Bundesliga in der Pandemie - ein Saisonrückblick

Rotary Club Bad Krozingen *

Vortrag vom 16. Juni 2021 *

Bundesliga in der Pandemie - ein Saisonrückblick *

 

Rotary Club Bad Krozingen

(Digitaler) Vortrag vom 16. Juni

 

Bundesliga in der Pandemie – ein Saisonrückblick

 

Am 19. August 2020 durfte ich hier ein Referat mit folgendem Titel halten: „Corona, die Fußball-Bundesliga und die Medien“. Der Wunsch, dass bald wieder Normalität einziehen würde – in unser aller Leben aber eben auch in den Bundesliga-Alltag, der seit 30 Jahren beruflich und noch länger emotional eng mit meinem Leben verknüpft ist – stand am Ende meiner Ausführungen.

Damals hat wohl niemand geglaubt, dass die folgende komplette Bundesligasaison unter Corona-Vorzeichen stehen würde; heißt unter anderem: Spiele ohne Zuschauer und ohne Atmosphäre, Einschränkungen im Medienbereich - nur ganz wenige Presseakkreditierungen pro Spiel. Meistens waren es zehn Kollegen plus Fernsehen, wo sonst 100 und mehr üblich waren; ausgefüllte Gesundheitsfragebögen und Fiebermessung als Eintrittsvoraussetzung für akkreditierte Journalisten, das war auch Alltag. Skurril und vor allem sehr ernüchternd.

Vielleicht kann ich in zehn Jahren stolz erzählen – weißt Du noch, die Corona-Saison 20/21 – ich war dabei, bei jedem SC-Spiel sogar.  Wenn ich dann ehrlich bin, muss ich sagen – schön war es nicht.

Spitzenfußball ohne Fans im Stadion ist Kokolores. Vor einem Jahr hielt ich diese Position, die damals vor allem von Fans selbst vertreten wurde, für anmaßend und letztlich unzutreffend. Inzwischen gebe ich zu – die Atmosphäre eines vollen Stadions, dieses Brodeln, die Emotionen von außen – das alles macht einen gehörigen Teil der Faszination aus, die von der Bundesliga ausgeht.

Trotzdem bleibe ich natürlich bei meiner Position, dass es richtig war und ist, den Spielbetrieb wegen der Pandemie nicht einzustellen. Schon deswegen nicht, weil jeder Verein ein millionenschweres Wirtschaftsunternehmen ist und weil die Fortexistenz des Wirtschaftsbetriebs durch die Besonderheit der verkauften Fernsehrechte auch ohne Zuschauer im Stadion möglich war.

Ich hätte auch den Aufschrei nicht hören- und die Diskussionen nicht führen wollen, wenn die 56 millionenschweren Wirtschaftsbetriebe der 1., 2. und 3. Bundesliga ihren Betrieb eingestellt hätten und dann mit dem Antrag auf Novemberhilfe, Dezemberhilfe und andere Überbrückungshilfen bei der Bundesregierung auf der Matte gestanden wären.

Dass weitergespielt wurde, war eine wirtschaftliche Notwendigkeit, auch für begleitende Branchen und deren Beschäftigte – etwa Medienschaffende, wie mich.

Die Einnahmeausfälle durch Wegfall der Zuschauer und daran gekoppelter Einnahmen hatten erheblichen Einfluss auf das Jahresergebnis der Bundesligisten – Hier einige Beispiele, veröffentlicht von der DFL, bezogen auf die nur zu einem kleinen Teil von Corona betroffene Saison 19/20. Bilanzsumme, Stichtag 30.06.2020

 

M’Gladbach          - 16 Mio

FC Köln:               - 25 Mio

Stuttgart:              - 28 Mio

Frankfurt:              - 37 Mio

Dortmund:            - 44 Mio

Hertha BSC:         - 53 Mio

 

Natürlich sind das keine Zahlen, die nur fehlende Zuschauereinnahmen beziffern, sondern quasi die Bilanz mit dem Vierteljahr ohne Zuschauer. Andere Vereine haben trotz eines enormen Minus bei den Zuschauereinnahmen unter dem Strich keine Roten Zahlen – auch hier habe ich einige Beispiele:

 

Leverkusen           0

Freiburg                 95.000

Augsburg              1,2 Mio

Leipzig                   8 Mio

Bayern                   10 Mio

 

(Im Normalfall bilanziert Bayern hohe dreistellige Millionenbeträge – deshalb sind die 10 Mio in München kein Grund zum Jubeln).

