmetscherinnen, es wurde telefoniert, unter anderem mit dem örtlichen Polzeiposten. Dann wurde mir mitgeteilt: Ich dürfe sorglos weiter mittrinken, denn am Ende des Abends würde ich von der Polizei zu meinem Hotel eskortiert; Mastador schien Macht zu haben…

Ein paar Stunden später: Ich, deutlich angeschickert - wohlgemerkt in meinem Mietwagen - die Polizei hintendran. Zurück zum Hotel - Abschiedsgruß über Lichthupe. Realität in der Slowakei im Spätsommer 2001. 

Am Spieltag machte dann ein Gerücht die Runde: In New York sei etwas Schreckliches im Gange. Der SC wolle das Spiel absagen. Die Informationen, die ich bekam, waren sehr spärlich. Die UEFA bestand auf der Austragung der Begegnung, auch der Gegner wollte spielen, die slowakischen Fans im Stadion machten Party.

Ich fühlte mich schlecht informiert und unwohl in meiner Haut. Irgendwas ging da vor in der Welt. Aus Freiburg erhielt ich die Nachricht, dass meine Fußballübertragung von der Geschäftsleitung aus dem Programm genommen worden war. 

Nach dem irgendwie unwirklichen 0:0 auf dem Fußballplatz hatte ich schwer definierbare Ängste. Also rief ich privat meinen Nachrichtenchef an – ich war zu dem Zeitpunkt Chefredakteur des Senders – und ließ mir Bericht erstatten, was eigentlich los war in der Welt und ob ich in diesem Städtchen in der Slowakei irgendetwas zu befürchten hätte. Der Nachrichtenchef, Dr. Roland Weis, heute Kommunikationschef bei Badenova, berichtete von den Geschehnissen in New York, beruhigte mich aber was meine persönlichen Ängste betraf.

Zurück zum Sport: Im Rückspiel gelang dem SC gegen die Slowaken ein 2:1 und stand in der zweiten Runde.

Hier verlor der SC das Heimspiel gegen den  FC St. Gallen mit 0:1. Wegen des (damals) alten und kleinen Stadions in St. Gallen und des großen Interesses deutscher Fußballfans am Spiel wurde das Rückspiel in das Stadion am Hardturm in Zürich verlegt. Trotz der enttäuschenden Hinspielniederlage begleiteten 15.000 Fans den SC Freiburg nach Zürich und erlebten einen famosen 1:4-Auswärtssieg ihrer Lieblinge. Bis dahin sicher auch einer der Höhepunkte meiner Reportertätigkeit.

In Runde drei des UEFA-Cups hieß der Gegner Feyenoord Rotterdam –   ein wirklich großer Name des Weltfußballs, ein neuerlicher Höhepunkt für mich, den Radio-Reporter. Es war ein erhebendes Gefühl, mit dem kleinen SC Freiburg beim großen Feyenoord zu gastieren. Das Besondere: Die Finke-Schützlinge spielten im legendären Stadion De Kuip auf Augenhöhe mit den Niederländern. Sie verloren leider – etwas unglücklich – mit 1:0. „Nur“ 1:0 möchte ich betonen. Man mochte sich gar nicht ärgern, so gut hatten die Jungs mitgespielt. Und natürlich hatten sie nach diesem Hinspielergebnis im Rückspiel in Freiburg noch alle Chancen. 

Ich binde, wie Sie gemerkt haben, gerne ein paar außersportliche Besonderheiten ein.

In Rotterdam war es das erste Mal, dass ich zumindest als Zuschauer, mit dem Gewalt-Problem konfrontiert wurde. Ich erlebte, dass die Fans aus Freiburg unter Polizeischutz in einem Sonderzug herangekarrt wurden. Der hielt an einem Bahnhof direkt am Stadion, von dem aus ein zum Teil unterirdischer Gang direkt in die hermetisch abgesperrte Gästekurve führte. Ich fand diese offenbar notwendige rigorose Trennung der Fans ziemlich krank und unschön für den Eindruck des Fußball-Umfelds insgesamt.

Das Spiel ging auf dem Platz also mit 1:0 verloren. Im Rückspiel lag der SC dann mit 2:1 vorne, drängte auf das entscheidende Tor, um weiterzukommen, kassierte dann aber im Dreisamstadion das ernüchternde 2:2. Es wurde mucksmäuschenstill – der SC war ausgeschieden; das Abenteuer Europa war (vorerst) wieder zu Ende.

 

Erst zwölf Jahre später, im Jahr 2013, war der SC Freiburg wieder international dabei, diesmal hieß das Spektakel UEFA Europa League und durch die Gruppenphase waren sechs Spiele garantiert.

