9. Spieltag der Fußball-Bundesliga, SC Freiburg gegen Borussia Mönchengladbach

Freitag, 26.Oktober 2018, 20.30 Uhr

Schwarzwald-Stadion, Freiburg

SC Freiburg - VfL Borussia Mönchengladbach

Das Vorspiel

Nach den in einigen Bereichen besonders aufregenden Stunden in Berlin (Siehe Tagebuch Hertha – SC) kam ich, direkt vom Flughafen Zürich kommend, am Montag gegen 10.30 Uhr im WZO-Verlagshaus an. Noch im Parkhaus in Zürich hatte ich meine hummel-Klamotten mit baden.fm-Logo gegen ein werbefreies hummel-Shirt und ein schickes Sacko gewechselt. Beides hatte im Auto auf mich gewartet…

In der Zeitungsredaktion ist montags der Bär los und ich war froh, dass ich in Berlin früh ins Bett gekommen war. Erster Job nach meiner Ankunft in Bad Krozingen war das Verfassen meiner Zeitungskolumne, die am Mittwoch, also zwischen den Spielen des SC bei Hertha und gegen Mönchengladbach in knapp 300.000 Wochenzeitungen zwischen der Ortenau und der Schweizer Grenze erschienen ist. Hier ist sie im Wortlaut:

 

SC INTEAM

Die Tabelle vermittelt jeweils einen mathematisch korrekten Hinweis zum aktuellen Stand der Dinge in der Bundesliga.  Wichtig wird diese Tabelle allerdings erst an den zwei, drei letzen Spieltagen einer Saison. Vorher sind, zumindest im Abstiegskampf der deutschen Fußball-Adelsklasse, die Würfel nur höchst selten gefallen.  In einer frühen Saisonphase – also aktuell – hat die Tabelle fast keine Aussagekraft über die Qualität und die Perspektive einer Mannschaft. Deshalb mag sich der Fan über Platz elf für den SC Freiburg nach acht Spieltagen freuen; angesichts des geringen Abstands von drei Zählern zum Relegationsplatz und vier Punkten zu den beiden Abstiegsrängen 17 und 18 sowie der Kaderausstattung und der wirtschaftlichen Potenz einiger der hinter Freiburg platzierten Teams, wie Leverkusen, Schalke oder auch Stuttgart,  sollte die Momentaufnahme  nicht zu Fehlschlüssen verleiten. Mathematisch weniger exakt als die Tabelle, dafür aber – mit Blick auf Zukunftsperspektiven – verlässlicher ist ein Blick auf den Platz, wo ja bekanntlich im Fußball die Wahrheit liegt, wie man einst von Trainerlegende Otto Rehhagel gelernt hat. Auf dem Platz  beweist der SC Freiburg fast im Wochentakt, dass er in diesem Jahr die Qualität hat, den Abstiegskampf  einmal mehr erfolgreich zu bestehen. Ein gutes Beispiel dafür ist der jüngste Auftritt in Berlin. Selten war Hertha BSC in den letzten zwei Jahrzehnten so stark wie in der Anfangsphase der laufenden Saison. Die Spielfreude und die hohe Qualität der Herthaner  ist ihrem Spiel tatsächlich anzusehen. Inzwischen ist das auch beim Berlinger Publikum angekommen. Fast 54.000 strömten am Sonntag ins ungemütliche und nur bei „ausverkauftem Haus“ Atmosphäre vermittelnde Olympiastadion. Doch so groß das Spektakel der Lazaros, Maiers, Kalous und Dudas phasenweise auch war, letztlich lassen sich die Chancen, die sich Hertha gegen den SC Freiburg kreierte, an den Fingern einer Hand abzählen. Beim SC war der Kampfgeist auffällig: Mit Koch (11,9), Haberer (11,81), Waldschmidt, (11,19) und Höfler (11,04) rannten vier Freiburger jeweils mehr als elf Kilometer, Kübler (10,76), Gulde (10,65) und Günter (10,37) ergänzen den Kreis der Freiburger Dauerläufer mit mehr als 10 km Laufleistung im Olympiastadion.  Fußballerisch hat nicht alles geklappt, was dem SC an guten Tagen gelingt, sonst wäre Favorit Hertha sogar geschlagen worden.  Und das mit einer Mannschaft, die verletzungsbedingt auf zahlreiche Leistungsträger verzichten musste – Frantz, Gondorf, Stenzel, Niederlechner und  Ravet können nach Verletzungen jetzt am Freitag gegen Mönchengladbach,  am 31. Oktober im Pokalspiel in Kiel oder eben  danach    ins Geschehen eingreifen. Das sind die Fakten, die Mut machen – mehr als der Blick auf die Tabelle. (Zitatende)