Das waren wie gesagt die Zahlen nach einer Saison mit nur drei Monaten ohne Zuschauereinnahmen.

Bezogen auf die gerade zu Ende gegangene Saison werden diese Zahlen noch viel problematischer sein.

 Was sind die Folgen?

Aus der Not heraus wird sich der eine oder andere Bundesligist für externe Investoren öffnen, was die Entwicklung in Richtung eines von Scheichs und Oligarchen dominierten Systems, wie in anderen Ländern längt Usus, auch in der Bundesliga vorantreiben könnte. Das ist eine persönliche Befürchtung meinerseits.  Interessierte Investoren gibt es laut Medienberichten – trotz der in Deutschland geltenden 50+1-Regelung - reichlich. Und in der Not…

 

Wir kommen zur Saison 20/21 des SC Freiburg

Der Verein hatte sich durch die Verkäufe von drei absoluten Leistungsträgern der Vorsaison einmal mehr finanziell auf die sichere Seite gebracht::

Alexander Schwolow für 7 Mio zu Hertha BSC 

Robin Koch für 13 Mio zu Leeds United

Luca Waldschmidt für 15 Mio zu Benfica Lissabon

Der Transfergewinn, den der SC relativ zu den bei der jeweiligen Verpflichtung der drei Kicker bezahlten Ablösesummen, entspricht 30 Mio Euro. Genau das ist im Übrigen das Geschäftsmodell des Ausbildungsvereins SC Freiburg.

Vor dem Hintergrund der guten Einnahmesituation und der ohnehin inflationär steigenden Preise auf dem Markt erklärt sich die Bereitschaft des Vereins 10 Mio Euro für seinen Königstransfer des letzten Sommers auszugeben, Ich rede von dem Franzosen Baptiste Santamaria aus Angers, einen defensiven Mittelfeldspieler, der inzwischen Stammkraft ist, genau wie der vor der Saison für 3,7 Millionen Euro verpflichtete Stürmer Ermedin Demirovic, ein in Hamburg geborener Bosnier, der zuletzt beim FC St. Gallen gespielt hatte. 

Eine Besonderheit gibt es noch von der Torwartposition zu erzählen, denn der designierte Nachfolger des zu Hertha BSC transferierten Schwolow, der Ersatztorwart

der Vorsaison, Mark Flekken, verletzte sich am 13. September, vor dem Pokalspiel in Mannheim, eine Woche vor dem Bundesligastart, schwer an der Schulter. Deshalb wurde blitzschnell ein Leihgeschäft realisiert – von Mainz 05 wurde Florian Müller für ein Jahr ausgeliehen. Müller spielte eine gute Saison für den SC, bis er in den letzten drei Spielen vom wieder genesenen Mark Flekken zwischen den Pfosten des SC wieder abgelöst wurde.

Ganz grob betrachtet waren zu Beginn der Saison 20/21 im September letzten Jahres drei Leistungsträger weg – dazu musste der verletzte Stammtorwart erwetzt werden. Da gab es dann doch die eine oder andere Unsicherheit vor dem ersten Bundesligaspiel – ausgerechnet beim Baden-Württemberg-Rivalen in der Hauptstadt Stuttgart.

Der erste Spieltag war dann aber – auch für mich als Reporter – ein Fest. Der SC führte nach 48 Minuten mit 3:0 in Stuttgart…

Nach hinten raus wurden die Jungs aber müde und auch ein bisschen nervös, plötzlich stand es 2:3 und Stuttgart stürmte und drängte. Mit Glück und Geschick gelang aber der Auswärtssieg am ersten Spieltag – ein optimaler Start in die neue Saison. Es sollte für viele Wochen der einzige Sieg bleiben…

Es folgten zunächst vier Spiele ohne Sieg. Jeweils 1:1 gegen Wolfsburg, Bremen und bei Union Berlin – zwischendrin ein 0:4 in Dortmund.