Der Verein war für so eine Belastung, im Dreitagerhythmus gegen Bundesligisten oder starke europäische Rivalen zu spielen, nicht wirklich vorbereitet. Die starke Bundesligasaison, die den SC in den internationalen Wettbewerb gebracht hatte, hatte dazu geführt, dass die besten Spieler von finanziell stärkeren und sportlich vermeintlich attraktiveren Clubs weggekauft wurden. Eine Schwächung für das Folgejahr…

Hinzu kam das offene Bekenntnis des Vereins, der Bundesliga und dem Klassenerhalt absolute Priorität einzuräumen. Die Europa League wurde als Abenteuer für Mannschaft und Fans mitgenommen, das nächste Bundesligaspiel sollte aber immer Vorrang vor dem jeweiligen Europa League Spiel haben.

Damals, 2013, war der Profikader des SC bei Weitem nicht so gut aufgestellt wie heute.

 So kam es, dass in den Spielen gegen den späteren Gruppensieger FC Sevilla aus Spanien, Slovan Liberec aus Tschechien und Estoril Praia aus Portugal zum Teil Regionalliga-Amateure in der Freiburger Startelf standen, um die Belastung der Profispieler im Rahmen zu halten. Trotzdem holte der SC sechs Punkte aus den sechs Spielen, etwa durch einen Sieg beim späteren Gruppen-Zweiten in Liberec.

Der Ausflug nach Liberec, den ich gemeinsam mit unserem rotarischen Freund Andreas Schucker erleben durfte, ist unvergessen. Für mich war es im Rahmen der An- und Abreise über Flugzeug und Mietwagen auch ein Wiedersehen mit Prag, das sich 18 Jahre nach meinem Erstbesuch zum Glück jetzt völlig anders und als eine pulsierende Metropole westlichen Standards präsentierte.  Es tat gut, das zu erleben.

Die Reise nach Portugal zu Estoril Praia, in der Nähe von Lissabon, war klimabedingt auch sehr schön. Sportlich brachte es allerdings das dritte 0:0, das ich auswärts in Europa-Cup-Spielen erlebte und es war eines dieser Spiele mit Regionalliga-Amateuren im Team. Ich erinnere mich zum Beispiel an den Namen Lorenzoni.

In der Summe kam der SC also in sechs Spielen zu sechs Punkten - Platz drei in der Gruppe - das bedeutete für Freiburg mal wieder das Aus im Wettbewerb. Wegen der Priorisierung der Bundesliga und des Ausscheidens nach der Gruppenphase stand der Sport-Club damals deutschlandweit in der Kritik.

 

2017 verpasste Freiburg dann die Gruppenphase der Europa League, weil der SC in der vorgeschalteten Qualifikationsrunde etwas überraschend gegen die „namenlosen“ Slowenen von NK Domzale ausschied; dem 1:0 im Hinspiel folgte in Ljubljana eine völlig unerwartete 2:0-Niederlage.

Damit blieb dem SC die Teilnahme an der Gruppenphase der Europa League verbaut. Ljubljana in Slowenien habe ich über meine Dienstreise als wunderschöne, reizvolle Stadt kennengelernt, die ich gerne für eine Städtereise weiterempfehle. Es ist wirklich schön dort!

Als ich auf dem Rückflug war, dachte ich, damals 57 Jahre alt, über die Frage nach, ob mir wohl in meiner Reporterrolle nochmal Europäische Fußballreisen, etwa im Rahmen einer Gruppenphase in geballter Form, vergönnt sein würden. Angesichts der 12 Jahre, die zwischen dem Abenteuer UEFA-Cup mit Puchov, St. Gallen und Rotterdam und dem nächsten Mal mit Sevilla, Estoril und Liberec lagen, war das eher fraglich, was ich sehr bedauerte.

 

Ich hatte die Rechnung allerdings ohne „meinen“ SC Freiburg gemacht…

Der Sport-Club hat sich in den vergangenen Jahren stetig entwickelt, ist strukturell immer größer geworden, spielt mittlerweile in einem konkurrenzfähigen neuen Stadion, hat im Frühjahr erstmals in seiner Geschichte am DFB-Pokalfinale teilgenommen und dort in Berlin auch mit 30.000 friedlich feiernden Fans ein super Bild abgegeben.

Ja, der SC hat sportlich im Elfmeterschießen gegen das moderne Konstrukt RB Leipzig, Symbol für eine Fehlentwicklung im Profifußball, wie ich finde, verloren. Bewiesen hat aber die ganze SC-Familie, dass auch der Rahmen gewachsen ist, nicht nur der Club.

Legende sind die großen Banderolen in dieser mit 30.000 SC-Fans besetzten Kurve im Berliner Olympiastadion:

Einzigartiger Verein, so wie Du soll Fußball sein. SC Freiburg e.V..

Welch ein Statement vor einer medialen Weltöffentlichkeit gegenüber Fehlentwicklungen im Profifußball wie zum Beispiel RB Leipzig.

