8. Spieltag der Fußball-Bundesliga, Hertha BSC gegen SC Freiburg

Sonntag, 21. Oktober 2018, 15.30 Uhr *

Olympiastadion, Berlin *

Hertha BSC - SC Freiburg *

Das Vorspiel

 

Berlin – Berlin, wir fahren nach Berlin! Konkret fahre ich morgen, am Samstag, nach dem E-Junioren-Spiel der „Golden Boys“ mit Ben gegen Müllheim und einem gemeinsamen Mittagessen von Mannschaft und Eltern nebst Sticker-Tauschbörse … nach Zürich. Dort werde ich mir in der Wohnung meines erwachsenen Sohnes Jérôme mit ihm zusammen die Sky-Bundesliga-Konferenz anschauen und gegen Abend gucken, ob in Zürichs City keiner guckt.

Sonntagmorgen geht es dann per Flieger nach Berlin. Dort habe ich um 12.30 Uhr im Bistro vom „Reinhard’s am KuDamm“ ein Date mit einem alten Wegbegleiter. Martin, vor Pi mal Daumen 20 Jahren mein Assistent und Field-Reporter bei den Liveübertragungen der SC-Spiele im damaligen Dreisamstadion hat in unserer Branche richtig Karriere gemacht, war unter anderem Geschäftsführer von Radio Energy Deutschland und ist jetzt weltweit in der Beraterszene unterwegs. Schön, dass er sich noch gerne an seine Zeit in unserer gemeinsamen Bundesligashow erinnert, die es ja immer noch gibt, und dass er vorgeschlagen hat, dass wir uns am Samstag treffen. Hinterher geht er in die SC-Fankurve, wo 1000 Schlachtenbummler aus Freiburg plus meine Freunde des Fanclubs Spreebobbele sicher für gute Stimmung sorgen werden.

Da das Musiktaxi derzeit in die Sonderproduktion „Bettenwette“ von baden.fm eingebunden ist, streame ich meine Liveeinblendungen – wie bei den meisten Spielen der vergangenen Saison – mittels einer Spezialapp via Smartphone zum Studio, von wo aus es über die Radiowellen und natürlich auch online über die baden.fm-App live ausgestrahlt wird.

Ich hoffe, ich kann gute Nachrichten übermitteln; Hertha BSC spielt zwar eine sehr starke erste Saisonphase, ich bin aber der Meinung, der SC kann das von sich auch behaupten. Wer in Wolfsburg gewinnt, Schalke schlägt und mit Leverkusen auf Augenhöhe kickt, muss sich vor Hertha BSC nicht verstecken.

Personell hat Christian Streich wieder deutlich mehr Spieler zur Verfügung: Stenzel, Frantz, Ravet und Petersen kommen nach Verletzungen und Rekonvaleszenz für einen Einsatz in Frage; vielleicht nicht alle von Beginn an – aber schauen wir mal. Vielleicht gehen auch zwei oder drei der Jungs den Umweg über einen Einsatz in der Regionalligamannschaft, um Spielpraxis zu sammeln und vielleicht am kommenden Freitag gegen Mönchengladbach einen Alternative zu sein.

Erfreulicher Weise sind die Jungs, die international unterwegs waren, Lienhart, Koch, Waldschmidt und Sallai verletzungsfrei und fit zurückgekommen. Auch sie sind Kandidaten für die Startelf in Berlin – insbesondere Waldschmidt, der in der U21 glänzen und ein Tor erzielen konnte.

Ich bin froh, dass es wieder losgeht mit der Bundesliga. Sonntag zwar – immer noch gewöhnungsbedürftig – aber immerhin um 15.30 Uhr. Ich übernachte noch in meiner Stammherberge in Berlin-Schönefeld und nehme Montagmorgen den ersten Flieger zurück nach Zürich, dann geht’s mit dem privaten Ford Kuga zurück nach Bad Krozingen, wo ein Schrank voll Arbeit auf mich wartet. Deshalb wird weder Zürich noch Berlin zum „Hangover-Abenteuer“ ausgerufen, sondern eher ruhig und mit viel Schlaf. Also ein bisschen Party schon – aber nicht zuviel. Ich bin ja keine 30 mehr. Abner – wie sagen doch die Münchener so schön: A bisserl was geht immer. Und so isses.

