8. Spieltag der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen Leipzig

Samstag, 16. Oktober 2021, 15.30 Uhr

Europa-Park Stadion, Freiburg

SC Freiburg - Leipzig

Das Vorspiel

 

Vorweg kann ich sagen, der 17. Oktober ist in Bad Krozingen, wo ich lebe, ein verkaufsoffener Sonntag. Zwischen meinen Moderationen auf der integrierten Autoschau auf dem Bahnhofsplatz, die ich schon traditionell bei besonderen Fahrzeugpräsentationen als Moderator begleite, würde ich vermutlich einen Barbier finden, der mir meinen struppigen Vollbart, den ich inzwischen mit mir herumschleppe, wegrasiert. Obwohl ich dem juckenden Drahtgestell um meinen Mund herum persönlich relativ wenig abgewinnen kann, würde ich mich aber sehr freuen, wenn der SC Freiburg und ich an diesem Wochenende einmal mehr ungeschoren davonkommen. Denn bei mir gilt ja: Wer rasiert, verliert – und umgekehrt. Bis zur ersten Pflichtspielniederlage lasse ich es sprießen. Morgen geht es allerdings gegen Leipzig – und da habe ich gehörigen Respekt...

In der Vorsaison gingen beide Bundesligaspiele gegen die Sachsen verloren. Nach dem Trainerwechsel – Jesse Marsch kam für Julian Nagelsmann – hatte Leipzig einen sehr durchwachsenen Start. Zuletzt gab es allerdings zwei runde Siege: 6:0 gegen Hertha BSC und 3:0 gegen den VfL Bochum. Leipzig  ist also im Kommen… Der Sport-Club freilich auch: Ein 3:0 gegen den FC Augsburg, gefolgt von einem 1:2-Auswärtssieg bei Hertha in Berlin, spülten den SC auf Rang vier der Tabelle. Die einzige in dieser Saison noch ungeschlagene Mannschaft der Bundesliga heißt SC Freiburg und den aktuellen Tabellenführer der Zweiten Liga, FC St. Pauli,  fiedelt man auch nicht ohne Weiteres  mit der zweiten Garnitur (also ohne die in ihren Auswahlmannschaften aktiven Nationalspieler) einfach so mal 3:0 weg, wie bei der Stadioneinweihung in der Länderspielpause eindrucksvoll geschehen. Da ist schon Qualität beim SC - in der Spitze, wie in der Breite. Dass Leipzig schon wegen der finanziellen Ausstattung und der Besetzung seines ebenfalls - aber auf einer höheren Ebene - breit aufgestellten Bundesligakaders im Vergleich zum Sport-Club trotzdem ein Gigant sei, auf den der SC da morgen im Europa-Park Stadion trifft, habe ich heute Morgen im SC-Talk bei baden.fm deutlich zum Ausdruck gebracht. Meine eigene Erwartungshaltung ist auf  "hoffentlich ein gutes Spiel" heruntergeschraubt.  

Rückblende: Vor der Länderspielpause gelangen dem SC die beiden bereits angesprochenen runden Siege gegen Augsburg und in Berlin. Jedes Mal hatte Christian Streich dieselbe Startformation aufgeboten: Flekken – Gulde, Lienhart, N. Schlotterbeck – Kübler, Höfler, Eggestein, Günter – Höler – Jeong, Grifo. So lässt es sich wohl am besten zusammenfassen, trotz aller Variabilität in den Offensivpositionen. Das entspricht übrigens in etwa der Grundformation des Gegners, Leipzig, so dass es auf zwei Dinge ankommt: Der Vergleich Mann gegen Mann und die mannschaftliche Geschlossenheit. Von den Marktwerten her sieht es beim Einzelvergleich vermutlich eher schwierig aus, während der kollektive Zusammenhalt, das Mannschaftliche und Kooperative häufig für den SC spricht. Klar ist allerdings, dass alle Jungs an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gehen müssen, um gegen diesen Gegner die weiße Weste zu verteidigen.

Neben dem höchst spannenden sportlichen Thema spielt natürlich auch die Bundesliga-Premiere im Europa-Park Stadion eine Rolle – vor allem für die Emotionen aller Beteiligter – außer vielleicht der Leipziger.