Der SC Freiburg gehört keiner Firma, keinem Mäzen, keinen Investoren oder Aktionären, sondern den aktuell 39.000 Vereinsmitgliedern, die ihn ausmachen. Und das ist gut so!

Die sportliche Niederlage wurde solidarisch ertragen, die Spieler wurden in Berlin gefeiert, trotz der Niederlage mit vier oder fünfmal Pfosten und Latte, alleine in der Verlängerung und im Elfmeterschießen.

Die Haltung aller Beteiligter war großartig.

Sportlich wichtig bei all diesen Beobachtungen:

Die Qualität der Mannschaft ist in den vergangenen Jahren fast etwas im Stillen immer besser geworden.

Im Profikader stehen heute 28 hervorragende Profis, viele aus der eigenen Fußballschule, andere klug ausgewählt und dazu geholt. Ohne bedeutenden Qualitätsverlust können einzelne Spieler ausgetauscht werden, kann die Last, wenn es ab nächsten Samstag sechs Wochen lang im Drei-Tage-Rhythmus so richtig intensiv wird, auf mehr Schultern und Beine verteilt werden.

Meine These: Neun Jahre nach der ersten Teilnahme an der UEFA Europa League ist der SC sportlich und strukturell deutlich besser aufgestellt als beim ersten Mal. Das muss nicht, aber es kann im internationalen Wettbewerb weit führen.

Trainer Christian Streich, der 2013 dem Klassenerhalt in der Bundesliga absolute Priorität einräumte, sagt heute

„Wir vertreten zusammen mit Union Berlin Deutschland und die Bundesliga in der Europa League – darauf sind wir stolz.“ Und der Trainer lässt Taten folgen: In den ersten beiden internationalen Spielen ließ er die absolut „erste Kapelle“ spielen. Die Ergebnisse stellten sich fast zwangsläufig ein:

Zum Auftakt schlug der SC Freiburg vor ausverkauftem Haus den Verein Qarabag FK aus Aserbaidschan mit 2:1. Auch wenn den Club aus dem fernen Baku hier kaum jemand kennt, sind die richtig gut: Qarabag ist seit Jahren international dabei, mal in der Champions League, mal in der Europa League oder auch mal in der neuen europäischen Conference League. Im Sommer haben sie sich in der Champions League Qualifikation gegen den Schweizer Meister FC Zürich und den ungarischen Meister Ferencvaros Budapest durchgesetzt. Und am zweiten Spieltag der aktuellen Europa League hat Qarabag in Baku gegen den französischen Pokalsieger FC Nantes mit 3:0 gewonnen. Am ersten Spieltag haben sie, wie gesagt, in Freiburg mit 2:1 verloren; knapp und eng – aber der Gegner war nicht von Pappe…

Freiburgs zweiter Gegner im Wettbewerb war der griechische Rekordmeister und amtierende Doublesieger Olympiacos Piräus. Das war vor knapp zwei Wochen und ich wurde auf meiner Dienstreise fürs Radio von den rotarischen Freunden Uwe Gleichauf und Wolfgang Packi begleitet. Wir sind immer noch voller Begeisterung über das Erlebte – im Detail nachzulesen unter www.sc-tagebuch.de .

Hier im Vortrag möchte ich mich auf das Sportliche beschränken, das meine These stützt und auch die Subline des Vortragstitels unterstreicht  – „der SC Freiburg in einer neuen Dimension“.

Sportlich war es ein Traum. Olympiacos gehört nicht seinen Mitgliedern, sondern einem Reeder, dem übrigens auch Nottingham Forrest in der englischen Premier League gehört. Mit viel Geld macht er an beiden Standorten viel Alarm, sorgt für ein enormes Kommen und Gehen von Spielern. Die sportliche Harmonie auf dem Platz, das Mannschaftliche, kann da zumindest – noch – nicht funktionieren. Entsprechend mäßig waren vor dem Spiel die Ergebnisse von Olympiacos und entsprechend verunsichert ist die Mannschaft aktuell. Das wusste der SC und er spielte in einem Stadion, dessen legendäre Atmosphäre eigentlich einschüchtern soll, von Beginn an extrem dominant. Wie bekannt sein dürfte, gewann der SC Freiburg in Piräus eindrucksvoll mit 3:0.

 

In Summe hat Freiburg jetzt nach zwei Spielen genauso viel Punkte geholt, wie bei der letzten Europa League Teilnahme am Ende der Gruppenphase, nämlich sechs. Es stehen aber noch vier Spiele aus.

 

Ich behaupte, zumindest in den nächsten drei Spielen ist der SC Freiburg Favorit: Am Donnerstag im Heimspiel gegen den FC Nantes, der wie gesagt in Baku mit 0:3 verloren hat und in der französischen Liga aktuell nur auf Platz 15 steht, eine Woche später in Nantes und dann Ende Oktober beim Rückspiel in Freiburg gegen Piräus. Da sind viele Punkte möglich…

Richtig schwer wird sicher der Abschluss der Gruppenphase, am 3. November in Baku. Aber vielleicht sind dann die Würfel längst gefallen und der SC hat die Weichen gestellt, auch 2023 noch im Wettbewerb zu sein und ab Februar an der k.o.-Runde der Europa League teilzunehmen.