Ärgerlich war nicht das klare Ding von Dortmund, sondern dass der SC in den Heimspielen gegen Wolfsburg und Bremen hätte gewinnen müssen – weil die Jungs einfach besser waren als der Gegner, jeweils aber nur ein Punkt dabei herausgesprungen war.

So war man beim SC mit den gezeigten Leistungen zufrieden –  es fehlten in der Tabelle allerdings vier mögliche Punkte, um so richtig gut in Stimmung zu geraten.

Apropos Stimmung – die sollte bald rapide sinken, denn es folgten drei Niederlagen am Stück:

2:4 nach gutem Spiel gegen Leverkusen,

3:0 sang- und klanglos in Leipzig.

Jetzt war der SC schon sechs Spiele ohne Sieg, hatte andererseits aber auch mit Dortmund, Leverkusen und Leipzig drei absolute Hochkaräter als Gegner hinter sich. Mit dem Heimspiel gegen Mainz 05 würde eine Serie von Spielen gegen Gegner beginnen, die fast alle in der unteren Tabellenhälfte standen. Das war der Mutmacher.

Gegen Mainz gab es dann mit 1:3 die dritte Niederlage am Stück. Von insgesamt acht Spielen hatte der SC nur das allererste – mit Glück – gewonnen, er hatte nur sechs Punkte geholt und war nur deshalb nicht in akuter Abstiegsgefahr, weil Schalke, Köln, Bielefeld und Mainz noch schlechter abgeschnitten hatten.  Ja auch die Mainzer, die bis zu ihrem 1:3 Auswärtssieg in Freiburg am achten Spieltag nur einen einzigen Zähler geholt hatten. Umso mehr schlug das 1:3 in und um Freiburg ein.

ALARM! Beim SC war es Zeit für eine Zäsur.

Nach allem, was man hört, soll es laut geworden sein – es gab aber auch sichtbare Konsequenzen:

Für das nächsten Spiel, auswärts beim FC Augsburg nahm Trainer Christian Streich vier personelle Wechsel vor und änderte das Spielsystem.

Für Fußballkenner sei erklärt: Aus 4-4-2 wurde 3-4-3. Was in Augsburg zudem offensichtlich wurde, war eine andere Haltung der Spieler, ihr Wille, ihre Kampfbereitschaft war in jeder Szene zu sehen. Immerhin wurde beim 1:1 die Niederlagenserie gestoppt; das sagten die Optimisten. Die Pessimisten zählten in der Reihe der sieglosen Spiele ein weiteres dazu: acht Mal hatte der SC jetzt gespielt, ohne zu gewinnen…

Gegen einen deutlich namhafteren Gegner, Borussia Mönchengladbach, gelang ein verdientes 2:2; fanden die Optimisten – die anderen zählten das sieglose Spiel Nr. 9 in Serie.

Aber diejenigen, die die positiven Veränderungen und die grundsätzliche Tendenz fokussierten, sollten Recht behalten. Denn ab Spieltag 11, dem 2:0 gegen Arminia Bielefeld,  meinem Heimatverein, gelangen dem SC fünf Siege am Stück: 2:0 bei Schalke, 4:1 gegen Hertha BSC, 3:1 in Hoffenheim und  5:0 gegen den 1. FC Köln.  Selbst der große Überflieger Bayern München musste sich am 16. Spieltag richtig anstrengen, um mit 2:1 gegen den SC Freiburg zu gewinnen. Eine Niederlage bei den Bayern – damit muss man als Otto-Normal-Bundesligist leben. Das sind andere Welten – finanziell immer und sportlich meistens.

Die Hinrunde endete mit einem 2:2 gegen Eintracht Frankfurt.

Zwischenbilanz: 17 Spiele, 24 Punkte – Platz 9 – das ist für den SC Freiburg richtig gut.