Mit der Anreise nach Zürich morgen habe ich das genau so gelegt, dass ich auf dem Weg dahin über Livestream Radio Bielefeld und das Spiel Arminia gegen Greuther Fürth anhören kann. Ein Arminia-Sieg wäre ein gutes Omen für unser Unterfangen mit dem SC am Sonntag – also für mich so… Genauso die Sache mit der Flugreise nach Berlin. Bin ja neulich erst mit dem Flieger und über Berlin zu einem Auswärtsspiel angereist… nach Wolfsburg war es, richtig. Ja, wenn das kein gutes Omen ist…

 

Ich übertrage das Spiel Hertha BSC gegen SC Freiburg am Sonntag ab 15 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel 

(mein 917. SC-Livespiel im Radio)

 

 

Vor 54.000 Zuschauern machte Hertha mächtig Alarm und bot zumindest phasenweise ein unterhaltsames Spektakel. Keine Frage, die Qualität und die Spielfreude, die Hertha in dieser Saison auszeichnen, waren sichtbar. Einer solchen schnellen Ballstafette entsprang in der 7. Minute die frühe Führung des Favoriten. Duda, der auch sonst für Berlin zu glänzen verstand, konnte relativ unbedrängt von halblinks abziehen und traf zum 1:0. Nach zehn Minuten hätte wahrscheinlich kaum jemand noch viel Geld auf einen (Teil-)erfolg der Freiburger Gäste gewettet, auch wenn viele Berliner Aktionen zwar gut aussahen aber letztlich im zweiten, dritten oder vierten Versuch von den engagiert kämpfenden Freiburgern doch noch gebremst wurden oder zumindest nicht zu klaren Torgelegenheiten wurden. Und wenn, dann war da ja auch noch der gut aufgelegte Alexander Schwolow im SC-Tor.

Dennoch war ziemlich überraschend, was in der 36. Minute geschah: Am Ende einer der ganz wenigen Freiburger Strafraumszenen wurde dem sehr beweglichen Waldschmidt der Ball von einem Gegenspieler weggespitzelt, landete jedoch knapp 25 Meter zentral vor dem Tor, vor den Füßen von Robin Koch. Der frisch gebackene U21-Nationalspieler fackelte nicht lange, sondern zog kraftvoll ab. Noch dazu abgefälscht von einem Berliner Abwehrspieler landete der Ball unhaltbar für Torwart Jarstein im Netz.  Keine Frage, der 1:1-Halbzeitstand war etwas schmeichelhaft für den SC Freiburg, der aber die optische Überlegenheit der Berliner über sich ergehen ließ, ohne in die ganz große Gefahr weiterer Gegentreffer zu geraten.