Zurzeit deuten also alle Vorzeichen darauf hin, dass der SC – wie man so schön sagt – im Europäischen Wettbewerb überwintern darf und dadurch vielleicht wirklich erstmals Spuren auf dem internationalen Parkett hinterlässt.

 

Eine Reise durch Europa – der SC Freiburg in einer neuen Dimension – so der Titel meines Vortrags.

Gemeint ist natürlich eine sportlich neue Dimension. Aber nicht nur: Alle drei Europa League Heimspiele des SC sind - im Heimbereich – restlos ausverkauft. Das war in früheren Jahren mit internationalen Spielen nie so.  Die Fans fiebern mit. Ich auch – als Radioreporter; und ich bin sehr glücklich darüber, diese Europareise mit dem SC zu erleben.

 

It’s only soccer, but I like it. (Zitat- bzw. Vortragsende)

Vor die Europa League haben die DFL und die Fußballgötter die Bundesliga gesetzt. Nähern wir uns also jetzt und hier dem bevorstehenden Spiel gegen Mainz 05. Auch hier soll mir ein bereits verfasster aber noch nicht veröffentlichter Text etwas Arbeit abnehmen: Meine Kolumne „SC INTEAM“ für die nächste Ausgabe des ReblandKuriers, die am Mittwoch, 28. September, erscheint…

 

SC INTEAM

Der phänomenale Start in die Gruppenphase der Europa League, mit sechs Punkten aus zwei Spielen – 2:1-Sieg gegen Qarabag und 0:3-Auswärtserfolg in Piräus – übertüncht ein wenig den grandiosen Saisonstart des SC Freiburg in der Bundesliga. Dieser soll hier und heute fokussiert werden. In den ersten sieben Spielen verließ der Sport-Club nur einmal als Verlierer den Platz: Am 12. August, dem zweiten Spieltag, beim 1:3 gegen Borussia Dortmund. Es war keine verdiente Niederlage, sondern eine äußerst unglückliche. Der SC befand sich, nach dem Führungstor durch Michael Gregoritsch in der 35. Minute, gefühlt auf der Siegerstraße,  bis ein viel besprochener und längst  verziehener Ausnahmefehler von Mark Flekken in der Schlussviertelstunde dem bis dahin enttäuschenden BVB einen Energieschub verpasste und die Wende einleitete. Dass der dritte Treffer der Dortmunder objektiv irregulär war, vervollständig das Bild von einer äußerst unglücklichen Niederlage gegen einen der ganz großen Namen der Liga. In allen anderen Spielen konnte der SC punkten, meistens sogar dreifach – etwa in in Stuttgart und Leverkusen. Fazit: Der SC Freiburg hat eine grandiose erste Saisonphase gespielt, die durch zwei hochklassige und höchst unterhaltsame Remis-Spiele gegen Mönchengladbach und in Hoffenheim – jeweils 0:0 – abgeschlossen wurde.

Nach der Länderspielpause beginnt am Samstag, 1. Oktober, um 15.30 Uhr mit dem Heimspiel gegen Mainz 05 (live bei Sky und baden.fm) Phase zwei der 60. Bundesligasaison. Es steht zu befürchten, dass die Punkteausbeute in der Liga unter  den Umstand, dass der SC  bis zur Winterpause, die Mitte November beginnt, im Drei-Tage-Rhythmus Pflichtspiele zu bestreiten hat, leidet.  Andererseits ist die Mannschaft in der Breite so gut aufgestellt, dass die notwendigen Personalrotationen nicht zwingend zu Schwächungen des Teams führen müssen. Dass sämtliche  Heimspiele der nächsten Wochen, egal ob Bundesliga oder Europa League, restlos ausverkauft sind, zeigt, dass die Hoffnung in Fußball-Freiburg lebt. Für das Spiel gegen Mainz spielt die bevorstehende ungewohnte  Extrembelastung  noch keine Rolle. Es  bleibt allerdings  zu hoffen, dass das knappe Dutzend Freiburger Nationalspieler gesund und fit von den diversen Auslandseinsätzen zurückkehrt. (Zitatende)

Mehr zum bevorstehenden Mainz-Spiel dann ab Donnerstag, nach der PK mit Christian Streich, an dieser Stelle.

So, hier sind wir wieder...