Ich gebe zu, bin ein großer Fan der neuen Spielstätte. Wieso und warum habe ich in meiner jüngsten Zeitungskolumne umrissen, die nach der Einweihung gegen St. Pauli im ReblandKurier erschienen ist. Hier kommt sie im Wortlaut:

 

SC INTEAM

 

Am Samstag ist es so weit: Erstmals tritt der SC Freiburg zu einem Bundesligaspiel im neuen Europa-Park Stadion an. Der Umzug der Profimannschaft an die neue Spielstätte bewegt alle, die in irgendeiner Form mit dem SC Freiburg und seinen Heimspielen zu tun haben. Das in der bundesweiten Berichterstattung angedeutete anfängliche Fremdeln einiger Protagonisten und mancher Fans mag emotional zutreffend sein. Es ist auch ein Stück Normalität und sicher nur eine Frage der Zeit, bis die Gewöhnung einsetzt und eine neue Liebe zum Stadion entsteht. Die Notwendigkeit, den Rollrasen schon vor dem ersten Spieltag auszuwechseln, der kurzzeitige Ausfall des Flutlichts beim Testspiel oder W-LAN-Probleme auf der Pressetribüne – all das sind „Kinderkrankheiten“, die in der Berichterstattung etwas zu sehr in den Vordergrund gerückt wurden und die großen Vorteile des neuen Stadions zu Unrecht übertünchten. Fakt ist: Das Europa-Park Stadion ist von außen und von innen ein Augenschmaus mit individueller Wiedererkennbarkeit. Alle Fans – auch die des Gegners – haben von allen Plätzen beste Sicht auf das Spielfeld. Insgesamt dürfen in Freiburg pro Spiel (künftig) 10.000 Fußballfreunde mehr die Bundesliga genießen als zuvor. Über 12.000 günstige Stehplätze machen den Stadionbesuch in Freiburg für (fast) jedermann erschwinglich. Die Fan-Akustik im Europa-Park Stadion ist phänomenal – wenn 35.000 dabei sein dürfen, wird das ein Hexenkessel sondergleichen. Breite, mehrspurige Zufahrtsstraßen und großflächige Parkplätze ermöglichen dem Individualverkehr, verglichen mit der vorherigen Situation, eine deutlich entspanntere An- und Abreise. Mit Breisgau-S-Bahn und Straßenbahn gibt es zudem eine bessere direkte Anbindung an das Nahverkehrsnetz als in den vergangenen Jahrzehnten. Das alles ist durchweg positiv und sehr zu begrüßen. Nach 15.000 Zuschauern beim Eröffnungsspiel gegen Zweitligaspitzenreiter St. Pauli (3:0), werden am Samstag gegen Leipzig, unter 3G-Bedingungen, 20.000 Zuschauer im Stadion zugelassen sein.  Unter 2G-Bedingungen sollen es am Samstag, 30. Oktober, gegen Fürth erstmals knapp 35.000 Besucher sein. Viel schwieriger, als für die Fans, sich mit dem „Neuen“ anzufreunden und das Europa-Park Stadion zu lieben, wird es für die Mannschaft sein, auch gegen Leipzig ungeschlagen zu bleiben.    (Zitatende)

 

Fehlt noch mein persönlicher Vorlauf… Er begann eigentlich am vergangenen Mittwoch: Ich war zu Gast beim Pressegespräch der FWTM auf dem Messplatz. Im Kinder-Autoscooter waren ein paar Stehtische aufgebaut, an denen die Journalisten standen und sich vom Messechef Daniel Strowitzki und einigen Schaustellern die Besonderheiten der heute beginnenden Freiburger Herbstmess‘ erklären ließen. Da der ReblandKurier schon gedruckt und am selben Tag erschienen war, war ich primär zum Repräsentieren dabei und auch, weil wir Pokalverteidiger der Kirmes-Presseralley sind, die nächste Woche wieder auf dem Programm steht. Ein Wettbewerb unter Medienvertretern aus der Regio. Gefühlt einen Steinwurf vom Mess'platz entfernt sah ich unser wunderschönes neues Stadion, an dem gerade das große neue Namensschild angebracht worden war. Nebenbei überflog ich meine aktuellen E-Mails und stolperte über eine, die Vereins- und Fördervereinsmitglieder (bin Beides) auf Nachrückerkarten für das Leipzigspiel hinwies...