Nach dem Wechsel kam Rekonvaleszent Nils Petersen. Aus dem vorherigen 4-1-4-1 wurde nun ein 4-4-2, phasenweise sogar ein 3-5-2 und Hertha kam eine Zeit lang gar nicht mehr klar. Plötzlich dominierte der SC Freiburg und erspielte sich auch Chancen: Petersen verpasste eine Flanke in aussichtsreicher Position nur haarscharf (46.), Waldschmidt zielte knapp über das Tor (48.) und auch Günter hatte kein Glück im Abschluss (61.). Nach diesem Zwischenhoch der Gäste machte dann aber wieder die Hertha Dampf. Aber entweder war Schwolow auf dem Posten oder es fehlten ein paar Zentimeter. Ich freute mich am Mikrofon schon richtig über den sich anbahnenden Punktgewinn als Gast eines richtig starken Gegners, da pfiff Schiedsrichter Benjamin Cortus in der 88. Minute einen Elfmeter für Hertha BSC… Kurz zuvor hatte er bei einer Aktion gegen den eingewechselten Selke in einer 50:50-Entscheidung Gnade vor Recht ergehen lassen. Jetzt pfiff er und zeigte nach einem Zweikampf zwischen Gulde und Pal Dardai, dem gleichnamigen Sohn des Berliner Trainers, auf den Punkt. Aus der Ferne schien es mir eine Konzessionsentscheidung zu sein wegen der Selke-Geschichte zuvor. Später sollte mir Gulde ins Mikrofon erzählen, dass er zunächst von Dardai umgerissen worden war, was er dankbar angenommen habe und der junge Ungar sei dann über seinen stürzenden Körper gefallen. Über die Elfmeterentscheidung sei er deshalb entsetzt gewesen. Einem Hinweis aus Köln folgend schaute sich Schiri Cortus die ganze Szene noch einmal am Bildschirm an und kam dann wohl zu derselben Sichtweise wie Gulde, denn statt Elfmeter für Hertha gab es nun, es lief bereits die letzte Spielminute, Freistoß für den SC. Nein, es brannte nichts mehr an. Endstand: 1:1.

 

Das Nachspiel

Für mich hielt das Gastspiel in Berlin einige Stressmomente bereit:

Stressmoment 1: Als ich gegen 11.30 Uhr in Berlin-Schönefeld bei meinem Autovermieter ankam (der Kleinwagen war bestellt und bezahlt), hieß es zu meiner Überraschung, es sei kein Auto da. Ob ich eine halbe Stunde warten könnte. Leicht angenervt setzte ich mich in die Berliner Herbstsonne, lauschte meinem Hörbuch-Krimi und wurde 40 Minuten später wieder vorstellig. Alles unverändert, nur merkte ich, dass ich nur einer von vielen Kunden war, der da gerade die unglaubliche Nachricht von der Nichtverfügbarkeit eines Wagens erhielt. Auch die anderen Vermieter hatten offenbar nichts parat. Und irgendwie wurde mir klar, dass ich noch lange nicht auf Platz 1 der Warteliste stand. Ich wurde sauer. In ruhigem Ton erklärte ich dem Schalterpersonal von „Buchbinder“, dass ich für eine Livesendung nach Berlin gekommen war und wenn das Unternehmen keine Hauptrolle in einer Radiosendung spielen wolle, täten sie gut daran, mir ein Auto zu besorgen. Gegen 13.15 Uhr bekam ich dann eines. Offenbar war ich auf der Liste ein paar Plätze nach oben gerutscht. Der entspannende Milchkaffee mit meinem alten Spezi Martin im Reinhard’s am KuDamm entfiel, ich holte meinen einstigen Praktikanten und Assi der Bundesligashow nur schnell dort ab und auf ging es zum Stadion. Jetzt waren wir wieder gut in der Zeit, nur meine Nerven waren schon mal arg strapaziert.