Mainz ist vor der Brust; „kein Angstgegner!“, wie Christian Streich betont, aber einer gegen den der SC Freiburg seit vier Spielen nicht gewinnen konnte. Ganz bitter war die 1:3-Heimniederlage, im November 2020; ein Wendepunkt damals, auf die eine lange Erfolgsserie folgte. Im Rückspiel folgte im März 2021 eine 1:0-Niederlage im Möbelhaus, also im Stadion des FSV Mainz 05, das aus der Entfernung eine gewisse Ähnlichkeit mit einem XXL…, na ja, ist ja auch egal. In der Saison 20/21 hatte man, wenn man dem SC nahe stand, wenig Freude an den Spielen gegen die Mainzer. In der vergangenen Saison gab es dann zwei Remis-Spiele – torlos in Mainz, 1:1 in Freiburg. Eigentlich wäre jetzt mal eine Saison mit zwei SC-Siegen angezeigt, oder?

Aber Vorsicht! Mainz hat diese Saison speziell auswärts stark begonnen: 2:1-Siege gab es in Bochum und Augsburg – okay, das überrascht nicht allzu sehr – aber der 0:1-Erfolg in Mönchengladbach, der dritte Auswärtssieg im dritten Auswärtsspiel, nötigt dann schon Respekt ab. Als kalte Dusche mögen die Jungs von Trainer Bo Svensson dann die 4:1-Schlappe im vierten Auswärtsspiel, als Gast der TSG 1899 Hoffenheim empfunden haben. Allerdings hatten die Mainzer schon vor der Pause ihren Abwehrchef Alexander Hack durch eine Rote Karte im Anschluss an eine klassische Notbremse, verloren. Wegen dieses Platzverweises ist Hack auch am Samstag in Freiburg noch gesperrt. Da der Elfmeter, der durch die Notbremse ebenfalls zustande gekommen war, nicht zu einem Tor für den Gegner führte, hat der DFB die Sperre von Hack nicht von zwei Spielen auf ein Spiel reduziert. Mainz kommt also ohne seinen Abwehrchef ins Europa-Park Stadion. Beim 1:1 im Heimspiel gegen Hertha BSC wurde Hack durch Stefan Bell ersetzt, der sonst als rechter Innenverteidiger aufgeboten wird und Bell war in dem Spiel, zumindest nach der Einschätzung des Kicker-Sportmagazins, beim Remis gegen die Berliner bester Spieler seiner Mannschaft. Ein Ruhmesblatt war der jüngste Auftritt der Mainzer gegen Hertha übrigens nicht – der glückliche Ausgleich fiel in Minute 90.+4.

Ein SC in guter Verfassung und gut bei Kräften – die vielen Englischen Wochen kommen ja erst noch – sollte gute Chancen haben, gegen Mainz 05 zu gewinnen. Die Chancen, die beim 0:0 in Hoffenheim liegen gelassen wurden, sollten die Freiburger aber konsequenter nutzen, um dieses Ziel in dem ­– im Heimbereich – ausverkauften Stadion auch zu erreichen.

Das Spiel gegen Mainz hat jetzt absolute Priorität, auch wenn die Europa League, in der der SC Tabellenführer in seiner Gruppe ist, elektrisiert und auch mich ein wenig ablenkt.

Hugo Siquet, Bänderdehnung im U21-Länderspiel seines Heimatlandes Belgien, wird für das Mainz-Spiel nicht in den Kader einrücken. Bei Daniel-Kofi Kyereh (Schlag abbekommen), Philipp Lienhart (dito) sollen die Blessuren aus den jeweiligen Länderspielen mit Ghana und Österreich, bezogen auf das Mainz-Spiel, unbedeutend sein. Michael Gregoritsch laboriert an einer Erkältung, trainiert aber und wurde im Radio-Interview für baden.fm, bei meiner Frage an den Trainer, wessen Einsatzfähigkeit eventuell „wackelt“, nicht erwähnt, lediglich bei der allgemeinen Bestandsaufnahme am Anfang der PK.

Daraus könnte folgen, dass der SC ein weiteres Mal mit derselben Startelf aufläuft, wie in den letzten drei Pflichtspielen gegen Mönchengladbach, in Piräus und in Hoffenheim. Zumindest sehr ähnlich könnte die Startelf am Samstag sein: Flekken – Sildillia, Ginter, Lienhart, Günter – Höfler, Eggestein – Doan, Kyereh, Grifo – Gregoritsch. In den Wochen danach wird Trainer Christian Streich angesichts der vielen Spiele im Drei-Tage-Rhythmus, personell rotieren müssen, aber nicht zwanghaft im ersten Spiel der sechs bevorstehenden Englischen Wochen.

Meine persönliche Vorbereitung beginnt mit diesem letzten Teil des ersten Tagebuch-Kapitels zum samstäglichen Mainz-Spiel. Ansonsten habe ich meinen Job im Zeitungsverlag, klar, aber nichts Fußballspezifisches. Morgen kommt mich meine Enkelin Lara mit ihren Eltern besuchen, das ist Ablenkung vom Feinsten…

Wenn sich die Kleine dann Richtung Bett verabschiedet, wird aber der Fußball seine Rolle übernehmen – die Zweitligaspiele Paderborn gegen Darmstadt und Hamburg gegen Hannover haben ja durchaus „Pfeffer“.