Und schon steht das Spiel gegen Mönchengladbach vor der Tür. Am heutigen Donnerstag war Pressekonferenz. Was zunächst wie eine gute Nachricht klang, außer den Langzeitverletzten, Kath und Okoroji  seien morgen alle Mann an Bord, hat bei genauem Hinschauen dann doch einen Pferdefuß: In der Tat fehlen morgen mit Abrashi, Niederlechner und Gondorf drei potenzielle Stammspieler plus die beiden Talente Kath und Okoroji. Eigentlich sind das richtig viele und namhafte Ausfälle und doch hat Christian Streich morgen fast so etwas wie die Qual der Wahl, wie der Trainer auf meine Frage hin einräumte. Kapitän Frantz, Stenzel und Kleindienst, die am Wochenende in der Regionalliga Spielpraxis sammelten und durch gute Leistungen kräftig mithalfen, Spitzenreiter SSV Ulm mit 2:0 zu besiegen, stehen genauso zur Verfügung wie der Kader, der in Berlin war, mit Ausnahme von Okoroji. Insofern ist die Mannschaftsaufstellung für das Gladbach-Spiel – trotz allem – für uns begleitende Journalisten ein bisschen wie Lotto spielen. Ich glaube, dass Mike Frantz morgen zur Startelf gehören könnte. Verglichen mit der Startelf von Berlin am ehesten für Terrazzino und dann im offensiven Mittelfeld auf der rechten Seite agierend. Ich glaube kaum, dass es sonst viele Änderungen geben wird. Petersen ja oder doch erst von der Bank ist halt die zweite Frage, die dann auch wieder eine des Systems ist. Eine Spitze, wie in der ersten Hälfte gegen Leverkusen und in Berlin, oder von Beginn an zwei Spitzen? Wir werden sehen.

Die gute Bilanz gegen BMG sollte nicht dazu verleiten, das Spiel mit allzu großem Optimismus anzugehen, glaube ich. Gladbach spielt eine bärenstarke Saison. Im Übrigen finde ich die Borussia vom Niederrhein eher sympathisch. Max Eberl ist irgendwie cool, weil anders als viele andere in der Branche. Ebenfalls im Management ist unser einstiger Kapitän Steffen Korell,  Co-Trainer Frank Geideck ist ein ganz alter Buddy von mir, noch aus Bielefelder Zeiten und Matze „Gindes“ Ginter ist ja eh ein Freiburger in Reihen der Borussia. Im Sommer habe ich noch eine Veranstaltung zu Gunsten der Matthias-Ginter-Stiftung moderiert. Gladbach darf also gerne kommen, die finde ich gut. Nur sportlich soll sie der Sport-Club bitte weghauen, das ist doch klar. Da gönnen wir der Borussia nicht das Schwarze von unter den Fingernägeln…

Es wird aber schwer – eine große Leistung unseres SC ist nötig, um die Borussia 18/19 in Schach zu halten. Ich traue das unseren Jungs aber zu – warum denn nicht!?

 

Ich übertrage das Spiel SC Freiburg gegen Borussia Mönchengladbach am Freitagabend ab 20 Uhr in der baden.fm-Bundesligashow.

 

Das Fußballspiel

(Mein 918. SC-Livespiel im Radio)

 

Es war ein Highlight. Mein SC-Highlight der Woche, des Monats, der Halbserie, vielleicht sogar der Saison. Der Sport-Club hat die Spitzenmannschaft Borussia Mönchengladbach, die in Freiburg zumindest phasenweise ihrem guten Ruf gerecht wurde und große Fußballkunst auf den Rasen zauberte, mit 3:1 besiegt.

Verdient.

Natürlich war es glücklich, dass Yann Sommer, der Schweizer Keeper zwischen den Pfosten der Borussia gleich in der ersten Szene etwas übermotiviert aus seinem Kasten geprescht kam und Gianluca Waldschmidt regelwidrig zu Fall brachte. Den fälligen Elfmeter verwandelte Nils Petersen zu Beginn der zweiten Spielminute zum 1:0. Andererseits war das Foul von Dominique Heintz in der 20. Minute an Stindl und der daraus resultierende Elfmeter auch überflüssig wie ein Kropf. „Heintzi“ war einfach etwas zu ungestüm in dieser Szene, die dann per Elfmeter durch Hazard zum 1:1 führte. Zwischen dem Elfer von Nils und dem Elfer von Hazard hatte Borussia Mönchengladbach seine ganze Klasse präsentiert und mit blitzschnellem One-Touch-Fußball viel Eindruck geschunden. Fünf Eckbälle waren aber bis zum Elfmeterpfiff der einzige Lohn der Drangperiode geblieben, die nach dem Ausgleich abriss. Das Spiel beruhigte sich nun bis zur Pause. Insgesamt hatte der SC seine Aufgabe taktisch und läuferisch hervorragend gelöst. Die vier aufgebotenen Offensivkräfte, Haberer, Frantz, Petersen und Waldschmidt hatten fantastisch auch gegen den Ball mitgearbeitet und gemeinsam mit der Viererkette und der „Doppelsechs“ dafür gesorgt, dass die Gladbacher in der ersten Halbzeit zwar optisch überlegen wirkten, daraus aber kein Kapital durch hochkarätige Chancen schlagen konnten. Die blieben Mangelware. So ging es mit den beiden Elfmetertoren und einem 1:1 in die Pause.