Ich versuchte also mit ein paar Klicks  mein Glück und war schwuppdiwupp Inhaber zweier Karten für den Familienblock – ein Erwachsener, ein Kind. Jetzt wusste ich zwar, dass mein Sohn Ben am Samstagmittag selbst mit der C1 der SG Markgräflerland in der Bezirksliga bei der SG Breisgau kicken muss, aber ich habe ja noch Frau und Tochter… Nur ob die beiden die Bundesliga-Premiere im neuen Stadion interessiert? Notfalls vielleicht den freundlichen Nachbarn Felix, der hat auch Söhne, dachte ich. Abends habe ich dann Yoany und Amelie von den Tickets erzählt und die Kleine (9 Jahre alt) war begeistert. Da konnte auch meine Frau nicht mehr widerstehen und erklärte „okay, denn kommen wir mal mit.“ Ich bin also am Samstag mit Familie im Europa-Park Stadion. Natürlich inklusive Besuch im Fanshop. Amelie will ein Cappy – uns schwebt mehr eine Mütze für sie vor. Und Ben wünscht sich zu seinem 13. Geburtstag am 30. Oktober – wie immer – das aktuelle Trikot. Seit er drei ist bekommt er stets ein Trikot mit seinem Namen und der dem jeweiligen Alter entsprechenden Nummer. Diesmal also 13 und Rischmüller – oder Ben – ganz, wie er will. Nun, erstmals will er nicht mehr. Also nicht mehr mit eigenem Namen und dem Alter als Trikotnummer. „Ich möchte die 20 und Schade hinten drauf."  „Schade“,  sagte ich doppeldeutig (wer begräbt schon gerne eine Familientradition). Aber natürlich bekommt Ben seinen Wunsch erfüllt – das können wir dann auch gleich am Samstag im Fanshop erledigen. Kevin Schade ist ja tatsächlich der SC-Topstürmer der Zukunft und hat - das mag auch eine Rolle spielen - einen ähnlichen Lockenkopf wie Ben (Spitznahme: Löwe). So weit das Private.

Rein beruflich muss ich natürlich darauf achten, dass die Technik im neuen Stadion funktioniert. Für die 1A-Lösung benötige ich eine stabile LAN-Verbindung, geht da etwas schief, greift die 1B-Lösung, für die ich eine stabile W-LAN- oder LTE-Verbindung benötige. Diese beiden 1B-Varianten hätten aber beim Testlauf gegen St. Pauli in der ersten Halbzeit nicht funktioniert. In der zweiten Hälfte dann schon. Trotzdem wäre ich dem Schicksal und der Stadiontechnik sehr dankbar, wenn morgen 1A funktioniert. Schließlich ginge auch noch die 1C-Lösung auf GSM-Basis, also Mobilfunk mit Kupplungsteil, sprich, Verstärker, Microfon- und Kopfhöreranschluss. Vor ein paar Jahren war das der Standard bei Auswärtsspielübertragungen – die Streaming-Möglichkeiten von heute lassen die gute alte GSM-Technik inzwischen allerdings vorsintflutlich erscheinen. Ich gehe morgen von 1A aus, außerdem von einer starken Leistung des SC, einer Mütze für Amelie und einem Schade-Trikot für Ben. Alles wird gut. Und der Bart wächst weiter.

Last but not least: Ab dem morgigen Spiel, dem ersten Bundesligakick im Europa-Park Stadion, begrüße ich das international agierende Unternehmen „Zähringer Immobilien“ mit Sitz in Lahr als Werbepartner auf meinen Textil-Outfits von Puma, die ich bei allen meinen Reportereinsätzen im Profifußball trage. Willkommen!

 

Ich kommentiere das Bundesligaspiel SC Freiburg gegen Leipzig am Samstag, 16. Oktober, ab 15 Uhr live in der baden.fm-Bundesligashow.      

 

Das Fußballspiel

(Mein 1023. SC-Spiel live am Radio-Mikrofon)

 

Geiler Kick vom SC bei der Bundesliga-Premiere im neuen Europa-Park Stadion! Klar, in der ersten Hälfte war Leipzig die präsentere Mannschaft, wirkte besser. Trotzdem hatte der SC schon in der Anfangsphase die 100-prozentige Chance zur Führung. Jeong schoss aber ebenso knapp neben den Pfosten wie Forsberg bei einer ähnlich guten Einschussmöglichkeit auf der anderen Seite. Ärgerlich war der fragwürdige Elfmeter, der Leipzig in Führung brachte (mehr und Hintergründiges dazu in meiner Zeitungskolumne, die ich nachher hier hineinkopiere). 0:1 zur Pause – ich war trotz des Elfers und der Jeong-Chance versucht zu sagen, dass das leistungsgerecht war. Die erste Hälfte habe ich am Mikrofon von baden.fm mehr durchlitten als durchlebt. Pech kam auch noch hinzu, als Höler einen scharfen Flachschuss an den Innenpfosten setzte (45.), von wo der Ball gegen Gulacsi prallte und statt ins Netz, über die Latte ging.

Nach dem Wechsel übernahm etwas überraschend unser Sport-Club die Dominanz im Spiel. Vielleicht lag es an der Systemumstellung. Sallai kam als zusätzlicher Offensiver für den dritten Innenverteidiger Gulde. Hinten wurde jetzt mit Viererkette gespielt, übrigens mit dem jungen Franzosen Kiliann Seldillia, einem gelernten Innenverteidiger, als rechter Verteidiger. Der 19-Jährige Sposs aus der Freiburger Fußballschule hat seine Feuertaufe in der Bundesliga genauso glänzend bestanden, wie vor ihm Stürmer Kevin Schade und Mittelfeldas Noah Weißhaupt. Alle drei standen im Sommer noch in der U23. Die in der Regionalliga Meister wurde. Ein Lob auf die Freiburger Fußballschule!