Das Bundesligaspiel FC Bayern München gegen Bayer Leverkusen hat auch seinen Reiz. Mal schauen, ob ich es noch sehen kann, denn DAZN habe ich wegen der unverschämten Preisverdoppelung zum Monatswechsel gekündigt; aber bis 30. September ist ja alles bezahlt. Schauen mer mal…

Meinen Sohn Ben kann ich diesmal nicht mit ins Stadion nehmen, denn der hat am Samstagabend in Bad Krozingen das Landesligaspiel seiner C-Junioren (SG Markgräflerland) gegen Achern. Nach den ersten beiden Spielen sind die Jungs als Aufsteiger, nach zwei 3:0-Siegen gegen Lahr und bei der U14 des FFC überraschend Tabellenführer. Anstoß ist um 19.30 Uhr unter Flutlicht – ich werde es wohl schaffen, aber für Ben ist die Zusammenkunft seiner Mannschaft um 18 Uhr ein wenig zu zeitnah am Abpfiff in Freiburg. Karten hatte ich ohnehin nicht bekommen, der Run auf SC-Karten ist ja gerade wieder ziemlich groß; trotz des größeren Stadions sind sämtliche Spiele im sogenannten Heimbereich komplett ausverkauft – eine tolle Anerkennung für die Leistungen der Jungs.

Ich kommentiere das Bundesligaspiel SC Freiburg gegen FSV Mainz 05 am Samstag ab 15 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 1.065. SC-Livespiel am Radiomikrofon)

Am Ende stand ein 2:1-Sieg. In der Erinnerung vieler wird er als hauchdünn und glücklich verankert werden, da Mainz, das in der Schlussphase alles auf eine Karte setzte und auch Torhüter Robin Zentner permanent im Freiburger Strafraum auftauchte, in der Nachspielzeit einmal den Pfosten traf und ausgerechnet „Superjoker“ Nils Petersen, ebenfalls in der „extra-time“ einmal auf der Linie retten musste.

Trotzdem war der Sieg der Freiburger verdient, denn – obwohl die Gäste auch nach der Einschätzung von Mainzer Journalistenkollegen – auch vor der Pause eine gute Partie boten, war der SC in den ersten 45 Minuten hoch überlegen. Dominant und offensiv ausgerichtet kam der SC schon in der 3. Minute mit der Führung auf die Siegerstraße: Der später als „man oft he match“ ausgezeichnete Michael Gregoritsch spielte am rechten Strafraumeck zu Maximilian Eggestein. Der ex-Bremer passte daraufhin in die Zentrale, in die sich „Gregerl“ gedankenschnell bewegt hatte. Schlitzohrig ließ „Litz“ Doan den Ball passieren, sodass der österreichische Nationalstürmer freie Bahn hatte und den Ball aus 16 Metern ins Netz jagte.

Freiburg gab den Ton an – streckenweise war es Kombinationsfußball zum Zunge schnalzen. Folgerichtig fiel in der 37. Minute der zweite Treffer: Nach einem klugen Seitenwechsel landet der Ball bei Vincenzo Grifo. Der einen scharfen Pass an den Fünfmeterraum schlägt, wo Michael Gregoritsch gedankenschnell reagiert und vor seinem Gegenspieler an den Ball kommt. Die Direktabnahme prallt an die Unterkante der Querlatte, trumpft vor der vor der Torlinie wieder auf und springt zur rechten Seite, wo Daniel-Kofi Kyereh glänzend antizipiert und unbedrängt zu seinem ersten Bundesligator einköpft – 2:0, hochverdient, und weitere Treffer waren möglich, blieben aber aus.

Nach dem Wechsel lief es bei den Mainzern, die bis dahin keine Mittel gefunden hatten, das Freiburger Tor in Gefahr zu bringen, besser. Sieben Minuten nach Wiederbeginn profitieren die Gäste von einem kollektiven Ausfall der Freiburger: Matthias Ginter, Daniel-Kofi Kyereh und Kiliann Sildillia treffen nacheinander jeweils die falsche Entscheidung, so kann Burkhard am rechten Pfosten an den Ball kommen und ihn flach und scharf, parallel zur Torlinie, auf die linke Seite bringen, wo Aaron nicht attackiert wird, da sich Kiliann Sildillia dafür entscheidet, sich auf die Torlinie zurückzuziehen; den Abschluss des Spaniers Aaron kann er aber nicht abwehren, es steht – wie aus dem Nichts – plötzlich nur noch 2:1.