 

Wegen Corona und dem langen Break im Sommer gab es keine Winterpause.  Schon drei Tage nach dem letzten Spiel der Hinrunde, startete der SC mit dem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart in die Rückrunde. Für mich als Radioreporter war es ein besonderes Spiel, war es doch das 1000. Pflichtspiel des SC, das ich im Hörfunk kommentieren durfte. Aber auch sportlich sind die Duelle mit Stuttgart immer besondere Herausforderungen. Drei Wochen zuvor war der SC beim VfB aus dem Pokal geflogen – da lagen Emotionen in der Luft zum Rückrundenauftakt: Der SC gewann mit 2:1 und war – für den Moment – recht klar die Nummer 1 in Baden-Württemberg.

Die nächsten Wochen waren dann ein Wechselbad der Gefühle: Der SC verlor sang- und klanglos 3:0 in Wolfsburg, schlug aber ein anderes Top-Team, Borussia Dortmund, mit 2:1. Bei schwachen Bremern blieb es beim 0:0, gegen robuste Unioner aus Berlin setzte es eine 0:1 Heimniederlage.

Zweimal nicht getroffen, zuhause gegen Union verloren – nein, bitte nicht wieder so eine Negativserie, wie in der Hinrunde, dachte ich bei mir. Und das nächste Spiel war bei einer der spielstärksten Mannschaften der Bundesliga, Bayer 04 Leverkusen. Hier gewann der SC aber überraschend mit 1:2 und verteidigte seine Position im sicheren Tabellenmittelfeld mit Bravour.

Gegen Leipzig war kein Kraut gewachsen – 0:3 auf eigenem Platz. Und dann gings nach Mainz – wir erinnern uns, sportlich war das 1:3 im Hinspiel der Tiefpunkt der Hinrunde. Und auch im Rückspiel siegten die Mainzer – diesmal mit 1:0.  Der SC ließ aber einen 2:0-Heimsieg gegen Augsburg folgen, so dass in der Tabelle nichts anbrannte.

Zu diesem Zeitpunkt war Borussia Mönchengladbach in eine sportliche Krise geraten, nachdem der Trainer seinen vorzeitigen Ausstieg und den Wechsel nach Dortmund öffentlich gemacht hatte und Arminia Bielefeld stand im Abstiegskampf, wie erwartet, mit dem Rücken zur Wand. Und das waren die nächsten beiden Gegner des SC. Man stelle sich vor, die gewinnen das… Es wurde heftig spekuliert: Greift Freiburg ein in den Kampf um die Europäischen Wettbewerbe?

Es kam anders…

Etwas unglücklich mit 2:1 in Gladbach verloren - richtig schlecht gespielt in meiner Heimat, bei Arminia Bielefeld, und 1:0 verloren.  Selten war eine Auswärtstour so erfolglos wie diese, die ich wegen der Osterfeiertage und den Spielorten in NRW in einem Abwasch gemacht hatte. Eine Reise, zwei Spiele, zwei Niederlagen. Fortan war der SC in der Tabelle praktisch ohne Chancen nach oben (bis Platz sieben geht es ja um Europa) und ohne Gefahr nach unten. Es war im Grunde völlig entspannt, wenn man nur das Grobe sieht. Auf die Feinheiten komme ich dann noch zu sprechen…

Der SC rehabilitierte sich für den schwachen Auftritt in Bielefeld durch ein 4:0 gegen Schalke, spielte ein anständiges 1:1 gegen Hoffenheim, bevor in Berlin einmal mehr die Leistung absolut nicht stimmte. Hertha gewann 3:0 und der SC stand absolut neben sich. Ich hatte mal wieder eine Tour mit zwei Auswärtsspielen binnen drei Tagen geplant und erinnerte mich mit Grausen an die erste mit den beiden Niederlagen in Gladbach und Bielefeld. Der zweite Kick fand diesmal in Köln statt. Der SC gewann allerdings mit 4:1 und die Schlappe von Berlin war vergessen. Jetzt kamen am vorletzten Spieltag die Bayern, den Meistertitel bereits in der Tasche, nach Freiburg.