Die zweite Halbzeit gehörte also dem SC, der nach einer butterweichen Flanke und einen Kopfball des kleinsten Freiburgers, Jeong, im Leipziger Fünfmeterraum zum hoch verdienten Ausgleich kam. Ein weiterer Pfostenschuss des SC (90.), abgefeuert von Höfler und ein Granaten-Kopfball von Höler, der ebenfalls in der Schlussphase, on Gulacsi bravourös abgewehrt wurde machen deutlich, dass sogar ein Freiburger Sieg gegen den Vizemeister drin gewesen wäre. Trotzdem war ich rundum zufrieden; mit der gebotenen Leistung und mit der Feuertaufe unseres neuen Stadions.

 

Das Nachspiel

In den Katakomben des Europa-Park Stadions gab es nach dem Spiel endlich wieder eine PK in Präsenz. Ich sammelte auch ein Interview mit Christian Streich ein. Dann war Wochenende im eigentlichen Sinne; mit Frau und Tochter, einer SC-Mütze für Amelie und einem Schade-Trikot für Ben im Gepäck ging es auf die Heimfahrt, die wegen der besseren Verkehrsanbindung des Stadions schneller geht als früher.

Journalistisch war mein nächster Akt mit SC und Fußball das Verfassen der SC-Kolumne für den ReblandKurier. Das geschah diesmal wegen viel Arbeit im Verlag erst am Dienstagvormittag. Hier der Text:

SC INTEAM

Die Bundesliga-Premiere im Europa-Park Stadion  ist gelungen. Ablauftechnisch von der An- und Abreise, sei es im Individual- oder im öffentlichen Nahverkehr,  bis hin zu ausbleibenden Problemen für die besorgten Bürger im benachbarten Mooswald-Viertel. Auch das Flutlicht ging nicht zwischendurch aus und der frisch verlegte Rasen war zwar (noch) weich, hielt aber Stand, vor allem die Spieler darauf taten Selbiges. Sportlich war alles im grünen Bereich. Nach durchwachsener erster Halbzeit mit einer, trotz des umstrittenen Elfmetertreffers,  nicht unverdienten Führung der präsenteren Gäste, steigerte sich der SC im zweiten Durchgang, erzielte durch  Jeong den  Ausgleich und war nahe dran am möglichen Sieg; nicht gegen irgendwen, sondern gegen  Vizemeister Leipzig mit all seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten. Hätte Daniel Siebert, der Erdkundelehrer aus Berlin, der als Schiedsrichter fungierte, die Partie mit einer klaren Linie geführt, hätte es nach einem Foul an Höler, der an der Schulter gehalten und an den Beinen getroffen wurde, Elfmeter geben müssen.  Das war klarer als die Situation in der ersten Halbzeit, als  Nkunku gegen  Lienharts Standbein gelaufen  und  theatralisch zu Boden gegangen war. Die Erregung von Trainer Streich, der „Gelb“ sah, war  nach dieser (Fehl-)Entscheidung  nachvollziehbar.  Schon beim SC-Spiel im November vergangenen  Jahres in Leipzig hatte es einen umstrittenen Elfmeter für die Sachsen gegeben. Auch da war Nkunku zu Boden gegangen, der zuvor gegen die Hacke von Höfler gelaufen war, ohne dass dieser irgendetwas Verwerfliches getan hätte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt … Mit anderen Worten: Bei ähnlich strenger Ahndung hätte es in der zweiten Hälfte  Elfmeter für Freiburg geben müssen. Hinzu kam großes Alu-Pech: In der 45. Minute traf Höler die Torumrahmung, dann  prallte der Ball  Leipzig-Torwart Gulacsi ans Bein und ging von da  über die Latte.    Höfler traf in der 90. Minute ebenfalls den Pfosten – nein, Glück hatte der SC gegen Leipzig nicht, aber trotzdem einen verdienten Punkt. Nun sind die Freiburger schon seit neun Pflichtspielen ungeschlagen – als einzige Profimannschaft in Deutschland. Die Pflichtspiele zehn und elf finden  in Niedersachsen statt: Am Samstag (15.30 Uhr) in  Wolfsburg und am Dienstag (20.45 Uhr) in Osnabrück (Pokal), beide Spiele  gibt es live bei Sky und baden.fm. (Zitatende)

 

Fortsetzung folgt…