In der Folgezeit entwickelte sich bis in die Schlussphase hinein ein Schlagabtausch auf Augenhöhe, wobei der SC mehr Abschlüsse und auch die beste Chance zu verzeichnen hatte: In der 67. Minute köpfte der stets präsente und brandgefährliche Michael Gregoritsch aus kurzer Distanz aufs Mainzer Tor – der Torschrei lag mir schon auf den Lippen… doch irgendwie kam Zentner mit den Fingerspitzen an den Ball und lenkte ihn ins Toraus. Es blieb eng.

Zahlreiche Spielerwechsel prägten die Schlussviertelstunde. Mainz setzte mehr und mehr alles auf die Karte Angriff und schnürte den Sport-Club in der vierminütigen Nachspielzeit geradezu in der eigenen Hälfte ein. Auch Torwart Zentner schaltete sich, vornehmlich bei Standardsituationen, mit ins Angriffsspiel der Mainzer ein. In dieser allerletzten Phase hatte der Sport-Club das Glück, das Mannschaften hold ist, die oben stehen. In Minute 90.+2 hat Mainz Eckball. Torwart Zentner verlängert per Kopf, Caci bedient Onisiwo und der Mainzer Stürmer trifft nur den Pfosten. Irgendwer klärt zur Ecke. Gefühlt ist es jetzt eine Eckballserie und der Ausgleich liegt förmlich in der Luft. Noch in derselben 92. Minute fliegt der Ball wieder nach einem Eckstoß in den Sechzehner, Widmer hält drauf, doch Nils Petersen steht richtig und wehrt praktisch auf der Linie ab.

Christian Streich will den Mainzer Rhythmus unterbrechen und wechselt aus. Yannik Keitel kommt für Eggestein, setzt sich sofort robust im Mittelfeld ein und sieht die Gelbe Karte - Freistoß für Mainz. Keven Schade stellt sich vor den Ball, verhindert eine schnelle Ausführung. Kohr greift zur Selbstjustiz und schubst den Freiburger Stürmer nach hinten; der reagiert mit einem ähnlichen Schubser, was Kohr peinlich theatralisch zu Boden gehen lässt. Er will eine Tätlichkeit von Schade vortäuschen. Ein unrühmliches Ende eines eigentlich starken Mainzer Auftritts in Freiburg, denn Sekunden später pfeift Schiedsrichter Jablonski aus Bremen ab. Der Sport-Club gewinnt aufgrund der deutlich überlegen dominierten ersten Halbzeit, nach einer ausgeglichenen zweiten Hälfte und etwas Glück in der Nachspielzeit verdient mit 2:1 und steht punktgleich mit Spitzenreiter Union Berlin auf Platz zwei der Bundesligatabelle.

 

Das Nachspiel

Bei der Notengebung schneiden alle Freiburger gut ab – einige bekommen eine 1: Flekken im Tor, der stets präsente Lienhart in der Abwehr, der umsichtige Höfler im Mittelfeld und der auffälligste Offensive, Mittelstürmer Gregoritsch, im Angriff. Das war die Achse, die den Sieg möglich machte, erläutere ich in der baden.fm-Bundesligashow. Zufrieden gehe ich in die Mixedzone, wo ich als erstes Nils Petersen ans Mikrofon bitte – seine neue Rolle als „spektakulärster Verteidiger“ will schließlich erläutert werden; Nils liefert unterhaltsame Aussagen zum Thema – einfach ein super Typ und nach wie vor unglaublich wertvoll für das Team. Auch Daniel-Kofi Kyereh steht mir am Mikrofon Rede und Antwort. Dann gehe ich in den Pressekonferenzraum und warte auf die PK mit den Trainern. Bo Svensson gratuliert Christian Streich und findet viele positive Worte für die Leistung seiner Mannschaft. Das wertet den Auftritt und den Sieg des SC noch auf, finde ich. Christian Streich hat sich deutlich sichtbar auf dem Platz riesig über den Sieg gefreut. In der PK bleibt er unterkühlt gelassen, kritisiert das Verhalten einiger seiner Jungs beim Gegentor („ich könnte Namen nennen, lasse es aber lieber“) und ist einmal mehr Meister im Understatement. Streich betont, dass der Tabellenplatz ihm zu diesem Zeitpunkt völlig egal sei, wichtig seien nach acht Spielen die 17 Punkte auf der Haben-Seite, weil ja jetzt die besonders große Belastung mit den vielen Englischen Wochen bevorstünde, erklärt er sinngemäß. Danach kommt er zu mir zum Interview und der Arbeitstag neigt sich für mich dem Ende entgegen.

Auf der Pressetribüne packe ich meinen Kram zusammen. Freundlicher Weise lässt mich der Ordnungsdienst durch den VIP-Raum zum Ausgang laufen, was mir Maske tragen, Treppensteigen und vielleicht fünf Minuten Zeit auf meinem Weg zum Auto erspart. Diesmal bin ich alleine vor Ort, denn Ben hat ja das Abendspiel in der C-Junioren-Landesliga gegen Achern. Auf dem Weg dahin rausche ich in der Bad Krozinger Innenstadt doch glatt mit knapp 40 in der 30er-Zone in eine feststehende Radarfalle. Ich war halt abgelenkt…, sonst kenne ich die Falle natürlich. Egal.