Laut Transfermarkt.de liegt der Transferwert der Bayern-Stars sechseinhalb mal so hoch wie der des SC Freiburg – "bloß nicht enttäuscht sein, wenn es die erwartete Niederlage gibt", denke ich mir immer, wenn dieser ungleiche Kampf ansteht. Im Grunde ging es diesmal für beide um keine großen Ziele mehr – vielleicht wurde es auch deshalb ein richtig schönes und unterhaltsames Spiel mit vielen Torchancen auf beiden Seiten. Am Ende stand ein 2:2 und ich fand, meine „Billigheimer“, wenn ich das so sagen darf, hatten es ganz gut gemacht gegen die großen Bayern.

Das letzte Spiel stand an – rein rechnerisch war jetzt unter gewissen Umständen und Ergebnissen Platz sieben wieder möglich, also die Teilnahme an der neuen Europäischen Conference League, einer Art Dritten Liga auf europäischer Ebene. Die Teilnahme daran wird in der Bundesliga-Szene ganz allgemein aber nicht unbedingt als sooo reizvoll betrachtet. Darauf angesprochen ließ Trainer Christian Streich aber keinen Zweifel daran, dass der SC in Frankfurt gewinnen wollte und sich in der Tabelle so weit oben wie möglich platzieren wollte. Das sei schließlich auch wegen der Ausschüttung der Fernsehgelder nicht unerheblich. (darauf komme ich noch zurück).

Das Spiel lief auf ein Remis heraus. Da Stuttgart zeitgleich gegen Bielefeld auf der Verliererstraße war hätte sich der SC mit einem Punkt vor die Schwaben geschoben, wäre Neunter statt Zehnter und eben Nr. 1 in Baden-Württemberg gewesen. Ich fohlockte am Radiomikrophon...  In den allerletzten Minuten der Partie traf Frankfurt dann etwas unerwartet noch zweimal ins Tor und der Punktgewinn war dahin. Das Spiel wurde verloren. Der SC wurde Zehnter statt Neunter. Das war mir zunächst mal Wurscht, gebe ich offen zu. Es war unter dem Strich eine entspannte Saison ohne Abstiegsgefahr - 45  Punkte brachten einen Platz im sicheren Mittelfeld – das ist für den SC Freiburg immer ein gutes Saisonergebnis. Ich stieg also die gefühlt 1.000 Stufen vom Pressebereich oben unter dem Stadiondach in Frankfurt hinab bis in die Tiefgarage und die Niederlage ließ mich ziemlich kalt. In der Tiefgarage traf ich auf den Sportvorstand des SC, Jochen Saier. Wir begrüßten uns, beglückwünschten uns gegenseitig zu einer entspannten und damit gelungenen Saison. Und wir zuckten die Achseln wegen dieser sicher unnötigen und erst sehr spät Realität gewordenen Niederlage in Frankfurt.  Und dann habe ich doch mal nachgefragt; wegen dieses leistungsbezogenen Teils der Fernsehgeldausschüttung. Ich sagte, „Jochen, mal angenommen, die Frankfurter hätten jetzt nicht mehr getroffen ganz am Schluss und Ihr wärt Neunter geworden, statt Zehnter. Wieviel mehr Geld hättet Ihr aus dem Fernsehtopf bekommen?“

Seine Antwort ließ mich etwas zusammenzucken:  „Wir hätten 1,8 Millionen Euro mehr bekommen.“

Was lehrt uns das? Es geht in der Bundesliga um Tore, Punkte, Meisterschaft aber eben auch immer und in jedem Spiel um viel, viel Geld. Jeder Punkt zählt und hat Bedeutung in der Bundesliga, jeder Tabellenplatz zählt, auch bei der Verteilung des vielen Geldes. Die Situation, in der es sportlich um nichts mehr geht – wie ich vorhin mal bewusst fälschlich formuliert hatte – die gibt es im Profifußball also gar nicht.