Stressmoment 2: Wie im „Vorspiel“ erwähnt, ist das Musiktaxi, dass ich gewöhnlich mitführe, um meine Liveeinblendungen via LAN-Verbindung und Internet ins Programm zu streamen derzeit im Rahmen der „Bettenwette“ von baden.fm im Einsatz. Die alternative Möglichkeit, sozusagen die kleine Lösung – ohne Qualitätsverlust – ist die via Smartphone und einer relativ teuren aber genialen Spezialapp, die ich auf meinem iPhone habe. Um das optimal zu fahren benötig man aber ein kleines Gerät, einen sogenannten Mikrofonverstärker, an den man auch einen Kopfhörer anschließen kann. Dieses Gerät, das ich seit Jahren hatte, war mir kurz vor dem Pokalspiel in Cottbus kaputt gegangen. In Cottbus hatte ich deshalb eine relativ aufregende Übertragung – wegen des Lärms im Stadion aus dem Presseraum heraus, auf einem Stuhl stehend, durch ein Oberlicht schauend. Ich hatte mir dann so ein Teil neu bestellt und einmal genutzt. Ansonsten hatte ich ja immer das Musiktaxi im Einsatz. Jetzt in Berlin erwies sich das neue Gerät als defekt. Was beim ersten Einsatz nur zu kleinen Problemchen im Handling geführt hatte, stellte sich jetzt als quasi unüberwindbare Hürde heraus. Ich musste ohne den Verstärker arbeiten – nur mit dem iPhone, mit angeschlossenem Kopfhörer, klar, aber ohne externes Mikrofon. Die beiden Vorberichte setzte ich wegen des Lärms durch den Stadionsprecher sicherheitshalber aus dem Presseraum ab. Wie damals in Cottbus stülpte ich den zu diesem Zweck aufgeschlitzten Schaumgummi-Ploppschutz über das iPhone und beutzte es als Mikrofon. Gleichzeitig spekulierte ich darauf, dass es während des Spiels, wegen der riesigen Ausmaße des Olympiastadions (anders als in Cottbus), schon nicht so laut werden würde, dass meine Stimme im Geräuschebrei untergehen würde. Ich sollte Recht behalten… (zum Glück!)

Stressmoment 3: Die Elfmetersituation (siehe oben)

Stressmoment 4: Die Katakomben des Olympiastadions… Zum x-ten Mal verlief ich mich in dem Gemäuer auf dem Weg zur Mixedzone. Das liegt unter anderem daran, dass an einer Tür „Mixedzone“ steht, die in Wahrheit ein VIP-Raum ist. Als mir irgendwann klar wurde, dass das der falsche Weg und die Mixedzone auch nicht durch diesen Raum zu erreichen war, stieg ich weiter runter im Treppenhaus und stand plötzlich – wie schon einmal vor ein paar Jahren – im Kabinenbereich. Fritz Keller guckte etwas überrascht, mich da zu sehen, unser alter Weggefährte Vladimir Darida grüßte freundlich lächelnd. Trotzdem wusste ich, ich war quasi im Allerheiligsten und da hatte ich als Journalist eigentlich nichts zu suchen. Irgendwann – relativ spät – fand ich dann die vermaledeite Mixedzone in Berlin. Carina von der SC-Presseabteilung führte mir Manuel Gulde zu, der natürlich als Beteiligter an der vermeintlichen Elfmetersituation ein interessanter Gesprächspartner war. Dann kam noch Philipp Lienhart vorbei, der kurz vor Schluss eingewechselt worden war und dann sogar noch eine gute Kopfballchance zum Siegestor hatte. Auch wir unterhielten uns kurz; dann hieß es wieder zurückzueilen, endlose Treppen aufzusteigen, bis zum Presseraum.

Es folgte die PK, das obligatorische Interview mit Christian Streich – dann war Feierabend.

Ich war ziemlich durch…

Bei der „Dicken Wirtin“ traf ich mich mit einem netten Exil-Badischen Ehepaar aus Berlin, wir aßen etwas zusammen, stießen auf den Auswärtspunkt und auf den Hochzeitstag der beiden an, dann wollte ich ins Hotel, Beine hochlegen und fertig. Ich schrieb noch einen Nachbericht, vertonte ihn und mailte ihn nach Freiburg, dann war (frei nach Udo Lindenberg) „pennen und dann wieder zur Schicht“. Ich flog mit der ersten Maschine (7.25 Uhr) nach Zürich und fuhr dann direkt zur Arbeit im WZO-Verlag. Gegen halb elf war ich da und produzierte bis 22 Uhr Zeitungen. Auch darum sind mir Spiele am Samstag um 15.30 Uhr am liebsten.