Am Kunstrasenplatz des FC Bad Krozingen, wo das Jugendspiel 15 Minuten später beginnen soll, werde ich mit heiße, Glühwein begrüßt. Dann übernehme ich die Rolle des Audio-Tickers für die Whatsapp-Elterngruppe unserer Jungs. Die freuen sich immer, dass sich das dann anhört, wie im Radio, wenn ich über den Soiel rede, in dem der jeweilige Junior mitspielt. Die SG Markgräflerland, Aufsteiger und mit zwei 3:0-Siegen glänzend gestartet, lassen Achern keine Chance. 6:1 heißt es beim Abpfiff, obwohl die komplette Mittelachse mit der etatmäßigen Nummer 1, dem robusten Sechser und dem besten Stürmer wegen Krankheit, Omas Geburtstag in der Ferne und Verletzung ersetzt werden musste. Da steckt wirklich Potenzial in der Truppe von Ben und seinen Komplizen.

Damit ist der fußballerische Teil des Wochenendes geschafft. Der Rest gehörte der Familie, vor allem meiner kleinen Enkelin Lara aus Frankfurt, die zu Besuch weilt.

Es ist Montag, der 3. Oktober – Tag der Deutschen Einheit. Ich sitze im Büro, wo ich meine SC-Kolumne für den ReblandKurier verfasst habe. Sie erscheint am kommenden Mittwoch in der Zeitung:

SC INTEAM

Mit einem verdienten 2:1-Heimsieg im ausverkauften Europa-Park Stadion ist der SC Freiburg in die intensivste Phase seiner Vereinsgeschichte gestartet: 13 Pflichtspiele in sechs Wochen... Der Auftakt ist  gelungen: In der streckenweise fantastischen ersten Halbzeit schoss der bärenstarke  Michael Gregoritsch den Sport-Club früh in Front, bevor Daniel-Kofi Kyereh mit seinem ersten Bundesligator das 2:0 herstellte. Weitere gute Chancen blieben ungenutzt. Durch den frühen Anschlusstreffer brachte sich Mainz in der zweiten Hälfte zurück ins Spiel und kickte fortan auf Augenhöhe. In der Schlussphase waren die Gäste dem Ausgleich sehr nahe; ein Pfostenschuss und eine Rettungsaktion von Nils Petersen auf der Torlinie – beides in der Nachspielzeit – geben Zeugnis davon ab.  Ein dritter Treffer in der starken Freiburger Phase, als der SC hoch überlegen agierte, hätte frühzeitig für mehr Ruhe gesorgt.

  Am morgigen Donnerstag kommt der FC Nantes ins abermals ausverkaufte Europa-Park Stadion. Der amtierende Pokalsieger aus Frankreich ist in der Krise: Sieglos auf Platz 16 in der „Ligue 1“, am Sonntag beim 4:1 in Monaco vom Gegner vorgeführt, auf internationalem Parkett zuletzt in Baku von Qarabag  mit 3:0 besiegt, steht die Mannschaft von Trainer Antoine Kombouaré derzeit mit dem Rücken zur Wand. Die „Kanarienvögel“, wie sie wegen ihrer leuchtend gelben Trikots in Frankreich genannt werden, hoffen in Freiburg auf einen Befreiungsschlag, auch wenn derzeit  die Argumente dafür  fehlen. Keine Frage: Der SC Freiburg ist morgen Abend ab 21 Uhr (live bei RTL+ und  baden.fm) Favorit. Eine Rolle, die dem SC nicht unbedingt behagt. Andererseits haben die Jungs von Trainer Christian Streich zuletzt in Piräus und auch in der ersten Hälfte gegen Mainz gute Erfahrungen mit dominantem Auftreten gemacht. Dominanz, Wachheit und Zielstrebigkeit sind gegen die Krisen-Franzosen, die in Monaco in einer betont defensiven 5-4-1-Formation angetreten sind,   Erfolg versprechende Mittel. Die Behäbigkeit einiger Abwehrspieler aus Nantes, spricht zudem  für einen längeren Einsatz des schnellen Keven Schade.

Die Woche endet am Sonntag um 17.30 Uhr mit dem Bundesliga-Auswärtsspiel bei Hertha BSC (live bei DAZN und baden.fm). Es ist, nach dem Pokalfinale im Mai, die emotionale Rückkehr ins Olympiastadion. (Zitatende)

 

Schon jetzt freue ich mich auf die beiden Europa League Wochen mit den sonntäglichen Abstechern in Berlin und München.

 

Man liest und hört sich!