Nach dem Wechsel versuchte Borussia an die starken und stürmischen ersten 20 Minuten anzuschließen, wurden vom SC aber taktisch klug und mit aufopferungsvollem Kampf ausgebremst. Das Besondere an diesem besonderen Fußballabend im restlos ausverkauften Schwarzwald-Stadion war, dass der heimische Sport-Club jetzt auch mit dem Ball am Fuß Akzente setzte und mit der hoch angesehenen Borussia auf Augenhöhe kickte. In der 57. Minute gelang den Freiburgern mit schnellem Umschaltspiel ein Angriff zum Zunge schnalzen und ein Sahnehäubchen als Abschluss: Nach der Balleroberung durch Höfler und einem Kurzpass zu Koch ging es mit einem schönen Pass in die Tiefe auf den rechts durchstartenden Haberer weiter. Dessen Flachpass nach innen ließ Petersen mit dem Rücken zum Tor geschickt durch und Waldschmidt hatte freie Bahn. Der hoch veranlagte Stürmer, der vom HSV kam, ließ den Ball beinahe schon kunstvoll über den linken Schuh gleiten und brachte ihn so auf den Weg ins linkere untere Eck – um den Gegenspieler herum und unhaltbar für Yann Sommer. Die Galerie tobte…

Es waren aber noch über eine halbe Stunde zu gehen, die der SC aber rückblickend relativ souverän überstand. In der Nachspielzeit kam Höler und erlebte in für den einstigen Zweitligastürmer aus Sandhausen nicht gerade rosigen Zeiten (nach vielen Einsätzen in der Vorsaison, jetzt eher wenige, harsche öffentliche Kritik nach einem Gegentor in Augsburg) zu einem persönlichen Highlight, das auch für sein Team und die Fans ein solches war. Als Gladbach in den Schlusssekunden mit der Brechstange versuchte, doch noch den Ausgleich zu erzielen, versuchte es Sommer, seitlich weit weg von seinem Tor hoch und lang Richtung Freiburger Hälfte. Das misslang, der Ball kam nur bis zur Mittellinie und landete auf der Brust und Lukas Höler.  Der Blondschopf ließ den Ball abtropfen und knallte ihn per Dropkick mit dem Vollspann Richtung leeres Gladbacher Tor – aus fast 50 Metern Entfernung. Sommer kam zu spät, der Ball schlug ein: 3:1, Abpfiff, ein Freudenfest im Schwarzwald-Stadion.

 

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel – Englische Woche

 

 

Wegen der Englischen Woche dient das „Nachspiel“ zum Gladbach-Kick zugleich als „Vorspiel“ für die Pokalaufgabe am Mittwoch in Kiel.  Wir starten mit der Vorabveröffentlichung meiner Kolumne "SC INTEAM", die erst am Mittwoch in den Wochenzeitungen am Oberrhein erscheint:

 

SC INTEAM


Erstmals in seiner langen Geschichte trifft der SC Freiburg  heute in einem  Pflichtspiel auf Holstein Kiel. Um 20.45 Uhr ist Anstoß im Holstein-Stadion (live bei Sky und baden.fm). Erstmals gegen Kiel …   Vielleicht liegt es an der großen Entfernung von 722 km Luftlinie; obwohl, gegen Rostock (740 km) wurde ja auch schon einige Male gekickt. Vermutlich liegt es daran, dass der Deutsche Meister der Saison 1911/1912 und   Vizemeister von 1910 und 1930 später  keine große Rolle mehr im deutschen Spitzenfußball gespielt hat. Freuen wir uns also auf die Premiere zwischen den Kielern vom  Nordzipfel und den Freiburgern vom Südwest-Zipfel Deutschlands, einem Fußballspiel  mit klarer Rollenverteilung: Holstein  Kiel ist als Zweitligist Außenseiter, der SC Freiburg als Erstligist  erklärter Favorit; mit der gebotenen Demut und dem erforderlichen Respekt freilich, sind es doch die Kieler, die dem großen Hamburger SV kürzlich mit 0:3 die erste ganz große Heimschlappe in der Zweiten Liga zu verdauen gaben   und im letzten Heimspiel an der Kieler Föhrde kam mit dem 1. FC Köln der andere Top-Favorit auf den (Wieder-)Aufstieg über ein 1:1-Unentschieden gegen die „Störche“  nicht hinaus. Am Wochenende hat Holstein Kiel  zudem in Hamburg beim FC St. Pauli mit 0:1 gewonnen und ebenso Eigenwerbung für das Pokalspiel betrieben wie der SC Freiburg durch sein grandioses 3:1 gegen Borussia Mönchengladbach. 