Früher gehörte der SC Freiburg immer zu den Außenseitern in der Bundesliga – jetzt gehört er zum Inventar. Auch beim Transferwert seines kickenden Tafelsilbers liegt der Verein laut „Transfermarkt.de“ inzwischen im Mittelfeld – konkret auf Platz elf der Bundesliga. Da der sportliche Tabellenplatz 10 sogar besser ist, wurde im Gesamturteil im Verein einmal mehr gut gearbeitet, kann man bilanzieren.

Abschließend möchte ich mit Blick auf die vergangene Saison eine kritische Anmerkung machen. Bereits die Hälfte der sechs Mannschaften, die das obere Tabellendrittel ausmachen, sind Marketinginstrumente von Industriebetrieben: Leipzig Red Bull), Wolfsburg (VW) und  Leverkusen Bayer-Pharma). Das sind nachweislich keine Clubs, die Massen mobilisieren. Sie drehen sportlich aber am großen Rad. Und darin sehe ich einen Widerspruch.

Mit Sorge beobachte ich, dass – wie schon angedeutet -  durch Corona in Not geratene Bundesligisten Investoren ins Boot holen und holen könnten – ich weiß auch, dass das die Zukunft des Spitzenfußballs ist, was ich persönlich sehr bedauere. Abhängigkeiten von der Eitelkeiten, den Launen oder den Profitinteressen Einzelner zum Teil fußballfremder Personen tun dem Fußball nicht gut – das ist meine Überzeugung. Ich hoffe, ich habe noch ein paar gute Jahre, in denen der SC Freiburg mit bodenständiger kluger Arbeit so ein Gegenmodell zum sogenannten „modernen Fußball“ darstellen kann – wobei sich modern hier ausschließlich auf die Rahmenbedingungen bezieht, nicht auf das konkret Sportliche auf dem Platz.Ich begrüße ausdrücklich, dass der SC im neuen Stadion, das er mutmaßlich zur neuen Saison im August beziehen wird, besonders viele Stehplätze anbietet. Auch das ist eine Abkehr vom allgemeinen Trend. Und ich freue mich, dass die Ausbildung junger Spieler in Freiburg nicht nur dazu geführt hat, dass der Bundesligakader immer wieder mit Talenten der eigenen Fußballschule gefüttert wird, sondern, dass der älteste Jahrgang der Freiburger Fußballschule, die U23,  in der nächsten Saison erstmals in der  bundesweiten Dritten Liga mitspielen kann.  Es handelt sich um eine offizielle Profiliga, in der die Freiburger Talente sich mit großen deutschen Traditionsvereinen messen können – etwa 1860 München, 1. FC Kaiserslautern, Waldhof Mannheim oder MSV Duisburg. Nicht etwa mit deren Nachwuchsmannschaften, sondern mit deren Profiteams. Eine U23 in der bundesweiten Dritten Liga, das zeugt von exzellenter Nachwuchsarbeit. Das war und ist nur ganz wenigen und sehr namhaften Bundesligisten vergönnt. In den letzten Jahren war nur der FC Bayern München auch in der Dritten Liga vertreten. Die U23 der Bayern war vor einem Jahr dort Meister – dieses Jahr sind sie - auch wegen der großen Personalfluktuation im Nachwuchsbereich - abgestiegen. In der kommenden Saison gibt es aber sogar zwei Bundesligisten, die mit ihren U23-Teams in der Dritten Liga vertreten sind: Borussia Dortmund – großer Name… und eben der SC Freiburg - für mich auch ein großer Name angesichts der in Freiburg vollbrachten Leistungen. Das ist Fördern und Fordern à la SC Freiburg – das ist dieser Ausbildungsverein, dieses Gallien im "Römischen Reich" Bundesliga, das mir als medialem Begleiter so viel Spaß und Freude macht. Gerade und speziell fern des Investorenfußballs moderner Prägung. Der SC Freiburg ist nach wie vor ein e.V., in dem im sportlichen Bereich herausragende und sehr professionelle Arbeit geleistet wird. 

Ich ende auch dieses Jahr einmal mehr mit dem schönen Satz:  It’s only soccer - but I like it.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

 

Hier im Tagebuch wünsche ich allen Leserinnen und Lesern eine schöne Sommerpause!