Am kommenden Samstag  ist die Aufgabe für den Sport-Club ungleich leichter – doch, im Ernst, denn während alle Welt heute Abend, beim Pokalspiel in Kiel vom SC Freiburg einen Sieg erwartet, war  in den letzten 25 Jahren eine Niederlage der Freiburger beim FC Bayern ebenso bombensicher wie die absolute Mehrheit der CSU bei Landtagswahlen in Bayern.  Im Februar  1995 gab es freilich mal ein  2:2 im altehrwürdigen Olympiastadion. Sundermann und Todt hatten den SC mit 0:2 in Front geschossen, bevor Scholl und Helmer die Bayern vor der ganz großen Blamage bewahrten. Ein Auswärtspunkt in 25 Jahren – die ganz große Ausnahme. Auf eine solche hofft der SC Freiburg auch am Samstagnachmittag um 15.30 Uhr wieder, wobei die Last der  Erwartung, die in Kiel auf den Schultern der Schwarzwälder lasten wird, in München keine Rolle spielt. Wenn nicht wieder ein Showauftritt den Anpfiff zur ersten oder zweiten Halbzeit hinausschiebt, wird man gegen 17.20 Uhr vermutlich eine weitere Pflichtspielniederlage des SC in München zur Kenntnis nehmen; die Uhren würden sich freilich weiterdrehen – in Winterzeit – und niemand wäre überrascht. Andererseits ist die CSU neulich ganz schön abgeschifft und beim glorreichen FC Bayern ist längst nicht alles Gold was da seit ein paar Wochen wieder zu glänzen versucht. Und der Sport-Club? Auf den ist derzeit eigentlich immer Verlass … (Zitatende)

Am Dienstag beginnt für mich die lange Autoreise quer durch Deutschland; wegen der Schulferien habe ich diesmal - zumindest auf Teilstrecken - die Familie im Schlepptau. Erste Etappe: Bad Krozingen - Bielefeld. Besuch bei meiner Mutter, sprich bei der Oma. Da bleiben meine drei Begleiter - Yoany, die sich seit ihrer Einbürgerung offiziell hinten mit y schreibt, Ben, schon immer und aktenkundig ohne ein ...jamin dahinter und Amelie zwei Tage. Für mich geht es dann am Mittwoch gegen Mittag weiter nach Kiel. Ich werde im Hotel Astor in der Kieler City absteigen, wo ich - so der Plan - auf meinen 100-prozentigen Namensvetter Frank Rischmüller treffen werde. Alles weitere passiert dann im Holstein-Stadion. Natürlich gehe auch ich zunächstmal davon aus, dass unser SC beim Zweitligisten Holstein Kiel gewinnt... klar. Nur sicher ist das natürlich nicht. Mike Frantz hat mir nach dem grandiosen Sieg über Gladbach ins Mikrofon gesprochen: "Wenn wir zwei Prozent nachlassen, fliegen wir am Mittwoch raus." Wenn das die allgemeine Stimmung im Team ist, ist mir nicht bange.

Keine Ahnung, ob Christian Streich in Kiel auf Rotation setzt aber ich halte es für gut möglich, schon weil am Samstag das Bundesligaspiel bei den Bayern wartet; und in absoluter Topform und gleichem Engagement wie gegen Gladbach und so weiter... könnte in der aktuellen Form des Rekordmeisters in der Allianzarena ja auch mal was gehen... Warum nicht in Kiel mit Spielern wie Stenzel, Lienhart, Ravet, Kleindienst und/oder Höler? Der SC hat einen breiten Kader und eine englische Woche - also kann man ja auch mal etwas durchmischen. Das tut bestimmt auch der Stimmung derer gut, die zuletzt aus welchen Gründen auch immer zuschauen mussten. Und andere könnten sich ein bisschen erholen und gegen Bayern voll da sein. Das Risiko muss überschaubar bleiben, klar aber aus meiner Sicht wäre es das bei den genannten Namen. So weit hier und heute. Ob ich Dienstag noch einmal Zeit finde, diesen Text zu ergänzen - schauen mer mal....